OUT OF THE OFFICE - ON TOUR IN SOUTH AMERICA

Reisezeit: Oktober 2006 - April 2007  |  von Michael S.

Motorschaden auf hoher See!

Sonntag, 31.12.2006 "Jenseits von (Puerto) Eden", 14:32

Puerto Eden - Das Schiff "M/N Magellanes" der Reederei Navimag liegt mit einem Motorschaden in den chilenischen Kanälen vor der Insel Puerto Eden. Einer der beiden Motoren des Fracht- und Personenschiffes erlitt in der Nacht von Freitag auf Samstag einen irreparablen Schaden. Mit halber Kraft manövrierte der Kapitän sein Schiff vor die kleine Insel Puerto Eden, wo es nun ankert und auf die Ankunft eines Ersatzschiffes wartet. An Bord befinden sich einschließlich der Crew ca. 180 Menschen, Fahrzeuge der Passagiere, Fracht, sowie ein voll beladener Transporter mit lebendem Vieh. Nach offiziellen Angaben müssen Mensch und Tier noch bis Dienstag ausharren und mit einer drei Tage späteren Ankunft in Puerto Montt rechnen. Ursprünglich waren für die Fahrt, die in Puerto Natales begann, 3 ½ Tage veranschlagt.
Wir haben unsere Korrespondentin Nicole W. zu der M/N Magellanes einfliegen lassen um vor Ort live von den Bedingungen zu berichten. Wir schalten nun via Satellitenschaltung nach Puerto Eden!

N.W.: "Hallo liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Ich befinde mich an Bord der M/N Magellanes/Navimag und habe hier einen deutschen Touristen, der sich bereit erklärt hat mir Frage und Antwort zu stehen. Michael S., wie wurde Ihnen die Nachricht des Motorschadens übermittelt?"

M.S.: " Hallo! Vor etwas mehr als 24 Stunden rief uns der Kapitän zu einer Versammlung im Speisesaal und verkündete uns die Nachricht. Zunächst konnte ich nur erahnen, was mir der gute Herr mit Nickelbrille da gerade auf Spanisch gesagt hat. Die englische Übersetzung lies nicht lange auf sich warten und offenbarte mir, dass ich weitere 3-4 Tage auf unserem Luxusschiff festsitzen werde!"

N.W. "Was ging Ihnen als erstes durch den Kopf?"

M.S. " So einiges! Zum Beispiel: Wie können Nicole und ich unsere Familien informieren, die mit einem Anruf zu Neujahr rechnen... Wie lange reicht wohl das Essen... Das Wasser... Wie lange kann der Mob weiterhin mit Alkohol ruhig gestellt werden... Was passiert mit dem Viehtransport, der 2 Decks tiefer in der Fähre geparkt ist... Wie lange habe ich noch frische Unterhosen... Wann steigen die Preise an der Schiffs-Bar... Wann stürzt sich das erste Mal eine Person aufgrund Lagerkollers von Bord? Und weitere elementare Fragen des Seins!

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Okay, jetzt mal im Ernst oder kurz zur Info. Das alles ist kein Witz, obwohl die Situation durchaus irgendwie lustig ist. Eigentlich sollten wir am 1.1. um 8:00 Uhr früh in Puerto Montt einlaufen. Stattdessen wird uns am Dienstag irgendwann ein anderes Schiff abholen und als neuer Ankunftstermin wurde der kommende Donnerstag, der 4.1. genannt!

SUPER!!! Man könnte sagen, der Geräuschpegel im Anschluss an die Rede des Kapitäns war deutlich lauter als jener am Perito Moreno Gletscher. Wie schnell aus einer 4tägigen Reise eine 7tägige werden kann. Oder wird's noch länger? Denn mal ganz ehrlich, an der Stelle der Schiffsoffiziellen würde ich auch meine optimistischste Prognose für die Ankunft preisgeben um die Passagiere erst einmal nicht weiter zu beunruhigen...

Wie auch immer. Zumindest konnten einige meiner anderen Fragen oder Probleme bereits geklärt werden!

Heute Nachmittag konnte ich nach einiger Zeit "Schlange stehen" an einem von zwei Telefonen auf der Insel Puerto Eden meinen Bruder anrufen und mitteilen, dass ich mich bei meiner Familie zum Neujahrsbeginn nicht melden kann. Keiner wird sich Sorgen machen, damit war die Sache erledigt. Welche weiteren Maßnahmen waren zu treffen?
Aus Sicherheitsgründen habe ich gerade 2 Portionen Neujahrstruthahn gegessen um mir etwas Speck für harte Zeiten zuzulegen. Wasserflaschen haben wir uns auch noch mal gekauft, genauso wie eine Flasche Weißwein. Der Rote war innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Diese Tatsache beunruhigt mich insofern da ich mich Frage, was all die Leute, die sich sonst bereits mittags die ersten Weingläser gönnen, wohl in ein paar Tagen machen werden? Und wie lange hält der Essensvorrat wirklich? Beziehungsweise - wann wird das noch lebende Vieh notgeschlachtet und von einem Gaucho zu einem Asado-Steak verarbeitet? Einige schlechte Hollywoodfilme gehen mir gerade durch den Kopf. Doch eigentlich komme ich mir hier als unfreiwilliger Darsteller in einem noch schlechteren Streifen vor...

Welche Fragen sind noch offen? Ach ja, die Unterhosen halten noch 4 Tage. Schlecht sieht es mir frischen Socken aus... Nicht so wichtig. Denn der Unmut, der schon bald in einer milden Form Lagerkoller auslösen und später in einer Meuterei enden könnte, befindet sich auf dem Vormarsch. Doch kurz vor dem Jahreswechsel werde ich diesen Bericht nicht weiter ausführen, sondern mich freigeistlichen Gedanken und der Party in der Bar widmen.

Das nächste News-Update gibt es morgen! Es bleibt spannend, auch im Jahr 2007...

Puerto Eden bei Sonnenschein!

Puerto Eden bei Sonnenschein!

© Michael S., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In weniger als 9 Stunden sitzen Nicole und ich im Flieger in Richtung Bonaire. Bonaire? Kannte ich bis August auch noch nicht. Aber KLM hält auf dem Flug nach Lima zufällig auf den Niederländischen Antillen... Eine Woche Erholung, bevor es nach Peru über Chile in Richtung Argentinien geht :-) Der Plan: 6 Monate Südamerika entdecken, Spanisch lernen und Freiheit erleben! Wie heißt es so schön - Zahme Voegel traeumen von Freiheit. Wilde Voegel fliegen...
Details:
Aufbruch: 11.10.2006
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 08.04.2007
Reiseziele: Niederländische Antillen
Peru
Chile
Argentinien
Paraguay
Brasilien
Uruguay
Der Autor
 
Michael S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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