Durch den Monsun - Südindien 2014

Reisezeit: Juli / August 2014  |  von Julia S

Kanniyakumari (Kap Komorin): Land's End - Indiens Südspitze

Kanniyakumari, 15.07.2014

Es gibt ja solche Orte, die in irgendeiner Form etwas Magisches ausstrahlen - dazu gehört für mich auch Indiens Südkap. Zwar ist das ursprüngliche Fischerörtchen Kanniyakumari leider eher von Touristennepp (vor allem für indische Touristen, das macht den Nepp aber noch schrill-bunter und plastiklastiger, wobei auch extrem kitschige Muschelkästchen nicht unerwähnt bleiben sollen) und etwas nervigen Verkäufern geprägt, blendet man diese Touriseite aber einmal aus, dann spürt man leicht, dass man einem besonderen Ort ist. Möglicherweise ist es auch einfach nur das Wissen darum, dass - in Blickrichtung Süden - ziemliche Unendlichkeit vor einem liegt und es auf dem indischen Subkontinent keinen Schritt weiter südlich geht. Wahrscheinlich strahlt jedes "Land's End" diese etwas unwirkliche und nicht greifbare Atmosphäre aus - ich konnte auf jeden Fall mit einem Mal gut verstehen, warum die Menschen so lange daran geglaubt haben, dass die Erde eine Scheibe ist, von deren Rand man herunterfällt, wenn man über ihn hinaussegelt.

Nachdem ich also morgens aus dem Zug gestiegen bin und gewartet habe, bis es dämmert, lasse ich mich per TukTuk zum Sunrisepoint bringen. Überraschenderweise ist es unglaublich voll. So voll, dass ich fast dankbar bin, dass ich mit meinem kompletten Gepäck so mächtig auf die Inder wirke, dass man etwas Platz um mich herum lässt. So habe ich auch die Chance, einen guten Fotoblick auf die am östlichen Rand der Welt auftauchende Sonne zu erhaschen. Blinzelt der erste Fitzel des roten Feuerballs über den Horizont, wird traditionell vom Leuchtturmwächter in eine Muschel geblasen und damit der neu angebrochene Tag eingeläutet. Unzählige Inder haben von den Souvenirverkäufern auch eine solche musikalische Muschel erstanden und verpassen vor lauter Gepuste fast den magic moment. Naja. wer's braucht!

Etwas gebügelt schleppe ich mein Gepäck ins recht nahe liegende Hotel und mache mich frisch. Ich treibe ein south indian breakfast auf (Dosas - quasi Crêpes mit Sambar) und mache einen Spaziergang durchs Dorf. Am meisten ins Auge fällt eine schneeweiße Kathedral, deren riesige Ausmaße mir in Relation zur Örtlichkeit schwer überdimensioniert vorkommt. Ich peile eine lange Mole an, um den wirklich letzten Festlandstein Indiens zu berühren und eine weitere Ansicht von Kanniyakumari zu gewinnen. Ich genieße die Einsamkeit auf der Mole, verliere mich etwas in den beständig wogenden Meeren, die hier zusammenfließen, fotografiere, zeichne, lasse die Seele baumeln und bin völlig fasziniert von einer bleigrauen Wolkenwand, die von Südosten aufkommt. Völlig außer Acht gelassen hatte ich dabei erstens die Geschwindigkeit dieses Wetters und zweitens, dass so eine Wolkenwand eine nicht unbeträchtliche Menge Regen mit sich bringt. Ergo: noch alles rechtzeitig im wasserdichten Rucksack verstaut, mir dann aber einen ziemlich nassen Hintern geholt - das gute am Monsun ist allerdings, dass es immer schön warm ist - gefroren habe ich nicht!
Nachdem ich mich im Hotel trockengelegt habe, peile ich die nächste Attraktion an: mit der Fähre setze ich auf die vorgelagerte Vivekananda-Insel (Vivekananda war ein Wandermönch, der auf einem Felsen dieser Insel mal meditiert hat) über. In der Warteschlange bin ich als einzige Weiße DIE Attraktion, unterhalte mich mit vielen Indern, mache die gewünschten Fotos und werde auf der Fähre von einer Inderin auf Deutsch angesprochen. Sie hatte in der Schlange mitbekommen, dass ich aus Germany bin und wusste deshalb, dass ich Deutsch spreche. Diese Dame war gerade auf Familienbesuch in Tamil Nadu, wohnt aber eigentlich in Castrop Rauxel und hat Verwandtschaft in Schwelm ... ist doch unglaublich, wie klein die Welt manchmal ist.
Auf der Insel beeindrucken mich eigentlich zwei Dinge: die Aussicht (mit dem wunderbaren Wellenpanorama mit ordentlich Gischt) und die Erklärungen mit Bildern zum 26.12.2004 - bewegend, ist die Welle hier doch mit voller Wucht aufgeprallt.

Zurück am Festland verbringe ich den Nachmittag mit einem netten Inder aus Trivandrum, er zeigt mir DEN Strandsnack: Mango mit Chilli und Salz bestreut, Schmeckt irre gut!

Der Abend verläuft unspektakulär mit "Kevin allein zu Haus" im indische Fernsehen. Morgen früh geht es per Zug nach Thiruvananthapullam (Trivandrum) und an den Strand von Kovalam.

So long, Jule/ia

© Julia S, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wieder fliege ich nach Indien - diesmal wird allerdings der Süden erkundet. Mal sehen, wie der Monsun dieses Jahr so ausfällt ...
Details:
Aufbruch: 06.07.2014
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 06.08.2014
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Julia S berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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