Jakobsweg 2011 - Teil I - Camino del Norte - Teil II - Camino Primitivo

Reisezeit: März / April 2011  |  von Uschi Agboka

Camino Primitivo - Pola de Allande - Castro

4./5. April 2011 - 23./24. Tag - Pola de Allande - Berducedo - Castro

Montag, 4. April 2011 23. Tag
Pola de Allande - Berducedo - 17 km

Die Spanier machten sich bereits um 6 Uhr auf den Weg, es war noch stockdunkel. Ich stand jedoch erst um 7.15 Uhr auf, es wurde langsam hell und so konnte ich, ohne Licht zu machen (die Franzosen schliefen noch), mich meiner Morgentoilette widmen. Kurz nach 8 Uhr machte ich mich auf in eine Cafeteria, die jedoch leider nur abgepackte Sachen anbot, was mir nicht so behagt und so begnügte ich mich mit zwei Milchkaffee. Um 9 Uhr öffnete der Supermarkt und so konnte ich für die bevorstehende schwierige Strecke Proviant und Wasser einkaufen. Die Sonne lachte bereits vom wolkenlosen Himmel. Allerdings war es sehr kalt. In der Nacht war die Tempera-tur in die Nähe des Gefrierpunktes gesunken. Der Anstieg zum Puerto de Palo (1.146 m) beträgt 600 Höhenmeter. Die Strecke führt durch ein wun-derschönes Tal, steil bergauf. Ein Wildbach begleitete mich bis fast oben auf die Passhöhe. Für mich war dies eine der schönsten Etappen des Camino. Ich bin eben doch ein Kind der Berge und nicht des Meeres. So schön der Camino del Norte (Küstenweg) war, der Camino Primitivo durch das Gebirge ist für mich schöner. Was mir besonders unangenehm aufgefallen ist, waren die vielen Bettenburgen an den langen Sandstränden des Camino del Norte, wie z. B. in Laredo. Hier hat der Mensch die schöne Küste total verschandelt. Nach 3 Stunden Aufstieg, die mich schwer ins Schwitzen brachten, erreichte ich den für mich höchsten Punkt des Camino Primitivo - 1.146 m. Der einzige Vorteil war, dass der Weg meist im Schatten lag und ich die Sonne im Rücken hatte. So boten sich in Gehrichtung sehr schöne Aussichten ohne Blendung durch die Sonne. Eigentlich wollte ich auf dem Puerto de Palo Mittagspause machen, aber der Wind pfiff so stark, dass ich es vorzog, erst einmal abzusteigen. Beim Bergdorf Montefurado (früher von den Römern besetzt) bot sich dann eine gute Gelegenheit an einer kleinen Kapelle mit windschützenden Mauern Pause zu machen. Hier ruhte ich mich eine Stunde aus, einfach herrlich. Danach ging es weiter auf schönen Wegen mit tollen Aussichten auf die Berglandschaft Richtung Lago. Dort genehmigte ich mir in einer Bar 2 alkoholfreie Bier. Hier traf ich auf einen Spanier, mit dem ich mich sehr gut in Englisch unterhalten konnte. Bis Berducedo musste ich nun nur noch 3,4 km auf ebener Strecke laufen. Für mich war dies heute wirklich eine der schönsten Etappen des Weges, da auch das Wetter prächtig mitspielte. In der Herberge waren außer mir noch drei Spanier, die leider erst gegen 21.00 Uhr mit dem Kochen anfingen. Da ich müde war, ging ich früh schlafen und konnte - Dank Ohropax - trotz des Küchenlärmes gut schlafen.

Dienstag, 5. April 2011 24. Tag Berducedo - Castro - 25 km

Der Ort Berduceo (Asturien) besitzt als Sehenswürdigkeit nur eine Pfarrkirche aus dem XII. Jahrhundert. Die umliegende Landschaft jedoch, mit tiefen Tälern und alpinen Regionen, gehört mit zu den schönsten Gegenden des Camino Primitivo. Nach einer ruhigen Nacht ging ich zunächst in die nahe liegende Bar. Auch hier gab es wieder nur abgepacktes Zeug und so begnügte ich mich mit 2 Muffins und Milchkaffee, 2 Euro. Das Wetter war wieder super, keine Wolke am Himmel und die Temperaturen höher als gestern. Beim ersten steilen Anstieg kam ich gleich ins Schwitzen. Oben angekommen bot sich mir ein herrliches Bild. Nebel im Tal des Navia-Flusses. Dieser entspringt im Südosten der Provinz Lugo, fließt vornehmlich in nördlicher Richtung und mündet nahe der Stadt Navia in die Kantabrische See. Nach dem kleinen Ort La Mesa (zu dem Ort gehören nur 32 Einwohner, 15 Gebäude und eine winzige Pfarrkirche, die der Hl. Maria Magdalena geweiht ist) musst ich nochmals einen steilen Anstieg bewältigen. Der Nebel im Tal löste sich noch nicht auf. So legte ich mich, müde neben den Weg, ein bisschen in die Sonne, in der Hoffnung, dass der Nebel irgendwann verschwindet. Und so geschah es, gegen 12 Uhr stieg ich ab ins Tal, der Nebel hatte sich fast komplett aufgelöst. Der Abstieg, mehr als 800 m, ging ganz schön auf die Gelenke. Zum Glück konnte ich mit meinen Stöcken Einiges abfangen. Unten angekommen, machte ich an der Staumauer des Stausees des Navia meine Mittagspause. Ich war so müde, dass ich gar nicht mehr aufstehen und weitergehen wollte. Aber es half ja nichts, ich musste weiter laufen. Vor mir lagen ca. 500 Höhenmeter bis Grandas de Salime und weitere 100 Höhenmeter bis Castro, wo ich mit den 3 Spaniern gestern 3 Betten in der Herberge reservieren ließ. Inzwischen war es ganz schön heiß geworden, was mich mal wieder arg ins Schwitzen brachte, meine gesamten Wasservorräte gingen drauf. In Grandas de Salime angekommen, war ich ganz ausgetrocknet und marschierte daher zunächst in eine Bar, wo ich 3 alkoholfreie Biere trank, so durstig war ich.

Die Geschichte Grandas de Salime geht bis in die Bronzezeit zurück. Reste einer Wallburg sind in Castro zu besichtigen. Durch die Gemeinde verläuft der ursprüngliche Jakobsweg, der Camino Pirimitivo. Daher wurde schon im 13. Jh. die Colegiata de El Salvador als Pilgerherberge und Klosterkirche er-baut. Schön ausgestattete Einsiedeleien legen Zeugnis ab vom religiösen Leben. Die Talsperre Embalse de Salime erweckte die Gegend zu neuem Leben. Viele neue Häuser in dem schönen Ort sind darauf zurück zu führen, dass zahlreiche Einwohner des ehemaligen, im Tal liegenden Ortes Salime, 1954 bei Anlage des Stausees unter dem Diktator Franco umgesiedelt wur-den. Mit über 50 % ist die Viehwirtschaft die größte Wirtschaftskraft der Gemeinde, auch der Anteil der ökologischen Landwirtschaft steigt enorm an. Zwei Naturparks fördern den Tourismus. Leider kommt es hier, wie in vielen Gegenden Spaniens, zu einem Sterben der Tante Emma Läden, die Discounter sind auf dem Vormarsch.

Von Grandas de Salime sind es nur noch 5 km bis Castro, was ich leicht schaffte. Die dortige Jugendherberge ist sehr schön. Abends wird ein Pilgermenue für 8,50 Euro angeboten und morgens ein Frühstück für 3,50 Euro. Da meine Sachen mal wieder total durchgeschwitzt waren, musste ich erst einmal große Wäsche machen, danach ging es zum Duschen, was auch mehr als nötig war. Nach dem gemeinsamen Abendessen habe ich mir mit den Spaniern das Champions-League Spiel Real Madrid gegen Tottenham angeschaut und so den schönen Tag ausklingen lassen.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht nach den Tagebuchaufzeichungen meines Mannes Rolf, von Irun nach Santiago de Compostela, 699 km, 13. März bis 15. April 2011.
Details:
Aufbruch: 13.03.2011
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 15.04.2011
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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