Onsen, Sushi und Grüner Tee: Reisebericht aus Japan

Reisezeit: November 2010  |  von Peter Belina

Kurashiki - Shodo-Shima

Ryokan Green Plaza auf Shodo-Shima: Blick in mein Zimmer. Während des Abendessens wird der Tisxch gegen einen Futon ausgetauscht.

Ryokan Green Plaza auf Shodo-Shima: Blick in mein Zimmer. Während des Abendessens wird der Tisxch gegen einen Futon ausgetauscht.

13.11.2010: Auf in die Ägäis!

Via Okayama geht es nach Takamatsu, auf der Insel Shikoku gelegen. Als ich meiner Sitznachbarin eine Frage stelle, was auf meiner Fahrkarte eigentlich drauf steht, muss sie ihren Vater zu Hilfe holen. Dessen Großvater ist Anfang des 20. Jahrhunderts nach San Franzisco ausgewandert, wo die Familie heute noch lebt. Es ist der erste Besuch der Frau und ihrer Eltern in Japan. Man merkt, wie aufgeregt sie sind, in das Dorf ihrer Vorfahren zu kommen.

Über die unendklich lange, 1988 fertiggestellte Seto-ohashi-Brücke ist die Verbindung zwischen Hionshu und Shikoku ein Kinderspiel. Takamatsu ist bislang die einzige japanische Stadt, die ich gesehen habe, mit einem architektonisch interessantem Ortszentrum, wo es auch so etwas wie einen öffentlichen Raum gibt. Am 200 Meter entfernten Fährhafen habe ich Glück, in 5 Minuten geht meine Fähre nach Shodo-Shima. Obwohl: Wie ich die Japaner kenne, war das kein Glück, sondern einfach ein abgestimmter Fahrplan. Nach einer Stunde fahrt mit der Olive II komme ich in Tonosho an, auch Olive-City genannt.

Leider sind die Angaben im Internet zur Lage des Ryokan sehr vage und widersprüchlich. Mein Telefonat mit dem Gasthof scheitert, habe jemanden dran, der nur Japanisch spricht. Die Touristinfo ist nicht besetzt. Am Fährterminal kann mir niemand weiterhelfen, alle Leitungen zum kostenfreien Translator-Service des japanischen Touristenverbandes sind belegt. Also gut, in den sauren Apfel gebissen und einen Taxifahrer geweckt. Mann, hatte der einen tiefen Schlaf. Ich sitze also im Auto und sage ihm, wo ich hin will. Nur Achselzucken. Also gebe ich ihm meine Mail mit der der Buchungsbestätigung, mit der er die anderen Taxen abklappert. 10 Minuten später geht es endlich los, aber nicht zur Unterkunft, sondern zur Taxizentrale. Dort hupt er wie wild, alle Taxifahrer kommen zum Auto, niemand kennt aber das Ryokan Green Plaza- wahrscheinlich heisst es auf Japanisch ganz anders. Dann kommt mir ein Geistesblitz. Für genau diese Situation habe ich mit die Fotos aller Unterkünfte auf mein Netbook runtergeladen. Als ich das Foto denTaxifahrern zeige, geht ein geschlossenes "Aah" durch die Reihen. 10 Minuten später, 6 Kilometer entfernt, 1.900Y ärmer komme ich in meinem Ryokan an, einem ziemlich großen Schuppen.

Ich beziehe mein Zimmer "Japanese Style", immerhin mit "Stühlen". Die könnt ihr Euch ungefähr so vorstellen wie die alten Stühle in den Schulen, aber ohne Gestell, also nur die Sitzschale. Ich genieße den Ausblick, nehme mir mal Zeit, das Buch von Val McDermid zu Ende zu lesen und gehe ins Onsen. Obwohl im Laufe des Tages drei Busgesellschaften eingetroffen sind, habe ich das Bad für mich alleine, der Rest ist beim Abendessen. Ich mache mich also wieder picobello sauber, bevor ich ins Wasser steige. Drei Becken, alle nicht tiefer als ca. 40 cm, stehen zur Verfügung, eines davon draußen. Das Hotel liegt direkt über dem Meer an einem Steilhang, links sieht man den Hafen von Tonosho, dem Hauptort der Insel, in ca. einem Kilometer Entfernung geradeaus das andere Ufer, rechts geht die Sonne unter, irgendwo zwischen dem rund einem Dutzend Inselchen, die dort liegen. Laut offizieller japanischer Statistik zählt dieser zu den Top-3-Sonnenuntergängen Japans- die Japaner haben für alles und jedes eine Rangliste. Leider ist es sehr diesig, der Blick ist trotzdem toll. Als ich ins Wasser steige, komme ich mir allerdings vor, wie kurz vor der Kernschmelze. Wow, ist das heiß!

Danach geht es zum Abendessen, manches ist fertig am Tisch vorbereitet, anderes gibt es vom Buffet. Die drei Kellnerinnen kümmern sich rührend um mich und sorgen dafür, dass ich nicht verhungere. Interessanterweise sitzen 3/4 der Gäste nicht in normalen Klamotten am Tisch, sondern in ihrer Yukata, also dem Bademantel. Das Abendessen musste ich mir hart erkämpfen. Lt. meiner Reisebestätigung war es inclusive, laut Hotelunterlagen nicht. Inzwischen bin ich weit genug gereist, um mich bei so etwas freundlich, aber bestimmt durchzusetzen.

Der Hotelchef macht mich, nachdem er das verdaut hat, darauf aufmerksam, dass um 19:45 Uhr noch etwas besonderes stattfindet und weist auf eine riesige dicke Schale und zwei große Klöppel. "Oh, muisic?" frage ich. "Hai, hai!" bekomme ich zur Antwort. Das Dumme mit dem "Hai" ist, es kann "Ja" heißen oder aber auch "vielleicht", etwa, wenn man kein Wort versteht, was der Ausländer faselt. Eine halbe Stunde später sitzen also 100 Leute um diesen großen Topf herum, schauen zu, wie der Koch einen Teig knetet und zwei Leute wie wild den Teig mit den großen Knüppeln verhauen. Diesen rohen Teig gibt es dann, in Sesampulver gewälzt, zum Verkosten. Ah ja. Ich sitze an einem Tisch mit 8 Japanerinnen älteren Semesters, bin im Raum der einzige Nicht-Japaner, deshalb meint es jeder gut mit mir. Nachdem ich mit meiner Portion zumTisch zurückkomme, finde ich acht Schüsselchen mit rohem Teig vor mir am Tisch. Ups - hat mir dioch jede der Damen etwas mitgebracht! Nachdem ich zwei Portionen verspeist habem, versuche ich, mich möglichst unauffällig in mein Zimmer zu verziehen, soweit mir das als einziger anwesender Europäer möglich ist, der jeden Anwesenden um mindestens einen Kopf überragt.

© Peter Belina, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Japan ist anders. Japan ist eine Herausforderung. Japan ist ein Erlebnis. Japan nervt. Japan begeistert. Japan ist unglaublich vielseitig. Eine tolle Reise liegt hinter mir. Von Osaka aus ging es immer Richtung Süden mit Kurokawa-onsen, einem versteckten Bad, Nagasaki, einer Traumstadt, dem Mt. Aso, einem tollen Berg, den Klostern auf Koya-san und Kyoto mit seinen schönen Tempeln als Highlights.
Details:
Aufbruch: 05.11.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.11.2010
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Peter Belina berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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