Jakobsweg 2011 - Teil I - Camino del Norte - Teil II - Camino Primitivo

Reisezeit: März / April 2011  |  von Uschi Agboka

Camino Primitivo - Pedrouzo-Santiago de Comp.

12./13./14./15./16. April 2011 - 31.-35.Tag - Santiago d. C. - Heimreise

Dienstag, 12. April 2011 31. Tag
Pedrouzo - Santiago de Compostela - 21 km

Da die ersten schon um 5.30 Uhr aufstanden, mit Waschen und Packen beschäftigt waren, hielt es auch mich nicht mehr im Bett. So viele Menschen in einer Herberge war ich nicht gewohnt. Um 7 Uhr war ich bereits fertig, trank meinen Kaffee in der nächsten Bar und lief bereits um 7.30 Uhr auf dem Camino. So früh war ich bisher nie unterwegs gewesen. Nun hatte mich jedoch der Ehrgeiz gepackt. Ich wollte um 12 Uhr bei der Pilgermesse in Santiago dabei sein, 4,5 Stunden für 21 km blieben mir. Es lief sehr gut. Was mir auf dem letzten Teil des Camino Frances besonders gegenüber 2006 aufgefallen ist, es gibt viel mehr Herbergen für die Pilger. An jeder E-cke findet sich eine Werbetafel mit Hinweisen auf die Herbergen. Auch an einem Anhänger kam ich vorbei, der mit Werbetafeln bestückt war. Als ich direkt vorbei lief, wurde ein Band ausgelöst mit der Werbung einer Herberge und zum Schluss "Buen Camino". Doch all diese Werbung hat mich sehr gestört. Um 11.40 Uhr stand ich vor der Kathedrale in Santiago und konnte um 12 Uhr der Pilgermesse beiwohnen. Bei meinen vorherigen Caminos sah ich nie so viel Pilger wie in diesem Jahr. Es scheint immer mehr "in" zu sein, den Jakobsweg zu gehen (bzw. einige schummeln und fahren!). Nach der Messe habe ich meine 3. Compostela abgeholt. Hier habe ich Helmut wieder getroffen, der gerade auf dem Weg ins Krankenhaus war. Er hat mich später angerufen und mir mitgeteilt, dass sein Schienbein kompliziert angebrochen sei. Ich riet ihm, sich vom ADAC nach Deutschland zurück fliegen zu lassen, damit er sich dort operieren lassen könne. Diesem Rat ist er gefolgt und inzwischen habe ich erfahren, dass die OP gut verlaufen ist, er aber mindestens 5 Monate nicht arbeiten kann.

Die Compostela ist die Urkunde für religiös motivierte Pilger, die ihnen den Besuch der Kathedrale von Santiago de Compostela und damit das Ende ihrer Wallfahrt auf dem Jakobsweg bescheinigt. Vorläufer der Compostela waren Beglaubigungsschreiben, die den Pilgern seit dem 13. Jahrhundert ausgestellt wurden, um ihnen die Absolvierung der Reise zu beurkunden. Die früher akzeptierten Nachweise, beispielsweise die Jakobsmuschel, hatten sich als nicht ausreichend fälschungssicher erwiesen. Um heute die Compostela zu erhalten, muss man die letzten 100 km zu Fuß oder zu Pferd oder aber die letzten 200 km mit dem Fahrrad zurückgelegt haben. Als Nachweis dafür dient ein Pilgerausweis. Die Compostela bekommt man im Pilgerbüro des Domkapitels der Kathedrale von Santiago de Compostela kostenlos ausgestellt. Pilgern, die nicht aus religiösen Gründen nach Santiago gepilgert sind, stellt das Compostelaner Domkapitel eine Urkunde aus, die ihnen eine "kulturelle Wallfahrt" bescheinigt. Wer die Compostela vor-zeigen konnte, war früher berechtigt, sich drei Tage kostenlos in der Herberge einer königlichen Stiftung, dem "Hostal de los Reyes Catolicos" neben der Kathedrale, von den Anstrengungen der Reise zu erholen. Dieses Hospital wurde zu einem städtischen Krankenhaus und 1954 zu einem Parador umgebaut. Weil die Katholischen Könige in der Gründungsurkunde als Stiftungszweck Mildtätigkeit verfügt hatten, werden als Überbleibsel dieser Verfügung heute im Pilgerspeiseraum des Hotels täglich 10 Pilger mit Frühstück, Mittag- und Abendessen beköstigt.
Um 14 Uhr habe ich mein schönes Zimmer in der Pension Felisa bezogen. Dann geduscht und ab in die Bar des Hospital de los Reyes Catolicos. Die 1489 von den Königen Isabel und Fernando gestiftete Pilgerherberge ist heute ein Parador Nacional (staatliches Luxushotel) und das älteste Hotel der Welt. Dort habe ich, wie immer am Abschluss meines Weges, ein Bier getrunken. Später habe ich mich in den wunderschönen Garten meiner Pension Felisa gesetzt, das herrliche Wetter genossen und mich ausgeruht. Dieser Camino hat mir doch viel abverlangt. Um 20 Uhr traf ich mich mit Enrico bei Manolo, dessen Lokal ich noch von vor 3 Jahren kannte, zum A-bendessen. Leider waren wir vom Essen enttäuscht. Es war vor 3 Jahren wesentlich besser. Außerdem waren die Preise aufgeschlagen und der Wein musste auch extra bezahlt werden. Irgendwie haben die Hinweise in den verschiedenen Reiseführern die Qualität und die Preise in dem Lokal verdorben. Morgen werde ich wo anders essen gehen. Gegen 21.30 Uhr lag ich im Bett und habe gut geschlafen.

Mittwoch, 13. April 2011 32. Tag Santiago de Compostela

Wie immer, wenn ich in Santiago bin, gehe ich zum Frühstück in die Bar El Muelle. Das Cafe besteht seit 1931. Hier kommen nur Einheimische hin und der Cafe con Leche ist riesig, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich schaute ein wenig dem Treiben der Leute zu und ging dann in die Stadt, um einige Medikamente einzukaufen, die hier viel günstiger sind als bei uns. Am Nachmittag setzte ich mich auf den Platz vor der Kathedrale und schaute dem Treiben zu. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass viele Pilger absichtlich mit ihren schweren Rucksäcken durch die Stadt laufen, damit jeder sieht, dass sie Pilger sind. In diesem Jahr habe ich besonders viele Pilger gesehen, die das machten. Anhand der Vielzahl von Pilgern, die täglich in die Stadt kommen, erkennt man, dass der Jakobsweg gerade modern ist. Auf dem Küstenweg - Camino del Norte - und dem Camino Primitivo war davon Gott sei Dank nichts zu merken. Mich hätten die vielen Leute auch gestört. Den Nachmittag habe ich mit relaxen und Geschäfte anschauen verbracht, ehe ich um 20 Uhr - vorher machen die Restaurants nicht auf - zum Essen ging. Es war ein einfaches Einheimischen-Lokal. Aber das Menü - Galizische Suppe, Venusmuscheln, Steak, Obst und 1/2 l Wein für 10,50 Euro - war super lecker und gut. Das war heute mein Abschlussessen. Gegen 22 Uhr war ich im Bett.

Die Kathedrale von Santiago de Compostela steht über der Grabstätte, die dem Apostel Jakobus zugeschrieben wird. Durch die bischöfliche und päpstliche Anerkennung der aufgefundenen Gebeine als Reliquien Jakobi gilt die Kathedrale von Santiago als Grabeskirche des Apostels Jakobus. Die armenische Jakobskathedrale in Jerusalem beansprucht aber, im Besitz des Schädels des Apostels zu sein. 1985 wurde die Altstadt von Santiago de Compostela, und damit auch die Kathedrale, zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Das Bild der Kathedrale schmückt die kleinen Euro-Cent-Münzen aus Spanien. Der Camino de Santiago - Jakobsweg - wurde 1987 zum ersten europäischen Kulturweg erhoben. Im Jahr 2000 war Santiago de Compostela Kulturhauptstadt Europas.

Donnerstag, 14. April 2011 33. Tag

Nach Duschen, Packen checkte ich in der schönen Pension Felisa aus. Dann führte mich mein Weg in die Kathedrale, in der ich die Ruhe genoss, keine Pilger oder Touristen, ich war ganz allein in der riesigen Kirche. Darum kann ich allen nur empfehlen, frühmorgens die Kathedrale aufzusuchen. Das ist ein ganz besonderes Erlebnis. Tagsüber geht es nämlich wie auf einem Rummelplatz in der Kirche zu. Ich blieb mehr als eine halbe Stunde in der Kathedrale. Dann ging es zum Frühstück in die Bar El Muelle. Inzwischen war es 10 Uhr. Die restlichen 2 Stunden verbrachte ich in der Altstadt und auf dem Praza do Obradoiro. Um 12 Uhr fuhr ich mit dem Bus zum Flughafen. Um 15.30 Uhr startete mein Flieger nach Bilbao.

Dort musste ich nochmals übernachten, ehe ich am Freitag, den 15. April 2011, meinen Rückflug nach Stuttgart antrat.

Ich übernachtete wieder bei meiner Tochter Heike, ehe ich am Samstag, 16. April 2011, nach Hause nach Niederbayern fuhr, wo ich schon sehnsüchtig von Uschi erwartet wurde. Zwar haben wir täglich miteinander telefoniert, doch 35 Tage sind eine lange Zeit.
So endete meine Pilgerreise, mein Camino 2011, von Irun nach Santiago, 699 km. Dieses Mal ohne Fußbruch, jedoch mit einer schmerzhaften Sehnenentzündung, die mich aber nicht zur Aufgabe zwang.

Nachtrag:

Aufgefallen sind mir besonders unangenehm, die wilden und aggressiven Hunde auf dem Camino Primitivo, gegen die ich mich nur mit meinen Wanderstöcken wehren konnte.

4 x bin ich den Camino gelaufen, immer auf anderen Wegen, aber niemals hatte ich Erlebnisse wie dieses Mal. Bei einer Übernachtung in einem Mönchskloster wurde ich sexuell belästigt, von einem ca. 80jährigen Pater. Für mich war dies ein unglaubliches und sehr verstörendes Erlebnis.

Des Weiteren entpuppte sich mein Wanderkamerad, der mich aufgrund meiner Homepage anschrieb, als jemand, der es wohl hauptsächlich auf Frauenbekanntschaften und Party abgesehen hatte. Er unterlag dem Fehler, zu glauben, alle Harley-Fahrer, alle Biker, also auch "Harley-Rolf" brauchen Party und Sau raus lassen. Doch bei mir war er da definitiv an den Falschen geraten.

In Kürze findet man den Bericht hier mit Bildern versehen.
Weitere Fotos unter www.harley-rolf.de

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht nach den Tagebuchaufzeichungen meines Mannes Rolf, von Irun nach Santiago de Compostela, 699 km, 13. März bis 15. April 2011.
Details:
Aufbruch: 13.03.2011
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 15.04.2011
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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