Venezuela individuell April/Mai 2007

Reisezeit: April / Mai 2007  |  von Jens-Torsten Bohlke

Tag 2: Autogramm von Sjuganow

Um 8 Uhr erwachte ich, 15 min später aß ich in einem gutbesuchten Freiluftlokal gegenüber dem ODEON Hotel für 13.000 Bolivares ein Frühstück, welches aus einem enorm grossen chickenburger und 2 grossen Gläsern frischgepresstem Ananassaft bestand. Anschliessend kehrte ich auf dem Weg zur Metro an der Plaza Venezuela in ein gepflegtes Internetcafe ein und gab erste Lebenszeichen von mir. Ausserdem recherchierte ich im Internet leider erfolglos nach der Anschrift der KP Venezuelas in Caracas, denn Kommunisten helfen sich ja auf der ganzen Welt bestens gegenseitig. Nicht mal im Telefonbuch von Caracas fand sich eine solche Anschrift. Also befragte ich nun alle möglichen Uniformträger nach dem Sitz der KP in Caracas und genoss ansonsten immer mal den Anblick der vielen auffallend hübschen Venezolanerinnen. Kein Wunder, dass Venezuela auf Platz 1 der Siege in internationalen Schönheitswettbewerben der Damenwelt ist. Da kommt unsereiner selbst in der gut klimatisierten Metro ins Schwitzen... .

So fuhr ich erst einmal mit der Metro von Plaza Venzuela nach Parque Central, wo sich angeblich "die ganze Politik befindet". Ich fand dort nur jemanden, der mir für 5000 pardon dann wurden es 3000 Bolivares das "Ernährungsgesetz für die Werktätigen" verkaufte. KP? Fehlanzeige, sowohl auf etlichen Etagen des Südturms als auch im Nordturmgebäude dort... . Niemand konnte mir helfen. Also fragte ich am Parque Central Uniformträger nach der Camara de Diputados, dem Parlament. So fuhr ich mit der Metro zur Station Capitolio, erblickte kurz die Kathedrale und das dortige Capitol und erfasste auf der anderen Strassenseite am Metrozugang auch richtig das Parlament. Dort bot ich meine Bitt- und Bettelkünste auf, bis die Wache mir per Anrufen bei einigen Sekretariaten zu dem goldwerten Wissen verhalf, dass sich die KP-Zentrale im Canta Claro, was immer dies auch sein sollte, nahe der Metrostation Capuchino an der Avenida San Martin befinden würde. Also fuhr ich mal wieder mit der Metro, mit Umsteigen an der Station Plaza Venezuela, bis zur Station Capuchino. Meine wüste Fragerei der Leute dort am Metro-Ausgang brachte dann den Erfolg, jemand kannte Canta Claro, einfach die Seitenstrasse hoch durch eine ärmer werdende Gegend ... und schon stand ich direkt vor der KP-Zentrale.

Ricardo Gomez empfing mich dort herzlich mit einem weiteren Genossen, welcher als KP-Parlamentskandidat vom Stamme der Yanomami-Indios aus dem Bundesstaat Amazonas stammt und morgen heimwärts fliegen wird. Binnen 20 Minuten erhielt ich neben dem Hinweis auf ein nächstgelegenes preiswertes Budget-Hotel Residencia Hogarena ihre Einladung in das Amazonasgebiet, sie seien Menschen des Dschungels. Ich erfuhr von real existierenden Plänen der USA-Regierung, aus dem Amazonasgebiet Venezuelas, Brasiliens, Kolumbiens und Ekuadors einen US-hörigen Staat zu machen, weil dort strategische Rohstoffe rauszuholen wären. Etliche Paramilitärs in jenen Gegenden am Amazonas würden dafür sorgen, dass das Gesetz des Dschungels dort auch für weite Landstriche gelten würde. Eine deutsche Ärztin von der Gesellschaft für bedrohte Völker versorgt dort in einem kleinen Feldlazarett die Yanomami-Indios. Ein alter deutscher Farmer dort ist ein Genosse, den ich auf jeden Fall besuchen müsste. Dann ein eingehender Anruf bei meinem Gegenüber, ich solle doch gleich mal zum Parteivorsitzenden. Jener alte Genosse empfing mich im Sitzungsraum kurz, er müsste sich leider noch rasch auf den Besuch einer Delegation aus Moskau vorbereiten und hätte dann hinterher gerne Zeit für mich. Der IT-Genosse kümmerte sich nun um mich und war ganz glücklich, dass ich Texte aus "Tribuna Popular" auf www.kommunisten-online.de selbst übersetzt in deutscher Sprache veröffentlicht hatte. Ich erhielt etliche Publikationen der KP Venezuelas und programmatische Reden von Hugo Chavez von ihm. Dann erschien Sjuganow an der Spitze der Delegation aus Moskau. Ich verzweifelte an meiner Fotokamera, die es früh noch getan hatte und nun die Linse nicht mehr ausfahren und öffnen wollte oder konnte, grrr! Als alle ihre Fotos geschossen hatten, begann ich dann allerdings mit meiner Handycam zu filmen. Statt der Gastgeberrunde Cuba libre gab ich Mineralwasser den Vorzug. Als ich mich von Sjuganow mit "Do swidanja, towarischtsch" in bestem Russisch verabschiedete, bekam ich einen handschriftlich signierten Taschenkalender von ihm. Den venezolanischen Freunden versprach ich, schnellstmöglich die Konferenz auf DVD zu brennen und ihnen die Aufnahme zur Verfügung zu stellen. Einer von ihnen, Ing. Miguel Gilberto brachte mich nun zur Residencia Hogarena. Übernachtungspreis dort für Kommunisten 24.000 Bolivares, morgen um 9 Uhr früh kann ich dort Quartier beziehen bis 2. Mai, wow! Nach der Reservierung setzte er mich an der Metrostation Capitolio an einem Einkaufzentrum ab, wo ich aber leider keine DVD-Rohlinge erhalten konnte ... die Geschäfte schlossen gerade ab. Mit der Metro erreichte ich Plaza Bolivar und mein nur 10 min entfernt liegendes teures Hotel Sur. Unterwegs leistete ich mir für 8000 Bolivares einen Superfleischburger, sehr lecker, obwohl an der Strasse gekauft.

Mir fällt angnehm auf, dass trotz durchaus intensiven Strassenverkehrs die Luftverschmutzung nicht annähernd jenen Verpestungsgrad erreicht, den ich aus beispielsweise tropischen philippinischen Städten kenne. In Caracas kann überall bestens durchgeatmet werden, auch sind die Temperaturen doch erträglich und zwingen nicht zur Siesta. Mir fällt des weiteren sehr angenehm auf, dass in Caracas mich bisher niemand angebettelt hat. Ist diesbezüglich Caracas besser als Berlin? Mein krankes geschwollenes Bein braucht Ruhe, also schreibe ich im Liegen, umringt von lustvollen Geräuschen in einigen Nachbarzimmern. Meine Sachen sind noch alle vollzählig vorhanden, was der gute Aspekt an diesem sauteuren Stunden-HOTEL SUR ist. Ob ich morgen ein Sony-Fachgeschäft finde und meine super DSC-P200 repariert bekomme? Müde bin ich, geh zur Ruh, mache meine Äuglein zu. Gut N8!!!

StundenHOTEL SUD, meine erste Absteige, denn ich wollte in der einbrechenden Dunkelheit nicht weitersuchen nach billigeren Alternativen ...

StundenHOTEL SUD, meine erste Absteige, denn ich wollte in der einbrechenden Dunkelheit nicht weitersuchen nach billigeren Alternativen ...

Die stark befahrene Strasse an den Hotels ODEON und SUD nahe Plaza de Venezuela, einer im Dunkeln gefährlichen Gegend in Caracas ...

Die stark befahrene Strasse an den Hotels ODEON und SUD nahe Plaza de Venezuela, einer im Dunkeln gefährlichen Gegend in Caracas ...

Hier das HOTEL ODEON, im Lonely Planet Reiseführer Venezuela als Billighotel angepriesen, leider nach meinen Erfahrungen ständig voll ausgebucht ...

Hier das HOTEL ODEON, im Lonely Planet Reiseführer Venezuela als Billighotel angepriesen, leider nach meinen Erfahrungen ständig voll ausgebucht ...

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Dieser Reisebericht enthaelt meine ersten Erfahrungen mit Venezuela, wohin ich gereist bin, um mich insbesondere ueber die politische Entwicklung unter Hugo Chavez kundig zu machen und natuerlich dieses Land ausgiebigst kennenzulernen.
Details:
Aufbruch: 26.04.2007
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 20.05.2007
Reiseziele: Venezuela
Der Autor
 
Jens-Torsten Bohlke berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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