USA 2011 - Süd- und Nordwesten

Reisezeit: Mai / Juni 2011  |  von Uschi Agboka

Big Hole Battlefield-Salmon River Scenic Byw.

22. Tag

Donnerstag, 16. Juni 2011 - 22. Tag 204 Meilen (328 km)
Virginia City - Big Hole Battlefield - Salmon, Idaho
Hotel: Sacajawea Inn

Schon um 5.30 Uhr sind wir wach. Rolf zieht die Vorhänge auf und wir genießen einen phantastischen Rundblick in die Landschaft durch die riesigen Fenster von unserem Bett aus. Die Wettervorhersage für Heute: Im Yellowstone Schnee! Wir haben Glück gehabt mit dem Wetter, nur gestern bei Ankunft 3 Tropfen Regen. Heute wollen wir nach Idaho, da soll es wärmer sein. Frühstück mache ich um 7 Uhr, mit Rühreiern, Speck, Toast und Kaffee. Rolf und Red müssen erst die Kaffeemaschine reparieren. Um 8.30 Uhr fahren wir in die Pioneer Bar, um uns von Rosy zu verabschieden. Rolf kauft sich dort noch eine Windjacke, zum Sonderpreis. Rosy ist der Manager des Bar! Es ist kalt, nur knapp 4 Grad, doch Gott sei Dank geht kein Wind. Nach vielen Fotos und guten Wünschen verlassen wir Virginia City, Red und Rosy, um 9 Uhr. Wir wollen dem angekündigten Regen und Schnee davon fahren. Für die gesamte Woche ist in Montana Schnee und Kälte angesagt. Auf der Fahrt schneit es am Anfang ganz leicht. Wir sind alle warm angezogen, denn 4 Grad sind deutlich kälter auf dem Motorrad. In Dillon machen wir bei McDonald Kaffeepause zum Aufwärmen, es ist 10.15 Uhr.

In der Zeitung lese ich eine kuriose Geschichte: Ein junges Paar kaufte sich sein Traumhaus für 178.000 Dollar. Doch das Haus entpuppte sich als Albtraum, denn es wird von mehr als 1.000 Schlangen bewohnt. An einem Tag erschlug der Mann 42 Schlangen. Zwar sind diese Schlangen nicht giftig, aber wer will schon sein Haus mit diesen Viechern teilen? Nun steht das Traumhaus zum Verkauf. Die Fahrt weiter, über den Badger Pass, 2.061 m. Die Fahrt nach Jackson führt durch weite Prärie, Grasland, Hügel und Felsen, die grün bewachsen sind. Große Ranches finden sich hier. Wir sehen große Rinderherden mit Jungtieren, Antilopen und kleine Erdhörnchen, die vor uns über die Straße huschen. Und dann muss Rolf sehr langsam fahren, ein Reh, direkt neben uns. Zwischen Jackson und Wisdom schneit es leicht, ein eisiger Wind weht. So müssen wir uns in Wisdom gegen 12 Uhr erst einmal wieder aufwärmen. Unterwegs begegnen uns zwei Cowboys mit Pferden und 4 Hunden, die eine große Rinderherde mit Jungtieren über die Straße treiben. Das ist schon ein mulmiges Gefühl auf dem Motorrad. Im Cafe "The Crossing - Fetty's - seit 1932" trinken wir Kaffee, heißen Apfelwein und heiße Suppe. Wisdom ist ein kleiner netter ursprünglicher Ort. Die Bitterroot Range - schneebedeckte Berge begleiten uns. Die drohenden Wolken am Himmel sehen sehr schön aus.

Bald erreichen wir den Big Hole Battlefield National Historic Park. Hier fand am 9./10. August 1877 die wohl blutigste und größte Schlacht zwischen den Nez Perce Indianern (unter Führung von Chief Looking Glass und Chief Joseph) und den Soldaten der US-Regierung statt. Die Nez Perce befanden sich auf dem Weg nach Kanada, sie wollten sich dort mit den Lakota (unter Führung von Sitting Bull) vereinen, da sie sich dort bessere Lebensbedingungen erhofften. Die US-Kavallerie griff die 800 Männer, Frauen und Kinder, die am Big Hole lagerten, an. Die Nez Perce leisteten erbitterten Widerstand und trieben die Angreifer auf einen Hügel zurück. Die Nez Perce flohen, nachdem sie ihre Toten (mind. 90, darunter meist Frauen, Kinder und Alte) auf dem Schlachtfeld begraben hatten. Die Nez Perce zogen nach der Schlacht durch den Yellowstone nach Norden. Sie hatten die Schlacht zwar gewonnen, aber ihnen war klar, der Krieg war nicht vorüber. Im Oktober 1877 ergaben sich die meisten der Nez Perce, völlig erschöpft und ausgehungert, nur 64 km von der kanadischen Grenze entfernt, den US-Soldaten. 200 Nez Perce entkamen über die Grenze nach Kanada. Chief Joseph sprach nach der Kapitulation: "I am tired. My heart is sick and sad. From where the sun now stands I will fight no more forever".

Nez Perce Krieg
Die Nez Perce waren da Zuhause, wo Oregon, Washington und Idaho sich treffen. Sie waren ein freundliches und friedfertiges Volk. Mitte der 1800er Jahre kamen Siedler und Goldsucher in ihr Land. Da die Nez Perce den Frieden suchten, stimmten sie 1855 einem Vertrag zu, dass sie in einer Reservation leben sollten, welche einen Großteil ihres Hei-matlandes umfasste. Der Vertrag sicherte ihnen das Recht zu, jeden Nicht-Indianer aus der Reservation weisen zu können. Aber 1860 wurde auch in der neuen Reservation der Nez Perce Gold gefunden und die Siedler und Goldsucher beanspruchten mehr Land der Nez Perce. Und so nahm man ihnen in einem neuen Vertrag 1863 ihr Land weg, bis auf ca. 10 %. Dieser Vertrag wurde jedoch nicht von allen Nez Perce Stämmen unterzeichnet. Sie blieben in ihrem Homeland für einige Jahre. Doch 1877 wurden alle Nez Perce aufgefordert, in ihr kleines Reservat umzuziehen. General Oliver O. Howard wurde beauftragt, dies durch-zusetzen und er stellte den Nez Perce ein Ultimatum von 30 Tagen. Chief Joseph verlangte mehr Zeit, da ein so schneller Umzug unmöglich erschien. Doch man weigerte sich, ihnen mehr Zeit zu zu billigen. Und so machten sich die Nez Perce auf, mit ihrem Vieh, ihren Pferden und allem, was sie besaßen. Sie mussten den Hochwasser führenden Snake River und den Salmon River überqueren. Nahe an der neuen Reservation machten sie ihr Lager. Einige der jungen Krieger töteten weiße Siedler, die vorher Mitglieder der Indianer-Familien getötet hatten. Die Nez Perce unter Führung von Chief Joseph befürchteten Rachefeldzüge und suchten Schutz im White Bird Canyon, wo sie sich verteidigen konnten gegen einen plötzlichen Angriff der Weißen. Hier kam es am 17. Juni 1877 zu einem Gefecht zwischen den Nez Perce und Soldaten um General Howard. Von den 100 Soldaten fielen 34, der Rest floh Hals über Kopf. Die Nez Perce flüchteten weiter, verfolgt von General Howard und seinen Soldaten. Am 11. Juli 1877 kam es zu einem weiteren Gefecht in der Nähe des Clearwater Rivers, kein Sieg für beide Seiten. Doch die Nez Perce ließen bei ihrer Flucht viele ihrer Zelte und andere Besitztümer zurück. Den Nez Perce war klar, dass sie Idaho nun verlassen mussten, da die Armee sie dort ständig verfolgte. Sie beschlossen, dem Ratschlag ihres Führers Looking Glass zu folgen und nach Osten nach Montana zu ziehen, wo sie mit den Crow im Büffelland le-ben wollten. Die Nez Perce wünschten sich nur einen Platz, wo sie ihr gewohntes Leben in Ruhe und Frieden führen konnten, ohne die Beeinträchtigung der Siedler und Goldsucher. Im August 1877 erreichten die Nez Perce das Bitterroot Valley in Montana. Sie fühlten sich dort unter den Siedlern sicher und glaubten, außerhalb der Reichweite von General Howard zu sein. Doch Col. John Gibbson, der die 7. US-Infantry im westlichen Montana kommandierte, bekam den Befehl, die Nez Perce zu vertreiben. Chief Looking Glass unterschätzte diesen Befehl und so kam es zu der blutigen Schlacht am Big Hole. Und wieder flohen die Nez Perce. Es kam zu weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen bei Camas Meadow, Idaho und Canyon Creek. Als die Nez Perce zu den Crow kamen, erkannten sie, dass diese ihnen nicht helfen konnten und so beschlossen sie, sich Sitting Bull in Kanada anzuschließen. Doch kurz vor Grenze (ca. 64 km) wurden sie von Truppen unter dem Kommando von Col. Nelson Miles überraschend umstellt und in einen weiteren Kampf verwickelt. In diesen 5 Tagen des Kampfes starben 4 Häuptlinge, unter ihnen Looking Glass. Chief Joseph ergab sich mit den überlebenden 431 Nez Perce, ca. 200 flohen über die Grenze in das rettende Kanada. Der "Nez Perce War" entstand durch einen kulturellen Konflikt. Die USA expandierte gen Westen und die Siedler sahen es als ihr Recht an, sich das Land zu nehmen, obwohl es ihnen nicht gehörte. Die Nez Perce wollten nur ihr gewohntes Leben weiterführen und überleben. Der Feldzug der Nez Perce führte sie über mehr als 2.400 Kilometer durch vier amerikanische Bundesstaaten. Sie kämpften gegen mehr als 2.000 Soldaten. Mehr als 65 Krieger, 55 Frauen und Kinder verloren dabei ihr Leben. Die Verluste der Amerikaner lagen bei 180 Toten und 150 schwer Verwundeten. Der Krieg ist ein dramatisches Beispiel dafür, welcher Preis an Menschen-leben bezahlt wurde, um die Expansion der USA nach Westen durchzusetzen.

Erstaunlich ist, dass der Kampf und das Verhalten der Nez Perce im Nachhinein von vielen Amerikanern positiv beschrieben wurden. So sagte William T. Sherman, die Nez Perce "zeigten Mut und Geschick. Sie verzichteten, Skalpe zu nehmen, ließen gefangene Frauen frei, begingen keine wahllosen Morde an friedlichen Familien und kämpften mit wissenschaftlichem Geschick, wobei sie Gebrauch von Vor- und Nachhuten und Feldbefestigungen machten."
Howards Adjutant, Charles Wood, schrieb 1884:
Chief Joseph kämpfte für das, was der weiße Mann, falls es mit Erfolg gekrönt ist, "Patriotismus" nennt.

Über den Chief Joseph Pass, 2.214 m, in den Bitterroot Mountains, zwischen Montana und Idaho, kommen wir auf den HW 93 und dort über den Lost Trail Pass, 2.138 m. Hier hagelt es. Lewis & Clark kamen während ihrer Expedition gen Westen im September 1805 über diese Pässe, um ins Bitterroot Valley zu gelangen. Wir kommen überqueren gegen 14 Uhr die Grenze nach Idaho, kommen nach North Fork, eine kleine Gemeinde im Lemhi County. Wir fahren den Salmon River Scenic Byway, wie der HW 93 hier genannt wird. Eine traumhaft schöne Landschaft am Salmon River (River of no Return) erwartet uns. Früher war hier die Heimat der Lemhi-Shoshone Indianer. Fotos werden am Red Rock gemacht. Win und Betty Turner haben dem Staat das Land am Salmon River geschenkt und so entstand eine wunderschöne Rest-Area, von wo aus auch Boote ins Wasser gelassen werden können. Wir passieren Tower Rock, eine weitere beeindruckende Felsformation, schillernd in verschiedenen Farbtönen, auf dieser schönen Strecke. Herrliche Ausblicke bieten sich auf die Lemhi Range und auf die Beaverhead Mountains. Um 15 Uhr erreichen wir Salmon und unser Hotel, das Sacajawea Inn.

Sacajawea = "Vogelfrau", 1788 bis 1812
Sie war eine Häuptlingstochter der nördlichen Shoshone Indianer, wurde als Kind von den Hidatsa Indianern entführt und an den französisch-kanadischen Pelztierjäger Toussaint Charbonneau verkauft, der sie zur Frau nahm. Charbonneau und Sacajawea traten um 1805 als Dolmetscher in die Dienste der Lewis & Clark Expedition. Besonders Sacajawea leistete der Expedition einen großen Beitrag als Dolmetscherin und Kundschafterin. Unbewusst sorgte sie so für die Unterwerfung der Indianer durch die Weißen. Sacajawea erwies sich bei den Bestimmungen von neu entdeckten und unbekannten Pflanzen und Tieren als nützlich und kundig. Sie bewahrte die Expeditionsteil-nehmer oft vor dem Tod, da sie durch ihre Anwesenheit und durch ihr diplomatisches Geschick die unterschiedlichsten Indianerstämme von einem Angriff abhalten konnte. Außerdem war sie - im Gegensatz zu ihrem Ehemann Charbonneau - sehr mutig und unerschrocken. So warf Sacajawea sich in die tosenden Fluten des Missouri River, um Ausrüstungsgegenstände aus dem Fluss zu bergen, nachdem eines der Boote gekentert war. Während der Reise begegneten die Teilnehmer einigen Shoshone-Indianern. Dabei stellte sich heraus, dass der Häuptling "Camehawait" Sacajaweas Bruder war. Jetzt war es leicht, von den Shoshone die nötigen Packpferde für die Überquerung der Rocky Mountains zu erwerben. Sacajawea starb kurz nach der Geburt ihrer Tochter Lisette am 22. Dezember 1812, vermutlich an einer schweren Krankheit, im Fort Manuel, einem Handelsposten der Missouri Fur Company, im heutigen Montana. Ihre beiden Kinder wurden von William Clark adoptiert.

Nachdem wir abgeladen haben, fahren wir in den Ort Salmon, schauen uns Downtown an, u. a. einen kleinen Park mit geschichtlichen Informationen. Interessant ist immer wieder zu sehen, dass es völlig verschiedene Sichtweisen der Ereignisse gibt. Hier werden die Nez Perce, die ein sehr friedliebendes Volk waren, als "Killer von Weißen" dargestellt. Nach dem Rundgang durch die kleine Stadt kaufen wir ein: Hühnchen, div. Salate, Brot, Bananen, Joghurt und Milky Way als Naschtisch, dazu Rotwein und Miller Light Bier. Kurz nach 19 Uhr sind wir mit unserem leckeren Mahl fertig. Rolf und Gerhard haben je 3 Flaschen Bier gehabt, dieses hat sehr wenig Alkohol, doch ich sage, sie sind "Säufer" geworden. Anschließend verziehen wir uns in unsere Zimmer, wir machen die Heizung an. Duschen, aufräumen und relaxen ist nun angesagt. Der Tag heute war anstrengend, besonders für die Fahrer: Regen, Schnee, Hagel, Rehe, Antilopen und andere Tiere auf der Straße. Doch trotz all dieser Widrigkeiten, es war ein herrlicher Tag.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisetagebuch einer Tour durch 11 Staaten: Colorado, New Mexico, Arizona, Nevada, Utah, Wyoming, Montana, Idaho, Washinghton, Oregon, Kalifornien - 7.800 Meilen = 12.558 km.
Details:
Aufbruch: 26.05.2011
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 30.06.2011
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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