Marokko - ein Märchen aus 1001 Nacht

Reisezeit: November 2019  |  von Beate Böttner

Tag 5 – Casablanca und Marrakesh

Heute morgen

Die Abfahrt war für 08:00 Uhr geplant. Also reichte es mir, dass Andrea mich um 07:00 Uhr weckte und ich 10 Minuten später tatsächlich aus dem Bett fand. Sie selbst war um diese Zeit nahezu abmarschbereit.
Am Frühstückstisch sahen die Teller heute bei fast allen an unserem Tisch etwas übersichtlich bestückt aus. Wir haben wohl in den letzten Tagen alle zu viel gegessen. Doch einen Mann hatte es noch ärger erwischt. Seine Frau nahm ihm trockenes Brot mit aufs Zimmer. Und auch Andrea grummelte der Bauch. Sie hat sich mit Zwieback vom Buffet eingedeckt und vorsichtshalber eine Tablette genommen.
Als ich vom Zimmer mein Gepäck holte und in der Empfangshalle des Hotels ankam, saß Andrea noch mit ihrem Rucksack da. Dabei war es doch schon kurz nach 08:00 Uhr?! Sie hatte sich entschieden, hier im Hotel im Zimmer zu bleiben und lieber etwas auszuruhen. Der Mann blieb auch hier, wie sie erfahren hatte. Mit Merdan war ausgemacht worden, dass beide gegen Mittag abgeholt werden. Na dann – gute Besserung.

Blick aus dem Hotelzimmer auf den Ozean

Blick aus dem Hotelzimmer auf den Ozean

Guten Morgen Casablanca

Guten Morgen Casablanca

Im Bus bemerkte Merdan dann, dass es ja schon 08:15 Uhr sei, obwohl wir doch um 08:00 Uhr starten wollten. „Was ist denn los? Das kenne ich doch von den Deutschen gar nicht.“
Tja – offensichtlich färbt die arabische Mentalität doch schon ein wenig ab. Oder nennen wir es einfach „Urlaubsmodus“.

Straßenbahn gibt es hier auch

Straßenbahn gibt es hier auch

Casablanca

Eine Stadtrundfahrt durch Casablanca stand heute auf dem Programm. Mit etwa 3,5 Millionen Einwohnern ist „Die weiße Stadt“ die größte Metropole in Marokko. Zählt man die Einwohner der Vororte hinzu, kommt man auf über 6 Millionen. 1905 oder 1907 wurde mit dem Ausbau des Hafens begonnen. Dafür wurden 25.000 europäische Menschen hergebracht. Für die Bauarbeiten soll ein moslemischer Friedhof zerstört worden sein. Diese Respektlosigkeit rief die Berber auf den Plan. Sie griffen die europäischen Arbeiter an und töteten neun von ihnen. Infolge des weiteren Aufstandes sollen noch 200.000 weitere Menschen den Tod gefunden haben. Die Stadt wurde sogar bombardiert. Casablanca wurde in der Zeit des französischen Protektorats (1912 bis 1956) zum Wirtschaftszentrum ausgebaut. Im Kernbereich der Stadt wurde alles nach Beginn des französischen Protektorats im französischen Stil errichtet. Etwa 80% der Industrie des Landes ist hier angesiedelt und ca. 60 % des Seehandels des Landes werden über den Hafen abgewickelt. Die Arbeitslosenquote liegt bei nahezu 0%. Was allerdings auch hier fehlt, ist gebildetes Personal, in Deutschland unter dem Begriff Fachkräftemangel bekannt.

In diesen Häusern befinden sich Sozialwohnungen

In diesen Häusern befinden sich Sozialwohnungen

Es gibt hier hinter den Büschen aber auch Slums

Es gibt hier hinter den Büschen aber auch Slums

Einen ersten Fotostopp legten wir am Platz Mohammed V. ein. Um diesen Platz herum befinden sich schöne Gebäude aus den 1920er bis 1930er Jahren, in denen sich verschiedene öffentliche und kommerzielle Organisationen, wie beispielsweise das Rathaus und der Justizpalast befinden. Gegenüber dem Platz entsteht ein neues Theater.

Rathaus

Rathaus

Der Justizpalast

Der Justizpalast

Das noch im Bau befindliche Theater

Das noch im Bau befindliche Theater

Weiter ging es zur Notre-Dame-de-Lourdes, eine römisch–katholische Kirche, die 1954 bis 1956 erbaut wurde. Die Buntglasfenster stammen von dem selben Künstler, der auch die Fenster der Kaiser–Wilhelm–Gedächtniskirche in Berlin geschaffen hat.
Es leben etwa 30 Millionen Muslime in Marokko, was etwa 98,7% der Bevölkerung entspricht. Nur etwa 3.000 Juden leben noch in Marokko. Die Christen, die etwa 1,1% an der Bevölkerung ausmachen, haben ihren Ursprung ausnahmslos im Ausland – Spanier, Frankofone, Anglofone, Italiener, Polen und Russen – ihre Nachfahren sind inzwischen in Marokko geboren.

Notre-Dame-de-Lourdes

Notre-Dame-de-Lourdes

Im Hof der Notre-Dame-de-Lourdes

Im Hof der Notre-Dame-de-Lourdes

Notre-Dame-de-Lourdes innen

Notre-Dame-de-Lourdes innen

Die Buntglasfenster in der Notre-Dame-de-Lourdes

Die Buntglasfenster in der Notre-Dame-de-Lourdes

Blick zur Decke der Notre-Dame-de-Lourdes

Blick zur Decke der Notre-Dame-de-Lourdes

Allah -Gott

Allah -Gott

Quartier Habous (neue Medina)

Anschließend fuhren wir weiter zum Mahakma du Pacha. Das ist die Nachbildung eines maurischen Palastes, der heute den islamischen Gerichtshof und Verwaltungsgebäude beherbergt. 64 Räume gibt es hier und alle wurden von marokkanischen Handwerkern mit gefliesten Wänden, geschnitzten Zedernholzpaneelen und schmiedeeisernem Gitterwerk ausgestattet.
Übrigens hatten die Franzosen in den 1930er Jahren begonnen, das Viertel zu bauen, um der wachsenden Bevölkerung und der drohenden Verarmung Casablancas zu begegnen.

Mahakma du Pacha

Mahakma du Pacha

Mahakma du Pacha

Mahakma du Pacha

Innenhof der Mahakma du Pacha

Innenhof der Mahakma du Pacha

Verloren

Ich brauchte noch ein wenig zum Fotografieren. Doch als ich vor das Gebäude trat, war aus meiner Reisegruppe niemand zu sehen. Dabei hatte es doch immer geheißen, dass der eine Reiseführer am Anfang der Gruppe läuft und der Zweite am Ende, damit immer alle irgendwie zusammenbleiben. Imam scheint es vergessen zu haben.... Macht ja nichts, die sind bestimmt schon am Bus. Aber da war niemand. Na – auch kein Problem, die können ja nicht weit sein. Ich traf auf eine andere deutsche Reisegruppe, die sich mehrheitlich in einer Apotheke gerade mit Immodium akut versorgt hatten. Sollte hier eine Magen–Darm–Grippe um sich greifen? Bitte nicht! Jedenfalls bekam ich die Auskunft, meine Gruppe sei gerade zum Olivenmarkt gegangen und zeigten mir die Richtung. Also ging ich los.

Keiner zu sehen

Keiner zu sehen

Die hilfsbereiten Marokkaner

Um etwas sicherer zu gehen, fragte ich an einem Geschäft mal lieber noch jemanden, ob er eine Gruppe Touristen gesehen habe. Dann begann ein ziemliches Gewusel, denn ich meinte noch, meine Gruppe würde bestimmt vom Markt Richtung Königspalast laufen. Tja – wo sollten sie mich nun lang schicken? Ich hatte da so eine Vorstellung, wo ich lang WOLLTE. Lange Rede – kein Sinn. Letztlich ließ sich der nette Herr die Telefonnummer von Merdan geben (die wir für Notfälle von ihm bekommen hatten) und rief ihn mehrmals an. Doch es war immer besetzt oder es ging nur der AB ran. Daraufhin hielt er zwei Polizisten an, damit die mir weiterhelfen. Was für ein Durcheinander! Dabei wollte ich doch nur durch den Torbogen und dann nach links Richtung Palast .... nee, nee – so einfach ließen sie mich nicht ziehen. Ich könnte mich ja verlaufen oder den Weg zum Bus nicht mehr finden. Okay– darüber eine weitergehende Diskussion zu führen, lassen meine Französischkenntnisse dann doch nicht mehr zu. Ich wartete geduldig die Überlegungen der beiden Polizisten ab und plötzlich kam ein weiterer Herr die Straße entlang auf uns zu. Er war inzwischen von Geschäftsinhaber angerufen worden und stellte sich als Touristenbetreuer oder so ähnlich vor. Nun waren alle beruhigt. Die Polizisten verabschiedeten sich und setzten ihre Fahrt auf dem Motorrad fort, der nette Herr nahm wieder Platz auf seinem Schemel und wartete auf Kundschaft und der Touristenbetreuer lief schwatzend mit mir Richtung Königspalast. Dort fragte er nach einer Gruppe, doch es war Keine reingegangen. Also kehrt um Richtung Olivenmarkt. Keine 50 Schritte weiter und ich entdeckte Merdan und meine Gruppe. Ich dankte meinem Begleiter sehr und wir verabschiedeten uns.

In der neuen Médina

In der neuen Médina

Erkundung der Neuen Medina und Einkäufe

Merdan gab uns nun eine halbe Stunde Zeit für Erkundungen auf eigene Faust. Wie sich herausstellte, war noch ein Pärchen aus unserer Gruppe nicht bei der Gruppe geblieben, weil sie auch noch eine Weile in dem Palastnachbau geblieben waren. Auch sie hatten versucht, Merdan anzurufen, doch er hatte sein Handy im Bus liegengelassen. Das fanden wir dann doch etwas merkwürdig. Jedenfalls schlossen wir drei uns zu der Erkundungstour zusammen. Ziemlich schnell bogen wir in ein kleines, mit Schuhen und jeballas vollgestopftes Geschäft ein. Die beiden interessierten sich für die Schlappen. Als ich ihnen so zusah, fand auch ich zunehmend Gefallen an diesen Lederschuhen, die vorn spitz zulaufen und hinten offen sind. Es gab sie in allen Farben. Wir probierten eifrig. Ein Paar kostete 10 €. Nicht lange danach hatte ich zwei Paar erworben und nun zumindest neue Hausschuhe, vielleicht aber auch straßentaugliche Latschen, in wollweiß und in türkis (ich habe sie später im Hotel gleich mal angezogen und angelassen. Sie sind herrlich bequem.)
Wir schlenderten noch ein wenig weiter und nahmen dann in einem kleinen Straßencafé Platz. Doch gleich um die Ecke des Cafés gab es natürlich weitere Geschäfte und ich wollte mal ganz schnell einen Blick hineinwerfen. Große, bemalte Leinenstücke schaute ich mir intensiver an. Das merkte der Verkäufer natürlich umgehend. Und schon kamen wir ins Geschäft. Für zwei würde er mir einen guten Preis machen. Doch er rückte auch auf mehrere Nachfragen nicht mit der Sprache raus, wieviel das denn nun sein sollte. Erst als ich mich für zwei entschieden hatte und es ans Bezahlen ging, nannte er mir den Preis von 75 €. Was??? Die lagen seit ewigen Zeiten draußen, teilweise war die Leinwand ziemlich eingerissen. Nein, beim besten Willen… also erzählte ich ihm, ich hätte nur noch 24 €. Kein Problem, ich könne auch mit der Karte zahlen. Ja, gut und schön, aber ich habe keine Karte bei mir. Wir feilschten noch eine Weile hin und her, als plötzlich Otto kam, meinte, der Kaffee sei da und die Zeit würde etwas drängen. Das war gar nicht schlecht. Denn nun konnte ich nicht mehr weiter handeln, sondern musste ganz schnell ohne bemalte Leinwand den Laden verlassen. Der Verkäufer merkte schnell, dass das Geschäft zu platzen drohte und bot mir dann das Eine für einen Preis an, den ich letztlich bezahlte. Vermutlich immer noch überteuert, aber ich freue mich, denn ich weiß schon, wo es nach vorsichtigen Säuberungsversuchen einen Platz in meiner Wohnung bekommen kann. Dann schnell noch den Kaffee trinken und ab zum Bus.
Wir passierten den Königspalast und fuhren weiter zur Moschee Hassan II.

Wer soll denn hier die passenden Dinge finden?

Wer soll denn hier die passenden Dinge finden?

Klappte irgendwie

Klappte irgendwie

Typisches Bild für eine Medina

Typisches Bild für eine Medina

In der neuen Medina

In der neuen Medina

Moschee Hassan II

Was für ein gigantisches Bauwerk!!!
Sie ist nach der Moschee in Mekka der zweitgrößte Sakralbau der Welt. In nur sechs Jahren, von 1987 bis 1993 wurde sie für 800 Millionen Dollar errichtet. Unser Guide erzählte uns, diese Gelder wären von Gläubigen gespendet worden. In manchem Reiseführer steht jedoch zu lesen, dass es durch Zwangssteuern aufgetrieben worden war. Ich weiß es nicht. Fakt ist, dass sie 20.000 qm im Innenbereich und 70.000 qm im Außenbereich misst, insgesamt also 9 ha umfasst. Innen bietet sie 25.000 Gläubigen Platz. Davon sind auf den Rängen 5.000 Plätze für Frauen vorhanden. Sollten mehr Frauen kommen, können sie im Gebetsraum hinter den Männern Platz nehmen. Draußen finden noch einmal 80.000 Menschen zum Gebet Platz. Zwei Drittel des Komplexes sind über dem Meer erbaut, weshalb sie teilweise auf Pfeilern errichtet wurde. Das Gebäude besteht aus Stahlbeton. Doch mit den reichen Verzierungen aus Stuck und der Deckengestaltung mit Zedernholz ist davon nichts zu bemerken. Der verwendete Marmor und Granit kommen aus Südmarokko, das Zedernholz aus dem Mittelatlas. Die Leuchter kommen aus Venedig.
Und erst das Minarett. Es ist 200 Meter hoch!!!
Der Gebetsraum misst 100 x 200 Meter. Zum Ramadan sind die gesamte Moschee und der riesige Vorplatz mit Teppichen ausgelegt. Heute lagen auf dem Marmorfussboden lediglich breite Läufer und einige Teppiche , damit die Besucher keine kalten Füße bekommen, denn Schuhe ausziehen ist ja Pflicht in einer Moschee. Auf den Teppichen sind im Abstand von einem Meter farbige Linien eingearbeitet. So kann der Abstand zwischen den Reihen der Gläubigen gewahrt werden, die sich zum Gebet ja hinknien und den Oberkörper auf den Boden legen.
Die Decke im Mittelteil des Gebetsraumes ist ein 100 Meter langes und 34 Meter breites Schiebedach, dass 11 Tonnen wiegt. Das Öffnen dauert drei Minuten.
Die Portale sind zweiflüglig, werden von Säulen flankiert und haben die Form von Spitzbögen. Viele sind mit Bronze verkleidet. Die traditionellen Motive an der Königspforte sind korrosionsbeständig, weil sie aus Titan sind.

Unter dem Gebetsraum befindet sich eine Halle für die rituellen Waschungen vor dem Gebet. Männer und Frauen betreten sie durch getrennte Eingänge und können an 41 Brunnen in Form einer Lotosblume das Ritual vornehmen.

80.000 Gläubige können auf dem Platz beten

80.000 Gläubige können auf dem Platz beten

Unten der Gebetsraum für Männer, oben dürfen Frauen beten

Unten der Gebetsraum für Männer, oben dürfen Frauen beten

Teppich mit Abstandslinien, Decke aus Zedernholz, hinten Aufgang für die Frauen

Teppich mit Abstandslinien, Decke aus Zedernholz, hinten Aufgang für die Frauen

Marmorfußboden, der während des Ramadan mit Teppichen bedeckt ist

Marmorfußboden, der während des Ramadan mit Teppichen bedeckt ist

Die 100 x 34 m große Decke, die geöffnet werden kann

Die 100 x 34 m große Decke, die geöffnet werden kann

Innen insgesamt Platz für 25.000 Betende, 20.000 Männer, 5.000 Frauen

Innen insgesamt Platz für 25.000 Betende, 20.000 Männer, 5.000 Frauen

Einfach nur gigantisch

Einfach nur gigantisch

Unter dem Minarett ist der Eingang zu den Räumen für die rituellen Waschungen

Unter dem Minarett ist der Eingang zu den Räumen für die rituellen Waschungen

41 Brunnen stehen für die Waschungen zur Verfügung

41 Brunnen stehen für die Waschungen zur Verfügung

Nachdenkliche Mittagspause

Um 12:15 starteten wir von der Moschee gen Hotel, wo wir unser Mittagessen einnahmen.
Andrea saß in der Empfangshalle. Leider konnte sie die Frage nach ihrem Befinden nicht mit „besser“ beantworten. Im Gegenteil. Sie hatte sich nach unserem morgendlichen Aufbruch wieder ins Zimmer begeben und hat fast bis zum Mittag geschlafen, eingehüllt in zwei dicke Zudecken, weil sie so fror. Dennoch kam sie mit ins Restaurant. Sie hat sogar den Anblick unserer Mahlzeit ertragen, hielt sich mit warmem Wasser und trockenem Brot aufrecht.
Die Gespräche am Tisch drehten sich um Erfahrungen mit Teppich– oder anderen Einkäufen in Urlaubsländern. Ich gab meine türkische Ringstory bekannt und jemand anderes erzählte von einem Teppichkauf in der Türkei, den sie noch am selben Tag vor vielen Jahren rückabgewickelt hatte. Warum? Nach der auch von uns gestern erlebten Einführung in die Kunst der handwerklichen Teppichherstellung und dem Verweis auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen, kaufte sie einen türkischen Teppich und nahm ihn auch gleich mit. In ihrer Unterkunft musste sie dann jedoch anhand eines kleinen Schildes unter einem Schild feststellen, dass der Teppich im Iran hergestellt worden war. Sie fühlte sich betrogen und schaffte den Teppich zurück. Man begegnete ihr mit der Historie von Türkei und Iran, doch sie musste die Geschichte der Türkei nicht erklärt bekommen. Letztlich nahm man ihr den Teppich wieder ab. Diejenige an unserem Tisch, die gestern einen Teppich gekauft hatte, erzählte nun auch noch einmal, wie sehr sie sich von den Verkäufern bedrängt gefühlt hatte und dass sie am Abend regelrecht krank davon war. Und das, obwohl sie ja wirklich vorhatte, einen Teppich zu kaufen. Im Nachhinein besehen, empfand sie die Verkaufspraktik als aggressiv. Es wurde dann von einer anderen Frau aus unserer Reisegruppe berichtet, die ein gewisses Interesse an einem Teppich für einen Familienangehörigen zeigte. Sie war sofort umringt von zwei sehr gut deutsch sprechenden oder gar deutschen Verkäufern, die sie sogleich in einen gesonderten Raum führten. Sie ließ sich alles vorführen und entschied sich am Ende des Verkaufsgespräches für ein klares „nein“. Darauf zischte ihr der Verkäufer u.a. entgegen, er sei jetzt seeeeehhhhr enttäuscht von ihr.

Und nun machten wir uns alle Gedanken, dass die unzähligen Verkäufer, die in diesem riesigen Areal zu sehen waren, ja schließlich auch bezahlt werden wollten für ihre Arbeit. Wir vermuteten, es gab mehr Verkäufer als Teppichknüpferinnen dort. Im Eingangsbereich – das war bestimmt nur Show. Dort wurden hintereinander Gruppen durchgeschleust, die dann in jeweils andere große Präsentationsräume geführt wurden. Vom Wege abweichen unterwegs war nicht möglich. Überall standen Angestellte und „leiteten“ in den der Gruppe zugeteilten Raum. Irgendwie hatten wir auf einmal alle ein komisches Gefühl. Ich werde bei nächster Gelegenheit mal das Projekt „Let girls learn“ googeln. Nach meiner Erfahrung mit meinem Schmuckkauf vor fünf Jahren empfahl ich dann, zu Hause das Internet nach der „Firma“ zu befragen und eventuelle Erfahrungen anderer Käufer zu finden. So hatte ich das seinerzeit gemacht und fand heraus, dass eben meine Schmuckfirma bekannt dafür war, die Besucher übers Ohr zu hauen, und –obwohl zugesichert– die Einfuhrumsatzsteuer nicht zu bezahlen, womit der Käufer Schwierigkeiten mit dem Zoll bekommen kann, auch Jahre nach dem Kauf. Ich schaltete damals sofort einen Anwalt ein, der mir letztlich dazu verhalf, den noch ausstehenden Restbetrag nicht zahlen zu müssen, sondern die Angelegenheit mit meiner, den Wert der Ringe übersteigenden Anzahlung bewenden zu lassen. So was braucht wohl kein Mensch.

so passen wir beide aufs Bild- das 200 m hohe Minarett und ich

so passen wir beide aufs Bild- das 200 m hohe Minarett und ich

Casablanca verschwindet im Nebel des Ozeans

Casablanca verschwindet im Nebel des Ozeans

Hier kann und würde niemand baden gehen

Hier kann und würde niemand baden gehen

Nach Marrakesh

Um 13:30 Uhr waren alle im Bus und wir starteten nach Marrakesh, wo wir die nächsten drei Tage am Stück in einem Hotel verbringen werden. Was für eine Wohltat.
Die Fahrt sollte etwa 3 bis 3,5 Stunden dauern. Bis zu unserer Pause war Ruhe im Bus. Ich nutzte die Zeit für einen etwa eineinhalbstündigen Schlaf.
Andrea dämmerte im Bus auch gleich wieder ein. Später zog sie sich auf die lange und freie Rückbank zurück, da ihr Kreislauf das Sitzen nicht mehr so recht tolerierte. Dem einen Mann ging es auch nicht besser, eher noch schlechter.
Nach unserer Pause erzählte uns Merdan recht ausführlich von Hochzeiten in Marokko, ihren Unterschieden in den Bergdörfern, der Sahara und den Städten, den Traditionen. Doch dazu ein anderes Mal mehr.

Allmählich tauchte der Hohe Atlas am Horizont auf, ockerfarbene Erde vor blauem Himmel und Hügelketten zogen an uns vorüber.

Casablancas Küste

Casablancas Küste

Unterwegs nach Marrakesch

Unterwegs nach Marrakesch

Was finden die hier nur zum fressen?

Was finden die hier nur zum fressen?

Merdan versäumte es auch nicht, uns noch einmal daran zu erinnern, dass unser Hotel in der Verlängerungswoche eine sehr schöne und ganz tolle Club–Anlage sei, die ziemlich weit außerhalb von Marrakesh liegt. Für einen Besuch der Stadt würde man ein Taxi benötigen, das bis zu sechs Personen befördern und außerhalb der Stadt fahren darf. Die petit taxi dürfen ja nur in der Innenstadt fahren. Dieses Taxi würde pro Fahrt 20 € kosten. Und wenn man dann in der Stadt essen ginge, könnte man doch gleich das Abendessen oder gar all inclusive hinzubuchen. Das sollten wir doch noch einmal durchrechnen. Aber wir hätten noch zwei Tage Zeit, es uns zu überlegen. Er sei sicher, schon morgen würden wir alle das Verpflegungsprogramm buchen wollen. Außerdem sei Marrakesh klein und man hätte nach ein oder zwei Tagen die Stadt erkundet. Auch dieser Versuch, uns etwas verkaufen zu wollen, hinterließ bei uns und denen, die sich gegen die Verpflegung in einer Club–Anlage (bislang) entschieden hatten, ein unangenehmes Gefühl. Wir hatten das schon mal versuchsweise durchgerechnet und wollten lieber Marrakesh an mehr als ein oder zwei Tagen entdecken.

Die Berge des Hohen Atlas tun sich vor uns auf

Die Berge des Hohen Atlas tun sich vor uns auf

Um 17:15 Uhr erreichten wir unser Hotel Zalagh Kasbah und bezogen ein sehr großes und schönes Zimmer. Diesmal auch nicht zur Straße gelegen, wie in den vergangenen Tagen, sondern mit Blick auf den Innenhof und Pool. Dorthin zog ich mich mit einem noss noss bis kurz nach 18:00 Uhr zurück, um den Reisebericht zu schreiben. Doch dann entschied ich mich mit zwei anderen Frauen aus unsere Gruppe, in das nahegelegene Einkaufszentrum zu laufen, um unsere Weinvorräte aufzufüllen. Ich hatte Merdan zuvor gefragt, wo das hier möglich sei. Wir wurden fündig und sind nun ausreichend versorgt.
Andrea hatte derweil im Zimmer geruht, kam dann aber doch mit zum Abendessen und nahm ein wenig gut Bekömmliches. Danach verschwand sie schnell wieder im Bett und schläft nun seit etwa 3 Stunden schon. Sie konnte sich vorhin noch nicht wirklich vorstellen, das morgige Programm zu absolvieren. Wir werden sehen. Ich wünsche ihr eine kraftschöpfende Nacht.

Unser Zimmer im Hotel Zalagh Kasbah

Unser Zimmer im Hotel Zalagh Kasbah

am Essen habe ich nichts auszusetzen

am Essen habe ich nichts auszusetzen

© Beate Böttner, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Landschaftliche Schönheit und orientalisches Flair -7 Tage Rundreise mit Besuch von 5 der bedeutendsten UNESCO-Weltkulturerbestätten. In Casablanca und den vier Königsstädten kann noch heute der Glanz längst vergangener Zeiten bewundert werden. Wir werden erhabene Sultanspaläste entdecken und in eine Welt aus 1001 Nacht eintauchen. Anschließend erholen wir uns eine Woche in Marrakesch.
Details:
Aufbruch: 10.11.2019
Dauer: 15 Tage
Heimkehr: 24.11.2019
Reiseziele: Marokko
Der Autor
 
Beate Böttner berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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