Mittelamerika

Reisezeit: Juni 2023 - Januar 2024  |  von Beatrice Feldbauer

Palenque

Abfahrt um 10.00 Uhr, also reicht es noch gut für ein reichhaltiges Frühstück

Abfahrt um 10.00 Uhr, also reicht es noch gut für ein reichhaltiges Frühstück

Der Chauffeur hat sich bekreuzigt, dann startet er den Motor

Der Chauffeur hat sich bekreuzigt, dann startet er den Motor

Die meisten Touristen kommen wohl nur für eine, höchstens zwei Nächte nach Palenque. Man besichtigt hier die Maya-Ruinen und fährt weiter. Besucht auf der Hin- oder Wegfahrt noch die Aguas Azul, die blauen Wasser und ist schnell wieder in anderen Gegenden.

Ich habe mich entschieden, viel langsamer zu reisen. Dass ich eine ganze Woche in San Cristobal de las Casas geblieben bin, hat mir gezeigt, dass ich das so weiterziehen möchte. Ich brauche nicht alle Orte besucht zu haben, die man sehen muss, ich bin ja nicht im Auftrag unterwegs, sondern diese Reise ist ein Teil meines Lebens. Dabei brauche ich immer mehr Ruhezeiten, Tage an denen ich ganz ohne Plan unterwegs bin. Da ich möglichst auf dem Landweg unterwegs bin, bedeutet das auch lange Busfahrten und entsprechend immer wieder viel Erholung. Das gibt mir Zeit für spontane Ausflüge. Ich mag meine Alleinreise nicht durchtakten. Wer weiss, wozu ich morgen Lust habe.

Entsprechend habe ich mich auch hier in Palenque für eine Woche einquartiert. Die Reise von San Cristobal war extrem lang. Darauf hatte ich mich eingestellt. Da ich mit einem der grossen ADO-Busse unterwegs war, war das auch gar kein Problem. Es gibt bequeme Sitze - ich hatte den Sitz vorne rechts in der vordersten Reihe, also beste Sicht durch die Frontscheibe. Es gibt USB-Anschluss und ganz hinten im Bus eine Toilette. Unterwegs gab es ein paar kurze Halte bei grossen Busbahnhöfen. Dabei war allerdings nicht vorgesehen, dass man aussteigt. Es sind nur kurze Ein- und Aussteigs-Orte für neue Passagiere. Nur die Snackverkäufer laufen kurz durch den Mittelgang, bieten Getränke und Chips an. Die Sitzplätze sind reserviert, das Ticket hatte ich online gekauft.

Unterwegs fahren wir immer wieder Checkpoints an. Das sind Strassenkontrollen. Die PWs bleiben auf der Fahrbahn, werden gelegentlich angehalten, die Busse fahren rechts auf einen Ausstellplatz und ein Uniformierter kommt kurz herein. Ein paar Leute müssen den Pass zeigen, Stichkontrollen, manchmal werden die Insassen fotografiert, manchmal genügt ein Bild von aussen, aber immer steigt jemand kurz hinein, während eine andere Person mit dem Gewehr in der Hand draussen stehen bleibt.

Warum der Bus den weiten Umweg über Villahermosa macht und nicht die direkte Strecke fährt, habe ich nicht abgeklärt. Habs auch eigentlich erst gemerkt, als ich bereits im Bus sass. Immerhin gibt es gegenseitige Tagesausflüge von San Cristobal nach Palenque und umgekehrt mit Besuch von Aguas Azul, das auf halber Strecke liegt. Ich wollte aber eben keine zusätzliche Besichtigung und ausserdem nur die Einweg-Fahrt, aber mit dem grossen Gepäck. Das mag der Grund sein, dass man mir die Fahrt mit dem grossen Bus empfohlen hat. Möglicherweise sind die Strassen auf der direkten Strecke schlechter und für die grossen Busse nicht geeignet.

Meine Strecke im Vergleich mit dem direkten Weg. 450 oder 220 km sind schon ein Unterschied. Statt 2-3 Stunden dauert meine Fahrt 8 Stunden.

Meine Strecke im Vergleich mit dem direkten Weg. 450 oder 220 km sind schon ein Unterschied. Statt 2-3 Stunden dauert meine Fahrt 8 Stunden.

Chiapas-Brücke 1839 m lang, 80 m hoch, 2003 eingeweiht

Chiapas-Brücke 1839 m lang, 80 m hoch, 2003 eingeweiht

Rio Grijalva - der grösste Fluss im Süden Mexikos. An seinen Ufern gibt es 3 grosse Kraftwerke. Weiter südlich wird er gestaut.

Rio Grijalva - der grösste Fluss im Süden Mexikos. An seinen Ufern gibt es 3 grosse Kraftwerke. Weiter südlich wird er gestaut.

Fischzuchten

Fischzuchten

Puente Guapo - die schöne Brücke

Puente Guapo - die schöne Brücke

Jedenfalls war die Strecke schön, die Strassen weitgehend vierspurige Autobahnen und führten durch satte grüne Gegenden, einmal über eine lange Brücke über einen sehr breiten Fluss. Für mich sah er zwar wie ein See aus, aber auf der Karte steht Rio Grijalva.

Zu meiner Überraschung gab es nach vier Stunden einen Halt bei einem einfachen Restaurant auf der Strecke. Da gab es auch einen Chauffeurwechsel. Also alles sehr entspannt und auf Sichereit bedacht. Ich benutzte den Halt, um mir die Füsse zu vertreten, fotografierte die Früchte die da repräsentativ auslagen, ass eine Banane, trank einen Kaffee und schon bald ging die Fahrt weiter.

Inzwischen lese ich ein Buch von Gabriel Garcia Marques: Hundert Jahre Einsamkeit. Da bin ich schon mit der aufwändigen Sprache und den vielen Personen mit ähnlichen Namen völlig abgelenkt und ausserdem in der richtigen Gegend. Auch wenn die Geschichte in einem fiktiven Kolumbien spielt, könnte es genausogut in Mexiko sein.

Restaurante Mi Linda Chokita

Restaurante Mi Linda Chokita

Es geht weiter...

Es geht weiter...

Schwertransport beim Eindunkeln

Schwertransport beim Eindunkeln

Nach dem Halt waren noch einmal vier Stunden Fahrt vorgesehen, so dass ich gegen sechs Uhr, noch vor Einbruch der Dunkelheit in Palenque angekommen wäre.

Aber eben, Pläne sind da, um über den Haufen geworfen zu werden. Plötzlich fuhr vor uns ein Schwertransport. Ein riesiges Eisengestell, das fast die ganze Strassenbreite einnahm wurde auf einem langen Tieflader transportiert. Begleitet wurde der Schwertransport von einem blinkenden Begleitfahrzeug, das immer wieder die Breite der Last markierte und für den grossen Bus kaum Platz liess. Lange fuhren wir hinterher, natürlich war hier keine Autobahn mehr. Und auch wenn Sicherheitslinien hier nicht die gleiche Bedeutung zu haben scheinen wie bei uns, gelang es dem Chauffeur erst nach einer guten halben Stunde, zu überholen. Um gleich hinter dem nächsten Schwertransport wieder einzuspuren. Diesmal blieb nichts anderes übrig, wir blieben hinter dem Lastwagen hängen bis fast an unser Ziel.

Und so war es eben doch schon acht Uhr, als ich in mein Hotel eincheckte. Es ist so nahe der Busstation, dass ich zu Fuss hinkomme. Und es hat ein Restaurant. Auch das etwas, worauf ich mehr achten werde. Gestern war ich jedenfalls froh, dass ich nicht mehr weit gehen musste, um noch ein kleines Nachtessen zu bekommen.

Die Fahrt war zwar lang, aber ich kam längst nicht so erschöpft an, wie von den Fahrten mit den kleinen Shuttlebussen in Guate.

Huevos motulenos - ein typisch einheimisches Frühstück

Huevos motulenos - ein typisch einheimisches Frühstück

Nach einem reichhaltigen späten Frühstück habe ich mir meinen Schreibplatz am Pool unter dem hintersten Sonnenschirm eingerichtet. Halbherzig. Ich muss zugeben, richtig vorwärts bin ich nicht gekommen. Bin einfach noch zu unkonzentriert, und irgendwie unmotiviert. Oder es ist zu heiss. Natürlich bietet der Pool angenehme Abkühlung. Und ausserdem gibt es eine Hängematte. Zwar keine ganz richtige, die in den Bäumen hängt, aber immerhin, das Eisengestell steht am späten Nachmittag im Schatten und so verdöse ich den Tag.

ein ca 2 Meter langer Leguan im Baum über meinem Schreibplatz

ein ca 2 Meter langer Leguan im Baum über meinem Schreibplatz

Kakteen schlängeln sich wie Natern den Stamm hinauf. Fast habe ich das Gefühl, der Baum bewegt sich.

Kakteen schlängeln sich wie Natern den Stamm hinauf. Fast habe ich das Gefühl, der Baum bewegt sich.

Irgendwann am Nachmittag raffe ich mich doch zu einem kurzen Spaziergang auf. Ich bin im Hotelquartier. Fünf Minuten von der Busstation entfernt. Die Stadt ist auf der anderen Seite einer Brücke. Wenn ich der Strasse folgen würde, die an meinem Hotel vorbei geht, würde ich wohl ins Zentrum kommen, doch ich mag noch keine grossen Erkundungstouren machen. Schaue mich nur ein wenig in den Boutiquen um und entdecke diesen interessanten Halsschmuck.

Schade, dass ich auf Metall allergisch reagiere, der hätte mich interessiert. Es sei reine Handarbeit, sein eigenes Werk, versichert mir der ältere Mann, dessen Tochter die Boutique führt.

Eine sehr spezielle Silberarbeit, die beiden Krokodile, die sich um den Hals räkeln.

Eine sehr spezielle Silberarbeit, die beiden Krokodile, die sich um den Hals räkeln.

Rundum gibt es viele Hotels mit guten Restaurants. Die Auswahl an verschiedenen Nachtessen ist gross. Die kleine Chocolateria könnte ein Lieblingsrestaurant werden. Die Schokolade ist wie überall artesanal, handgemacht.

Vor einem grossen Hotelblock entdecke ich dann den ersten Maya. Eine etwas rudimentäre riesige Figur mit dem typisch hochgezogenen Kopf. Die Mayas haben die Köpfe ihrer Kinder zum Teil schon als Baby entsprechend mit Bandagen geformt.

An einer langen Mauer finde ich alle paar Meter ein Relief und als ich beim Tor ankomme, merke ich, dass ich vor dem Friedhof stehe.

Es soll ja Menschen geben, die sich auf Reisen vor allem für Friedhöfe interessieren. Bei mir kommt dieser Gwunder seit ich auf dem bunten Cementerio von Chichi war. Auch dort ist Mayaland, also könnte es eigentlich Parallelen geben.

Auf den ersten Blick sind es die Farben der Gräber, die auch hier ziemlich bunt gestrichen sind. Als zweites fallen mir die Häuschen auf. Es sind nicht Grabhäuser, in die die Leichen geschoben wurden, hier sind es eher Häuschen, in denen man unterstehen und zusammensitzen kann. Zugegeben, ich weiss, dass man sich in Mexiko mit der ganzen Familie zu Allerseelen und Allerheiligen zum gemeinsamen Picknick auf dem Friedhof trifft. Hier scheint man auch die entsprechenden Häuser dazu zu haben. Überhaupt kommt mir das ganze wie eine Gartenhaus-Siedlung vor. Einfach ohne Gärten. Denn die Grabsteine bedecken fast den ganzen Boden. Blumen gibt es allenfalls ein paar künstliche, deren Farben am vergilben sind.

Zeremonialplätze für rituale Feuer entdecke ich keine.

Eine Weile folge ich einem weissen Schmetterling, der mich immer tiefer hinein zwischen die Gräber lockt. Auf der Suche nach den wenigen echten Blumen. Am Schluss muss ich mich konzentrieren, den Eingang wieder zu finden, denn Wege gibt es keine. Auch keine Einteilung nach Datum. Da liegen längst Verstorbene neben erst kürzlich Beerdigten. Alte und neue Grabsteine, Kinder und Erwachsene nebeneinander. Vielleicht wird nach Familie eingeteilt. Und erweitert, aufgebaut, wenn es mehr Platz braucht.

Als sich über mir die schwarzen Wolken zusammenziehen, gehe ich zurück ins Hotel und verschlafe den Regenschauer, der kurz darauf mit aller Wucht über den Ort fegt.

Nachtessen mit Pouletschnitzel und viel Gemüse in einer leichten würzigen Sosse.

Nachtessen mit Pouletschnitzel und viel Gemüse in einer leichten würzigen Sosse.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Am Start einer neuen Reise ist meist noch alles ganz klar. Nur das erste Ziel: Guatemala und später im Jahr eine Hochzeit in Mexika. Es wird also einmal mehr eine sehr lange Reise mit vielen Überraschungen. Ich freue mich über virtuelle Mitreisende und werde wie gewohnt über meine Erlebnisse berichten.
Details:
Aufbruch: 09.06.2023
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: Januar 2024
Reiseziele: Guatemala
Mexiko
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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