Canada und Alaska

Reisezeit: Mai / Juni 2007  |  von Franzi S.

Es geht an die Sunshine Coast

Samstag, 9. Juni 2007

Heute verlassen wir Whistler. Das Wetter zeigt uns eindrücklich, dass wir die letzten drei Tage noch viel Glück hatten, denn es strätzt heute morgen grauslich und die Wolken hängen noch tiefer als die vorhergehenden Tage.

Ein letztes Mal geniessen wir das leckere Frühstück im Hilton und unser äußerst charmanter Kellner bedient uns wieder.

Auto bepacken - auschecken - um halb zehn losfahren. Die Scheibenwischer haben heute wirklich Vollbetrieb und die vielen Baustellen machen das Vorwärtskommen auch nicht grad einfacher! Der Highway von Vancouver nach Whistler wird ja für die Olympiade 2010 vierspurig ausgebaut. Entsprechend beeindruckend sind die Erdumwälzungen, die wir zu sehen bekommen! Da es heute aber Samstag ist, sind nur wenige Bauarbeiter am Arbeiten. Wir kommen zwar nur langsam voran, aber immerhin behindern uns nicht noch hunderte von Baufahrzeugen und Lastwagen! In zwei Stunden fährt nämlich unsere Fähre, und die möchten wir nicht verpassen!

Trist und trübe durchfahren wir die nicht existenten Küstenberge, welche unter einer dicken Wolkendecke stecken. Es ist wahrlich der garstigste Tag unserer Ferien.

In Squamish tanken wir noch unseren fahrbaren Untersatz auf, dann geht die Fahrt weiter dem Howe Sound entlang. Wir haben wieder das Meer erreicht! Petrus öffnet alle Schleusen und es regnet immer heftiger! What a day...

Um fünf nach elf erreichen wir die grosse Fährstation in der Horse Shoe Bay. Es ist Weekend und entsprechend gross sind die Warteschlangen für die verschiedenen Destinationen. Als ich mich in den Reiseführern und im Internet zum ersten Mal mit der Sunshine Coast beschäftigt habe, war ich erstaunt, wie viele Angebote es für Honeymooner gibt. Ein Hotel oder B & B nach dem andern überbietet sich in romantischen Angeboten! Die Sunshine Coast scheint DAS Gebiet für geplagte Grossstädter zu sein, die ihrem Liebsten oder ihrer Liebsten ein besonderes Wochenende bieten wollen. Somit ist auch zu erklären, dass die "Lane" für die Langdaler Fähre ziemlich überfüllt ist. Doch die Grösse der Fähre ist beeindruckend. Auf drei Stockwerken werden Autos, Mobilhomes und Lastwagen verladen, so dass auch unser Wagen irgendwo noch ein Plätzchen findet.

Wir begeben uns in ein oberes Deck, wo wir es uns an einem der grossen Fenster bequem machen. Doch lange halten wir es nicht aus! Wir brauchen frische Luft. Eine Seitentür führt uns hinaus zu einem gedeckten Platz. Die Fahrt führt uns entlang der Küstenberge rechterhand und zwischen Inseln linkerhand vorbei. So deprimierend das Wetter ist, irgendwie wirkt alles mystisch! Die tief hängenden Wolken und die vielen Grauschattierungen. In der Nähe einer grösseren Insel findet eine Segelregatta statt. Die armen Kerle... Die werden auch nur einmal nass!

Die Segelregatta bei ziemlich miesem Wetter

Die Segelregatta bei ziemlich miesem Wetter

Zwei Stunden später erreichen wir Langdale. Die vielen Autos wälzen sich aus dem Bauch des Ungetüms und wir kriegen die Rush Hour der Sunshine Coast zu spüren. Da es hier nur eine Hauptstrasse gibt, den Highway 101, will so ziemlich jeder in die selbe Richtung und da staut es halt! Doch irgendwann biegen hier und da viele in irgendwelche Seitenstrassen ab, so dass wir wieder freie Fahrt haben.

Muss ich es erwähnen? Die Sunshine Coast macht ihrem Namen wenig Ehre... es giesst aus Kübeln! Und die Stimmung meines Göttergatten fällt und fällt wie der Barometer! Das ist insofern erstaunlich als dass dies normalerweise mein Gebiet ist: Schmollen bei Schlechtwetter! Doch mir geht es erstaunlich gut. Um so mehr weil ich mich riesig auf das nächste Hotel freue, das im Internet einen unglaublichen Eindruck machte!

Auf unserer Fahrt nordwärts erblicken wir ein Einkaufszentrum. Obwohl wir das Auto so nah wie möglich zum Eingang stellen, werden wir pitschnass beim Spurt ins Shoppingcenter. So was haben wir ja wirklich noch nie erlebt... Bei uns wäre dies ein intensiver Gewitterregen von vielleicht 10 Minuten. Hier ist es ein Dauerregen in der gleichen Intensität. Und die Laune meines Göttergatten fällt weiter...

Wiederum decken wir uns mit zwei Flaschen Wein, Brot, Philadelphia Käse und etwas Früchten ein, dann Spurt zurück ins Auto. Wuäh...

Die Fahrt geht weiter und irgendwann erblicken wir den kleinen Ort Halfmoon Bay und auf einem kleinen Schild die Abzweigung zu unserem Rockwater Secret Cove Resort. Durch einen kleinen Wald gelangen wir an eine wunderschöne Bucht zum Hotel. Rechterhand befinden sich Cabins, linkerhand das Hotel selber. Wir staunen über die vielen Autos und finden knapp noch einen Parkplatz. Auch drinnen scheint die Hölle los zu sein, überall springen Angestellte hin und her oder stehen elegant gekleidete Menschen im Weg. An der Récéption erklärt uns die nette Dame, dass unsere Tent House Suite noch nicht parat sei, aber wir könnten sicher bei Freunden schon mal untertauchen. Häää? Wir haben hier keine Freunde...

Jetzt klärt sich auch der Rummel rundherum! Heute Abend ist eine Hochzeit und 99 % der Hotelgäste gehören dazu. Logisch dass die Leute dachten wir würden daran auch teilnehmen! Als wir das geklärt haben, drückt sie uns einen Schirm in die Finger, wir sollten doch ein wenig spazieren gehen. Nun, das trägt wirklich nicht zur Verbesserung der Laune von Jürg bei... Im Gegenteil! Er guckt so was von hässig in die Gegend, das es langsam beängstigend wird!

Also schnappen wir uns diesen vermaledeiten Schirm und begeben uns wieder an die frische Luft in die fallenden Fluten!

Das Resort habe ich ebenfalls im Internet gefunden. Dieses bietet nicht einfach nur Hotelzimmer oder Cabins an, sondern Tent House Suiten! Wir werden also die nächsten drei Nächte campieren auf die luxuriöse Art. Hinter dem Hotel erwartet uns ein kleiner Feng Shui Garten mit einem steinernen Tor à la Stonehenge. Der Weg führt uns in den Regenwald (nein wie passend!) hinein. Auf einem schönen Holzsteg geht es dem steilen Küstenufer entlang. Nach fünf Minuten erblicken wir die vielen einzelnen Zelte, die herrlich in die Bäume hinein gebaut wurden. Unglaublich! Jedes Zelt hat eine hölzerne Terrasse mit modernen Liegestühlen und Sesseln (was natürlich heute eher nicht so reizvoll ist) und eine wunderbare Aussicht auf den Georgia Strait. Ich bin begeistert.

Leider erhalten wir das absolut letzte Zelt, wo man 10 Minuten laufen muss, um es überhaupt zu erreichen. Schon höre ich von Jürg den Einwand, ich solle ja nicht auf die Idee kommen, dass er dann die Koffer bis nach hier hinten schleppe! Super!

Wir kehren zurück zum Hotel. Unterhalb erblicken wir auf einer Klippe ein grosses Zelt, wo Leute wie wild herumrennen. Hier findet wohl die Trauung statt. Das Brautpaar hat mein Mitleid. Heiraten bei diesem Wetter. Schlimmer kann's kaum kommen... Wie wir feststellen, wird es ein Italienerhochzeit geben. Jedenfalls sprechen die halben Gäste italienisch und die andere Hälfte macht uns doch auch einen sehr italienischen Eindruck vom Äußeren her.

Endlich erhalten wir den Zimmer- tschuldigung - Zeltschlüssel! Leider können wir heute Abend auch nicht im Restaurant essen wegen dem Hochzeit. Aber man würde uns selbstverständlich den Zimmerservice bieten.

Jürg muss sein Auto bei den Cabins parkieren, was noch ein wenig weiter weg von unserem neuen Zuhause ist und einen weiteren Höhepunkt seiner Laune mit sich bringt.

So geht's dann den Steg entlang durch den Regenwald bis zum hintersten Zelt (man läuft wirklich lange...). Eine steile Treppe führt uns zu Nummer 65 hinunter, wo wir ganz für uns alleine eine wunderschöne Bucht haben. Wir erblicken auf dem Wasser verschiedene Inseln und ganz knapp am Horizont Vancouver Island. Herrlich! Dies bessert die Laune von Jürg keinesfalls! Wir öffnen die Holztüre unseres Zelts und ich falle fast um vor Begeisterung! Ein riesiges Kingsize Bett mit Daunenduvets ist der Mittelpunkt. Der Boden besteht aus schönen Bodenplatten, die beheizbar sind. Linkerhand hat es eine edle Regenwalddusche (blöder Zufall bei diesem Wetter...) mit einem eleganten Lavabo, dann erblicken wir einen schönen Gasofen. Rechterhand vom Bett direkt am Fenster hat es ein grosses Jacuzzi und verdeckt von einer edlen Holzwand befindet sich die Toilette. Die Wände bestehen tatsächlich aus Zeltstoff und die Fenster sind aus Plastik. Oberhalb unseres Bettes hat es ein Oberlicht mit Plastikfenstern und natürlich hört sich der Regen äußerst romantisch an, wie er aufs Zeltdach trommelt! Ich bin völlig verliebt... ins Zimmer - nicht in Jürg. Da es im Zelt ziemlich kalt ist, motzt er weiter herum, und als er noch entdeckt, dass eine undichte Stelle ein paar Regentropfen auf sein Bett fallen lässt, ist er definitiv durch den Wind. Kein gutes Haar wird gefunden, der Wind heult ums Zelt und rüttelt und schüttelt an allem. Auch nicht gut!

An dieser schönen Bucht liegt unser Zelt

An dieser schönen Bucht liegt unser Zelt

Ein letztes Mal wagen wir uns nach draussen. Marsch von 10 Minuten zurück zum Auto. Da wir also die Koffer nicht soweit schleppen wollen, räumen wir eine der Taschen aus und klauben soviel aus dem Koffer wie wir eben für die nächsten Tage brauchen werden und stopfen dies in die Tasche. Feuchter Spurt zurück ins Zelt. Natürlich kommen wir beiden tropfnass an. Der Schirm nützt wenig.

Da es wirklich kalt ist, schalte ich die Bodenheizung ein und das Gas Cheminée. Am kleinen Tisch geniessen wir ein kleines Abendessen, das wir ja am Nachmittag eingekauft haben. Danach legt sich Jürg zu einem Schläfchen hin und es kehrt endlich Ruhe ein.

Ich finde unser Zelt höchst romantisch. Der Regen trommelt aufs Zeltdach, der Wind rauscht ums Zelt, das Gas Cheminée verströmt herrliche Wärme und ich öffne eine Flasche Wein und genehmige mir einen Schluck. Dazu lese ich in meinem neuen Roman. Herrlich!

Ein wärmendes Feuerchen und ein Glas Wein - das hebt die Stimmung!

Ein wärmendes Feuerchen und ein Glas Wein - das hebt die Stimmung!

Plötzlich hört es auf zu regnen und langsam reissen die Wolken auf. Die Stimmung wird von Moment zu Moment fantastischer! Ich wage mich auf unsere Holzterrasse und geniesse den genial schönen Ausblick! Plötzlich erblicke ich in unserer kleinen gegenüberliegenden Bucht den Kopf eines Seehundes. Am Horizont taucht ein Kreuzfahrtschiff auf und ein Wasserflugzeug landet gerade und bringt vermutlich weitere Hochzeitsgäste. Die Wetterstimmung ist so was von schön!

Weitere Hochzeitsgäste fliegen ein

Weitere Hochzeitsgäste fliegen ein

Langsam hellt der Abendhimmel auf

Langsam hellt der Abendhimmel auf

Endlich erwacht auch Jürg. Verschlafen registriert er den Wetterwechsel. Zusammen spazieren wir noch einmal den Steg durch den Regenwald entlang und geniessen die schönen Ausblicke. Die Sonne findet langsam den Weg durch die vielen Wolken und verzaubert die Landschaft magisch. Und langsam bessert sich auch die Laune meines Göttergatten! Gespannt blicken wir immer wieder aufs Wasser und hoffen auf den Anblick von Orcas. Doch daraus wird nichts.

Abendspaziergang auf dem Holzsteg, welcher zu den Tent House Suiten führt

Abendspaziergang auf dem Holzsteg, welcher zu den Tent House Suiten führt

Die Abendstimmung ist nach der Sintflut einfach schön

Die Abendstimmung ist nach der Sintflut einfach schön

Zurück in unserem Zelt muss nun auch Jürg langsam zugeben, dass alles sehr elegant und gemütlich ist! Die hinterste Tent House Suite haben wir übrigens erhalten, damit uns das Hochzeit nicht stört. Ist nett von der Récéption. Hier ist es wirklich ruhig bis auf den starken Wind, der immer noch an allem rüttelt und schüttelt. Dank Bodenheizung und Cheminée ist es nun auch heimelig warm.

So sieht unser Luxuszelt von der Seite aus

So sieht unser Luxuszelt von der Seite aus

Die Plastikfenster haben aufrollbare Zeltblachen als Fensterläden. Jürg meint ich könne ja mal versuchen bei offenen Fensterläden zu schlafen. Hier würde kein Licht stören. Dies ist nämlich etwas, wo wir uns nicht einig sind. Ich schlafe am Liebsten wenn alles stockfinster ist und Jürg lässt lieber sämtliche Fensterläden offen.

Ich willige ein. Um zehn stecken wir in den höchst bequemen Federn, hören das Rauschen des Meeres und des Windes und das Knistern des Cheminées. Um zwei Uhr erwache ich. Mich stört das flackernde Licht des Gasofens, so dass ich diesen abstelle (hat übrigens eine Fernbedienung, muss nicht mal aufstehen...). Draussen erblicke ich einen herrlichen Sternenhimmel und immer noch rauschen die Bäume im Wind. So schön! Schnell schlafe ich wieder ein.

Wer würde hier nicht gut schlafen...

Wer würde hier nicht gut schlafen...

© Franzi S., 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem Kreuzfahrtschiff gehts von Vancouver aus in den Südwesten Alaskas. Danach geniessen wir mit dem Mietwagen die Wildnis von British Columbia.
Details:
Aufbruch: 17.05.2007
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 13.06.2007
Reiseziele: Kanada
Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Franzi S. berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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