Jakobsweg 2011 - Teil I - Camino del Norte - Teil II - Camino Primitivo

Reisezeit: März / April 2011  |  von Uschi Agboka

Camino Primitivo - Castro - Fonsagrado-Cadavo

6./7. April 2011 - 25./26. Tag - Castro-Fonsagrada-Cadavo-Baleira

Mittwoch, 6. April 2011 25. Tag
Castro - Fonsagrada/Padron - 21 km

Bin wie fast immer, um 7 Uhr aufgestanden. Das Wetter sollte wieder sehr schön werden, zum Wandern eigentlich schon zu heiß, denn 28 Grad waren angesagt. Zum Glück lag der Aufstieg von über 400 m in den Morgenstunden, wo es noch etwas kühler war. Oben am Pass Alto de Acebo (1.024 m) wehte ein starker Südwind und es begann, dunstig zu werden. Die Sonne war kaum noch zu sehen. Auf dem Pass ist die Grenze zwischen Asturien und Galicien.

Galicien - der Name geht auf die Kelten zurück, die im Altertum in der Re-gion siedelten. Die Bindung der Galicier an das keltische Erbe (Dudelsack-musik und Hexenglauben) ist heute noch groß: Ich glaube nicht an Hexen, aber es gibt sie. Der Glaube an übernatürliche Kräfte der Steine etc. ist weit verbreitet. Hohe Bergketten, die Galicien vom Rest Spaniens abgrenzen, sind prägend für die Landschaft - mehr als die Hälfte des Gebietes liegt über 400 m hoch. Die weitläufigen Wälder, meist aus angepflanzten Euka-lyptusbäumen bestehend, sind charakteristisch für Galicien. Spuren menschlicher Aktivität stammen aus der Zeit um 25.000 v. Chr. In der Bronze- und Eisenzeit (etwa 1.000 bis 400 v. Chr.) entstanden befestigte Siedlungen - Castros - auf geschützten Hügeln und Hanglagen, Reste sind z. T. noch heute erhalten. Im 7. Jh. v. Chr. fielen die Kelten nach Galicien ein und vermischten sich mit der Bevölkerung. Im Jahr 60 v. Chr. wurde Galicien römische Provinz. Die Römer entwickelten hier eine gute Infrastruktur, insbesondere förderten sie den Bau von Straßen. Diese Straße blieben - neben den Pilgerwegen - bis ins Mittelalter die einzigen guten Verbindungen nach Galicien. Für die maurische Eroberung der Iberischen Halbinsel spielte Galicien nur eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 813 wurden in einem Grab in der heutigen Stadt Santiago de Compostela Gebeine gefunden, angeblich die des Apostel Jakobus (einer der zwölf Jünger Jesu). Der Fundort wurde zum Wallfahrtsort. In der Folgezeit pilgerten immer mehr gläubige Christen auf den Jakobswegen nach Galicien, um das Grab des Jakobus zu besuchen. 1075 wurde der Grundstein für die Kathedrale von Santiago de Compostela gelegt. Die wegen der Abgelegenheit der Region wirtschaftliche Rückständigkeit Galiciens führte im 19. Jh. zu einer Massenauswanderung von mehr als 2,5 Mio. Menschen nach Argentinien und Brasilien. Erst seit dem wirtschaftlichen Aufschwung Spaniens ist seit 1980 eine Rückkehrbewegung festzustellen, doch leben noch mind. 1,5 Mio. Galicier in der Emigration.

In einer Bar im Fernsehen sah ich, dass Saharastaub in der Luft war, deshalb der Dunst und die hohen Temperaturen. Auch in den nächsten Tagen sollte das Wetter so bleiben. Da ich nur noch eine Etappe von 21 km vor mir hatte, legte ich mich während des Weges zweimal in die Sonne und genoss das schöne Wetter. Allerdings war ich dann froh, als ich endlich in Fonsagrada ankam. Doch diese Stadt war für mich die mit Abstand hässlichste Stadt am Camino. Beim Vorbeigehen an einer Bar, zog mich ein Spanier hinein. Er wollte mir unbedingt ein Bier ausgeben. Früher hatte er in der Schweiz gearbeitet. Er war begeistert davon, dass so viele Deutsche den Camino gehen. So kam ich erst verspätet um 17 Uhr in die Herberge. Und auch heute war wieder große Wäsche angesagt, T-Shirt, Hemd, Socken etc. waren verschwitzt und mussten gewaschen werden. Nach gemeinsamen Abendessen und Reden mit den Spaniern und Italienern, die ebenfalls in der Herberge waren, ging ich um 21 Uhr schlafen.

Donnerstag, 7. April 2011 26. Tag
Fonsagrada/Padron - Cadavo-Baleira - 23 km

Nachdem ich nachts sehr gut geschlafen habe, klingelte mich der Wecker um 7.15 Uhr wach. Es sollte heute ein anstrengender Tag werden. Nach einem selbst gemachten Frühstück - Brot, Schinken und Tee - in der Herberge lief ich um 8.30 Uhr auf den Camino. Es war schon so warm, dass ich bereits nach einer halben Stunde im T-Shirt ging. Die Landschaft hat sich hier in Galicien total verändert. Nur noch vereinzelt sieht man Bauernhöfe, dafür umsomehr Wald. Bis auf wenige Ausnahmen, gab es heute nur Wald- und Wanderwege, welche zum Teil sehr steil waren. Der Hauptanstieg von 300 m musste erst beinahe am Ende der Etappe bewältigt werden. Da der Anstieg sehr steil war, kam ich bei 28 Grad im Schatten ganz schön ins Schwit-zen. Bei der alten Pilgerherbergsruine Montouto habe ich eine kleine Pause eingelegt. Die Ruine ist sehr schön gelegen. Zum Glück gab es auf dem Weg heute einige Bars, wo ich meinen Flüssigkeitsverlust ausgleichen konnte. Wie schon erwähnt, war der Aufstieg zum Pass Alto de Fontaneira (936 m) sehr anstrengend. Ich war froh, als ich nach 23 km in der schönen Herberge von Cadavo-Baleira ankam. Bei meinen bisherigen Caminos zur gleichen Jahreszeit hatte ich nie solch hohe Temperaturen. Nach dem Einkauf im Supermarkt, habe ich dann in der Herberge gegessen. Die Spanier haben wie immer bis 21 Uhr gewartet und erst dann mit dem Kochen angefangen. Ich bin um 21.30 Uhr ins Bett gegangen, denn Morgen ist eine lange Strecke angesagt.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht nach den Tagebuchaufzeichungen meines Mannes Rolf, von Irun nach Santiago de Compostela, 699 km, 13. März bis 15. April 2011.
Details:
Aufbruch: 13.03.2011
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 15.04.2011
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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