Ein kölsches Mädsche unter Schweizern

Reisezeit: März - Juli 2007  |  von Janine Gruschwitz

Städtetouren: Mailand

Bella Italia! Wer hätte gedacht, dass es mich während meines Auslandssemesters in der Schweiz noch bis ins Land von Pasta und Pizza verschlägt? Ich selber jedenfalls nicht! Bis Stephan seinen Besuch in Neuchâtel angekündigt hat...inklusive Tour nach Mailand! Da hab ich mir gedacht: Warum eigentlich nicht? Schönes Land, schöne Sprache, schöne Männer...ähm...Menschen Hat sich auch alles bestätigt...jedenfalls soweit ich das nach nur 6 Stündchen touristischer Erkundung beurteilen kann! Mehr Zeit war leider nicht drin, da wir den waghalsigen Spagat zwischen Neuchâtel, Luzern und Mailand an nur 1 ½ Tagen bewältigen mussten. Definitiv neuer Rekord! Dafür haben wir auf unserer kleinen Abenteuer-Tour noch so einiges anderes gesehen; zum Beispiel einen Weinberg, in dem wir ganz plötzlich und unverhofft mit dem Auto standen...und beinahe stecken geblieben wären Aber wer kann denn auch ahnen, dass der Routenplan so missverständlich formuliert und die Schweizer Autobahn so schwer zu finden ist? Also, meine Schuld ist das ja nun nicht! Gut, ich hätte vielleicht mittlerweile wissen müssen, dass gelbe Schilder immer reine Wanderwege anzeigen...aber meine Güte, das kann ja wohl mal passieren! Außerdem hätten wie sonst diese grandiose Aussicht auf See und Berge verpasst, habe also eigentlich alles richtig gemacht! Oder, Stephan? Ok, wir haben so zwar ne Stunde länger nach Luzern gebraucht, aber Landstraße ist ohnehin viel schöner und gemütlicher als Autobahn, und dass du die Nacht vorher erst 8 Stunden von Köln nach Neuchâtel gefahren warst, dafür konnte ich ja nun auch nichts

Blick vom Weinberg

Blick vom Weinberg

sehr kleiner Wendekreis

sehr kleiner Wendekreis

Soviel jedenfalls zu unserer spannenden Fahrt nach Luzern, wo wir dann zu später Stunde von Simon und Anina in Empfang genommen wurden. Wahrscheinlich weniger weil sie sich so auf uns gefreut haben, als des Umstandes wegen, dass in Stephans Kofferraum eine Kiste frisch importiertes Kölsch lagerte *prost* Ui, war das lecker! Da hab ich erstmal gemerkt, wie sehr ich aus Entzug war An dieser Stelle noch mal 1000 Dank an den edlen Spender!
Sind dann noch durchs nächtliche Luzern geschlendert und haben die tolle Atmosphäre genossen, bevor wir es uns später mit Kölsch und Kuchen bei Simon im Wohnheim gemütlich gemacht und die ganze Nacht erzählt haben. Ergebnis: 3 Stunden Schlaf und ein echter Hass auf den Wecker! Aber was sein muss, muss sein...schließlich wollten wir mit dem ersten Zug morgens nach Mailand, den wir trotz Berufsverkehr auch irgendwie bekommen haben.

Nächste Hürde an diesem frühen Morgen: über 4 Stunden Zugfahrt Klingt aber viel schlimmer, als es war, denn die Strecke gehört zu Recht zu den schönsten der Welt! Durch die Tessiner Alpen, an Lugano, Chiasso und Monza (Ja, das Ferrari-Monza!) vorbei, mit traumhaftem Blick auf Berge und den Comer See...was will man mehr? Ein bisschen Schlaf haben wir uns im aber trotzdem gegönnt...war irgendwie nötig

aus dem Zugfenster

aus dem Zugfenster

müde

müde

In Mailand angekommen wurden wir allerdings mit 30 Grad und strahlendem Sonnenschein für die Strapazen belohnt *freu* Da waren wir dann plötzlich wieder fit und bereit für exzessives Sight-Seeing! Angefangen beim beeindruckenden Bahnhof der Stadt und dem direkt nebenan gelegenen Pirelli-Hochhaus...

Mailänder Bahnhof

Mailänder Bahnhof

Pirelli-Hochhaus

Pirelli-Hochhaus

Doch bevor es richtig losgeht, mal wieder ein paar Informationen am Rande: Mailand (oder für die Italiener "Milano") ist mit rund 1,3 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Italiens. Sie liegt in der Poebene und wird von den Flüssen Olona im Westen und Lambro im Osten umgeben, zahlreiche Kanäle (die von Leonardo da Vinci entworfenen Navigli) verbinden die Stadt mit den oberitalienischen Seen und den lombardischen Flüssen.
Um 400 v. Chr. wurde die Gegend um Mailand durch die keltischen Insubrer besiedelt. 222 v. Chr. Christus eroberten die Römer diese Siedlung mit dem keltischen Namen Mediolanum. Nach mehreren Jahrhunderten römischer Herrschaft wurde Mailand 293 von Kaiser Diokletian zur Hauptstadt des Weströmischen Reiches erklärt. 313 entstand das Mailänder Toleranzedikt, in dem Kaiser Konstantin den Christen die Glaubensfreiheit zusicherte. 402 wurde die Stadt von den Westgoten belagert, später von den Hunnen eingenommen, 774 wurde die Stadt Teil des Frankenreiches. Während des Eroberungskrieges des Kaisers Friedrich I. Barbarossa wurde Mailand 1162 größtenteils zerstört. Mit der Unabhängigkeit, die den lombardischen Städten im Konstanzer Frieden 1183 zugesprochen wurde, wurde Mailand zum Herzogtum. 1395 wurde Gian Galeazzo Visconti Herzog der Stadt, 1450 fiel Mailand dann an das Adelsgeschlecht der Sforza, die es zu einer der führenden Städte der italienischen Renaissance ausbauten. Noch stehen diese beiden Namen für die bedeutendsten Adelsfamilien in der Geschichte der Stadt. In den folgenden 300 Jahren meldeten sowohl die Franzosen, Spanier und Habsburger Besitzansprüche an. 1796 eroberte Napoleon schließlich die Lombardei und Mailand wurde zur Hauptstadt der Cisalpinischen Republik. Nach dem Ende der Besatzung wurde die Stadt im Wiener Kongress 1815 Österreich zugesprochen, woraufhin 1848 der so genannte Fünf-Tage-Aufstand gegen die Besatzung folgte. 1859 fiel die Lombardei schließlich an das Haus Sardinien-Piemont unter König Viktor Emanuele II., nach dem später eine prunkvolle Einkaufspassage im Stadtzentrum benannt wurde.

Heutzutage ist Mailand Zentrum Italiens, was Wirtschaft, Mode, Design und Medien betrifft, von den 200 größten Unternehmen des Landes hat rund die Hälfte hier ihren Sitz. Daher wohl auch die Bezeichnung als "moralische Hauptstadt", die bekannt ist für ihren gotischen Dom, ihr Opernhaus "Scala", verschiedene Kunstschätze, ihre Fußballvereine AC und Inter Mailand sowie für die bedeutendste italienische Messe. Außerdem befindet sich Leonardo da Vincis weltberühmtes Gemälde "Das letzte Abendmahl" in der Mailänder Kirche "Santa Maria delle Grazie", dessen Besichtigung man allerdings 2-3 Monate vorher buchen muss

Bei dieser großen Auswahl war schnell klar, dass wir bei unserer Stippvisite sowieso nicht alle Sehenswürdigkeiten anschauen konnten. Also haben wir von Anfang an jeglichen Stress vermieden und uns für einen gemütlichen Spaziergang Richtung Innenstadt entschieden, um ein bisschen Mailänder Flair zu schnuppern. Mein erster Eindruck: groß, laut und so ganz anders als mein kleines, beschauliches Neuchâtel...aber trotzdem toll! Bin wohl einfach keine Großstädte mehr gewohnt Haben jedenfalls ganz viel italienische Atmosphäre getankt, hier einen Kaffee getrunken, da Proviant im Supermarkt gekauft und schließlich eine riesige Scheibe Mortadella für Stephan erstanden, von der wahrscheinlich heute noch schwärmt
Wir wollten dann auf dem Weg ins Zentrum in einem Park zum Picknick Halt machen, aber irgendwie haben wir diesen doch glatt verfehlt. Vielmehr mussten wir nach einiger Zeit feststellen, dass wie auf unerklärliche Weise aus dem Stadtplan heraus gelaufen waren...und diesmal war ich wirklich ganz unschuldig! Aber dafür sind wir 2 Stunden durch die Straßen der Stadt gelaufen, haben wunderschöne Häuser gesehen und fernab vom Touristengetümmel Mailand kennen gelernt bzw. wieder entdeckt.

irgendwie schon Kult...

irgendwie schon Kult...

Nach einer kurzen Stärkung auf einer Parkbank (wenn auch nicht im gesuchten Park ) ging es aber dann doch noch ins Zentrum, um wenigstens ein paar der vielen Sehenswürdigkeiten mitzunehmen. Saßen also in der Sonne auf der "Piazza della Scala" mit der Da Vinci-Statue und dem weltberühmten Opernhaus, sind durch die "Galleria Vittorio Emanuele II." gebummelt, wo sich Prada, Gucci und Louis Vuitton die Hand reichen...

Opernhaus Scala

Opernhaus Scala

Da Vinci-Statue auf der Piazza della Scala

Da Vinci-Statue auf der Piazza della Scala

...und wir daneben

...und wir daneben

Eingang zur Galleria Vittorio Emanuele II.

Eingang zur Galleria Vittorio Emanuele II.

ui!

ui!

Eine Nobelboutique neben der nächsten...

Eine Nobelboutique neben der nächsten...

...aber was macht Mc's hier???

...aber was macht Mc's hier???

Das Wappen von Mailand

Das Wappen von Mailand

Ausgang zur Piazza delle Duomo

Ausgang zur Piazza delle Duomo

...und standen schließlich vor dem atemberaubenden Mailänder Duomo, einem Meisterwerk der italienischen Gotik aus weißem Marmor. Mit über 157 m Länge und 5 Schiffen die drittgrößte Kirche der Welt. Im Jahr 1386 wurde der Bau unter Gian Galeazzo Visconti begonnen und erlebte während seines Entstehens über 5 Jahrhunderte zahlreiche Baumeister. Die ab dem Jahr 1567 begonnene Fassade ist im klassisch-barocken Stil erbaut, durch die lange Bauzeit sind aber viele verschiedene Stile in den Bau eingeflossen. Im Jahr 1805 wurden schließlich die Fassadenarbeiten beendet, während sich die Errichtung der Türme bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fortsetzte. Insgesamt thronen 3.400 Statuen auf den Spitzen des Domes; den höchsten Punkt nimmt die Madonnina ein, eine 4 Meter große goldene Statue, die in 108,50 Metern über der Stadt thront. Besonderes Highlight ist allerdings ohne Frage das Domdach, eine einmalige Neuheit im Bau von Kathedralen; auf 8.000 m² kann der neugierige Tourist die 135 Turmspitzen aus der Nähe bewundern. Was wir natürlich auch gemacht haben Ein unglaublich toller Ausblick über die ganze Stadt und die Alpen - unbedingt empfehlenswert!

Duomo

Duomo

sooo klein bin ich davor

sooo klein bin ich davor

drinnen...

drinnen...

...und drauf

...und drauf

Dachterrasse

Dachterrasse

der Kerl da unten gehörte wohl zum dahinter liegenden Museum...

der Kerl da unten gehörte wohl zum dahinter liegenden Museum...

Leider neigte sich unsere Zeit in Mailand nach dem ausführlichen Dom-Besuch auch schon wieder dem Ende zu. Daher haben wir abschließend noch einen Abstecher zum "Parco Sempione" gemacht, wo sich die Ausstellungshallen der "Triennale" sowie der hohe Aussichtsturm "Torre Branca" befinden. Außerdem die "Arena Civica", ein 1800 von Napoleon gebautes Amphitheater, das den sportlichen Wettkämpfen, Wasserschlachten sowie Eislaufwettbewerben diente. Besonders imposant ist allerdings das "Castello Sforzesco", ein Schloss aus der Renaissancezeit, das von Visconti im 14. Jahrhundert als Verteidigungsburg gebaut wurde. Im Laufe seiner Geschichte erlebte die Anlage zahlreiche Erweiterungen und Zerstörungen, heute befinden sich hier mehrere Museen mit Raritäten, wie zum Beispiel dem letzten Werk Michelangelo sowie den Freskenmalereien Leonardo da Vincis.

Arena Civica

Arena Civica

Parco Sempione

Parco Sempione

Castello Sforzesco

Castello Sforzesco

Mit einem leckeren italienischen Eis auf der Hand ging es dann aber doch wieder zum Bahnhof und nach 6 anstrengenden, aber unvergesslichen Stunden zurück nach Luzern. 4 Stunden Zugfahrt, die wir erstaunlich wach und redselig verbracht haben, nicht ohne noch einmal das herrliche Panorama in der Abenddämmerung zu genießen. Dann noch ein letzter Plausch mit Simon am Bahnhof und fix weiter nach Neuchâtel - die 2 Stunden waren dann ja nun wirklich nur noch ein Klacks ...und dann hatte uns plötzlich die Schweizer Ruhe und Gemütlichkeit wieder...als wären die letzten 24 Stunden nicht gewesen... Aber zum Glück hat man ja Fotos! ...auch wenn wir erst nach einem todesähnlichen Schlaf in der Lage waren, diese anzuschauen

Du bist hier : Startseite Europa Italien Mailand
Die Reise
 
Worum geht's?:
Erasmus machts möglich: Schweizer Gelassenheit, französische Sprache und kölsche Lebenslust treffen aufeinander - c'est la vie!
Details:
Aufbruch: 05.03.2007
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 02.07.2007
Reiseziele: Schweiz
Italien
Zürich
Der Autor
 
Janine Gruschwitz berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors