USA 2012 - 2. Teil Nebraska ...

Reisezeit: Juni / Juli 2012  |  von Uschi Agboka

Von Hastings nach Wall

19. Tag - Broken Bow /Niobrara Scenic River/Bryan BridgeValentine/Sandhills

Sonntag, 24. Juni 2012 19. Tag Wall, South Dakota Super 8
Hastings / Grand Island / Broken Bow / Loup River / Niobrara Scenic River mit Bryan-Bridge / Valentine National Wildlife Refuge / Sandhills / White River / Wall
Gefahrene Meilen: 410 (660 km)

Da wir kein Frühstück im Hotel bekommen, sind wir schon um 6.20 Uhr unterwegs. Hastings ist zwar eine ziemlich große Stadt, aber sehr schön, gepflegte Häuser und Gärten. Es finden sich riesige Baumalleen in den Wohngebieten. Schon bei unserem ersten Besuch in Nebraska vor Jahren ist uns aufgefallen, dass hier vieles gepflegter ist als in anderen Bundesstaaten im Westen der USA.

Hastings, heute ca. 25.000 Einwohner, wurde im Jahr 1872 gegründet, als die Burlington & Missouri River Railroad den Ort erreichte. Namens-geber der Stadt war Colonel Thomas D. Hastings, der für die St. Joseph & Denver Railroad arbeitete und der maßgeblich daran beteiligt war, dass sich die Eisenbahnlinien an der Stelle der heutigen Stadt vereinigten, was zu einem raschen Wachstum des Ortes führte. Im Jahre 1927 wurde in Hastings das Getränk Kool-Aid von Edwin Perkins erfunden und 2007 gewann die Stadt den Wettbewerb "Greenest City in America".
Da Rolfs Badelatschen den Geist aufgegeben haben, statten wir dem Wal Mart einen kurzen Besuch ab, um neue zu kaufen. Es sind 21 Grad, die wir nach den mehr als 40 Grad gestern als kühl empfinden. Auf dem HW 34 East fahren wir bis Grand Island, ca. 43.000 Einwohner. Auch dieser Ort ist sehr gepflegt und wir sehen viele schöne Häuser und Gärten mit blühenden Blumen. Die Stadt ist ein bedeutendes Zentrum der Fleischerzeugung in den USA. Gegründet wurde sie 1857 von deutschen Siedlern, die aus Davenport in Iowa kamen. Am 3. Juni 1980 wurde Grand Island von einem kräftigen Superzellengewitter getroffen. Im Laufe des Abends wurde die Stadt von insgesamt sieben Tornados verwüstet, von denen der stärkste die Stufe F4 auf der Fujita-Skala erreichte. Das Unwetter verursachte den Tod von fünf Personen. Die Stadt ließ die Trümmer der Häuser verbrennen und die Asche vergraben. So entstand der im Volksmund sogenannte "Tornado Hill". Ein Tornado (Wind- oder Wasserhose), in den USA auch Twister genannt, ist ein kleinräumiger Luftwirbel in der Erdatmsphäre. Der Wirbel erstreckt sich durchgehend vom Boden bis zur Wolkenuntergrenze. Diese Definition geht auf Alfred Wegener zurück - deutscher Meteorologe, Polar- und Geowissenschaftler.

Wir verlassen den HW 34 und folgen dem HW 2 West über Cairo, Ravenna, Hazard bis Broken Bow, dort wollen wir das Visitor Center besu-chen, leider ist es geschlossen. Die Landschaft ist sehr grün, es gibt viele kleine Wälder und riesige Felder. Wir sind jedoch die letzten 2 Stunden durch eine Nebelwand gefahren. Broken Bow, ca. 3.500 Einwohner, ist wichtige Verladestation für Vieh, Heu und Getreide. Ich habe gesehen, wie ein Farmer ein Reh erschossen hat, welches in seinen Feldern "wilderte". Am Straßenrand gab es auch einige tote Rehe zu sehen. Der Norden Nebraskas ist sehr schön, hügelig, sehr grün, mit Wäldern und Flüssen, die viel Wasser führen. Der Loup River ist ein ca. 109 km langer Nebenfluss des Platte River. Loup = Wolf leitet sich von den Pawnee ab (Wolfsvolk), die einst an seinen Ufern lebten. Der Loup River und seine Nebenflüsse werden die "Loups" genannt, insgesamt 2.898 km lang. Eine zeitlang begleiten wir einen Zug, 129 Waggons, 2 Loks vorne, 2 Loks hinten. Die Lokführer winken freundlich zu uns herüber. Auf dem HW 83 North fahren wir über Thedford nach Valentine und dann weiter Richtung South Dakota. Bei einem Tankstopp treffen wir andere nette Biker und zwei junge Mädchen, die uns von ihrem Wochenendausflug berichten.

Valentine liegt am Niobrara Scenic River, am nördlichen Rand der Sandhills. Der Niobrara River ist ein ca. 914 km langer Nebenfluss des Missouri-River. Wir schauen uns die Bryan-Bridge an, eine Ausleger- (Cantilever)Fachwerkbrücke aus Stahl, entworfen von Josef Sorkin, gebaut 1932. Sie wird im National Register of Historic Places geführt. Ein interessantes Bauwerk.

Die Sandhills sind eine Region mit einem Mix aus Gras und Prairie, auf durch Gras stabilisierten Sanddünen in Nord-Zentral-Nebraska. Diese Landschaft bedeckt mehr als ein Viertel des Staates. Der WWF bezeichnet die Sandhills als Öko-Region, nach ihrer Einschätzung sind 85 % der Fläche ein intakter natürlicher Lebensraum, der höchste Stand in den Great Plains in USA. Die Sandhills galten lange aus unbrauchbare Wüste. Im 19. Jh. entdeckten Viehzüchter die Gegend als Weideland für Langhornrinder. Der sandige Boden war ungeeignet für den Anbau von Nutzpflanzen und so scheiterten die Versuche, hier Farmen aufzubauen. Heute gibt es ca. 500.000 Rinder, die hier weiden. Die Sandhills sind das größte und komplizierteste Feuchtgebiet in den USA. Es gibt hier eine riesige Bandbreite von pflanzlichem und tierischem Leben. Hier leben Maultierhirsche, Kojoten, Rotfüchse, wilde Truthähne, verschiedene Fledermausarten. In den zahlreichen Teichen und Seen leben unzählige Fischarten. Die Seen liefern auch das Wasser für das Vieh in der Region. In einigen alkalischen Seen finden sich verschiedene Arten von Garnelen. Die Sandhills sind auch Heimat von mehr als 720 verschiedenen Pflanzen, einige der Pflanzen trugen mit dazu bei, dass sich die Sanddünen gefestigt haben. Gute Landbewirtschaftung und verbesserte Weidepraktiken durch die Viehzüchter haben bewirkt, dass die Erosion im Laufe der Zeit zurückging und die natürliche Landschaft weitgehend intakt bleibt. Die Sandhills ist auch Heimat vieler Insekten wie Libellen, Heuschrecken, Spinnen und Mücken. Zugvögel nutzen die Gewässer zum Ausruhen und Kraniche, Gänse und verschiedene Entenarten sind überall zu finden. Zurzeit wird darüber diskutiert, ob eine Pipeline durch das Naturschutzgebiet gebaut werden darf.

Um 12 Uhr erreichen wir South Dakota und fahren durch die Lakota Indianer Reservation. In White River, einem kleinen Örtchen, trinken wir Kaffee. Auf dem Highway sind riesige Trucks unterwegs, die große Landmaschinen transportieren. Sie bringen diese Maschinen jeweils dahin, wo gerade geerntet wird. Wir fahren weiter auf dem HW 83 bis Murdo, dort nehmen wir die Interstate 90 West. An einer Rest-Area, wo mal wieder vor giftigen Klapperschlangen gewarnt wird, machen wir Pause. Wir können die Uhr eine Stunde zurück stellen. Es ist 14.30 Uhr. Um 15.30 Uhr erreichen wir Wall, nach ca. 9 Stunden. Das Hotel ist super. Nachdem Rolf geduscht hat, geht er seine Emails checken und macht es sich dann im Garten bequem. In der Zwischenzeit wasche ich unsere Sachen, dusche und auch meine Haare haben eine Wäsche nötig. Unser heutiges Dinner besteht aus Brot, Leberwurst, Sardinen, Thunfisch, Möhren. Dazu alkoholfreies Bier bzw. argentinischen Weißwein. Nach dem Essen wandern wir zum historischen Wall Drug, die Geschichte:

Es war 1931, Dorothy und Ted Hustead kauften den einzigen Drugstore der Stadt, die nur 326 Einwohner hatte und deren Geschäfte schlecht liefen. Ted war Apotheker und Dorothy Lehrerin. Sie verliebten sich in den kleinen Ort und gaben sich 5 Jahre, den Laden in Schwung zu bringen. Mount Rushmore stand kurz vor der Vollendung. Aber die Kunden blieben aus und es wurde 1936 und die Geschäfte liefen weiter schlecht. Doch dann hatte Dorothy die Idee: Die Besucher, die aus der heißen Prairie kamen, was verlangten die als erstes? Wasser, denn sie waren durstig. Eiskaltes Wasser! Und Eis und Wasser hatten sie genug. So kam Dorothy auf die Idee, eiskaltes Wasser kostenlos anzubieten. Und die Idee trug Früchte, denn die Leute hielten nicht nur für Wasser, sondern kauften Eiscreme und viele andere Dinge. Und so wurden in den nächsten Jahren 8 Mädchen für den Verkauf eingestellt. Und Wall wuchs zu einer Besucherzahl von 20.000 Menschen im Sommer an, Einwohner jedoch nur 850. Heute ist Wall Drug ein einziges riesiges Geschäft (Kaffee 5 Cent) mit Restaurants, Shops jeder Art und Fun. Überall hängen Originalbilder der alten Zeiten und die Preise sind niedriger als sonst irgendwo. Dorothy starb im November 1955 und Ted starb im Januar 1999. Ihr Sohn Bill starb leider zu früh im Oktober 1999. Aber Bill's Frau, Majorie übernahm die Führung und 2 ihrer Söhne und deren Frauen arbeiten und leiten heute das riesige gut florierende Unternehmen. Und auch heute gibt es das Eiswasser gratis!

Leider hat sich hier vieles zum Nachteil verändert, wir sehen viel China-Ramsch-Ware, was uns nicht gefällt. So machen wir nur einen Spazier-gang durch die Geschäfte und fotografieren. Gemütlich wandern wir zum Hotel zurück und liegen um 20.30 Uhr im Bett und sehen fern. Heute waren wir fast 9 Stunden unterwegs, 660 km, das hat uns geschafft. Doch die Fahrt heute durch die Landschaften im Norden Nebraskas und South Dakota National Grassland war wunderschön. Und die hübschen Orte in Nebraska mit ihren riesigen Baumalleen, schönen Häusern und Gärten haben uns sehr gut gefallen.

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisetagebuch über die Motorradtour durch 11 Staaten des Süd- und Nordwestens der USA vom 6. Juni bis 9. Juli 2012 - zurückgelegte Meilen 7.930 (12.767 km) – Text: Uschi Agboka Fotos: Rolf Kummer – www.harley-rolf.de
Details:
Aufbruch: 23.06.2012
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 09.07.2012
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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