La Moselle - Eine Reise auf den Spuren eines Flusses, Teil 2

Reisezeit: September / Oktober 2024  |  von Jörg König

3. 10. 2024, von Epinal nach Nancy

Dritte Etappe: Von Epinal nach Nancy, Do., 3.10.2024

Eine weite Strecke habe ich vor mir. Knappe 80 Kilometer von Epinal nach Nancy. Das heißt also: Früh genug losfahren, spätestens 9.30 Uhr.
Ich überquere noch einmal die Kanalbrücke über die Moselle bei Golbey, über die ich gestern schon gefahren bin, nur in entgegengesetzter Richtung. Auch die heutige Tour führt größtenteils am Canal des Vosges entlang, der von hier bis Neuves-Maisons als Nebenkanal der Moselle verläuft. Die Moselle ist hier recht wild und noch nicht schiffbar. Auf dem Kanal sehe ich heute nur wenige kleinere Frachtkähne, die auf einem kurzen Abschnitt zwischen zwei Kies-Verladestellen verkehren. Péniches heißen sie auf französisch ( péniche = Kahn). Ich sehe mehrere große Kiesgruben entlang der Strecke. Das Moseltal ab Epinal ist sehr breit und eigentlich kaum als Tal erkennbar. Erst kurz vorm Dreiländereck Frankreich-Luxemburg-Deutschland wird es wieder deutlich enger.
Der Radweg führt größtenteils am Canal des Vosges und am Moselkanal entlang. Ein Gewirr von Gewässern begleitet den ganzen Verlauf der Moselle in dieser Region. Es sind Ansammlungen von noch aktiven oder ehemaligen Kiesgruben, die im Zuge der Mosel-Kanalisierung angelegt wurden. Nach der Auskiesung und Stilllegung füllen sich diese Gruben mit Grund- und Regenwasser und werden zu Teichen und Seen, die sich allmählich zu wertvollen Biotopen entwickeln können, die Zug- und Wasservögeln als Brut- und Rastplätze dienen. Einige dieser Areale werden zu Naturschutzgebieten, die einen Kontrast zu der ansonsten wirtschaftlich stark genutzten Region bilden. Andere ehemalige Gruben dienen der Fischzucht und der Sportfischerei.

Bei Chavelot verlasse ich den Radweg, überquere eine alte, nicht mehr genutzte Schleuse und biege in einen unbefestigten Feldweg ein. Hier muß ich das Fahrrad schieben. Ein bisschen Abenteuer muß schon sein! Ich hoffe, nahe an die Moselle zu kommen, was aber nicht der Fall ist. Ich komme an ein paar Teichen vorbei, stoße bald wieder auf irgendeine Straße. Ich sehe ein Schild, das auf einen "Wellness-Temple" hinweist. Das kommt mir an dieser Stelle etwas suspekt und merkwürdig vor. Ich folge dem Schild und fahre bald durch ein gespenstisch wirkendes, marodes, ehemaliges Industrie-Areal, das zu der Stadt Thaon-les-Vosges gehört. Am äußersten Ende, da, wo die Straße aufhört, eine Wohnwagensiedlung. Was bringt Menschen dazu, sich an so einem unwirtlichen Ort an der äußersten Peripherie niederzulassen? Ist es bewusst gewählte Isolation, die Wahrung größtmöglicher Distanz zu einer Gesellschaft, von der sie sich ausgeschlossen, nicht akzeptiert fühlen? Ist es das Bedürfnis nach selbstbestimmtem Leben und Wohnen? Oder werden diese Menschen nur hier geduldet, woanders aber nicht? Ich fahre wieder zurück. In manchen der halb verfallenen Gebäude sind noch Gewerbebetriebe. Werkstätten und Lager, in denen Gabelstapler herumfahren.

Wieder zurück auf dem Radweg, mache ich einen Abstecher über die Mosel nach Châtelle-sur-Moselle, einer mittelalterlichen Festung, die ich aber nicht besichtigen kann, wegen Baumaßnahmen, wie man mir mitteilt. Die kleine Stadt Charmes durchfahre ich nur, finde den vom Hauptkanal abzweigenden Canal des Moulins und gehe kurz in die Eglise Saint-Nicolas. Wieder auf dem Radweg, links der Canal des Vosges und rechts die Moselle. Sie ist nicht immer sichtbar. An einem Rastplatz finde ich einen kleinen Pfad, der zu ihrem Ufer führt. Ich setze mich auf die Böschung. Der Fluss ist hier umgeben von schönem Auwald. Dichte Vegetation bis unmittelbar an die Ufer. Sträucher und Bäume. Weiden, Ebereschen, Ahorne, Pappeln. Keine Wege führen hier entlang. Ich schaue dem gleichmäßigen Strömen des Flusses zu, vernehme leises Gluckern und den Wind in den sich wiegenden Kronen der Pappeln drüben am anderen Ufer.

Kurz hinter Charmes finde ich diesen schönen Platz am Ufer der wilden Mosel.

Kurz hinter Charmes finde ich diesen schönen Platz am Ufer der wilden Mosel.

Entlang des Réserve naturelle de la Moselle sauvage

Ein Stück weiter sehr viele Teiche, die der Fischzucht dienen. Ich sehe Angler; auch am Kanal stehen welche. Bald darauf passiere ich ein Naturschutzgebiet, biege kurz ab, sehe Informationstafeln und Pfade, die in das Gebiet hineinführen. An einem See bleibe ich stehen. Für mehr als ein paar Fotos reicht die Zeit nicht. Das ist eigentlich schade. Es handelt sich hier um das riesige Landschaftsschutzgebiet "Réserve naturelle de la Moselle sauvage". Dieser Abschnitt des Flusses wird auch "Die wilde Mosel" genannt. Sicher lohnt es sich, nochmals für ein paar Tage hierher zu kommen und diese Gegend wandernd zu erkunden.

Das große Landschaftsschutzgebiet "Réserve naturelle de la Moselle sauvage" streife ich nur kurz.

Das große Landschaftsschutzgebiet "Réserve naturelle de la Moselle sauvage" streife ich nur kurz.

Hinein nach Nancy

Hinter Richardmenil verläßt der Radweg nach Nancy den Canal des Vosges endgültig. Es geht entlang des Verbindungskanals zwischen Moselle und Meurthe nach Laneauville. Hier sehe ich die Meurthe von einer Brücke aus und fahre entlang des Canal de la Marne au Rhin nach Nancy.

Der Canal de Jonction verbindet den Canal des Vosges mit dem Canal de la Marne au Rhin.

Der Canal de Jonction verbindet den Canal des Vosges mit dem Canal de la Marne au Rhin.

Auf der Brücke über die Meurthe bei Laneauville

Auf der Brücke über die Meurthe bei Laneauville

Immer mehr Menschen sind unterwegs, auffallend viele Jogger, einige von ihnen hübsche, durchtrainierte Männer und Frauen. Vor Einbruch der Dunkelheit erreiche ich die Stadt. Jetzt muß ich noch das Hotel finden. Ich habe wieder den Fehler gemacht, mich nicht vorher über dessen genaue Lage zu informieren. Wenig begeistert sehe ich, daß es in einem Vorort am äußersten Rand von Nancy liegt. Es hilft also nichts. Ich muß auf die Straßen und mich durch den dichten Verkehr bis rauf nach Laxou quälen. Endlich in Laxou angekommen, ist es dunkel und hier finde ich mich wirklich nicht mehr zurecht. Es ist niederschmetternd. Ein Gewirr von Straßen, Autobahnen, Schnellstraßen, Kreuzungen, Gewerbegebieten, Hotels, McDonalds, Burger Kings, Autohäusern, Fitnesscentern. Ich rufe die Nummer des Hotels an. Wo ich genau bin? Tja, wenn ich das mal wüsste. Ich solle es mit GPS oder Google Maps versuchen. Die Adresse lautet: "Rue de Resistance 15". Das weiß ich. Google Maps und GPS verwende ich nicht. Ein großes, orangefarbenes Gebäude solle es sein, ich könne es gar nicht übersehen.

Schon fast verzweifelt, stehe ich auf einmal davor. Der junge Portier, mit dem ich telefoniert habe, kommt zur Tür raus. Er hat auf mich gewartet. Er ist freundlich und charmant; ich habe den Eindruck, daß er sehr fürsorglich ist und sich um die Gäste kümmert. Er stellt ein Gefühl von Vertrauen her. Um 21:30 Uhr nehme ich im Restaurant mein Dinner ein und entspanne mich langsam wieder. Was für ein Tag! Übrigens: Es war relativ kalt: maximal 13 Grad, aber trocken.

© Jörg König, 2025
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Das ist das Tagebuch des zweiten Teiles meiner Moselreise von der Quelle bis zur Mündung in mehreren Etappen. Im Unterschied zur ersten Etappe bin ich diesmal nicht gewandert, sondern mit dem Fahrrad von Remiremont zum Dreiländereck Frankreich-Luxemburg-Deutschland gefahren, mit Abstechern entlang des Canal des Vosges und nach Nancy.
Details:
Aufbruch: 30.09.2024
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 10.10.2024
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Jörg König berichtet seit 7 Monaten auf umdiewelt.
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