Fahrradtour Vietnam

Reisezeit: März / April 2006  |  von Andre Schoch

Hanoi - Chaos, Lärm, Schönheit und Eleganz

31.-33. Tag 2.4.-4.4. 72 km

Wir kamen nach zirka zwölf Stunden Zugfahrt mit gut einstündiger Verspätung am frühen Morgen in Hanoi an. Da wir unsere Räder leider nicht zur Verfügung hatten und viele Hotels um diese Uhrzeit auch noch nicht geöffnet hatten, waren wir in unserer Flexibilität bei der Zimmersuche etwas eingeschränkt. Daher fuhren wir mit dem Taxi direkt ins Viet Anh in die Altstadt. Dieses recht neue gut gelegenen Hotel ist als Author's Choice im neuen LP ständig voll und hatte daher bereits seine Preise erhöht. Positiv zu erwähnen wären der freie Internetzugang, der Aufzug und das ordentliche Frühstücksbuffet, das in Hanoi allerdings eigentlich unnötig ist. Außerdem verfügt das Hotel sogar über Portiers, was in dieser Preisklasse eher ungewöhnlich ist. Das Zimmer selber war allerdings nichts außergewöhnliches, modern und halbwegs komfortabel zwar, mit Parkettfußboden, SAT-TV und ac, aber es war für die Verhältnisse hier ziemlich klein und das Badezimmer war trotz Badewanne eher einfach und etwas eng. Deshalb vielleicht etwas zu teuer für 20 $, aber sie haben es hier wirklich nicht nötig weniger zu verlangen. Wir frühstückten im Little Hanoi, hier gab es bereits vor sechs Jahren die besten Shrimp Cakes und sie waren auch dieses Mal noch immer hervorragend, aber ungleich teurer als damals (59.000d).

Überhaupt ist das Preisniveau der Touristencafes in der Altstadt überraschend hoch, höher als sonstwo in Vietnam. Aber der Tourismus hat in den letzten Jahren auch dramatisch zugenommen. Die Altstadt Hanois bietet zwar noch immer authentisch vietnamesische Straßenszenen und pittoreske Fotomotive aber die Belästigungen durch Cyclo-und Xe Om-Fahrer und Straßenverkäufer sind kaum noch zu tolerieren. Gerade die Cyclos scheinen nur noch für ausländische Touristen zu existieren, Einheimische zu transportieren lohnt sich wohl nicht mehr.

Das bedeutet jedoch nicht dass das gesamte Viertel eine langweilige, unauthentische Touristenfalle wäre. Absolut nicht, das Leben geht hier immer noch seinen gewohnten Gang auf den hektischen Märkten, in den Garküchen, den Bia Hoi Kneipen und den kleinen Geschäften. Tausende von Motorrädern zwängen sich durch die engen Straßen und Gassen. Die Touristen spielen hier eine untergeordnete Rolle für das Leben der meisten Einheimischen. Aber es gibt jenseits der chaotischen, trubligen Altstadt auch noch das andere Hanoi, das elegante, ehrwürdige Hanoi mit seinen stattlichen Kolonialvillen, ruhigen Tempeln, zahlreichen Seen und breiten Alleen. Und es sind diese zwei völlig gegensätzlichen Gesichter der Stadt die Hanoi so attraktiv und interessant machen.

Nachdem wir am ersten Tag zu Fuß vor allem die Altstadt und die Gegend um den Hoan Kiem See abgelaufen waren, nutzten wir am zweiten Tag die Mobilität unserer Fahrräder, die im Übrigen unbeschadet aus Hué eingetroffen waren, voll aus und fuhren 40 Kilometer kreuz und quer durch die Stadt und um den West Lake. Das Ho Chi Minh Mausoleum war geschlossen und auf einen Besuch des Temple of Literature verzichteten wir diesmal da inzwischen zu viele Tourgruppen diesen ehemaligen Platz der Ruhe und Stille unsicher machen

Anstelle eines klassischen Sightseeing Programms machten wir lieber einen kulinarischen Streifzug durch die Garküchen, Quans, Cafes und Nobelrestaurants der Stadt und machten so manche Entdeckung. Allgemein kann man sagen, dass man in den Garküchen was traditionelle vietnamesische Küche angeht qualitativ genauso gut isst wie in den edlen Restaurants, die es in Hanoi inzwischen aber auch in Hülle und Fülle gibt. Der Unterschied besteht lediglich im Ambiente und natürlich im Preis. An den Garküchen bekommt man traditionelle Köstlichkeiten wie Banh Cuon, Banh Goi, Nem oder die lokale Fischspezialität Cha Ca fast für umsonst und auch an Seafood kann man sich latzen ohne eine Bank überfallen zu müssen. Genau dieselben Gerichte bekommt man in schickem, gediegenem Ambiente, meist in restaurierten Villen ebenfalls, appetitlich fürs Auge arrangiert, von lächelndem Personal präsentiert. Die Zeiten in denen man ein solches Gourmetmahl im luxuriösen Ambiente für 10 Euro zu zweit bekam sind zwar vorbei, viel billiger als zu Hause ist es jedoch immer noch und manchmal ist es einfach auch schön sich auf bequemen Stühlen in edlem Ambiente verwöhnen zulassen.

Cha Ca

Cha Ca

Pho Bo

Pho Bo

Banh Cuon

Banh Cuon

Wunderschön saß man im Innenhof des Green Tangerine vor einer malerischen, restaurierten Altstadtvilla. Das Essen hier ist überwiegend mediterrane Küche mit vietnamesischen Einflüssen und das 2-Gang Mittagsmenu für 95.000d ist wirklich preiswert, man kann unter 5 Hauptspeisen und 5 Desserts auswählen. Wir entschieden uns für das ausgezeichnete Rindercarpaccio mit asiatisch garniertem Bratkartoffelsalat und den Passionsfrucht-Mango-Cheesecake. Die à la carte Gerichte sind preislich höher angesiedelt zwischen 4 und 12 $ aber auch über das üppig mit Jakobsmuscheln, Lavendel und Tomaten belegte Baguette für 5.90$ konnte man nicht meckern. Schöne Präsentation, guter Service; einziger Kritikpunkt waren die völlig überzogenen Getränkepreise (2.50 $ für eine Flasche Lavie).

Nicht ganz so überzeugend war das andere Edelrestaurant in dem wir aßen. Qualitativ war an den traditionellen vietnamesischen Gerichten im La Lua - Wild Rice nichts auszusetzen, die mit Garnelen und Cashewkernen gefüllten springrolls (60.000d) waren knusprig und sowohl der Muschelsalat (70.000d) als auch der Enten-Bambussprossen-Salat (80.000d) schmeckten authentisch wie an der Garküche. Auf der anderen Seite würde man von solch einem schicken Etablissement wo die Flasche Wasser fast 3 $ kostet ein wenig mehr Kreativität erwarten, es fehlte ganz einfach der Überraschungseffekt. Preislich war das Essen gemessen am Ambiente allerdings in Ordnung, es gibt aber in der Preislage sicherlich bessere Restaurants in der Stadt.

Das beste Essen in Hanoi bekamen wir jedoch in der günstigen, authentischen Quan An Ngon. Dieses riesige Freiluftlokal nahe des Bahnhofs ist eine Dependance des gleichnamigen Restaurants wo wir bereits in Saigon gegessen hatten, und zurecht genauso beliebt bei der einheimischen Mittelschicht und einigen eingeweihten Westlern hier in Hanoi. In Biergartenatmosphäre werden lokale Spezialitäten, überwiegend Suppen, Seafood und Vorspeisen vor den Augen der Gäste zubereitet und serviert. Die Qualität des Essens ist hervorragend und für ein Festmahl bestehend aus fünf verschiedenen Vorspeisen (Banh und Nem), frischen Austern, Rindfleischsalat und Tintenfischspießen zahlten wir inklusive Bier gerade mal gute 10 Euro.

Den besten Cappuccino (25.000d) der Stadt bekamen wir im hübschen Café au Lac, das zwar nicht am See liegt, wo man im schönen Innenhof vor einer alten Villa aber trotzdem sehr gemütlich und recht ruhig sitzt. Obwohl das Au Lac in einem der besten Viertel der Stadt nahe der Oper liegt sind die Preise hier überraschend moderat, günstiger als einige der Backpackercafes in der Altstadt. Essen kann man hier im Übrigen auch sehr ordentlich. Wir hatten Cha Ca (62.000d) und Ginger-Lemongrass-Pork (49.000d).

Ebenfalls empfehlenswert ist das neu eröffnete, kleine Café May 22, hier kann man zwar nicht draußen sitzen, aber das Essen ist gut und günstig. Angeboten wird europäische und vietnamesische Küche, wir probierten aber nur die einheimischen Gerichte. Am grünen Mangosalat mit Seafood (35.000d) und an den Seafood springrolls (30.000d) war absolut nichts auszusetzen und auch die Getränkepreise sind vernünftig.

Heute morgen frühstückten wir noch im Café 69 auf der Ma May. Auch hier aß man sehr ordentlich und recht preiswert. Feines Assortiment von springrolls (vier verschiedene Arten für 45.000d) und auch der Versuch Fusion zu machen gelang gut mit einem Salat von Mangoscheiben, Joghurtdressing und Hühnchen (35.000d).

Anschließend ging es zum Flughafen, über den Roten Fluss auf einer kilometerlangen Brücke und dann auf dem Fahrradweg neben dem vierspurigen Highway, gute 30 Kilometer insgesamt. Der Flughafen von Hanoi ist klein, modern und gemütlich und unser Flug nach Bangkok mit Air Asia war pünktlich

© Andre Schoch, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Gut 4-wöchige Radtour im Frühjahr 2006 - 2200km von Phnom Penh nach Hue mit Abstechern ins Mekong Delta, Phu Quoc und Mui Ne
Details:
Aufbruch: 03.03.2006
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 06.04.2006
Reiseziele: Vietnam
Thailand
Kambodscha
Der Autor
 
Andre Schoch berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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