La Palma im Oktober

Reisezeit: Oktober 2015  |  von Herbert S.

Seidenmuseum Las Hilanderas - El Paso

Die Geschichte der Seidenherstellung auf den Kanaren nahm nur wenige Jahre nach der Eroberung der Inseln ihren Anfang. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte das von zunächst nur wenigen Seidenraupenzüchtern und Herstellern ausgeübte Handwerk einen industriellen Charakter angenommen und stellte für die Region zu jener Zeit die wichtigste Einnahmequelle dar. Die industriell produzierenden Betriebe hatten ihre Werkstätten in den bedeutendsten Niederlassungen und Städten der Inseln angesiedelt. Sie erhielten über viele Jahre hinweg eine konstante Produktion an breiten Stoffen aufrecht, die vor allem auf den amerikanischen Markt ausgeführt wurden. Die kleineren Seidenhersteller und Handwerker hingegen waren in die iändlichen Räume gezogen und versorgten den tokalen Markt mit ihren Erzeugnissen.
1775 existierten auf La Palma etwa 3.000 Webstühle, auf denen entweder "schmale" Tuchwaren (Gürtel, Bänder, etc.) oder "breite" (Stoffe von etwa 70 cm Breite) hergestellt wurden. Im Zeitraum vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts hatten sich von diesen etwa 29 Betriebe erhalten, die breite Ware herstellten und mehr als 600, die Schmalwaren produzierten. Zu diesen müssen dann noch die Handwerker und Handwerkerinnen hinzugezählt werden, die sich der Herstellung von Taschen, Strumpfbändern, Schnürriemen, Hüten usw. widmeten.
Mit 7.077 römischen Pfund produzierte La Palma 1815 mehr Seide als der Rest der Inseln zusammen, auf denen sich die Seidenraupenzucht erhalten hatte.
Blas Carrillo führte in seiner Fabrik in Santa Cruz de La Palma 1876 die modernen Techniken der französischen Seidenspinnerei ein, deren Produkte vor allem in die Seidenfabriken von Lyon ausgeführt wurden.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts ging die Seidenindustrie auf den Kanaren endgültig unter und hat sich bis in unsere heutigen Tage nur in der Gemeinde von El Paso erhalten können, wo sie einen Zufluchtsort gefunden hat.
Die zu früheren Zeiten auf mehreren kanarischen Inseln weit verbreitete Seidenspinnerei verschwindet zusehends und wird heute nur noch auf der Insel La Palma praktiziert. Dieses Handwerk, so wie es in El Paso ausgeübt wird, ist einzigartig in Europa.
Vor nun bereits fünf Jahrhunderten gelangte die Seidenspinnerei mit den ersten, vom Festland kommenden Siedlern auf unsere Inseln, wo sich diese Handwerkskunst bis in unsere heutigen Tage mit den ursprünglichen, originalen Techniken erhalten hat, die von Generation an Generation weitergegeben wurden.
(aus: Museumstext)
Im Ausstellungsteil des Museums werden besonders schöne Stücke von Seidenbekleidung vorgestellt; besonders interessant für uns: ein Seidenkleid aus Usbekistan mit einem der dort typischen Muster, das wir vor wenigen Wochen ebendort schon bewundern konnten.

japanisches Seidengewand

japanisches Seidengewand

rechts das Seidenkleid aus Usbekistan

rechts das Seidenkleid aus Usbekistan

ein typisches palmerisches Schmalprodukt

ein typisches palmerisches Schmalprodukt

Neben den Bekleidungsstücken sind zahlreiche Beispiele aus dem Bereich der Seidenstickerei anzuchauen.

selbst bestickte Taufkleider sind in der Ausstellung zu finden

selbst bestickte Taufkleider sind in der Ausstellung zu finden

Der komplexe Herstellungsprozess wird zum größten Teil von Frauen ausgeführt und führt von der Seidenraupenzucht bis zur Fertigstellung der Tuchwaren. Den vorgeführten Videofilm kann ich natürlich aus Copyrightgründen hier nicht einstellen, aber es gibt inzwischen einige Videos der Seidenherstellung auf la Palma auf youtube:
dieser oder dieser oder jener

Mehr als zwölf Arbeitsschritte sind notwendig, bis ein Kleidungsstück vollendet ist.
Arbeitsschritte zur Seidenherstellung
1. - Aufspinnen. Durch das Aufspinnen der Kokons mit einer Handspindel erhalt man einen Faden Rohseide.
2. - Haspeln. Mit einer Haspel (eine Art Spule mit mehreren Armen} wird dieser erste Seidenfaden auf kleine Knäuel aufgewickelt.
3- Paaren. Mehrere Seidenknäuel werden auf eine Spule gewickelt.
4. -Zwirnen. Mit Hilfe von zwei Spindeln werden je nach Bedarf mehrere Enden zu einem einzigen Faden zusammen gezwirnt. Nachdem der Faden zwischen den zwei Spindeln gezwirnt ist, wird er auf eine Spule aufgerollt, währenddessen von der anderen der neue, zu zwirnende Fadenstrang abgerollt wird.
5. - Der gezwirnte Seidenfaden wird mit der Spindel erneut auf ein Knäuel gewickelt.
6. - Kochen. Entfetten und Entfernen des Drüsensekrets in heißem Seifenbad.

7- Färben. Die Seide wird mit natürlichen Farbstoffen gefärbt.
Palmerische Koschneillelaus: rot und violett
Palmerische Reseda: gelb
Natürliches Indigo: blau
Krappwurzel: orange
alle anderen Farben werden durch aufwändige Überfärbungen ereeicht

8.- Aufrollen der Kettfäden mit einer Garnwinde auf eine Spule zum
Schären oder auf eine Spulmaschine zum Weben.
9 - Schären. Vorbereitung der Kettfäden, die auf den Webstuhl
gewickelt werden sollen.
10- Wickeln. Aufrollen der Kettfäden auf die Walze des Webstuhls.
11. - Verketten. Auffädeln der Kettfäden.
12. - Einkommen. Anbringen des Weberkamms.
13. - Weben. Hin- und Herschieben des Schiffchens zwischen den Kettfäden.
14. -Schnitt, Verarbeitung, Besticken und Bügeln der fertiggestellten Stücke.

Auch wenn El Paso keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten bietet - einen beschriebenen Kakteengarten finden wir unter der angegebenen Adresse leider nicht - machen wir einen kleinen Spaziergang, denn die dunklen Wolken hängen noch im Gebirge.

Jugendstil in El Paso

Jugendstil in El Paso

Besichtigen macht auch wieder hungrig - wir finden die Tasca Barbanera, wo wir für 17 € die gemsichte Taps-Plate für 2 Personen genießen und kaum schaffen.

11 verschiedene Tapas auf einer Platte

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Da es auch bei uns sonnig zu sein scheint, beschließen wir den restlichen Nachmittag zuhause zu verbringen. Auf der Terrasse bevölkern wir die Liegen, ich würde gerne eine Zigarre rauchen, finde aber nur ein nicht funktionierendes Feuerzeug und ein einziges Streichholz. Ich bekomme sie zwar ans brennen, aber ein Nachzünden ist leider nicht möglich; also muß ich es in Aachen machen. Am Abend gibt es Resteverwertung: letztes Bier, letzter Rotwein und Ulrike liest noch etwas , ich schaue Fernsehen auf dem iPad, u.a. Frauenfußball Deutschland - Russland.

© Herbert S., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
die TV-Serie 'Wunderschön' brachte uns auf die Idee eine Woche die grüne Insel der Kanaren zu besuchen. Eigentlich wollten wir etwas wandern, aber das Wetter spielte nicht mit.
Details:
Aufbruch: 16.10.2015
Dauer: 8 Tage
Heimkehr: 23.10.2015
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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