USA 2012 - 2. Teil Nebraska ...

Reisezeit: Juni / Juli 2012  |  von Uschi Agboka

Von St. Regis nach Grangeville

26. Tag -Haugan / Look Out Pass /Wallace / Nez Perce - Lewis&Clark Trail

Sonntag, 1. Juli 2012 26. Tag Grangeville, Idaho Downtowner Inn
St. Regis - Haugan (10.000 Silver Dollar Bar) - Lookout Pass - Coeur d'Alene Mountains - Wallace - Clearwater River - Camas Prairie Rail-road - Grangeville
Gefahrene Meilen: 270 (435 km)

Gestern haben wir noch Red und Rozy in Virginia City angerufen. Wir hoffen, Montagabend bei ihnen zu sein. In der Nacht war mir ziemlich schlecht. Irgendwie ist mir der Fisch nicht bekommen. Da ich wach war, habe ich ein fürchterliches Gewitter erlebt und starken Regen, der erst am Morgen gegen 7 Uhr nachließ. Leider gibt es hier im Fernsehen keinen Wetter-Kanal, wo wir uns orientieren können, wie wir weiterfahren, ohne nass zu werden. So trinken wir erst einmal Kaffee, den die freundliche Besitzerin extra für uns macht. Rolf raucht noch gemütlich seine Zigarre, ehe wir um 8.30 Uhr losfahren. Es hat aufgehört zu regnen und die Straße ist abgetrocknet. Wir folgen der Interstate 90 West. Die Nebel im Valley sehen gespenstisch aus - "die Hasen kochen" sagen die Schwaben dazu. In Haugan, an der 10.000 Silver Dollar Bar (inzwischen mehr als 60.000!) halten wir, um zu tanken, zu schauen und zu telefonieren. Rozy hat in Virginia City eine Cabin für uns gefunden und erwartet uns Montagabend.

Die Geschichte der 10.000 Silver Dollar Bar:
Lincoln's 10.000 Silver Dollar Bar begann 1951, als Gerry und Marie Lincoln und drei ihrer Söhne von Sandpoint, Idaho, nach Alberton, Mon-tana, umzogen. 2 Meilen westlich dieser kleinen Stadt in Montana am Highway 10 (heute Interstate 90) errichteten sie eine kleine Bar, mit Namen Cherry Springs. Bald waren sie sich darüber im Klaren, dass die Leute einen Grund, eine Attraktion brauchten, um dort zu stoppen. Und sie hatten auch eine Idee. Zu dieser Zeit wurden die Arbeiter (loggers and miners) in Silver Dollars bezahlt. Also, Reisende nach Montana be-kamen ihr Restgeld jeweils in Silver Dollars. Sie wiegen eine Tonne in deiner Tasche! Am 1.Oktober 1952 schnitt Gerry ein rundes Loch in die Decke der Bar, befestigte einen Silver Dollar in dem Loch und schrieb Maries und seinen Namen daneben. Die Idee machte Schule und im Dezember 1953 waren es bereits über 2.000 Leute, welche ihren Silver Dollar und ihren Namen hinterlassen hatten. Darum wurde die Bar um-benannt in "Lincoln's 2.000 Silver Dollar Bar". Die Decke der Bar ist immer noch intakt und in Gebrauch, sie enthält 2.115 Silver Dollars und all die anderen Silver Dollars sind auf den Wänden und um den ganzen Barraum verteilt. Jede Münze ist ein Zeichen des Einzelnen, der sie hinterließ und viele Menschen, manchmal ihre Kinder oder Enkel, kommen zurück nach vielen Jahren, um ihre Münze zu besuchen! 4 Jahre nach diesem Beginn, als die Arbeiten an der Interstate 90 begannen, im Jahr 1956, zog die Bar um, mit über 6.000 Silver Dollars, und zwar 50 Meilen westlich nach Haugan, Montana. Es wurden ein Geschenkladen und ein Souvenirgeschäft hinzugefügt und die Silver Dollar Sammlung wuchs weiter! Über die Jahre wechselte der Name der Bar mehrfach: Von "Lincoln's 2.000 Silver Dollar Bar" to "2.500, 3.000, 4.000 und 6.000" in Alberton und von "6.000 to 8.000" zu dem heutigen Namen "Lincoln's World Famous 10.000 Silver Dollar Bar and Gift Shop". Es gibt nunmehr über 60.000 Silver Dollars und es kommen jährlich ca. 1.500 Stck. hinzu. 43 ausländische Staaten, alle 50 US-Staaten und alle kanadischen Provinzen sind repräsentiert, mit den Namen der Spender unter den Münzen. Von diesen 40.000 Münzen, sind 10.623 richtige Silver Dollars. Der Rest sind Eisenhower "sandwich" dollars. In 1972, als der Silberpreis hochging, wollten die Leute nicht mehr so oft Silver Dollars hinterlassen, sie wollten teilhaben mit anderen Silbermünzen. Wie auch immer, sie wollten einen Dollar schenken. Der Eisenhower Dollar ist einen Dollar wert und so wurde die Tradition fortgesetzt. Lincoln's 10.000 Silver Dollar Bar zog nochmals um im Jahre 1976, aufgrund der Bauarbeiten an dem Freeway. Dieses Mal unter dem Kommando von Rex Lincoln (2. Generation). 12.000 Münzen zogen um, gerade eine Meile westlich zur Ausfahrt 16, an der Interstate 90. Dies ist nun das neue Heim und man hat heute ein Restaurant hinzugefügt, einen RV Park, eine Tankstelle, ein Motel und im Jahr 1994 noch ein Geschäft und eine Dieseltankstelle. Und die Silver Dollar Sammlung wächst und wächst! 2002 feierten sie ihr 50-jähriges Bestehen. Gerry und Marie würden stolz sein, könnten sie sehen, was ihre great-grandchildren (Brooke Lincoln, 3. Generation) in ihrem Sinn weitergeschaffen haben!

Weiter geht die Fahrt, entlang dem kleinen St. Regis River. Wir passieren den Lookout Pass, 1.436 m. Der Pass in den Coeur d'Alene Mountains der Bitterroot Range ist an der Grenze zwischen Montana und Idaho. Hier befindet sich ein beliebtes Ski-Gebiet. Über den Mullan Memorial Highway besuchen wir wieder einmal das historische Städtchen Wallace im Silver Valley Mining Distrikt und kaufen zunächst im Supermarkt ein. Heute sind es nur 18 Grad. Doch es wird immer heller und wärmer. Dann geht es in das historische Zentrum, welches prachtvolle alte Häuser aufweist.

Wallace, ca. 800 Einwohner, liegt am South Fork des Flusses Coeur d'Alene und ist der Hauptort des Coeur d'Alene Silber-Bergbau-Distriktes, welcher mehr Silber produzierte als andere Orte in den USA. Ein trauriges Kapital der Gegend sind die vielen Kriege, die zwischen Bergarbeitern und Bergbau-Besitzern geführt wurden. Oft musste die Armee eingreifen.
Am 25. September 2004 verkündete Bürgermeister Ron Garitone Wallace als das "Zentrum des Universums". Ein Abwasserdeckel soll die genaue Lage des Mittelpunktes des Universums sein. Die Stelle ist markiert mit einem besonderen Deckel und trägt die Inschrift "Center of the Universe, Wallace, Idaho." Es findet eine besondere Veranstaltung zu diesem Thema statt, jedes Jahr am 3. Samstag im September. Da wäre ich gerne mal dabei.

In einer kleinen Bäckerei trinken wir Kaffee und verspeisen eine leckere Zimtschnecke. Wir folgen nach Kingston dem HW 3 South, der sich hier auch White Pine Scenic Byway nennt. Vorbei an Rose Lake, Medicine Lake, dort sind die Seerosen leider schon verblüht. Der Coeur d'Alene River führt viel Wasser. Dieser Fluss fließt ca. 60 km vom Silver Valley in den Lake Coeur d'Alene, nach dem See wird er vom Spokane River aufgenommen. Die Straße ist herrlich, durch St. Maries, am St. Joe und St. Maries River entlang. Rolf ist begeistert von der schönen, kurvigen Strecke. Urige Häuser, schöne Gärten mit allerlei Krimskrams, es gibt viel zu schauen während der Fahrt. In der Coeur d'Alene Indianer Reservation finden sich phantasievolle Namen wie Big Bear Street, Windy Road etc.

In Fernwood machen wir Pause, es ist 13.30 Uhr. Ein wunderschönes Haus mit einem kleinen Teich und allerlei schönen Dingen hat es uns besonders angetan. Anzumerken ist, dass wir manchmal sehr schöne prachtvolle und ausgefallene Häuser sehen, leider sind diese oft durch "Weihnachtsbeleuchtungen" verschandelt. Apropro Weihnachten: Gestern sahen wir mitten in der Pampa eine Pinie als Weihnachtsbaum geschmückt, mit Lametta, Kugeln etc. Heute hatten wir einige Begegnungen mit jungen Rehen. Gott sei Dank gab es kaum tote Tiere am Straßenrand.

In Kendrick, einem netten kleinen Ort am Potlatch River - 300 Einwohner - machen wir Pause im City Park und beobachten das Treiben der Leute. Ein netter junger Mann gab uns einige Tipps. Lustig fand ich seine Bemerkung: "In the morning I walked my dog." Immer wieder stellen wir fest, wie freundlich und hilfsbereit die Menschen in dieser Gegend des Westens sind. Als wir zum Fotografieren halten, hält gleich ein anderer Motorradfahrer, um zu fragen, ob wir Hilfe brauchen. An einem gelben Sandsteinfelsen gibt es unzählige kleine Löcher, der Felsen sieht aus wie ein Schweizer Käse. Viele winzige Schwalben fliegen dort aus und ein. Sieht toll aus. Die Straße ähnelt im Übrigen mal wieder einer Fahrt auf der Achterbahn, steil bergauf, steil bergab. In Kendrick ist es bereits merklich wärmer, 30 Grad.

Wir näheren uns dem "Banana Belt" von Idaho. Dies ist eine ziemlich warme Region, im Gegensatz zu den umliegenden Bitterroot Mountains. Ab Kendrick ändert sich mal wieder die Landschaft, herrliche grüne Berge, tiefe Täler. Wir befinden uns in der Nez Perce Indianer Reservation. Ab Spalding verlassen wir den HW 3 South und folgen HW 95 South.

Der mächtige Clearwater River begleitet uns nun auf dem Nez Perce Trail bzw. Lewis & Clark Trail. Dieser 120 km lange Fluss - Klarwasser-Fluss - fließt von den Rocky Mountains durch Nord-Idaho und mündet bei Lewiston in den Snake River. Der Middle Fork Clearwater River und seine beiden Quellflüsse Lochsa River und Selway River sind als National Wild and Scenic River geschützt. Der South Fork Clearwater River vereinigt sich bei Kooskia mit dem Middle Fork Clearwater River zum Clearwater River. Im September 1805 folgte die Lewis & Clark Expedition einem Indianer-Pfad entlang des Flusses und traf auf die Nez Perce Indianer in der Nähe der Stadt Weippe. Der Name Clearwater ist die Übersetzung eines Begriffes aus der Sprache der Nez Perce: Koos-Koos-Kai-Kai bedeutet klares Wasser. Und das Wasser dieses Flusses ist wirklich klar. 1877 kam es am Clearwater zu einer Schlacht im Rahmen des Nez-Perce-Feldzuges.

Wir halten einige Male an historischen Markern. Die Camas Prairie Railroad ist unter Eisenbahnliebhabern bekannt als "Eisenbahn auf Stelzen", aufgrund der vielen hölzernen Brücken, Böcke genannt. Wir sehen den Half Moon Trestle, 685 m lang, 141 m hoch in einer atemberaubenden wilden Landschaft. Ich lese eine interessante Geschichte über den Nez Perce Häuptling Lawyer. Hallalhotsoot freundete sich mit Lewis & Clark im Herbst 1805 an. Er glaubte fest daran, dass die besten Aussichten für die Zukunft der Nez Perce in der Freundschaft mit den Weißen lägen. Der Spitzname Lawyer - Rechtsanwalt - wurde ihm aufgrund seiner Weisheit, seiner Diplomatie, seiner Fähigkeit, beide Seiten - Indianer und Weiße - zu beeinflussen, verliehen. Zeit seines Lebens war er um Ausgleich bemüht und musste am Ende doch feststellen, dass man ihn und sein Volk betrog, eingegangene Verträge nicht hielt.

Bei Winchester sieht der Himmel mächtig bedrohlich aus, doch Rolf hat mal wieder die richtige Nase, die Straße, der wir folgen, bringt uns vom Regen weg. In dem urigen Cottonwood wollen wir übernachten. Hier gibt es den Dog Bark Park, mit dem weltgrößten geschnitzten Beagle - man sieht ihn vom Highway aus, witzig! In dem Hund ist ein Bed & Breakfast untergebracht, Übernachtung incl. Frühstück 100 Dollar! Für uns ein bisschen zu teuer. Und leider finden wir kein anderes Hotel. So fahren wir weiter bis Grangeville, wo wir gegen 18 Uhr, nach 9 Stunden eintreffen. Hier sind wieder weite flache Getreideanbaugebiete. Wir fragen im Gateway Inn / Super 8 nach dem Zimmerpreis, 91 Dollar! Alles leer, doch sie wollen nicht mit dem Preis runtergehen. Es seien die "Borderdays" und man erwarte noch viele Besucher. Doch wir fallen nicht auf sie rein und finden das "Downtowner Inn". Rolf verhandelt mit dem netten Besitzer, Sam, ein Inder. Und so bekommen wir das Zimmer zu einem sehr günstigen Preis. Zum Abendessen gibt es ital. Salami, Käse, Tomaten, Oliven, Brot, Bier und Wein, zum Nachtisch Milkyway mit dunkler Schokolade. Wir bedanken uns nochmals bei Sam, dem netten Inder aus dem Punjab, der seine Familie dort alle 3 Jahre besucht. Es war heute mal wieder ein toller Tag.

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisetagebuch über die Motorradtour durch 11 Staaten des Süd- und Nordwestens der USA vom 6. Juni bis 9. Juli 2012 - zurückgelegte Meilen 7.930 (12.767 km) – Text: Uschi Agboka Fotos: Rolf Kummer – www.harley-rolf.de
Details:
Aufbruch: 23.06.2012
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 09.07.2012
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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