Aller guten Dinge sind drei - zum dritten Mal in die Alta Versilia (Toskana)

Reisezeit: Juni / Juli 2025  |  von Kathrin Hentzschel

Ein Seebad, dass ich nicht mehr haben muss

Eine Gedenkstätte für Slava

Erst jetzt registriert meine Seele, dass ich ein geliebtes Wesen verloren habe, und ich wache todtraurig auf. Auf dem Weg zum historischen Steinbruch sammle ich Blumen und Steine, womit ich eine Gedenkstätte schmücke. Dabei bitte ich Slava um Verzeihung – dass ich ihn womöglich nicht richtig medikamentiert und nicht bei ihm geblieben bin.

Es gibt kein Leben ohne dich. So fühle ich mich gerade.

Es gibt kein Leben ohne dich. So fühle ich mich gerade.

Unten im Ort übt ein randbegabter Mensch Blockflöte. Er muss noch viel üben. Die schrägen Töne klingen in meinen Ohren gerade besonders quälend.

Am Mittag fahren wir nach Viareggio. Es sei das städtischste der Seebäder an unserer Küste, sagt der Baedeker. Okay. Und nach einem Brand im italienischen Jugendstil wieder aufgebaut. Mir gefällt es nicht. Vielleicht liegt es an meiner Verfassung. Vielleicht aber auch daran, dass es sehr heiß ist und der Blick aufs Meer nur durch Liegestuhl-Ghettos möglich ist. Und das kostet. Viel Geld. Die Autostraße und die durch Palmen getrennte Flaniermeile haben etwas Sozialistisches, gepaart mit Miami-Style und heruntergekommenen 60-er-Jahre-Bauten für den Massentourismus.

Urlaubsvergnügen ist hier, durch die klimatisierten Boutiquen zu schlendern, nachdem man sich im Liegestuhl die erforderliche Bräune erarbeitet hat. Das scheint ein erklärtes Ziel zu sein, wenn ich mir so das Grillgut in the ghetto anschaue. So hat auch zuvor Signora Vittoria (die Dame in Pink, jetzt mit noch ein paar mehr Haaren im Gesicht) lobend meine Bräune erwähnt. Sie war uns auf dem Parkplatz begegnet, einen Beutel mit Katzenfutter schwenkend.

Das Gran Café Margherita ist halb Buchhandlung, halb Restaurant.

Das Gran Café Margherita ist halb Buchhandlung, halb Restaurant.

Frauen, die zu viel denken - ja, das kommt vor.

Frauen, die zu viel denken - ja, das kommt vor.

Unprätenziöser, liebenswerter Einblick von Viareggio.

Unprätenziöser, liebenswerter Einblick von Viareggio.

Berührend das Denkmal für die Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg. Es war bei seiner Einweihung 1927 umstritten, da es Leid und kein Heldentum zeigte.

Berührend das Denkmal für die Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg. Es war bei seiner Einweihung 1927 umstritten, da es Leid und kein Heldentum zeigte.

Da wir nach Abkühlung lechzen, zieht es uns dorthin, wo es schön ist UND nichts kostet: an die Marmormole in Marina di Massa. Und hier findet die Geschichte von 2019 ihre Fortsetzung – wir treffen den Signore, mit dem wir weiland Müll gesammelt hatten. Er erzählt wortreich auf Deutsch, wie er einen Porsche Targa für 38.000 D-Mark später an einen Russen für 80.000 Euro verkauft hat. Molodez!

Hunger!

Hunger!

Durst!

Durst!

Unterdessen verschleiert sich der Himmel. Könnte das die ersehnte Abkühlung bringen? Auf Radio Italia (solo musica italiana) läuft der diesjährige Sommerhit „Al mare“ von Marco Mengoni. Grandios, auch das Video.

Ein*e spätabendliche*r Flaneur*in auf der Via Poligoni.

Ein*e spätabendliche*r Flaneur*in auf der Via Poligoni.

Du bist hier : Startseite Europa Italien Ein Seebad, dass ich nicht mehr haben muss
Die Reise
 
Worum geht's?:
Sechs Jahre sind vergangen seit unserem letzten Aufenthalt in Fabbiano, Toskana, Alta Versilia. Viel ist passiert in dieser Zeit; Urban und ich sind kein Paar mehr, aber Freunde in einer eingeschworenen Wohngemeinschaft, und im Frühling war eine alte Sehnsucht erwacht – die Sehnsucht nach diesem einfachen Ort, und dann gab ein Wort das andere: „Weißt du noch …?“, oder: „Das war so schön!“ bis hin zu: „Da müssten wir eigentlich mal wieder hin!“ Und so reifte der Plan.
Details:
Aufbruch: 28.06.2025
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 13.07.2025
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors