Aller guten Dinge sind drei - zum dritten Mal in die Alta Versilia (Toskana)

Reisezeit: Juni / Juli 2025  |  von Kathrin Hentzschel

Die Rache des Navis

Von wegen Abkühlung. Das war ein frommer Wunsch. Der Himmel ist von unverschämtem Blau und wolkenlos. Die Temperaturanzeige im Auto auf dem Parkplatz klettert auf 44 Grad.

Dienstag ist der mercato settimanale, Wochenmarkt, in Massa. Darauf fiebere ich schon seit langem hin. Dort gibt es Nachschub an Haarspangen und schönen italienischen Second-hand-Klamotten für einen Euro vom Wühltisch. Ob es immer noch so ist?

Ich habe mich vorbereitet. Geprüft, ob der Markt immer noch dienstags stattfindet. Und habe dabei erfahren, dass er aus dem historischen Zentrum in die Viale Roma verlegt worden ist. Nicht zu jedermanns Freude. Die Marktleitung ist unerfreut; spricht von Umsatzeinbußen und fehlenden Sanitäreinrichtungen sowohl für Verkaufende als auch Kaufende. Kurz gesagt: disagi ovunque – Missliebigkeiten überall.

Um die Viale Roma zu finden, befragen wir ab Massa das Navi. Und was tut es? Es rächt sich, und zwar grausam. Führt uns ans entlegenste Ende von Massa! Richten muss es wieder Urbans i-Phone. Gegenstände haben eine Seele; das ist nur ein weiterer Beweis für meine Überzeugung.

Irgendwann, eine Stunde vor Marktschluss, kommen wir an. Und zwar punktgenau vorm Wühltisch. Am Preis hat sich nichts geändert. Ich stürze mich rein, grabe und finde. Man muss nach Augenmaß kaufen, weil anprobieren ist nicht. Was nicht schlimm ist bei diesem Preis, wenn etwas Ausschuss dabei ist. Ich mache fette Beute und gönne mir obendrein noch Neuware: eine weite Leinenhose (4 Euro), ein luftiges weites Oberteil aus Viskose (2 Euro), einen neuen Geldbeutel, tierleidfrei aus Kunstleder (6 Euro), ein paar Sandalen aus Leinen mit Korksohle (5 Euro) und die ersehnten Haarspangen. Es sind wirklich schöne Sachen, und sie machen mir Freude.

Urban finde ich in einem sehr netten Café mit sehr nettem Personal und sehr nettem Musikgeschmack.

Unser Fazit zum neuen Marktort: gelungen, da man nur auf einer Marktstraße flaniert, sich besser fokussieren und hinterher schön einkehren kann.

Und weil man ja nur noch runterfahren muss, kann man auch gleich wieder auf die Felsen. Bis zu Urbans Sonnenbrand. Aus den Apuanischen Alpen ist Donner zu hören; die Wolken sind schwarz und irgendwo dort oben regnet es.

Und wenn man schon mal in Massa ist ...

Und wenn man schon mal in Massa ist ...

Bild: Urban Huber.

Bild: Urban Huber.

Da wir durch Seravezza, unseren Hauptort, durch müssen, wollen wir ein Eis essen, müssen jedoch zu unserem Bedauern erfahren, dass es den Laden nicht mehr gibt. Peccato! Gehen wir halt in die Chimera auf ein Kaltgetränk und betrachten Rennradfahrer. Es sind viele. Immer wieder vereinzelt drahtige braungebrannte Männer, noch vereinzelter Frauen, und ganze Pulks. Ich hole mir dabei Appetit, denn noch zieht es mich aus mehreren Gründen nicht aufs Rad. Einerseits habe ich Respekt vor den Steigungen – ich bin immerhin sechs Jahre älter –, andererseits macht mir die Hitze zu schaffen, und so, wie meine Augen brennen, dürften auch die Ozonwerte ziemlich hoch sein. Vielleicht fahre ich morgen, vielleicht auch erst nächste Woche, wenn es – zumindest laut Wettervorhersage – etwas kühler wird. 29 Grad wären völlig ausreichend.

Auch in Italien hat die Hundedichte zugenommen.

Auch in Italien hat die Hundedichte zugenommen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Sechs Jahre sind vergangen seit unserem letzten Aufenthalt in Fabbiano, Toskana, Alta Versilia. Viel ist passiert in dieser Zeit; Urban und ich sind kein Paar mehr, aber Freunde in einer eingeschworenen Wohngemeinschaft, und im Frühling war eine alte Sehnsucht erwacht – die Sehnsucht nach diesem einfachen Ort, und dann gab ein Wort das andere: „Weißt du noch …?“, oder: „Das war so schön!“ bis hin zu: „Da müssten wir eigentlich mal wieder hin!“ Und so reifte der Plan.
Details:
Aufbruch: 28.06.2025
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 13.07.2025
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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