Marc und Marten um die Welt

Reisezeit: August 2013 - August 2014  |  von Marten Seifert

Neuseeland Südinsel 2

Freitag 31. Januar 2014
Eigentlich ist Queenstown ja ein bekannter Wintersportort, aber da gerade Sommer ist, scheidet Skifahren aus und die großen Mountainbiker sind wir auch nicht. Also geht es wie immer zu Fuß los, hinauf Richtung "Gondola". Die talabwärts durch den Wald rasenden Mountainbiker haben zum Glück ihre eigenen Wege und nach einer halben Stunde zweigt vom Hauptweg ein kleiner Wanderpfad ab. Wirklich unnormal, wie viele Fliegenpilze es hier gibt.
Die Baumgrenze ist schneller erreicht als erwartet und ab hier geht es dann durch eine steppenähnliche Vegetation immer weiter den Kamm hinauf. Immerhin über 1.700 Meter ist der Gipfel hoch, von dem aus man einen gigantischen Blick in alle vier Himmelrichtung hat. Queenstown selbst ist leider zum Großteil von einem kleinen Bergausläufer verborgen, aber das tut dem Gesamtpanorama kein Abbruch.
Der Rückweg läuft sich wesentlich schneller als der Aufstieg und ist sogar weniger belastend für die Knie, als erwartet. Zum Abendbrot gibt es dann, man hat es sich ja verdient, richtige Toastsandwichs mit Schinken und Zwiebeln, Streukäse (Scheibenkäse ist wirklich unbezahlbar und ein ganzes Kilogramm am Stück ist für uns beide dann doch zu viel). Auf anderes Gemüse wird, ebenfalls aus Preisgründen, verzichtet. Ich meine, 2€ für eine Paprika oder eine einzige Gurke ist doch nun wirklich überzogen.
Wie sehr Queenstown auch aufs Geld junger und feierwütiger Touristen angewiesen ist, zeigt die Alkoholgenussregelung in der Öffentlichkeit. Als einzige "größere" Stadt Neuseelands erlaubt Queenstown den Alkoholgenuss auf der Straße, zumindest bis 22:00 Uhr abends. Hierzulande eine wahre Sensation. Bringt einem allerdings relativ wenig, weil die Türsteher hier der Meinung sind, jeden zweiten, selbst vollkommen nüchternen oder zumindest nüchtern wirkenden Menschen mit der Ansage abzuweisen, dass er zu betrunken wirkt. Man stellt sich also noch mal an, behauptet, man hat nur ein einziges Bier getrunken, wird als Lügner bezeichnet und darf dann doch in den Club rein. Bevor ich wieder in einer "Feiern in Deutschland ist viel bessers"-Geschichte ausschweife, belassen wir es einfach hierbei.
Partyort Queenstown hin oder her, auch hier müssen die Clubs dann um 4:00 schließen, wenn sie nicht eh schon zugemacht haben.

Samstag bis Montag 1. bis 3. Februar 2014
Nach einem langen Abend folgt ein langer Morgen und zum Wandern besteht nach dem Aufstehen auch kein großer Drang, weshalb wir uns auf Queenstown selbst konzentrieren. Wie gesagt, es ist ein durch und durch von Touristen überlaufener Ort, der jedoch gerade deswegen mit seinem geschäftigen und wuseligen Charme überzeugen kann. Und auch wenn das Wasser zum Baden zu kalt ist, kann man hier entspannt an den Ufern des Lake Wakatipu liegen und die heißen Strahlen der Sonne genießen, die vom fast immer wolkenlosen Himmel herabscheint.
Abends werden aus den Resten vom Vortag noch mal Sandwichs gemacht, bevor wir am nächsten Morgen in aller Frühe in Richtung Stadtzentrum aufbrechen, um unseren Bus in Richtung Te Anau zu bekommen.
Die Landschaft auf dieser Busfahrt ist nicht mehr so neu für uns, aber trotzdem ganz nett anzusehen. Leider ist jetzt auch Te Anau nicht so der Hammer, weil der Ort hauptsächlich als Durchgangsort für Reisen nach Milford Sound fungiert.
Also wird das Zelt aufgebaut, ein bisschen am Ufer des Te Anau Sees entlang geschlendert und am Abend leisten wir uns dann noch die beste Anschaffung seit Beginn der Reise: ein Kartenspiel für 3 NZD. Genial.
Milford Sound haben wir abgewählt, weil wir zum einen keine Stunden mehr bei unserem Busticket übrig hatten und geführte Touren, wie die meisten anderen in Neuseeland, einfach meilenweit außerhalb unsere Budgets liegen. Abgesehen davon haben wir auch gehört, dass Milford Sound eben auch nur ein schöner Fjord ist, wie man ihn auch in Norwegen findet. Außerdem soll es furchtbar überlaufen sein und die ganze Zeit knattern irgendwelche Hubschrauber und Flugzeuge über einen hinweg, wie bei fast allen Attraktionen in Neuseeland eben.
Wie gesagt, landschaftlich gibt es für uns nichts Neues mehr und da wir jetzt auch nicht mehr nach Queenstown zurückkönnen, wird der Montag eben mit in der Sonne liegen, Wäsche waschen und Karten spielen verbracht.

Dienstag und Mittwoch 4. + 5. Februar 2014
Heute geht es nach Christchurch. 11 Stunden Busfahrt, die man wirklich getrost als Nachtbusfahrt hätte anbieten können. Die Landschaft ist hier komplett europäisch, nur langweiliger und weniger abwechslungsreich. Man fährt nur zwischen unendlichen Flächen Weideland hindurch, die immer mal wieder von Siedlungen oder Baumreihen durchbrochen werden. Erstaunlich ist lediglich, wie fast jede zweite Wiese von riesigen Rasensprengern bewässert wird.
Unser Bus fungiert, zumindest die erste halbe Stunde, auch als Schulbus und Marc findet auch gleich einen neuen besten Freund, der direkt neben ihm auf der anderen Seite des Ganges sitzt. Na gut, vielleicht war es auch andersrum und der Junge hat Marc als neuen besten Freund erwählt, ohne diesem eine Wahl zu lassen. So oder so werden Marc ein paar Urlaubsfotos vom Besuch im Rugby-Museum in Palmerston North unter die Nase gehalten und dazu einige Geschichten erzählt. So wie der Junge nuschelt, ist er quasi geboren für einen Job als Sandwichverkäufer bei Subway.
Kaum ist der Junge ausgestiegen, steigt ein nicht weniger nuschelnder Mann ein, dessen Hobby es nach eigener Aussage ist, fremde Leute kennen zu lernen. Dass den fremden Leuten vielleicht manchmal gar nicht nach kennen lernen zu Mute ist, interessiert ihn dabei wenig. Weil ich meistens auf ignorieren schalte und einfach nur teilnahmslos daneben sitze, darf ich mir dann ein paar Mal anhören, was für ein stiller, schweigsamer Mensch ich doch bin. Naja, immer noch besser, als wie Marc die ganze Zeit zu nicken und lieb zu lächeln, während uns der Typ vollquatscht, obwohl wir gerade Musik hören.
Unterwegs werden dann noch neue Zigaretten gekauft, weil Marcs Dutyfree Kippen bereits alle sind. Erwähnenswert deshalb, weil wir zum Kippenkaufen BEIDE unseren Reisepass vorzeigen müssen. Bedeutet also, wenn ich als lebenslanger Nichtraucher meinen Pass vergessen habe, kann sich Marc als quasi lebenslanger Raucher keine Zigaretten kaufen. Dieser "Logik" nach dürften also auch Eltern keinen Alkohol oder Zigaretten kaufen, wenn ihre unter achtzehnjährigen Kinder mit dabei sind. Ich meine wie unlogisch ist denn das bitte?

Endlich in Christchurch angekommen, trifft uns dann ziemlich der Schlag, in was für einer fürchterlichen Stadt wir hier gelandet sind, bis uns wieder einfällt, dass hier im Januar 2011 ein schweres Erdbeben gewütet hat. Die Trümmer sind zwar inzwischen weggeräumt, aber abgesehen davon wirken große Teile des Zentrums immer noch wie kurz nach dem Krieg, eine wahre Geisterstadt. Auf großen Flächen sind nur noch Betonfundamente übrig, die Häuser, die noch stehen, sind eingerüstet oder mit Absperrband und Bauzäunen verriegelt. Man fragt sich ein bisschen, wie es ein hoch entwickeltes, reiches Land, wie Neuseeland eins ist, in vollen drei Jahren nicht schaffen konnte, die Innenstadt zumindest halbwegs wieder aufzubauen. Will man sich gar nicht vorstellen, wie es hier unmittelbar nach dem Beben aussah.
Zu Fuß am provisorischen Hauptbusbahnhof angekommen, bietet sich genau das gleich Bild. Die Straße ist hier soweit abgesackt, dass jeder zweite Bus beim Einbiegen zur Haltestelle mit der Stoßstange über den Asphalt schrammt und beim wieder losfahren gleich noch mal aufsetzt. In drei Jahren haben sie es nicht mal geschafft, wenigstens die Straße am Hauptbahnhof zu reparieren? Das ist eben die Kehrseite der entspannten, sorglosen, alles mit der Ruhe Lebenseinstellung der Neuseeländer.
Mit dem Metrobus geht es dann bis nach Belfast, einen mehr oder weniger flughafennahen Vorort von Christchurch, wo, wie fast überall außerhalb des Zentrums, kaum bzw. gar keine Schäden vom Erdbeben mehr zu sehen sind. Liegt wohl nicht zuletzt daran, dass es hier fast nur einstöckige Wohnhäuser gibt.
Um 21 Uhr abends, nach einigen Kilometern entlang der zum Glück mit einem Bürgersteig versehenen Schnellstraße in Richtung Flughafen erreichen wir dann unseren vorgebuchten Zeltplatz.
Der letzte volle Tag in Neuseeland verläuft dann eigentlich sehr entspannt. Wir brauchen zwar eine Weile, bis wir den nächsten Supermarkt erreichen, aber sonst haben wir ja eh nichts vor.

Donnerstag 6. Februar 2014
Der Tag der Abreise bricht an und da wir den Checkout von 10 auf 11 Uhr morgens verschieben konnten, schaffen wir es sogar noch, unser Zelt in der Sonne trocknen zu lassen. Der Weg zum Flughafen gestaltet sich zu Fuß schwieriger als gedacht, weil die Landstraße ab hier nicht nur keinen Fußweg mehr hat, sondern nach einer guten Dreiviertelstunde auch noch in eine Autobahn übergeht. Irgendwie schaffen wir es dann nach guten 5 Kilometern Fußmarsch, endlich den Airport zu erreichen.
Air Newzealand hat für Economy Gäste leider alles auf Selbstcheckin umgestellt. Warum? Keine Ahnung. Bedeutet hier vermutlich Fortschritt, dass das ganze Checkinpersonal jetzt nicht mehr hinterm Schalter steht und mein Ticket ausdruckt, sondern damit beschäftigt ist, Leuten zu erklären, wie man die Selbstcheckinschalter bedient. Ich bezweifle, dass sich die Kosten für die Schalter je rentieren werden. Wie dem auch sei, bei uns hat sich natürlich die Ticketnummer geändert. Im Klartext bedeutet das, der Schalter spuckt mir einen Error aus und ich darf zu einem der zahlreichen Mitarbeiter gehen, damit die das Ganze noch mal in ihren Terminal eintippen. Ich bekomme beruhigende Sätze wie "Was ist das denn?" und "Oje, oje" zu hören, bevor weiteres Personal herbeiströmt und man bestätigt, dass man das ja überhaupt noch nicht gesehen hat. Irgendwann wird der Fehler dann doch noch gefunden, an einem anderen Schalter, wird meine Ticketnummer umgebucht und ich kann ganz sorgenfrei am Selbstcheckin teilnehmen. Das nenne ich Fortschritt. Immerhin ist bei Marc der Fehler schon bekannt und die ganze Sache läuft etwas einfacher ab.
Als endlich der Flieger startet, sind wir schon ziemlich froh, das Land nach einem Monat wieder verlassen zu können.

Fazit:
Neuseeland ist ein Land, das sich extrem auf den Tourismus spezialisiert hat, was einem das Reisen sehr leicht und komfortabel macht, wenn man auch für manche Attraktionen das nötige Kleingeld braucht. Landschaftlich ist vor allem die Westküste der Südinsel wunderschön und sehenswert. Im Groben und Ganzen ist aber alles sehr europäisch.
Würde ich dieses Land für "work an travel" empfehlen und bereisen? Definitiv. Werde ich noch mal nach Neuseeland als Backpacker, mit einem Caravan oder auf sonst irgendeine Weise reisen? Ziemlich sicher nicht.
Ach und was das Geld angeht haben wir es dank kostenlosem Zeltplatz für eine Woche und mehr oder weniger ausschließlich Toast mit Erdnussbutter essen doch tatsächlich geschafft, nur 1.000€ in Neuseeland auszugeben. Für knapp 30 Tage.

© Marten Seifert, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein ganzes Jahr haben wir uns Zeit genommen, um von Berlin aus über NY, Südamerika, Australien und Ozeanien und Südostasien um die Welt zu fliegen, bevor es wieder in die Heimat zurückgeht.
Details:
Aufbruch: 27.08.2013
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 26.08.2014
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Peru
Bolivien
Chile
Ecuador
Kolumbien
Panama
Costa Rica
Französisch Polynesien
Neuseeland
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Thailand
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Deutschland
Der Autor
 
Marten Seifert berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.