Solo durch Jamaika

Reisezeit: Oktober / November 2007  |  von Stefan O.

Sintflut in Port Antonio

11. November 2007

Von einem mir inzwischen vertrauten Geräusch wache ich auf: Der Regen, der unaufhaltsam auf das Dach pladdert. Viel machen kann ich heute nicht, genauer gesagt eigentlich nichts. Nach dem Frühstück schmeiße ich mal den Fernseher an. Ich bekomme nur ein Programm rein, das Bild sieht aber auch ziemlich verregnet aus.

Könnte mal meine bessere Hälfte zu Hause anrufen. Von diversen vorausgegangenen SMS weiß ich nämlich, dass sie sich auch gerade langweilt. Nachdem ich meine Digicel-Karte leer telefoniert habe, beschließe ich am späten Nachmittag - der Regen hat inzwischen etwas nachgelassen - noch irgendwo einzukehren.

Ich latsche die Allen Avenue stadtauswärts. Hier gibt es eine Bar neben der anderen. Von der kleinen Bretterbude, aus der bassstarke Reggae- oder Dancehall-Musik raus dröhnt, bis hin zu etwas gehobeneren Bars und Restaurants mit Meerblick ist hier für jeden Geschmack etwas dabei. Während ich so die Straße hoch stiefele, nehme ich hinter mir in nicht allzu weiter Entfernung ein übel quietschendes Geräusch wahr. Als ich mich umdrehe blicke ich auf ein Auto, das soeben das linke Vorderrad verloren hat und nun auf der Bremsscheibe ausrollt. Da die in den umliegenden Buden herumlungernden Leute bereits in Scharen an den Ort des Geschehens eilen, fühle ich mich überflüssig und setze meinen Weg fort.

Ich finde die Anna Bananas Bar, von der ich auch im Lonely Planet gelesen habe. Sieht wirklich einladend aus und ich entschließe mich für einen kurzen Besuch auf ein bis zwei Bierchen. Man kann hier auch hervorragend essen, stelle ich bald darauf fest.

Während ich an der Bar so an meinem Red Stripe rumlutsche, kommt jemand auf mich zu und fragt, ob ich einen rauchen will. Klar will ich. Wir quatschen noch ein wenig und trinken ein paar Red Stripe. Zwischendurch muss er immer wieder seinen Spliff neu anzünden - natürlich mit meinem Feuerzeug. Jetzt wird mir auch klar, warum dieses schon wieder leer ist: Weil sich jeder Junkie seinen mehr oder weniger verkrüppelten Joint damit anstecken muss. Draußen schifft es mal wieder und ich muss wohl oder übel noch einen trinken. Danach schifft es aber immer noch und ich frage die Bedienung nach einem Route-Taxi. "Soon come", wird mir versprochen. Was auf Deutsch so viel heißt wie: Es ist noch Zeit für ein weiteres Bierchen. Ein Route-Taxi kommt danach aber immer noch nicht vorbei.

Inzwischen ist es dunkel. Dafür hat es mal kurzzeitig aufgehört zu pissen und ich beschließe zu laufen. Ich komme gerade mal 500 Meter weit, da setzt schon wieder die Sintflut ein. Etwa zeitgleich rast mit irrwitziger Geschwindigkeit ein Route-Taxi an mir vorbei und noch bevor ich den kleinen Finger bewegen kann, verschwindet es auch schon hinter der nächsten Kurve. Scheiße!

Also latsche ich weiter durch den Regen, im Slalom um die Pfützen herum, die hier eher Seen gleichen. Vor mir läuft eine Frau in Sandalen, sie watschelt einfach durch. "Wozu habe ich eigentlich Gore-Tex-Stiefel an?", frage ich mich, krempele die Hosenbeine hoch und mache es ihr nach. Das mit dem hochkrempeln hätte ich mir allerdings sparen können, denn Minuten später sind meine Klamotten genauso nass, wie gestern auf der Floßtour. Dann kann ich die restlichen zwei Kilometer auch noch durchziehen.

In Port Antonio angekommen, marschiere ich an der Tankstelle vorbei, unter dessen Dach sich einige Leute vor den Fluten in Sicherheit gebracht haben. Ziemlich dumme Gesichter, in die ich blicke. Da latscht so ein Verrückter mit klitschnassen Klamotten durch die Fluten, als wäre strahlender Sonnenschein.

© Stefan O., 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein beruflicher Aufenthalt in Florida brachte mich auf die Idee, meinen diesjährigen Urlaub jenseits des Atlantiks zu verbringen, da ich mit den USA aber nicht viel anfangen kann, suchte ich mir ein Ziel, an dem ich mich mit Sicherheit wohl fühlen würde.
Details:
Aufbruch: 31.10.2007
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 19.11.2007
Reiseziele: Jamaika
Der Autor
 
Stefan O. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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