In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause

Reisezeit: Oktober 2010 - Oktober 2011  |  von Marius Schebaum

Indonesien: Vulkan-Nachtwanderung

indonesische Wuesteneroberung im Mondschein

Tja, ich glaube ich kann einfach nicht alzu lange ohne Abenteuer Deshalb habe ich mich mit meinem Stock und Hut auf den Weg ins indonesische Vulkan-Hinterland gemacht, wo einige Vulkane momentan recht aktiv sind, murmelt man sich besorgt auf der Strasse zu. Wo andere Menschen also Schutz suchen und Angst vor den Naturgewalten haben, schwingt sich Adrenalin-Junkie Marius S. wie ein Held aus antiken Sagen der Gefahr entgegen...
Nein, so schlimm war es nicht, aber sagen wir mal so, ich hab es mal wieder abenteuerlicher gemacht, als es in der normalen Pauschal-Touri-Variante gewesen waere und hab mich nicht mit dem Jeep zum sicheren Aussichtspunkt auf den Vulkan-Krater bringen lassen, sondern bin voellig bescheuert um 3 Uhr nachts aufgestanden nach relativ kalten 4 Stunden Schlaf (wir befinden uns immerhin auf ca. 2600 m und da ist es selbst in Indonesien kalt nachts, aber irgendwie auch eine Erloesung nach der Hitzeschlacht die Tage zuvor) und hab mich in die Wolldecke gewickelt noch gefragt, warum ich so einen Quatsch ueberhaupt mache und nicht einfach liegen bleibe wie normale Menschen. Aber das Adrenalin begann schon wieder wild zu pumpen in meinem Koeper, also Taschenlampe, eine Flasche Wasser und ein kleines Fruehstueck geschnappt (ja, ich habe tatsaechlich aus der Gletscherwanderung in Neuseeland GELERNT ) und los gings im hellen Mondschein durchs ausgestorbene Bergdorf hinunter in den Vulkankrater, dessen bedrohliche Silouette sich als einzige im ganzen Tal gegen den grauen Himmel abzeichnete und mir einen kleinen Schauer ueber den Ruecken laufen liess. Ich schaetze ich hab einfach zu viele schlechte Horror-Filme gesehen, in denen in genau solchen Kulissen immer die Boesen leben...

Aber wie sich schnell herusgestellt hat, gab es weder Boese noch Gute in der riesigen schwarzen Sandwueste um den Krater herum, sondern einfach nur dichten Nebel, Stille und keine Menschenseele, so dass ich zwei Stunden lang wie der erste Mensch auf dem Mond (und genau so hat sich die zentimeter-dicke schwarze Ascheschicht unter mir ach angefuehlt) in der schwarzen Wueste umhergestapft bin auf dem Weg zum rauchenden Vulkan-Krater. Ja, die Geruechte stellten sich als wahr heraus, der Vulkan ist zur Zeit wirklich aktiv und schickt in beaengstigender Regelmaessigkeit ca. 100 Meter hohe Rauchwolken und kleines Gestein in den Himmel, waehrend er bedrohlich vor sich hin grummelt. Im Dunkeln wirkt das Ganze noch unwirklicher, was den ganzen bekloppten Ausflug noch surrealer gemacht hat (Hier muessten wir mal "Werwolf" spielen!).

Mir wurde nahegelegt, diese irre Nachtwanderung auf mich zu nehmen, damit ich den Sonnenaufgang vom Vulkan aus sehen koennte und als ich mir dann ein schoenes erhoehtes Plaetchen in der dicken, schwarzen Asche, hab ich verstanden warum: Die Sonne lugte ganz langsam ueber den Rand der die Wueste umgebenden Bergkette und hat zuerst nur die Aschewolke ueber dem ausgebrechenden Vulkan rot angeleuchtet! Einfach ein irre Anblick!

Aber als die Sonne dann die ganze Wueste in ein leuchtendes Rot verwandelt hat und die Sonnenstrahlen ganz langsam ihre langen Arme in den Nebel Nebel gestreckt und ihn zerteilt haben, hab ich wirklich nur noch mit offenem Mund da gesessen und das ganze Spektakel mich ueberwaeltigen lassen!

Von einer spontanen Hyperaktivitaet gepackt (die meine Freunde schon das ein oder andere Mal ganz gut genervt hat), bin ich den kleinen Huegel, auf dem ich mich niedergelassen hatte fuer mein deluxes Fruehstueck (eine Dose "baked beans", die ich aus Neuseeland-Zeiten noch in meiner Tasche gefunden hab und die auch kalt eine echte Delikatesse sind ) einfach mal hochkekrakselt und das ist wahrscheinlich genau der richtige Ausdruck fuer die Art, in der ich mich auf allen Vieren durch die dicke schwarze, staubige Asche den steilen Abhang hochgekaempft hab. Nach kurzer Zeit war ich voellig eingehuellt in eine grau-schwarze Ascheschicht und bin bei jedem schwerer werdenden Stolper-Schritt (denn auf 2600 m besteigt sich so ein bloeder Huegel doch nicht mehr so locker-leicht) knoechel-tief eingesunken. Doch schliesslich zaehlt die Mission!

Also hab ich mich nicht beeindrucken lassen, sondern mich bis nach oben gekaempft, um dort oben festzustellen, dass man zwar den asche-speienden Krater ganz gut sehen kann, aber dass es anscheinend eine Treppe am Rand des Kraters hinauf gibt, so dass man sogar bis an den Rand des Kraters gehen kann! Ich will jetzt nicht sagen, dass mein Aufstieg umsonst war, denn schliesslich war hier der Weg und der Ausblick das Ziel, aber ganz soo clever wurde die Energie hier an dieser Stelle nicht verbraucht

Also wieder runtergesurft durch den dicken Asche-Abhang und schoen mit Hunderten von hollaendischen Touris die Treppe nochmal rauf, um dann tatsaechlich DIREKT am Kraterrand zu stehen (hab mich ein bisschen gefuehlt wie in Star Wars 5 oder 6, wo Luke in der Wueste bei Jabba auf dem Sprungbrett ueber dem Loch steht, in dem ein Monster hungrig auf seine Mahlzeit wartet, falls irgendjemand auch nur entfernt weiss, was ich meine in meinem verqueren Kopf ). Den Vulkan hat das aber nicht weiter gestoert und er hat froehlich riesige Aschewolken ausgespien, die der Wind zum Glueck auf die andere Seite des Kraters geweht hat, so dass wir einen erstklassigen Blick auf einen frisch ausbrechenden Vulkan hatten! (und ich dachte damals nach 80 gestrandeten Stunden am Flughafen in Bangkok, dass ich fuer mein Leben genug haette von Aschewolken)
Wenn auch ein bisschen beaengstigend war es echt einfach geil, einige Minuten gebannt in die teuflischen Aschefetzen zu starren und sich bewusst zu machen, dass man auf eben jener Asche ca. 70 m vom heissen Lava-Loch entfernt sitzt!

Noch eine kleine Anekdote zu der hier herrschenden Hygiene bzw. Badezimmer-Gewohnheiten, denn diese kann man getrost alle ueber Bord werfen: Meistens gibt es anstatt eine richtige Toilete nur eine Art Loch im Boden mit zwei Fussflaechen links und rechts davon, so dass man sich wunderbar hinhocken kann zum Geschaeft verrichten. Bloed ist nur, wenn man so verkuerzte Achilles-Sehnen hat wie meiner Eins uns nicht so sitzen kann, ohne umzufallen! Wie das aussah oder wie ich das kleine Problemchen geloest habe, ueberlasse ich jetzt mal eurer Vorstellungskraft...
Jedenfalls fand ich dann in dem Hostel nach meiner Vulkan-Wanderung voellig verdreckt und mich nach einer reinigenden Dusche sehnend nur ein Wasserbecken und einen Schoepfer vor, so dass ich mir das abgestandene, eiskalte Wasser wohl oder uebel mehr oder weniger grazil ueber den Schaedel giessen musste und dabei verdammt viel Spass hatte

© Marius Schebaum, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mein Around-the-World-Ticket, mein Backpacker-Rucksack und Ich in einem Jahr einmal links rum um die Welt von Lateinamerika über Mittelamerika, USA, Fiji, Neuseeland, Australien und Indonesien bis nach China...
Details:
Aufbruch: 10.10.2010
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 10.10.2011
Reiseziele: Brasilien
Paraguay
Bolivien
Peru
Panama
Costa Rica
Nicaragua
Vereinigte Staaten
Fidschi
Neuseeland
Australien
Indonesien
Malaysia
Hongkong
China
Katar
Türkei
Deutschland
Der Autor
 
Marius Schebaum berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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