Mittelamerika

Reisezeit: Juni 2023 - Januar 2024  |  von Beatrice Feldbauer

Wäsche waschen

Heute morgen habe ich diesen wunderschönen gelben Schmetterling im Garten gefunden. Es hat sehr viele Tiere im Garten, allerdings kann ich sie oft nur sehen, mit der Kamera reicht es nicht. Es gibt überall kleine Echsen, die ganz schnell verschwinden, wenn ich in die Nähe komme. Knallgrüne und braune. Einmal habe ich einen Kolibri beobachtet, wie er ganz in der Nähe in einem Busch sass und auch immer wieder dahin zurück kam. Aber ich getraute mich nicht, ihm näher zu kommen, da wäre er gleich weggeflogen.

An einem der ersten Tage raschelte es in der Nähe meines Tisches, wo ich grad den Laptop eingerichtet hatte. Ein paar junge Gürteltiere krabbelten durch das Gras, aber auch auf sie war ich überhaupt nicht gefasst. Später habe ich immer wieder nachgesehen, ob sie vielleicht wieder einmal vorbei kommen würden, aber sie bleiben verschwunden.

Dafür höre ich nachts und vor allem am Morgen oft Geräusch auf dem Dach meines Bungalows. Zuerst dachte ich, jemand würde da oben herumlaufen, aber inzwischen bin ich überzeugt, dass es die Eichhörnchen sind, von denen viele hier im Garten und auf den Bäumen leben. Sie rasen am Morgen über die Dächer. Wer Nachts über die Dächer schleicht, weiss ich nicht, aber solange sie draussen bleiben, ist es mir egal.

Die Fenster sind, soweit keine Scheiben drin sind, mit Drahtgitter versperrt. Nicht nur wegen den grösseren Tieren, sondern vor allem wegen den Moskitos, die abends vom Licht angezogen werden könnten.

Heute bin ich für meine Verhältnisse früh unterwegs, möchte einen Cappuccino zum Frühstück, darum bin ich mit einem Tuctuc nach Santiago gefahren. Zu dieser Zeit sind viele Pickups unterwegs. Es scheint das wichtigste Verkehrsmittel für viele Menschen zu sein. Damit fahren sie auf den Markt, zur Arbeit oder an den See.

Ich bin doch etwas zu früh, die Cafeterias sind noch nicht offen, also schlendere ich zum Markt, wo die ersten Stände aufgebaut werden. Sogar einer der Grills steht bereits und bietet gebratene Hühnerstücke an. Und kleine runde Würste.

Und die Beine, die auf der Mauer liegen, gehören zu einem Kleiderstand, der sich ebenfalls im Aufbau befindet. Zuerst dachte ich, dass da jemand schlafe, war aber zum Glück nicht so. Nur ganz selten sehe ich übrigens jemanden auf der Strasse liegen. Ob es sich dabei um jemanden handelt, der kein Zuhause hat, oder ob doch eher Bruder Alkohol keinen guten Einfluss hatte, kann ich nicht beurteilen.

Ich laufe durch die Strassen, Verkehr ist noch nicht viel unterwegs, die Läden sind weitgehend noch geschlossen. Von der breiten Hauptstrasse mit dem gut unterhaltenen Belag mit Verbundsteinen, die nur manchmal etwas eingesunken sind, komme ich zu den schmalen Gassen, wo nur noch die Tuctuc durchkommen. Es sind einfache Häuser, oft noch nicht fertig, oft ragen noch die Armierungseisen aus den Mauern. So kann man jederzeit ein neues Stockwerk aufbauen, wenn mehr Raum benötigt wird. Andere sind farbig bemalt. Mit Balkonen zur Strasse, Aushängen, die das Angebot beschreiben. Menutafeln, An anderen Orten wurde das Angebot gleich auf die Mauer gepinselt. Wie beim Barbershop, wo das Signet auf Fenster und Mauer geschrieben wurde.

Eine der evangelischen Kirchen

Eine der evangelischen Kirchen

Tonys Barbershop

Tonys Barbershop

Das Bild könnte wohl überall aufgenommen sein.

Das Bild könnte wohl überall aufgenommen sein.

In einer schmalen Strasse liegt ein grosser Haufen schwarzer Sand. Ein Pickup, der passieren möchte, kommt nicht durch. Ich bin gespannt, was jetzt passiert. Es wird erst einmal gehupt, aber da reagiert niemand. Also steigt der Fahrer aus, verteilt den Sand mit den Händen, baut den Berg ab und jetzt kann er darüber fahren. Fall gelöst.

Lustig ist aber, dass wenige Häuser weiter vorne der gleiche Pickup stehen bleibt. Zwei Männer steigen aus und laden ihre Ladung aus. Bretter und Brennholz. Sie werfen es auf die Strasse, wo der Stapel jetzt seinerseits die Durchfahrt versperrt.

Allerdings kommt hier kurz darauf jemand und räumt das Holz weg, trägt es in den Hof eines Hauses, so dass die Gasse bald wieder frei ist.

Kein Durchkommen wegen einem Sandhaufen

Kein Durchkommen wegen einem Sandhaufen

Eine Tuctuc-Werkstatt

Eine Tuctuc-Werkstatt

Bei einigen Häusern hängt Wäsche draussen zum Trocknen. Da muss jemand schon früh gewaschen haben, in der Nacht hat es geregnet, es ist also nicht anzunehmen, dass die Wäsche seit gestern da hängt.

Irgendwo entdecke ich eine schmale Treppe, die hinunter zum See geht. Ob das Privat ist, oder ob ich da unten weiter komme? Ich frage einen alten Mann, der von unten kommt. Geh ruhig, hinunter, gleich nach der Mauer geht der Weg rechts weiter, da kommst du durch die Gärten.

Ich komme zum See wo ein paar einfache Boote liegen. Und bei den Steinen sind Frauen am Waschen. Ich nähere mich ihnen, setze mich auf den Steg, der hinaus in den See führt und beobachte zuerst einmal. Man grüsst mich.

Nach einer Weile frage ich eine junge Frau, ob ich fotografieren dürfe. Ja, meint sie lächelnd, no te preocupes. Mach dir keine Sorgen.

Ich bleibe also sitzen, zücke gelegentlich meine Kamera, mache ein Video und beobachte. Natürlich habe ich bald bemekt, dass die ältere Frau nicht sehr angetan ist, dass dass ich fotografiere, also bleibe ich diskret, halte mich ans Beobachten. Die beiden sind Nachbarinnen, kommen regelmässig hierher um ihre Wäsche zu waschen. Da wird dann mit etwas Waschpulver und einer Bürste dem Schmutz der Garaus gemacht. Zwischendurch wird auch noch das Geschirr und die Töpfe gestriegelt und die ältere Frau holt nach einer Weile ihre Zahnbürste hervor. Auch dafür eignet sich der See bestens. Nebenan bei den beiden Frauen, die etwas weiter weg sind, kann ich sehen, dass die ältere Frau sich oben frei gemacht hat und die jüngere ihr den Rücken einseift. Es ist alles sehr diskret, die Frauen stehen mit ihren langen Röcken im Wasser.

Zum Heimschleppen der schweren nassen Wäsche steht ein Mann in der Nähe. Er wird gerufen und trägt ein erstes Bündel hinauf zu den Häusern.

Auch ich mache mich jetzt auf den Weg zurück. Beobachte noch einen Moment einen Fischer, wie er sein kleines Boot hinaus auf den See rudert und suche dann den Weg durch die Gärten.

Mais, Bohnen, die typischen Milpas finde ich auch hier. Aber auch Bananen, Avocadobäume und ein paar Blumen.

Bei einem kleinen gemauerten Haus ertönt laute Musik. Vor dem Haus liegen Schilfbüdel zum Trocknen. Ich bleibe stehen und es dauert nicht lange, da kommt ein Mann aus der offenen Türe, winkt mir, ich soll näher kommen.

Er heisst Filipo und ist hier in seiner kleinen Werkstatt. Er flechtet Bodenmatten aus dem Schilf. Für ein paar Quetzsales darf ich fotografieren. Er zeigt mir, wie er die Matten flechtet. Er hockt auf seinem niedrigen Stuhl und es geht ganz schnell. Mit geschickten Griffen verflechtet er die flach gedrückten Schilfstängel zu bequemen weichen Matten. Gebraucht werden sie auf dem Boden oder als Wandverkleidung. Es gibt auch kleine, als Untersetzer für Teller und Pfannen.

Ungefähr eine Stunde hätte er, bis er eine fertig gestellt hat, meint er. Dann muss allerdings noch der Finish rundum gemacht werden, das dauert auch noch eine Zeit. Verkauft werden sie irgendwo auf den Märkten. Oder man bestellt sie direkt hier vom Hersteller. Er verkauft sie für 50 Quetzales das Stück, das sind ca. 6 Franken. Bevor er die Matten flechten kann, musste er allerdings noch die Schilfrohre unten am See holen, zuschneiden, trocknen und bündeln. Also eine rechtt umfangreiche Arbeit bis zum endgültigen Resultat.

Für mich ist es jetzt Zeit, zurück ins Dorf zu gehen, brauche endlich meinen Cappuccino. Inzwischen sind auch die Läden offen. Ich komme an einer Metzgerei vorbei, wo das Fleisch über dem Tresen aufgehängt ist. Die Frauen sind am Einkaufen.

Von Raquel bekomme ich Bescheid, dass sie mir einen Termin in einem Beauty-Salon gemacht hat und so sitze ich dann später eine gemütliche Stunde in der Pedicure. Bei soviel Flip-Flop-Laufen tut das richtig gut.

die typischen Huipiles von Santiago Atitlan

die typischen Huipiles von Santiago Atitlan

Auf dem Rückweg besuche ich noch kurz das B3 von David. Im Moment ist es ruhig, aber am Morgen sei es voll gewesen, erzählt er mir.

Meine Tante Hedi hat heute Geburtstag, ich möchte sie anrufen und ihr ein Geburtstagsständchen bringen. Ob er mir dabei helfen will? Selbstverständlich will er, denn er kennt sie von seinem Besuch in der Schweiz sehr gut. Miguel hilft mit der Gitarre und so rufe ich sie an. Sie freut sich ungeheuer, allerdings war ihr Geburtstag vor zwei Tagen. Gute Wünsche nähme man aber gern jeden Tag entgegen, meint sie, auch mit zwei Tagen Verspätung.

Die jungen Pflanzen verkaufen Miguel Angel und Alex gemeinsam. Darum der Name  Hermanos A - Gebrüder A Aus dem Erlös unterstützen sie arme Menschen, denen David gelegentlich etwas zu Essen spendiert. 
Meine Buben müssen wissen, was Armut bedeutet, auch wenn sie diese nie mehr so spüren werden, wie ich es als Kind erlebt habe, erklärt er mir.

Die jungen Pflanzen verkaufen Miguel Angel und Alex gemeinsam. Darum der Name Hermanos A - Gebrüder A Aus dem Erlös unterstützen sie arme Menschen, denen David gelegentlich etwas zu Essen spendiert.
Meine Buben müssen wissen, was Armut bedeutet, auch wenn sie diese nie mehr so spüren werden, wie ich es als Kind erlebt habe, erklärt er mir.

Den Rest des Tages verbringe ich mit Schreiben. Habe jetzt endlich einen idealen Platz gefunden. Bei einem der Tische, der auf einem flachen Podest steht und wo die Stühle sogar Kissen haben, gibt es eine Steckdose. Zwar muss ich immer aufpassen, dass der Stecker nicht aus der Dose fällt, aber es funktioniert ganz gut, wenn man nichts bewegt.

Und weil der Platz in der Nähe der Rezeption liegt, funktioniert sogar das Internet tadellos. Hätte mir auch früher auffallen können. Jetzt gibt es also keine Ausrede mehr, Ich versuche, meinen Blog aufzuarbeiten.

frisch vom Markt Pitayas und Lychees

frisch vom Markt Pitayas und Lychees

Gegen Abend treibt mich der Hunger aber doch wieder in die Stadt. Auf der Plaza findet eine Versammlung statt. Ein Mann ruft mit dem Mikrofon in Tsutuchil zur Unterschriftensammlung auf. Ich versuche zu ergründen worum es geht, bekomme aber keine genaue Erklärung. Nur soviel, man will dem neuen Bürgermeister etwas mitteilen, Forderungen stellen.

Dafür müssen sich die Leute in einer Liste eintragen. Es bruacht den Namen und einen Fingerabdruck. Die jungen Frauen an den Sammeltischen erklären den Leuten worum es geht, und wie sie vorgehen müssen. Nicht alle können ihren Namen selber schreiben, aber der Fingerabdruck reicht auch, den Namen schreibt dann die Helferin dazu.

Eine einzelne Touristin ist angekommen... sofort wird sie von der Verkäuferinnen in Beschlag genommen.

Eine einzelne Touristin ist angekommen... sofort wird sie von der Verkäuferinnen in Beschlag genommen.

Vor dem Eindunkeln setze ich mich noch einen Monat ans Ufer im Hafen, sehe den letzten Booten zu, die nach Panajachel losfahren oder zurück kommen. Dann suche ich ein nettes Lokal, wo ich ein feines Nachtessen bekomme.

Zurück geht es mit dem Tuctuc.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Am Start einer neuen Reise ist meist noch alles ganz klar. Nur das erste Ziel: Guatemala und später im Jahr eine Hochzeit in Mexika. Es wird also einmal mehr eine sehr lange Reise mit vielen Überraschungen. Ich freue mich über virtuelle Mitreisende und werde wie gewohnt über meine Erlebnisse berichten.
Details:
Aufbruch: 09.06.2023
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: Januar 2024
Reiseziele: Guatemala
Mexiko
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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