Onsen, Sushi und Grüner Tee: Reisebericht aus Japan

Reisezeit: November 2010  |  von Peter Belina

Shodo-shima

Shido-Shima: Der Abend zieht herein - Blick aus dem Ryokan-Zimmer.

Shido-Shima: Der Abend zieht herein - Blick aus dem Ryokan-Zimmer.

14.11.10: Mit dem Fahrrad durch die Ägäis

Da die Insel der einzige Ort Japans ist, wo Oliven gedeihen und wegen der zahlreichen Inselchen, nennen die Japaner diese Gegend auch gerne die griechische Ägäis.

An all das denke ich nicht, als um 6:50 das Telefon leutet. Ich hebe ab und werde von einem Schwall japanischer Worte zu Boden gestreckt. Verstehe kein Wort. Technischer k.o. in der ersten Runde. Ist der Fujiama ausgebrochen? Werde ich aus dem Hotel geworfen, weil ich gestern rohen Teig übrig gelassen habe? Ist ein Tsunami im Anrollen?

Schließlich holt der Anrufer seinen Chef ans Telefon, der mich auf Englisch darüber informiert, dass das Frühstück von 4:30 bis 7:00 Uhr serviert wird. Stimmt, hatte ich auf meinem Zettel glatt überlesen. Also nichts wie runter.

Als ich vom Frühstück komme, muss ich den Chef sprechen, zum einen möchte ich wissen, wo ich ein Rad leihen kann und zum anderen, ob und wenn ja, wie ich an meinen MP3-Player komme, den ich im letzten Hotel habe liegen lassen mitsamt Ladekabel und Adapter. Unangenehm. Das mit dem Rad klärt sich schnell, zur anderen Frage heißt es nur "Hai! Hai!" Oh Gott, schon wieder! Er führt ein Telefonat, ohne dass er nähere Infos erhalten hat. Ah, jetzt verstehe ich, er hat den Übersetzungsservice angerufen. Dort schildere ich alles noch mal im Detail. Falls die Sachen noch da sind, wäre es nur ein kleiner Umweg für mich, wieder ran zu kommen, müsste halt alle Sitzreservierungen umbuchen. Ich reiche das Telefon wieder dem Chef, der sich mit den ganzen "Hai" regelrecht überschlägt- sie hören sich aber schon ganz anders an. "Problem erkannt, Problem gebannt" oder so ähnlich. Noch ein Telefonat mit dem Hotel in Kurashiki und das Thema ist quasi abgehakt. Morgen um 7:30 Uhr soll alles absolut zuverlässig einteffen. Wow!

Beim Verlassen des Hotels sind alle Zimmertüren offen, wo Busreisende übernachtet haben. Ich glaub mich knutscht ein Elch! Nur 8 Zimmer pro Etage sind "Japanese Style", alle anderen ca. 30 Zimmer je Etage mit Betten, Stühlen und Tischen ausgestattet, also "Western Style". Fehlt bloß noch, dass die Japaner klammheimlich das Besteck im Lokal rausholen, wenn die Ausländer weg sind!

Anschließend fährt mich der Chef zum Fährhafen und unterstützt mich beim Leihen eines Rades, das gerade mal 500Y für den Tag kostet. Um 17 Uhr lässt er mich wieder abholen.

An dem Tag fühlte ich mich zum zweiten Mal an eine Filmszene erinnert. Das erste Mal passierte es, als ich am WC saß und mal die ganzen Knöpfe probierte (dieses hatte 4 Regler und 12 Knöpfe). Da musste ich an den Film "Demolition Man" denken mit Sandra Bullock und Sylvester Stallone. Stallone hatte als Cop bei irgendeiner Befreiungsaktion in L.A. ein Gebäude in die Luft gejagt und wurde deshalb zur Strafe schockgefrostet, genauso wie die Verbrecher. Als es dann aber 30 Jahre oder so später große Probleme mit einem Verbrecher gibt, wird er aufgetaut. in den 30 Jahren hatte sich einiges verändert: U.a. gibt es kein Toilettenpapier mehr, sondern man "benutzt" Muscheln, womit Stallone nicht klar kommt, weshalb sich der Partner von Bullock, die eine Polizistin spielt, über ihn lustig macht: "Er weiß nicht, wie man die Muscheln benutzt!"

Bei meinem ersten Bergabfahren fühle ich mich heute zum zweiten Mal an einen Film erinnert, an "Die Goonies", einen Jugendfilm aus den 80ern. Hier sollen Familien ihre Häuser verlassen, weil dort ein Country Club gebaut werden soll. Die betroffenen Kids treffen sich zum (vermeintlich) letzten Mal und finden eine Schatzkarte vom "Einäugigen Willi". Der große Bruder des Hauptdarstellers soll darauf achten, dass dieser wegen seines Asthmas nicht raus geht. Zum Suchen eines Schatzes muss man aber raus, also Bruder überlistet, die Luft aus dessen Rad gelassen und auf, den Schatz suchen! Der Bruder befreit sich und will hinterher, das einzige Rad, das er findet, ist so ein winziges mit Stützrädern. Ist ein Bild für Götter.

Ein ähnliches Bild muss ich wohl auch abgegeben haben, das Rad ist mindestens 30 cm zu niedrig für mich. Das merke ich vor allem, wenn es bergauf geht. Und die Insel ist verdammt hügelig. Eigentlich wollte ich die Insel umrunden, das schminke ich mir jedoch schnell ab, 70 km sind mit dem Rad undenkbar. Also fahre ich zu einem Leuchtturm am Ende einer Halbinsel, Gesamtstrecke etwa 40 km. Tolle Landschaft, als ich von der Hauptstraße runterkomme, auch sehr schön zu fahren. Ich komme also beim Leutturm an, mache eine Pause, fahre los, es geht bergab, bin also etwas schneller unterwegs. Da passiert es, plötzlich scheppert es beim Vorderrreifen- Mist, ich habe einen Platten!

Flickzeug gehört natürlich nicht zur Serienausstattung. Scheibenkleister. Also, was tun? Erstmal schieben, in der Hoffnung, unterwegs ein größeres Fahrzeug anzuhalten, das mich ggf. mitnimmt. Auf den nächsten 10 Kilometern kommen gerade mal 11 Autos vorbei, davon 9 Kleinstwägen. Die beiden Kleinlaster halten nicht. Um 17 Uhr macht der Laden zu. Es ist 16:00 Uhr; wenn ich nicht bald eine Lösung finde, ist das nicht zu schaffen. Beim ersten Dorf, das ich nach 10 km erreiche, ist eine kleine Toyota-Werkstatt und sie ist sogar offen. Der Mechaniker lässt den Yaris erstmal links liegen und kümmert sich um mein Problem- wahrscheinlich bin ich sein erster ausländischer Kunde.

15 Minuten und 1.300Y später, ja ja, auch in Japan kostet Qualitätsarbeit Geld, kann ich weiterradeln. Nix mehr vom Rad steigen, wenn der Berg zu lang, die Beine zu schwer werden und meine Knie proestieren. Weiter, weiter! Um 16:58 Uhr komme ich schließlich bei der Station an. Oh ja, das Onsen heute Abend habe ich mir redlich verdient!

© Peter Belina, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Japan ist anders. Japan ist eine Herausforderung. Japan ist ein Erlebnis. Japan nervt. Japan begeistert. Japan ist unglaublich vielseitig. Eine tolle Reise liegt hinter mir. Von Osaka aus ging es immer Richtung Süden mit Kurokawa-onsen, einem versteckten Bad, Nagasaki, einer Traumstadt, dem Mt. Aso, einem tollen Berg, den Klostern auf Koya-san und Kyoto mit seinen schönen Tempeln als Highlights.
Details:
Aufbruch: 05.11.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.11.2010
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Peter Belina berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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