Onsen, Sushi und Grüner Tee: Reisebericht aus Japan

Reisezeit: November 2010  |  von Peter Belina

Koya-san - Kurashiki

Erleichtert die Essensauswahl enorm: Schaufenster eines Restaurant in Kurashiki mit lebensnahen Modellen.

Erleichtert die Essensauswahl enorm: Schaufenster eines Restaurant in Kurashiki mit lebensnahen Modellen.

12.11.2010: Zurück in die "Zivilisation"

Draußen fängt es an, zu dämmern. Die drei Priester mir gegenüber rezitieren etwas aus einer heiligen buddhistischen Schrift, an passender Stelle unterbrochen durch das Schlagen eines Gongs, die Benutzung einer Klangschale oder das vibrierende Gegeneinanderschlagen zweier Becken.

Es ist 6:30 Uhr und ich bin in der Zeremionienhalle des Klosters zur Morgenandacht. Ist auch nicht "spannender" als bei der katholischen Messe, aber es ist halt ganz anders. Anschließend gibt es Frühstück, auch diesmal wieder mit Exotischem, Unbekanntem oder Undefinierbarem- Hauptsache, es schmeckt.

Nach dem Frühstück habe ich noch etwas Zeit, den Oku-no-in nebenan zu besuchen. Dieser Friedhof erstreckt sich über einen Kilometer in West-Ost-Richtung. Hier sind die sterblichen Überreste zahlreicher Buddhisten beigesetzt (zumindest einiger Haarsträhnchen), damit sie die Ankunft des Miroku-Buddha auif der Erde aus nächster Nähe miterleben. Außer mir sind kaum Leute da, kaum ein Sonnenstrahl kommt durch die Äste, es ist feucht, überall wächst Moos, Nebel wabert zwischen den Bäumen. Eine ganz eigenartige Stimmung.

Interessant auch, von wem hier Gedenkstätten errichtet wurden, etwa ein Termiten-Gedenkstein, gestiftet von einem Unternehmen, das auf diesem Weg den Mord an Milliarden dieser Kriechtiere sühnen will. Auch an einem Gedenkstein von Honda laufe ich vorbei. Sühne für eine Rückrufaktion?

Die Japaner haben übrigens ein entspanntes Verhältnis zur Religion, 86% sind sowohl Shintoisten als auch Buddhisten! Ich glaube, wenn jemand gleichzeitig Christ und Moslem wäre, wären zumindest dessen Mitmenschen weniger entspannt. Das entspannte Verhältnis ist wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, dass der Shintoismus mehr auf das Dieseits (z.B. Geburt, Hochzeit, beruflicher Erfolg) und der Buddhismus mehr auf das Jenseits (Bestattungen) gerichtet ist. Weil es so romantisch ist, heiraten die meisten Paare in Japan mit einer christlichen Zeremonie (bevor sie im Schrein bestätigt wird). Auch Weihnachten wird gefeiert, je kitschiger, desto schöner.

Der Bus fährt mich wieder zur Bergstation der Standseilbahn. Per Nankai-Linie geht es mit Umsteigen wieder zum Bahnhof Osaka-Namba, von dort per U-Bahn zum Bahnhof nach Shin-Osaka, wo ich in den Shinkansen nach Okayama steige, wo ich in einen Bummelzug nach Kurashiki umsteige.

Kurashiki ist ein nettes Städtchen mit alten Lagerhäusern an einem Kanal. Die Japaner sind hin und weg, ich finde es ganz nett. Allemal ist die Stadt ein guter Ausgangspunkt für mein nächstes Reiseziel, die Insel Shodo-Shima, in der Inlandssee zwischen den Hauptinseln Honshu und Shikoku gelegen.

Das Hotel Resol Kurashiki ist von außen, wie die meisten japanischen Hochhäser eine Beleidigung für das Auge, innen ist es aber recht komfortabel. Zum Essen geht es in ein Lokal in einer Seitengasse, das schöne Essens-Modelle im Schaufenster stehen hat. In Japan wird man immer vom Kellner zu einem Tisch geführt. Ich ziehe als meine Schuhe aus, setze mich im Schneidersitz hin und bestelle erstmal ein Bier. Das produziert die Kneipe selbst und nutzt dazu eine Anlage von Kaspar Schulz aus Bamberg. Da ich mit der Speisekarte nicht klar komme, bitte ich den Chef, mal mit mir vor die Tür zu gehen. Dort werden wir uns schnell handelseinig, als ich ihm im Schaufenster mein Wunschgericht zeige: Total leckere Tempura (Krabben, Fisch, Fleisch und Gemüse frittiert), dazu eine Schüssel Udon, also Nudeln. Hier sind sie noch länger, jede Nudel über einen Meter lang. Ungelogen! Ich schaue mich näher im Lokal um und stelle erstaunt fest, dass außer mir nur noch zwei Russen auf dem Fußboden an Kurzbeintischen sitzen, die Japaner sitzen alle an normalen Tischen. Dort ist aber kein Platz mehr frei, weshalb eine sechsköpfige japanische Gruppe das Lokal verlässt, weil sie nicht am Boden sitzen wollen.- Wie bitte?!?!

© Peter Belina, 2010
Du bist hier : Startseite Asien Japan Koya-san - Kurashiki
Die Reise
 
Worum geht's?:
Japan ist anders. Japan ist eine Herausforderung. Japan ist ein Erlebnis. Japan nervt. Japan begeistert. Japan ist unglaublich vielseitig. Eine tolle Reise liegt hinter mir. Von Osaka aus ging es immer Richtung Süden mit Kurokawa-onsen, einem versteckten Bad, Nagasaki, einer Traumstadt, dem Mt. Aso, einem tollen Berg, den Klostern auf Koya-san und Kyoto mit seinen schönen Tempeln als Highlights.
Details:
Aufbruch: 05.11.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.11.2010
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Peter Belina berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors