Durch den Monsun - Südindien 2014

Reisezeit: Juli / August 2014  |  von Julia S

Morgenstimmung

Von Kovalam nach Kochuveli
So ein indischer Morgen ist etwas Zauberhaftes. Zunächst mal sieht Indien in zartes Morgenlicht getaucht unverschämt gut aus. Das sanfte Morgenlicht gibt der Landschaft Keralas, diesem Dschungel aus Palmen, Bananen, Hibiskus und tausend unterschiedlichen Grüntönen noch eine kleine Extraprise Magie.
Aber auch sonst bietet ein indischer Morgen interessante Einblicke in Land und Leute.
Ich verlasse mein Hotelzimmer - ganz preußisch habe ich natürlich akribisch kontrolliert, auch unter dem Bett, ob alles eingepackt ist - treffe den TukTuk-Fahrer wie verabredet um 7.00 Uhr und schaue etwas fassungslos zu, wie er sich meinen kleinen Rucksack, in dem sich auch Laptop, Fotoausrüstung und Kindle befinden, auf eher unkonventionelle Art und Weise umschnallt und in Richtung seiner Rikscha losdackelt. Wird schon schiefgehen, vermutlich lässt er den Rucksack nicht fallen und mit ein wenig Glück, geht der Rucksack, der irgendwie an seiner Hüfte baumelt auch nicht auf und meine Sachen bleiben unbeschadet. Ganz kurz nur dauert dieser kleine Moment, in dem ich fast mein Lehrerinnen-Ich auspacke und dem Mann erklären will, wie er meinen Rucksack richtig zu tragen hat; dann aber gewinnt mein indisches Gelassenheits-Ich, schließlich habe ich es bisher noch nicht anders erlebt, als dass man vorsichtig und ausgesprochen flexibel mit Dingen umgeht, auch, wenn das manchmal etwas anders als in Deutschland aussieht.
Anders ist eben auch so ein morgendlicher Eindruck, der sich einem während der ca. 23 km weiten TukTuk-Fahrt zur Kochuveli Train Station bietet. Entlang des Highways, der für indische Verhältnisse traumhaft, fast schlaglochfrei asphaltiert ist, lassen sich um kurz nach sieben die unterschiedlichsten Dinge beobachten: Menschen putzen sich am Straßenrand die Zähne, frühstücken, halten einen Frühplausch (vielleicht mit Nachbarn, Freunden, Arbeitskollegen), einige befinden sich auch etwas versteckter und hockend im Gebüsch, auch Bananen wollen gedüngt werden. Wie wahrscheinlich weltweit, sind die Schulkinder die armen Schw..., die früh rausmüssen, obwohl die Schule in Indien zwischen neun und halb zehn beginnt (aber die Schulwege sind oft auch länger), diese Kinder in ihren schicken Schuluniformen werden liebevoll von den Eltern am Schulbus abgeliefert, selbstverständlich nicht ohne den Henkelmann für den Lunch in der Mensa nach dem Motto "Futtern wie bei Muttern!". Mitten im indischen "Gerümpel" - Straßenränder bieten meist eine bunte Mischung aus Müllkippe, Möbellager, Schrottplatz, Kioskstandplatz etc. - tragen vier Männer mittleren Alters ein Federball-Match aus, ein Krüppel reiht sich auf seinem Rollbrettchen in das noch nicht allzu stark ausgeprägte Verkehraufkommen ein, Hunde beginnen den Tag mit einem ausgiebigen Strecken und Gähnen, die ersten Schmetterlinge sind unterwegs, die Vögel sind (noch) in der Lage sich gegen die Geräusche der wenigen Fahrzeuge durchzusetzen. Erstaunlicherweise wird kaum gehupt, offensichtlich gibt es doch so etwas wie ein Ruheempfinden bei Indern. Ich habe fast den Eindrucken, als wären alle bemüht, diesen Morgen-Magie-Moment auszukosten und dafür kurz Zeit und indische Gewohnheiten anzuhalten.

Ich genieße die Fahrt und komme entspannt an meinem Zug an. Leider war nur noch ein Platz in der klimatisierten Klasse frei, hoffentlich sind die Indian Railways im Umgang mit der Klimaanlage ähnlich dezent, wie der beschriebene indische Morgen.

© Julia S, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wieder fliege ich nach Indien - diesmal wird allerdings der Süden erkundet. Mal sehen, wie der Monsun dieses Jahr so ausfällt ...
Details:
Aufbruch: 06.07.2014
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 06.08.2014
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Julia S berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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