Süd-Ost-Asien für Fortgeschrittene ?!

Reisezeit: November / Dezember 2013  |  von Conny Lachenmayr

Yangon: Unterwegs

Da sagt sie doch glatt, das wäre der hässlichste Bahnhof der Welt. Gut, damit haben wir in Würzburg ja so unsere Erfahrungen. Und natürlich ist das hier nicht NYC Grand Central oder Bangkok, aber wenigstens auch kein postmodernes Einkaufszentrum mit Eisenbahnanschluss wie in Berlin oder Leipzig. Der Charme von Yangon Central Station liegt im Auge des Betrachters. Heruntergekommen ist er schon, dieser Bau, ein ehemals weißer, jetzt schmutziggrauer Kolonialklotz, verziert mit südostasiatischen Pagodendächern aus abblätternder Goldfarbe. Die meisten Schalter sind geschlossen, viele Fenster vom Staub blind und zu den mit Zäunen und Gittertoren verschlossenen Gleisen wird uns mangels gültiger Fahrkarten der Zutritt verwehrt. Im hinteren Teil verrotten aausrangierte Zugteile auf blind endenden Gleisen, vereinzelt lassen sich noch Einteilungen wie "Ordinary Class" auf den einst beigen Wagonwänden erkennen.
Dennoch ist es das immergleiche Gefühl von Fernweh, dass sich einstellt wenn ich unterwegs eine Bahnhofshalle betrete, wenn Menschen aus allen Richtungen zusammenkommen, sich vermischen, neu aufteilen und wieder in sämtliche Richtungen auseinandereilen. Gerne würde ich mir jetzt eine Fahrkarte für unsere am darauffolgenden Tag geplante Weiterreise nach Mandalay kaufen, aber da war ja noch das Problem mit den ungeöffneten Ticketschaltern. Und zudem dauert so eine Fahrt mit der Bahn durchschnittlich 1-2 Tage, und ich müsste wohl alleine fahren. Also entscheiden wir uns für den Bus.
Express-Bus natürlich. Airconditioned. Deluxe. Mit Rücklehnen, die man verstellen kann. Zum Preis, für den man in Myanmar wahrscheinlich mit der Bahn erster Klasse ein Jahresticket bekäme. Aber gut. Wir haben nur 3 Wochen Zeit, und wir haben auch noch soviel vor, das ist das 21. Jahrhundert, ich werde bald 40 und die Rucksäcke sind diesmal auch verflixt schwer. Ich gestehe, für romantische Eisenbahnfahrten ist das wohl sicher der falsche Moment.

Also morgens um 5.45 raus aus den Federn, mit dem Taxi eine Stunde zum Busbahnhof und hinein in das rot-gold lackierte Scania-Ungetüm. Ein Stück schwedische Wertarbeit mitten in Asien. Na, wenigstens ist der Fahrersitz an der richtigen Stelle angebracht (zur Info: In Myanmar ist Rechtsverkehr, aber die Autos sind alle Rechtslenker! Spooky? Oh yes...! Coys vermutung: alles harakiri-fahrer und der "beifahrersitz" ist für die fahrer einfach sicherer!) und die Klimaanlage funktioniert. Und wie! Eingehüllt in Decken, Fleecepullis und Kopftücher (Conny geht als Fatma durch - Coy: haha, aber es hat keine 10 grad! ich erwarte sekündlich meinen atem zu sehen!) ertragen wir asiatisches MTV in Dauerschleife, nur unterbrochen von Kung-Fu-Filmchen (Coy: ohropax mein sponsor aus alten tagen, danke!). Naja, wir sind die einzigen Langnasen hier im Bus, Tatort wäre auch zu viel erwartet. So geht es auf den Yangon-Mandalay-Express-Highway, wie wir gestern erfahren haben die bestausgebauteste Strasse des Landes, die Fahrt dauert seither statt bestenfalls 15 Stunden nur noch 8-9 Stunden. Na immerhin. Sonst hätten wir ja auch die Bahn nehmen können....
Draussen zieht Myanmar vorbei, so, wie wir es uns vorgestellt hatten. In meinem iPod singt einer vom "Road to Mandalay" und in meinem eBook (ICH habe MEINES dabei!) beschreibt ein anderer die Enden der Welt, und irgendwie haben sie in diesem Moment beide recht: Es gibt nur 4 Farben: Rote Erde, etwas grün, blauer Himmel und einzelne weiße Wolken. Der Highway scheint komplett und schnursgeradeaus zu führen, monoton aber angenehm, immerhin ist Reisen ja in erster Linie unterwegs sein und nur an zweiter Stelle ankommen. Also, für mich. Schließlich ist der Weg das Ziel.

Coy: Puh. Für mich nicht. Erst friere ich mir die nase ab, dann ist mir ein bisschen schlecht - ich könnte gut drauf verzichten.... und wo wir gerade am nölen sind, meine kleinen ärgernisse der reise:
- ich habe mr kindle vergessen! fuck!
- ich hab 5kg bücher gekauft, die ich (gut, und der doc) jetzt rumschleppen muss
- DANACH hab ich (Äh, nö, ICH war das) festgestellt, dass man zwar keine anderen formate als amazon-kindle auf den selbigen laden kann, aber sehr wohl die bücher auf das asus-tablet.... aaaaaahhhhhhhhhhh......
- natürlich habe ich mir in deutschland noch schnell die nötige erkältung für so eine reise besorgt, die ich jetzt durchs land trage
- mücken: in ganz yangon gabs drei. und die haben mich natürlich gefunden
- toiletten: das einzige, was ich wirklich an asien hasse: diese leidigen stehklos... ganz im ernst: schon als kind habe ich mir beim wandern in der hocke die hosenbeine angepinkelt, ich bin zu alt dafür!!! außerdem erzählt mir bitte nicht, dass das wasser ist, in dem ich cm-hoch mit meinen flipflops stehe.... iiiihhhh....
- mein freund, stefan loose. ihr kennt ihn bereits aus früheren "folgen": ich pflege eine jahrelange hass-liebe zu diesem reisebuchautor: niemals würde mir ein lonely-planet in den rucksack kommen, aber das heißt nicht, dass ich mr loose durchaus manchmal sein buch zurückschicken möchte. vor allem in myanmar hat er sich bisher selbst übertroffen, bzw. seine autorenkollegen, die "1990 bei ihrer ersten reise nach myanmar ihre liebe zu diesem land entldeckten". ganz bestimmt! und danach waren die nie mehr hier.... (ich sag nur: keine ATMs und keine möglichkeit an geld zu kommen....äh..... nein! lasst euch nicht veräppeln! es gibt ATMs, auf jedenfall in yangon!)

aber sonst ist wirklich alles wunderschön!

Coy einwurf:
holy! was passiert denn hier?! wir sitzen im ca. 7 grad kalten bus, doc tippt neben mir wie ein verrückter. immer wieder schweift sein schriftstellerblick in die ferne, wenn er nach einem besonders schönen wort sucht... das macht mich misstrauisch: ich linse über seinen arm und erkenne: wir sind im philosophenblog gelandet!!! das därf der net! ich versteh nur BAHNHOF!
muhahahaah, wenn wir zwei schriftsteller wären, würden wir unsere bücher gegenseitig nicht lesen: doc würde meine werke als "trash" bezeichnen, ich seine seitenlangen beschreibungen laaaangweilig finden...
is ja klar.wir sind auch naga-schlange und tiger, wie wir gestern beim pagodenbesuch von "youcancallmeguru" erfahren haben...
wir haben gestern abend im dunkeln noch die sule-pagode besucht (meldung von doc: man kann: auch groß schreiben! pah! ich nicht, auf dieser minitastatur schalte ich dann immer versehentlich anderswo hin!) nachdem wir schon auf den ersten touri-nepp am eingang reingefallen sind (2 dollar pro person eintritt, ach ne, das war jetzt nur fürs bewachen der schuhe, eintritt kommt dann erst weiter oben....), spricht uns am fuße der pagode ein mönch an: wo wir herkommen, wie es uns gefällt. üblicher smalltalk. sein begleiter fragt mich nach meinem namen und bricht mit dem mönch in schallendes gelächter aus, als er die antwort hört: "Not really?! Conny?! this is a very famous pop-singer in myanmar!" Aha. Call me Britney. (And you? - Chris. - Ähem. No, NOT! Famous...)
Danach erklärt uns der mönch allerhand zu den figuren und der pagode. am liebsten mochte ich den heiligen, der für das wiederfinden von dingen zuständig ist: vor seiner statue lagen zigaretten statt räucherstäbchen, weil er "gerne raucht"! etwas enttäuscht war ich, als ich erfuhr, dass der heilige mit den mystischen händen leider aktuell keine gegenstände mehr zu gold macht. mist, aber auch!Dann fragte "guru" nach unseren Geburtstagen: hier ist nicht das datum entscheidend, sondern der tag der geburt. Völlig fassungslos war er, dass wir das nicht wissen, aber der begleiter zückt das smartphone: doc ist an einem montag geboren und damit im zeichen des tigers (Zum Wohl!) , ich an einem samstag und im zeichen der Naga-schlange. den menschen werden eigenschaften entsprechend der tage der geburt zugeordnet, eine art horoskop also! erleichtert vernehmen wir, dass tiger und schlange ein sehr gutes paar abgeben, schlimm wäre schlange und ratte gewesen und es folgt die geschichte eines paares, dem der guru von einer hochzeit abgeraten hat, das aber dennoch geheiratet hat und dann total verarmt ist.... uff. glückgehabt! diese info hätte uns einfach zwei wochen zu spät erreicht!

und dann lädt er uns ein, unseren geburtstagsbuddha mit wasser zu übergießen, eine heilige handlung! ich habe ein bisschen angst, dass die anderen samstaggeborenen das doof finden, aber er geht mit mir zur statue und erklärt mir die handlung: 9x wasser über den kopf des alabasterbuddhas, danach 3x über den kopf der Naga-schlange, dann mit der hand die kleinen glöcken anschlagen und einen wunsch sprechen. wow! wirklich ein mystisches erlebnis!
natürlich darf doc dann noch seinen montagsbuddha ehren (und dreimal seinen Tiger waschen), ehe wir uns von den beiden wegbegleitern verabschieden, nicht ohne vorher eine entsprechende donation für das kloster und die schule zu machen. Karma rocks!!!!

© Conny Lachenmayr, 2013
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Worum geht's?:
Doc und Coy. Zwei Rucksäcke. ein paar Flüge. und mal wieder: SÜD-OST-ASIEN!!!! :-)
Details:
Aufbruch: 15.11.2013
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 08.12.2013
Reiseziele: Myanmar
Malaysia
Singapur
Der Autor
 
Conny Lachenmayr berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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