USA 2011 - Süd- und Nordwesten

Reisezeit: Mai / Juni 2011  |  von Uschi Agboka

White Pass - Lewis & Clark Trail - Astoria

26. Tag

Montag, 20. Juni 2011 - 26. Tag 264 Meilen (425 km)
Yakima - White Pass Scenic Byway - Packwood - Randle - Visitor Center Mount St. Helens - Lewis & Clark Trail - Astoria, Oregon
Hotel: Lamplighter Inn

Auch heute schellt um 6 Uhr der Wecker, viel zu früh für den langen Tag gestern. Im Motel 6 gibt es kein Frühstück, nur Kaffee. Leider fehlte mir hier auch die Badewanne, zwei Tage ohne heißes Bad, meine Rücken-schmerzen sind entsprechend stark. Unser Ziel ist heute Mount St. Helens. An großen Obstplantagen vorbei, begleitet vom Naches River (Nebenfluss des Yakima River), fahren wir nach Naches. Leider haben wir noch kein offenes Cafe gefunden, um zu frühstücken. Anscheinend haben die Leute gestern alle lang gefeiert und heute Morgen schlafen sie aus. Bei der Rangerstation erfahren wir, dass der HW 410 über den Chinook Pass, 1.656 m, wegen Schneefall gesperrt ist. So folgen wir weiter dem HW 12, begleitet eine zeitlang vom Tieton River (Nebenfluss des Naches River), passieren den schönen Rimrock Lake, die Clear Creek Falls und den Dog Lake. Wir überqueren den White Pass, 1.372 m, nicht besonders hoch, dafür saukalt und es liegt noch sehr viel Schnee. Der White Pass liegt in der Kaskadenkette und verbindet Yakima County mit dem Lewis County. Und es ist weiterhin nirgends ein offenes Cafe zum Frühstücken zu finden! Schon fast unglaublich! Erst nach 77 Meilen (124 km) kommen wir nach Packwood und können uns im Peter's Inn stärken. Unterwegs sehen wir Arbeiter, die an einem Felsen kleben, um herunterfallende Steine zu sichern. Sieht ganz schön abenteuerlich aus. Vom Hopkins Hill haben wir Sicht auf den Vulkan Mount St. Helens in 24 Meilen (39 km) Entfernung. Leider sind die Straßen im Park Mount St. Helens ebenfalls wegen Schneefall gesperrt, so dass wir dort nicht hinfahren können. Mount St. Helens und auch Mount Rainier sind wie so oft wolken- und nebelverhangen. So wird umgeplant, die gebuchten Zimmer in Woodland abbestellt.

Wir fahren weiter auf dem HW 12 nach Randle, eine wunderschöne Strecke, überall blüht wilder gelber Ginster, riesige Büsche bedecken weite Flächen. Leucht ganz herrlich. Es ist ziemlich kalt, zwischen 10 und 15 Grad. Zunächst passieren wir den Riffe Lake, einen 38 km langen Stausee des Mossyrock Dammes, der den Cowlitz River staut. Der Damm ist 185 m hoch (der höchste im Staat Washington) und 606 m lang. Das dunkelgrüne Wasser des Cowlitz Rivers leuchtet in der Sonne. Der Cowlitz River, 169 km lang, ist ein Nebenfluss des Columbia River. Die Landschaft um Yakima war lieblich, mildes Klima, die Hügel sahen aus wie gefaltet bzw. wie Elefantenfüsse. Hier im Lewis County herrscht tiefer dunkler Pinienwald vor und es ist wesentlich kälter. Viele Häuser und Ländereien stehen zum Verkauf. Kurz nach Marnys Corner biegen wir ab auf die Interstate 5 gen Süden.

Gegen 12.30 Uhr machen wir Mittagspause kurz vor dem Visitor Center von Mount St. Helens. Hier treffen wir 2 Biker, die zu der "Iron-men-societe" gehören, das sind Motorradfahrer, die mehr als 1.500 Meilen (2.415 km) am Tag fahren. Sie fahren Motorräder der Marke Honda, mit Reifen, die so breit wie Autoreifen sind. Sie haben einen großen Reservetank auf dem Motorrad, damit sie nicht so oft halten müssen, um zu tanken. Der eine kann mit seinen Reifen ca. 10.000 Meilen (16.100 km), der andere nur 4.500 Meilen (7.245 km) fahren. Beide bemühen sich, Gerhards viele Fragen gut zu beantworten. Ich fungiere als Dolmetscher. Wenn ich mir vorstelle, 2.400 km am Tag fahren zu müssen - grauenvoll. Ich bin schon fix und fertig nach 600 km. Aber jeder macht halt das, was ihm Spaß macht.

Wir besuchen das Visitor Center, jedoch nur die Information am Eingang. Denn dieses Visitor Center ist ein State Park, kostet 5 Dollar Eintritt, unsere Nationalpark-Pässe gelten hier nicht. Gerhard und ich nehmen uns einige Informationen mit und dann fahren wir weiter. Ein großer schwarzer Hund läuft uns fast vor das Motorrad, ein Riesen-schreck, wir müssen gleich an unseren Freund Hüseyin denken. Auf der 504 - auch Spirit Lake Memorial Highway - geht es nun Richtung Westen, durch den tiefen, dunklen, unheimlichen "Wetheaven". Mich fröstelt bei 16 Grad. Hier ist der Wald ein richtiger Regenwald. Es ist der Lewis & Clark Trail, dem wir folgen.

Die Lewis und Clark-Expedition - (14. Mai 1804 bis 23. Sept. 1806)
war die erste amerikanische Überlandexpedition zur Pazifikküste und zurück. US-Präsident Thomas Jefferson, ein Befürworter der Expansion gen Westen, ließ den US-Kongress 2.500 Dollar bereitstellen, um "intelligente Offiziere mit zehn oder zwölf Männern auszusenden, um das Land bis zum westlichen Ozean zu erkunden". Sie sollten die Indianer, Botanik, Geologie und Tierwelt der Region studieren. Wichtigstes Ziel der Expedition, neben der Suche nach einem schiffbaren Wasserweg zum Pazifik, war die Gründung einer mächtigen Nation zwischen Atlantik und Pazifik. Jefferson wählte seinen ehemaligen Privatsekretär Lewis, um die Expedition anzuführen; Lewis wählte William Clark als seinen Partner. Obwohl Clark offiziell den Rang eines Leutnants bekleidete, nannte Lewis ihn Captain. Die beiden gleichberechtigten Leiter stammten aus angesehenen Pflanzerfamilien im US-Bundesstaat Virginia. Der praktische Clark und der melan-cholische Denker Lewis ergänzten und verstanden einander gut. Die Gruppe, bestehend aus 33 Mitgliedern, startete ihre historische Reise auf drei Booten unter der Führung von Clark am 14. Mai 1804 von Camp Dubois aus. Sie traf sich bald mit dem aus St. Louis anreisenden Lewis in Saint Charles, einem der letzten besiedelten Orte in der Nähe der Mündung des Missouri in den Mississippi. Mehr als 40 Mann folgten dem Missouri River westwärts durch die heutigen Städte Kansas City und Omaha. Lewis ging tagsüber zu Fuß, studierte Pflanzen und Tiere, während Clark die Mannschaft auf den Booten kom-mandierte und Landkarten anfertigte. Bereits seit ihrem Zusammentreffen im Vorjahr führten die beiden Tagebücher über die wichtigen Ereignisse der Expedition. Ab jetzt kamen wissenschaftliche Beschreibungen, Berichte von Entdeckungen und Karten hinzu. Die Tagebücher von Lewis und Clark bilden die erste Literatur über den Westen. Anfang September erreichten die Reisenden die Great Plains im heutigen South Dakota. Sie ent-deckten bis dahin für die weißen Amerikaner unbekannte Pflanzen und Tiere und trafen auf für sie unbekannte Indianerstämme. Die weite Landschaft kam ihnen vor wie der Eintritt in das Paradies mit unerschöpflichen Nahrungsquellen in Gestalt von Bisons, Hirschen und Bibern. Ende September gab es ein Zusammentreffen mit Sioux-Indianern. Ein Blutvergießen wurde im letzten Moment vermieden, aber das Ziel, freundschaftliche Beziehungen mit den Indianern aufzubauen und Handelsverbindungen vorzubereiten, wurde bei den Sioux verfehlt. Die Expeditionsteilnehmer überwinterten 1804/1805 in dem von ihnen gegründeten Fort Mandan, in der Nähe der heutigen Stadt Bismarck in North Dakota. Die Dörfer wurden regelmäßig von Pelzhändlern aus dem Norden besucht. Lewis und Clark holten Charbonneau, einen französischen Pelzhändler, und seine Frau, die Shoshone-Indianerin Sacajawea, als Übersetzer und Führer ins Team. Am 7. April 1805 setzte die Expedition ihre Reise fort. Einige Expeditionsteilnehmer machten sich auf den Heimweg, um wichtige Schriftstücke sowie Pflanzen- und Tierproben zu Präsident Jefferson zu bringen. Die Hauptgruppe mit 33 Leuten fuhr in mehreren Kanus weiter flussaufwärts bis zu den großen Wasserfällen des Missouri (Great Falls). Die Boote und die schwere Ausrüstung mussten über einen beschwerlichen Landweg transportiert werden. Im Sommer 1805 erreichte die Expedition die Berge der Rocky Mountains, die sich als weitaus höher und breiter als erwartet herausstellten. Am Zusammenfluss der drei Quellflüsse des Missouri, beim heutigen Three Forks in Montana, begann die Suche nach einer einfachen Überquerung der Berge. Von der Mündung des Missouri bis zur kontinentalen Wasserscheide in den Rocky Mountains am Lolo Pass hatte die Expedition inzwischen viele Kilometer entlang des Flusses zurückgelegt. Von den Shoshone-Indianern konnten Lewis und Clark durch Tauschhandel Pferde erhalten, die für die Überquerung der Berge benötigt wurden. Die Nahrungsmittel wurden knapp. Die Vorräte gingen zur Neige und die Jäger waren oft tagelang auf der Suche nach Nahrung. Mit letzter Kraft schleppte sich die Expedition über die schneebedeckten Rocky Mountains. Nach der mühsamen Durchquerung der Rocky Mountains folgten sie dem Clearwater River durch das heutige Idaho, wobei die Entdecker auf den Stamm der Nez-Percé-Indianer trafen. Anschließend folgten sie dem Snake River im heutigen Washington und dem Columbia River mit seinen vielen Stromschnellen im Bereich des Kaskadengebirges, das auf seinen letzten etwa 480 Kilometern die Grenze zwischen Washington und Oregon bildet. Am 7. November 1805 erreichten sie den Pazifik. Clark schrieb in seinem Tage-buch: "Ocean in view. O! The Joy." ("Ozean in Sicht. Oh! Diese Freude."). Aber sie hatten noch einen zweiten harten Winter zu überstehen. Die Gruppe beschloss, per Abstimmung zu entscheiden, bei welchem indianischen Stamm sie überwintern würden. Die Tatsache, dass York, Clarks Sklave, und Sacagawea, die Indianerin, gleichberechtigt an der Abstimmung teilnehmen durften, war für diese Zeit bemerkenswert. Die Mitglieder der Expedition bauten an der Mündung des Columbia River, südlich der heutigen Ortschaft Astoria, ein weiteres Fort (Fort Clatsop) und überwinterten in der Nähe der Clatsop-Indianer. Die Entdecker begannen ihre Heimreise am 23. März 1806. In Kanus fuhren sie den Columbia flussaufwärts. Die Rocky Mountains konnten aufgrund der Schneeverhältnisse erst Ende Juni überquert werden. Deshalb hielt sich die Expedition für mehrere Wochen beim freundlichen Volk der Nez Percé auf. Einige Indianer konnten als Führer über die Berge angeworben werden. Bei der Überquerung der Rocky Mountains trennten sich Lewis und Clark, um einfachere Wege über die Berge zu erforschen. Während Clark einen südlichen Pfad entlang des Yellowstone suchte, folgte Lewis einem direkten Weg zum Missouri. Mit nur drei Männern wagte Lewis anschließend die Erforschung des Marias River in Richtung des heutigen Glacier-Nationalparks in Montana, obwohl er vor den kriegerischen Blackfoot-Indianern gewarnt worden war. Nach einem Zusammentreffen mit einer kleinen Gruppe von Blackfoot kam es am 27. Juli zu einem Kampf, als die Indianer versuchten, Gewehre und Pferde zu stehlen. Mindestens ein Indianer wurde dabei getötet. Kurz darauf wurde Lewis während einer Jagd angeschossen und konnte in den folgenden Wochen nicht laufen. Am 12. August 1806 trafen sich alle Mann am Missouri River wieder und setzten den Rest der Heimreise gemeinsam fort. Nicht mehr dabei war John Colter, der sich im Gebirge von der Gruppe abgesetzt und als erster Weißer das Gebiet des heutigen Yellowstone-Nationalparks entdeckt hatte. Auf dem Missouri begegnete die Expedition den ersten privaten Trappern und Händlern, die in das bisher von Weißen unbesiedelte Gebiet westlich des Mississippi vordrangen. Am 23. September 1806 erreichte die Gruppe um Lewis und Clark wieder die ihnen vertraute Zivilisation in St. Louis. Von der Lewis und Clark Expedition beeinflusst, gründete der New Yorker Pelzhändler John Jacob Astor bereits wenige Jahre später die Pacific Fur Company und rüstete mit Unterstützung von Präsident Thomas Jefferson eine Überlandexpedition in den pazifischen Nordwesten aus. Die Männer der Pacific Fur Company gründeten die erste amerikanische Siedlung am Pazifik: Astoria. Mit diesen Expeditionen erlangten die USA umfassendes Wissen über die Geographie des Westens in Form von Landkarten von großen Flüssen und Gebirgsketten. Allein bei der Reise von Lewis und Clark wurden mehrere hundert, bislang unbekannte, Tier- und Pflanzenarten entdeckt und benannt; von vielen Pflanzen wurden Proben zur wissenschaftlichen Analyse mitgebracht. Von den beteiligten Personen der Lewis und Clark Expedition zählten 33 zu den festen Teilne-mern, die 1805 vom Fort Mandan zum Pazifischen Ozean aufbrachen. Neben Lewis und Clark gehörten 3 Sergeants und 23 Soldaten, sowie 5 Zivilisten zu dieser Gruppe. Die Indianerin Sacajawea hatte ihren 1805 geborenen Sohn dabei und Lewis einen Neufundländer mit dem Namen Seaman. Festzuhalten ist, dass die Expedition nur mit Hilfe der Indianer zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnte. Ich muss gestehen, dass die Geschichte dieser bedeutenden Expedition mich immer wieder neu fasziniert - (entnommen meinem Reisebericht USA / Kanada 2010).

Über die Astoria Megler Bridge kommen wir zurück nach Oregon. Die Brücke, 6.545 m lang, überspannt den mächtigen Columbia River zwischen den Staaten Washington und Oregon. Sie kann Windstärken bis 240 km/h widerstehen und ist die längste durchgehende Brücke in Nordamerika.

Astoria ist eine quirlige Hafenstadt an der Oregon Coast. Schiffe der amerikanischen Küstenwache liegen vor Anker. Wir finden schnell ein Hotel, das Lamplighter Inn, nett, aber völlig überteuert. Einchecken, auspacken und dann fahren wir ca. 3 Meilen zum Safeway einkaufen für das Abendessen: Hähnchen, div. Salate, Joghurt, Trauben, Brot. Wir essen bei uns im Zimmer. Gegen 19.35 Uhr verabschiedet sich Gerhard, Rolf duscht und ich schreibe, dann endlich kann ich mal wieder ein heißes Bad genießen. Tut gut!

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisetagebuch einer Tour durch 11 Staaten: Colorado, New Mexico, Arizona, Nevada, Utah, Wyoming, Montana, Idaho, Washinghton, Oregon, Kalifornien - 7.800 Meilen = 12.558 km.
Details:
Aufbruch: 26.05.2011
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 30.06.2011
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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