La Moselle - Eine Reise auf den Spuren eines Flusses, Teil 2
7.10. 2024, Ein Tag in Metz
Ein Tag in Metz, Mo., 7.Oktober 2024
Nach dem "very basic breakfast" -so wurde es mir gestern beim Einchecken im Hostel "La Brasserie" angekündigt, es ist aber durchaus gut und sättigend-, nehme ich mir erstmal Zeit und Ruhe, um zu schreiben. Heute ist mein Geburtstag. Ich nehme ein paar Glückwünsche entgegen. Und es ist wieder ein Pausentag.
Metz, die Hauptstadt Lothringens (heute: Grand-Est), kenne ich schon von zwei früheren Besuchen. Das Wetter ist heute mild und sehr wechselhaft. Ich versuche, mich zu orientieren. Vom Roi Georges ist es gar nicht weit zum Arsenal, zur Chapelle des Templiers ( zu deutsch: die Kapelle der Tempelritter), zur Eglise Saint Pierre-aux-Nonnains ( die Kirche Sankt Peter auf der Zitadelle) und zu dem schönen Jardin d`Esplanade, einem großen, im französischen Stil angelegten Garten. Neben dem Brunnen in dessen Mitte setze ich mich auf eine Bank und lese. Es ist Montag. Als Urlauber und Müßiggänger, der ich heute bin, komme ich nicht umhin, zu denken, daß der Montag der gewöhnlichste Tag der Woche ist. Das Wochenende ist vorbei, die Arbeitswoche beginnt. Alle Museen und die meisten Sehenswürdigkeiten sind geschlossen. Eigentlich kein guter Tag, um eine Stadt zu erkunden. Zu dem sanften Plätschern des Brunnens gesellt sich sogleich der Radau von Rasenmäher und Laubbläser, was der Konzentration auf meine Lektüre nicht unbedingt zuträglich ist. Dann schlendere ich runter zur Mosel -der Fluss verzweigt sich in der Stadt in mehrere Nebenarme-, am Yachthafen vorbei, Richtung Zentrum. Ich mag es, am Ufer der Mosel entlang zu spazieren, bewundere die Perspektiven, die sich vom Fluss aus bieten, die Brücken, die sich im Wasser spiegeln, oberhalb des Ufers die prächtige evangelische Kirche "Temple Neuf".
Ein Mann, der schwerfällig die Treppe vom Ufer zur Straße hinaufsteigt, spricht mich an. Als ich ihm erkläre, daß ich Deutscher bin und in Köln lebe, ist er sehr überrascht und sagt, daß er auch in Köln lebt, in Köln-Mülheim. Ich sage ihm, daß ich ganz in der Nähe, im Stadtteil Holweide, wohne. Er spricht ein gebrochenes Deutsch und ich verstehe ihn schwer. Ich glaube, er sagt, daß er Italiener ist und daß er sechs Kinder hat. Was er hier macht, bleibt mir unklar. Leben ein paar seiner Kinder hier? Er sagt auch, er habe wenig Geld. Vielleicht ist er obdachlos. Schließlich bittet er mich um Geld für ein Brötchen. Da er ganz in Ordnung zu sein scheint, gebe ich ihm fünf Euro, worüber er sich sehr freut.
Kurz darauf bin ich an der Kathedrale. Absurderweise schließt sie um 14 Uhr, also bin ich zu spät. Das macht aber nichts, da ich sie schon zweimal besucht habe. Vor ein paar Jahren mit meiner Mutter, die mir von den Chagall-Fenstern erzählt hatte. Damals machten wir einen Tagesausflug von Trier aus hierher. Sie wollte mit mir das neu eröffnete "Centre Pompidou Metz", das Museum für zeitgenössische Kunst und eine der Touristen-Attraktionen der Stadt, besuchen.
Die Kathedrale von Metz ist unbedingt einen Besuch wert. Man sollte rechtzeitig da sein. Am Tag meines Aufenthaltes stand ich schon nach 14 Uhr, wie einige andere frustrierte Besucher, vor verschlossener Tür!
Über 2000 Jahre Geschichte
Metz hat eine ähnlich lange Geschichte wie meine Heimatstadt Trier. Zunächst ein keltisches Oppidum ( Oppidum: befestigte Stadt oder Siedlung) , wurde sie 58 vor Christus von den Truppen Julius Cäsars erobert und hieß "Dividuron Mediomatriciis". Sie war eine bedeutende Stadt Galliens und lag in der Mitte der Handelsrouten Lyon-Trier und Reims-Straßburg. Sie wurde Bischofsstadt, Handels- und Wirtschaftsstadt, schließlich freie Reichsstadt. Nach dem dreißigjährigen Krieg, im Jahre 1648, wurde sie im Westfälischen Frieden offiziell zum Königreich Frankreich zugehörig anerkannt. Nach der Reformation bekannten sich viele ihrer Bürger zum evangelischen Glauben. Auch gab es eine große jüdische Gemeinde. 1685 wurde den Calvinisten die Religionsausübung verboten und ihre Kirchen wurden abgerissen. Eine große Auswanderungswelle begann; die Stadt verlor 17 Prozent ihrer Einwohner, wodurch ihr großer Schaden zugefügt wurde. Ludwig XIV. und sein Minister Vauban ließen Metz aufgrund seiner strategischen Bedeutung zu einer uneinnehmbaren Festung umbauen. Wie immer, wenn die Mächtigen eine Politik der Militarisierung durchsetzen wollen, wurden der Bevölkerung große Opfer abverlangt, was diese jedoch hinnahm, da Wirtschaft und Handwerk von den Aufträgen des Militärs profitierten. Die Architektur der Stadt ist zum großen Teil unter militärischen Gesichtspunkten entstanden, was auch heute noch sichtbar ist.
Die großen Plätze, Gärten und repräsentativen Gebäude, die das heutige Stadtbild prägen, sind erst im Zuge der Aufklärung im 18. Jahrhundert entstanden, als der Herzog Charles Louis Auguste Fouque, Gouverneur der "Trois Evêchés" (zu deutsch: der drei Bistümer) Metz, Toul und Verdun und der renommierte Architekt Jaques-François Blondel mit der grundlegenden Umgestaltung der Stadt begonnen hatten. Heute ist Metz eine lebendige, moderne Stadt mit ca. 120 000 Einwohnern.
(Quellen: "Metz im 17. und 18. Jahrhundert/ Hin zum Städtebau der Aufklärung", éditions du patrimoine, Broschüre, erhältlich im Fremdenverkehrsbüro Metz; Radtourenbuch "Mosel-Radweg Frankreich/ Von der Quelle zum Dreiländereck", bikeline, Verlag Esterbauer).
Nachdem ich einen Cappuccino in einem der Cafés auf dem Place Saint-Louis getrunken und Postkarten geschrieben habe, gehe ich noch zu dem großen Stadttor "Port des Allemands" ("Deutsches Tor"), das über dem Fluss La Seille gebaut wurde und mit seinen zwei Rundtürmen und den zwei Befestigungstürmen sehr beeindruckend ist.
Ein kurzes Stück stadteinwärts entdecke ich dann doch eine Kirche, die heute geöffnet ist und gehe hinein. Es ist die Eglise Saint-Eustrache. Sie ist dem Heiligen Eucharius, dem ersten Bischof von Trier geweiht, dessen Gebeine in einem Sarkophag in der Krypta der Klosterkirche St. Matthias in Trier liegen. Hier also auch wieder eine unerwartete Verbindung zu meiner Heimatstadt.
Und da heute mein Geburtstag ist, lasse ich es mir gut gehen. Mit einem guten Dinner und zwei Gläsern Riesling in einem der vielen Restaurants auf dem Place Saint-Louis. Ich kann auch ein wenig Französisch sprechen und verstehen, was mich ein bisschen stolz macht. Die meisten Bedienungen sprechen aber englisch, sobald sie meine wahrscheinlich sehr auffällige deutsche Aussprache hören.
Aufbruch: | 30.09.2024 |
Dauer: | 11 Tage |
Heimkehr: | 10.10.2024 |