Zwischen Rapsfeldern und Streuobstwiesen

Reisezeit: April / Mai 2017  |  von Herbert S.

Felsenmeer

Über Lindenfels – wo uns die Lage der Burg gut gefällt, aber die Touristik ‚nur‘ mit einem Drachenkult angekurbelt wurde, fahren wir direkt nach Lautertal, wo das Felsenmeer liegt. Vom Parkplatz, wo man 3€ fürs Parken haben will, für ein kleines Plänchen 50 cts und auch das Pinkeln soll soviel kosten, sind wir schon mal bedient, wirkt das Gelände eigentlich recht mickrig.

Geologische Kräfte haben ein abwechslungsreiches Landschaftsbild geschaffen. Eine Besonderheit sind die vielen sagenumwobenen Felsenmeere. Das größte von ihnen liegt in Lautertal, birgt interessante Spuren der Römer und ist ein gigantischer Abenteuerspielplatz.

Sobald man aber den Aufstieg begonnen hat, merkt man wie groß das Feld ist, auf dem die riesigen Gesteinsbrocken das kleine Tal hinuntergestürzt sind. Einige Jugendgruppen sind vor Ort und klettern lustig durch die Steinriesen, wir ‚Alten‘ mühen uns abwechselnd über Treppen und Serpentinenwegen hinaufmühen, sind dabei allerdings kaum langsamer, da die Kinder alle Steine überwinden wollen.

Im Erdaltertum, vor ca. 340 Millionen Jahren, kollidierten zwei Urkontinente: der von Norden kommende "Old Red-Kontinent" schob sich unter den südlichen Kontinent Gondwana. Dabei entstand der "Variszische Gebirgsgürtel", der sich von Westen nach Osten quer durch ganz Europa zieht. Infolge der Gebirgsbildung kam es im Bereich des oberen Erdmantels zur Bildung von Gesteinsschmelzen. Diese stiegen in die Erdkruste auf und erkalteten langsam.
In 12 -15 km Tiefe unter dem heutigen Felsberg bildete sich ein mächtiger Intrusivkörper aus Quarzdiorit. Dies ist ein kristallines Tiefengestein, das im wesentlichen aus den Mineralen Feldspat (Plagioklas), Pyroxen, Hornblende und etwas Quarz besteht. Durch Schrumpfung beim Erkalten bildeten sich erste Risse und Klüfte.
Diese vertieften sich beim Aufstieg des Gebirges infolge Druckentlastung und zerteilten den massiven Intrusivkörper durch rechtwinklig verlaufende Kluftflächen in quaderförmige Blöcke. In der frühen Erdneuzeit (Tertiär) war das überdeckende Gebirge abgetragen und der Quarzdiorit-Intrusivkörper lag an der Erdoberfläche. Dort war er einer intensiven, subtropischen Verwitterung ausgesetzt.
Diese reichte bis in mehrere Zehnermeter Tiefe und führte zur randlichen Zersetzung der Gesteinsblöcke, die nun in einer Mischung aus Quarzdioritkies und Tonmineralen, sogenanntem "Grus", eingebettet waren. Seine heutige Gestalt erhielt das Felsenmeer jedoch erst in relativ junger geologischerZeit: Während der Eiszeiten (Pleistozän) befand sich unsere Region im gletscherfreien Permafrostgebiet. Infolge der seit der Tertiärzelt andauernden Hebung des Odenwaldes schnitten sich die Flüsse und Bäche immer tiefer in den Untergrund ein. Im Bereich der versteilten Hänge kam es zu Bodenfließen, dabei wurde das Lockermaterial zu Tal gespült und die verwitterten Quarzdioritblöcke freigelegt. Diese glitten und rollten die Talflanken hinab und bildeten ein Blockmeer, das heutige "Felsenmeer". Der Verwitterungsprozess, der den Gesteinen ihre typisch runde Form verleiht, wird auch als "Wollsackverwitterung" bezeichnet.

An einer kleinen Brücke, die durch das Gelände führt hat man gerade einmal die Hälfte geschafft.

Begehrter Werkstein schon zur Römerzeit:
Bereits im 2.-4. Jahrhundert wurde der Quarzdiorit des Felsenmeers als Werkstein genutzt. Hierzu verwendeten die Römer die Keilspaltung entlang natürlicher Kluftsysteme sowie die Steinsägetechnik. Das bekannteste Werkstück ist die Riesensäule, die für den Bau des Trierer Doms bestimmt war. Auch der Altarstein, der deutliche Bearbeitungsspuren (Steinsäge und Keilspal¬tung) zeigt, gehört zu den über 300 sehens¬werten Relikten römischer Steinmetzkunst. Dieser ehemalige römische Steinbruch mit seiner Fülle von in allen Entstehungsstadien erhaltenen Werkstücken gilt als einzig in Europa.

Riesensäule

Riesensäule

Altarstein

Altarstein

Für den Abstieg wählen wir die Serpentinenwege, da uns manche der Treppen zu gefährlich erscheinen. Der dauert natürlich länger, da er z.T. recht weit ausholt.
Glücklicherweise habe ich heute morgen wieder eine Thermoskanne Kaffee zubereitet, denn an Ende unserer Tour sind wir froh unsere Mittagspause mit Kaffee und ein paar Keksen sowie einer Birne aus dem Hause Arras abhalten zu können.

© Herbert S., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Hessen Drei brachte eine ganze Reihe von Sendungen über die Perlen des Landes, die uns Lust machte mal eine Woche im Odenwald zu verbringen.
Details:
Aufbruch: 23.04.2017
Dauer: 9 Tage
Heimkehr: 01.05.2017
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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