Leinen los und los!

Reisezeit: April - Oktober 2007  |  von Doris Sutter

Begleitet Beluga und ihre Crew auf ihrer Bootsreise durch Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich.

Man kann 100.000 km mit einem Jet zurücklegen, ohne Mitteilungswertes zu erfahren, aber man kann in einer Stunde gemütlicher Fluss- oder Kanalfahrt auf dem altmodischsten aller Fortbewegungsmittel, dem Boot, sensationelle Erlebnisse haben.

Der Rheingau

Wer denkt, dass der Oberrhein irgendwo bei Basel aufhört, der irrt.
In Basel wird aus dem Hochrhein der Oberrhein und erst nach Bingen, wenn er das Tal durchbricht und aus dem Rheinischen Schiefergebirge Hunsrück und Taunus macht, wenn Märchen und Sagen ihn verklären, wird er zum Mittelrhein.
Und deshalb ist der Rheingau ein Teil des Oberrheins.
Für Wassersportler ist der Rheingau sogar das schönste und abwechslungsreichste Stück des Rheintales.
Hier kann man locker 3 Wochen Urlaub machen, ohne dass es der Bootsbesatzung auch nur einen Moment langweilig wird.
Beginnen wir unseren Urlaub in Mainz. Unser goldisch Meenz ist wohl jedem von der Meenze Fassenacht bekannt. In der Nähe des Winterhafens ist in der ehemaligen Markhalle das Museum für antike Schifffahrt untergebracht. Ein Muss die ausgebuddelten Römer Schiffe zu besichtigen. Für Museumfreaks noch 4 weitere Museen, darunter das für Gutenberg, ohne den wir heute dieses Magazin vielleicht nicht in Händen halten könnten.
Der Dom , die Altstadt, eine tolle Fußgängerzone zum Bummeln, ein Bier und eine Brezel in der Eisgrub. Wer den Termin gut legt, genießt auch den Weinmarkt oder ein anderes der vielen Weinfeste in Mainz.

Die Einfahrt in den Schiersteiner Hafen überspannt die Dyckerhoff-Zementbrücke

Die Einfahrt in den Schiersteiner Hafen überspannt die Dyckerhoff-Zementbrücke

Gegenüber, vom Schiersteiner Hafen aus, kann man das elegante Wiesbaden besuchen.
Der Kochbrunnen und seine aufsteigenden Dampfschwaden sind Sommer wie Winter eine Sensation. 15 Quellen werden zusammengeführt und sprudeln aus der Erde. Darunter eine 66° heiße Therme. Warum sie früher Brühborn hieß, weiß man sofort, wenn man den Finger rein hält. Hat man genug von Schlossplatz und Wilhelmstraße, lohnt ein Besuch der Fasanerie. Auf jeden Fall muss die Bootsbesatzung eine Fahrt mit dem wasserbetriebenen Zahnradbähnchen auf den Neroberg machen um die griechische Kapelle mit ihren goldenen Zwiebeltürmen zu bewundern. Zurück im Hafen stärkt man sich zünftig in der Arche Noah oder Fischliebhaber in der Rheinhalle.
Liebhaber großer Aufläufe dürfen das Schiersteiner Hafenfest am 2. Wochenende im Juli nicht verpassen.

Wer jetzt ein paar Ruhe- und Badetage braucht, der lässt den Seglerhafen von Walluf rechts liegen und fährt unterhalb Eltville hinter die Eltviller Au.
Vorsicht ist geboten, wenn die Segler ihre jährliche Treibregatta abhalten. Wind hat es dann selten und entsprechend manövrierunfähig sind die vielen Segelboot.
Motorbootfahrer erkennen Segler sehr leicht an ihrem langen Hals und der leicht nach oben gereckten Nase. Zu gerne würden Segler auf die nervenden Motorbootfahrer herabsehen, doch leider, so lang kann auch ein Segler seinen Hals nicht recken.(Es sei denn er hätte eine Giraffe im Stammbaum.)

Einfahrt Eltviller Aue

Einfahrt Eltviller Aue

Die Uferfront von Eltville mit dem Kurfürstlichen Schloss und der gotischen Kirche Peter und Paul

Die Uferfront von Eltville mit dem Kurfürstlichen Schloss und der gotischen Kirche Peter und Paul

Ankern, in der Sonne liegen und die Seele baumeln lassen. Schwimmen, baden, mit dem Beiboot rumpullen, für Kinder ist der Altarm hinter der Aue ein richtiges Paradies. Ein Spaziergang oder eine Fahrradtour landseitig durch weite Obstplantagen bringt die Hungrigen nach Heidesheim. Hier hat Metzger Biehler den besten heißen Leberkäse außerhalb Bayerns. Ein gemütlicher Spaziergang führt nach Heidefahrt zum Restaurant Rheinterrasse, gut und preiswert, oder direkt am Rhein zum Kiosk des Campingplatzes. Hier kann man unter schattenspendend Zelten, mit frisch gezapftem Bier das Geschehen in der "Großen Gieß" und die Kapriolen der Wasserskifahrer belachen.
Wer will kann von Budenheim aus mit der Personenfähre doch noch den Ort Walluf besuchen.
Für sportliche Fahrradfahrer ergäbe das einen wunderbaren Rundparcours. Budenheim, Fähre Walluf, am Leinpfad weiter nach Oestrich-Winkel, Fähre nach Ingelheim und zurück auf dem Leinpfad zur Eltviller Au. Dass es dazwischen Möglichkeiten zur Einkehr gibt, ist ja klar.
Der Rheingau lockt mit offenen Weinfässern, Straußwirtschaften, Rheinhessen mit Kiosken und kleinen Kneipen.

der Ingelheimer Hafen

der Ingelheimer Hafen

Wer sich von der Eltviller Aue loseisen kann, findet freundliche Aufnahme im Ingelheimer Yachtclub. Ein Restaurantschiff ist im Hafen und direkt am Verein, hinter dem Damm, der ehemalige Lokschuppen, heute ein beliebtes Ausflugslokal.

Die Rheinfähre Ingelheim-Oestrich-Winkel ersetzt die so dringend benötigte Brücke und verbindet den Rheingau mit Rheinhessen.
Einige Badetage in der Mariannen Aue müssen sein. Allerdings hat man von hier aus wenig Möglichkeiten des Landgangs. Anlegen und sandeln auf der rechtsrheinigen Sandbank ist erlaubt.

Das Wahrzeichen von Oestrich-Winkel, der alte Weinverladekran

Das Wahrzeichen von Oestrich-Winkel, der alte Weinverladekran

Weinprobierstand an der Rheinfähre Winkel-Ingelheim

Weinprobierstand an der Rheinfähre Winkel-Ingelheim

die Aegidius-Basilika in Winkel

die Aegidius-Basilika in Winkel

Gegenüber von Ingelheim, in der Winkeler Buch sind etliche Vereine zu Hause.
Einfahren für Ortsunkundige nur von unten.
Die Steganlage des Winkeler Yachtclubs ist zwar nicht so toll, dafür ist das Clubhaus bewohnt und die Mitglieder alle sehr hilfsbereit.
Oestrich, Winkel und Mittelheim, wurden, da sie irgendwann zusammengewachsen sind, zu einer Ortschaft. Aus dem kleinen Mittelheim dazwischen, wurde der Bindestrich.
Das Wahrzeichen des Ortes ist natürlich der alte, hölzerne Weinverladekran am Rheinufer.
Immerhin kann Winkel auch mit dem ältesten Steinhaus Deutschlands glänzen und der Ägidius-Basilika. Ein sonniger Wanderweg durch Weinberge führt zum Wasserschloss Vollrads.
Da heißt es dann wieder mal:

Allein mein Durst vermehrt sich nur bei jedem vollen Becher. Das ist die leidige Natur der echten Rheinweinzecher.

Rüdesheim am Rhein auf der ganzen Welt bekannt wegen seiner Drosselgasse

Rüdesheim am Rhein auf der ganzen Welt bekannt wegen seiner Drosselgasse

Wer Spaß am Feiern hat, kommt zum Lenchen-Fest, der Oestrich-Winkeler-Jazz-Woche (3.Wochende im Juli) oder besucht von hier aus mit dem Zug das Erdbeerfest in Erbach ( im Juni) oder das Sektfest (1.Sonntag im Juli) in Eltville. Weithin bekannte Feste, da ist immer schwer was los.
Mit dem Fahrrad auf dem Treidelpfad ist man schnell in Geisenheim.
Unter der 700 Jahr alten Linde auf dem Marktplatz findet jährlich aufs Neue das Lindenfest statt. Einen richtigen Dom haben die Geisenheimer und ein bisschen im Hintergrund das Schloss Johannisberg.

Wenn die Zeit noch reicht, dann macht man gern im Binger Yachtclub halt. Sehr gute Restauration und die Möglichkeit den "Rhein in Flammen" zu genießen. Unbedingt besuchen das Historische Museum und wer gute Puste hat, die Rochuskapelle. 105 m über dem Rhein hat man von hier aus einen atemberaubenden Ausblick.
Gerade so wie von der gegenüberliegenden Rheinseite von der Germania herab.
Vom Rüdesheimer Hafen aus ist es ein ganz ordentlicher Fußmarsch in die Stadt. Von Bingen aus kann man mit der Personenfähre über den Rhein fahren und ist dann gleich an der Rüdesheimer Flaniermeile. Von Rüdesheim schwebt man mit einer Seilbahn über die Weinberge und fühlt sich vogelfrei!
Frei genug für einen Besuch in der Drosselgasse.
Und Nostalgiker dürfen das Museum für Musikuhren "Siegfrieds Mechanisches Musikkabinett" keinesfalls verpassen. Schwarze Seelen lieben ganz sicher das Gruseln im Foltermuseum.
Ein letzter Rieslingschoppen und der Urlaub ging viel zu schnell vorbei.

Der Rheingau, ein Traumrevier, fahr doch mal hin.

es braust ein Ruf wie Donnerhall zum Rhein, zum schönen Rhein… die Germania

es braust ein Ruf wie Donnerhall zum Rhein, zum schönen Rhein… die Germania

© Doris Sutter, 2007
Du bist hier : Startseite Europa Deutschland Deutschland: Der Rheingau
Die Reise
 
Details:
Aufbruch: April 2007
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: Oktober 2007
Reiseziele: Deutschland
Niederlande
Frankreich
Luxemburg
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
Bild des Autors