Onsen, Sushi und Grüner Tee: Reisebericht aus Japan

Reisezeit: November 2010  |  von Peter Belina

Osaka (2)

02.11.10: Bin müde - shikata ga arimasen!

Der Kansai International Airport, eines der beiden Haupteinfalltore für Japan, ist ueberraschend kompakt und leer. Alles ist bestens organisiert. Vorausgesetzt, man ist nicht gerade über 1,70 Meter gross. Beim Immigrant Office muss ich meine beiden Zeigefinger abscannen lassen; außerdem wird ein Foto gemacht. Versuch 1 schlägt fehl. Der Officer bittet mich meine Finger fester auf die Scheiben zu drücken. Klar, kein Problem. Versuch 2 schlägt ebenso fehl wie Versuch 3. Odfficer, also wenn ich noch fester drücke, splittert irgendwann mal das Glas! Da entdeckt der Officer endlich den Fehler und schwenkt die Kamera 40 bis 50 Grad nach oben; jetzt erkennt der Computer endlich mein Gesicht! Von wegen fester drücken!

Auslöser für meinen Besuch in Japan war der JCI-Weltkongress (JCI=Junior Chamber International, hier gehören auch die Wirschaftsjunioren dazu, wo ich der Geschäftsfuehrer fuer Oberfranken bin). JCI hat einen Stand am Flughafen, wo ich mit einem Aperitiv begrüsst und einem Vorschlag, wie ich mein Hotel am besten erreiche, wieder verabschiedet werde. Die schnellste Verbindung ist per Bus. Gar nicht so einfach, ein Ticket zu kaufen, wenn alle Anweisungen auf japanisch sind. Nur über den Preis finde ich das richtige Ticket. Für die beiden weiteren Auswahltasten habe ich den 50:50-Joker gesucht, aber nicht gefunden. Habe halt einfach irgendeine Taste gedrückt. Offenbar die richtigen, denn ich wurde mitgenommen. Von der Endstation des Busses sind es noch zwei U-Bahn-Stationen bis zum Hotel. Unterstützt von fünf freundlichen Japanern kaufe ich eine Tageskarte fuer die U-Bahn. Überhaupt sind die Leute wahnsinnig freundlich hier: Sobald ich einen Stadtplan öffne, kommt jemand und bietet mir seine Unterstützung an.

Wie ich in den kommenden Tagen merken sollte, sind U-Bahn-Stationen in Osaka extrem ausgedehnt. "Meine" Station Tanimachi4-chome (nicht zu verwechseln mit der Tanimachi6-chome oder gar der Tanimachi9-chome) erstreckt sich z.B. über 4 Strassenblöcke in Nord-Süd- und 6 Strassenblöcke in West-Ost-Richtung, also gut 400 Meter. Dummerweise muss ich dabei zwei Bahnlinien unter- bzw. überqueren. Boah ey, so ein Koffer kann ganz schön schwer werden beim Treppauf, Treppab!

Ich biege nach ca. 200 Metern in die Strasse ab, wo mein Hotel nach ca. 50 Metern stehen soll. Aber scheinbar hat sich ein Kollege einen Scherz mit mir erklaubt: "Chamber of Industry and Commerce" steht außen dran. Hey Leute, ich bin seit über 24 Stunden auf den Beinen auf den Beinen! Für solche Scherze bin ich im Moment nicht zu haben.

Das Dumme in Japan ist, dass es kaum Straßenschilder gibt, also ist es eher zufällig, wo man landet. Der Punkt auf Googlemap war rund 50 Meter versetzt, mein Hotel war in der Parallelstrasse. Hier wohne ich im 6. Stock. Das Studio ist mit ca. 20-22 qm nicht gross, hat aber eine Küche mit Herd, Microwelle, Kühlschrank, Tiefkühltruhe, Wasserkocher und kostenlosem Internetzugang.

Will mich eigentlich aufs Ohr hauen, blicke vorher aber noch mal kurz ins Programm, wann das Delegationsbriefing ist. Oh Mann, in einer halben Stunde soll das Treffen stattfinden. Also 1x duschen und 1x rauskriegen, wo ich hinmuss. Komme im Hotel an, wo das Treffen stattfinden soll. Keine deutsche Delegation zu sehen, im Hotel weiss keiner was (Hinterher erfahre ich, dass kaum einer da war- woher das wohl kommt?). Treffe allerdings andere Deutsche an, die auch hinwollen. Das Ende vom Lied, wir gehen ins 500 Meter entfernte Headquater, checken uns ein und fahren per Bus gleich weiter zur Opening Ceremony. Hier gibt es, wie bei den internationalen JCI-Kongressen üblich, wieder einen Einmarsch der Nationen. Besonders farbenfroh die Afrikaner und Asiaten. Das offizielle Programm dauert zwei Stunden, eine Rede jagt die nächste. Die meisten Reden in Englisch, manche auf Japanisch mit englischen Einblendungen (meine Augenlider werden schwer) und auf eine Art Englisch mit japanischen Untertiteln (meine Augen werden richtig schwer). Beim Grusswort des japanischen Kronprinzen ist es nicht nur untersagt, zu fotografieren, sondern auch verboten, zu applaudieren. Eine merkwürdige Stille breitet sich aus.

Ich bin hundemüde, will eigentlich nur noch ins Bett, gehe aber noch mit zur "Welcome Night" unterhalb der Burg. Schliesslich bin ich nicht nur müde, sondern auch hungrig und durstig. Hier wartet eine Art Marktplatz auf uns mit etlichen Ständen, wo es japanische Spezialitäten gibt. Als erstes bekomme ich etwas in die Hand gedrückt, das nicht nur aussieht wie ein Octopusauge, sondern auch so schmeckt. Also schnell was anderes probiert, um den Geschmack weg bekommen. Das nächste Gericht kommt mir auch nicht so ganz entgegen, irgendwelche unendlich fettigen Würste. Auch der Tako-yaki (frittierter Tintenfisch eingewickelt in Algen) macht mich noch nicht so richtig glücklich. Also erstmal ein Bier. Aaaah! Endlich etwas, das schmeckt.

Nach dem etwas verhaltenen Start sollte ich aber noch viele Leckereien finden, etwa in Honig eingelegte Fleischspieße, Currygerichte, zara soba (kalte Nudeln mit Algen), agedashi-tofu (frittierter Tofu in einer Brühe) oder tsukini soba (Nudeln mit rohem Ei) und schkließlich yaki-soba (gebratene Nudeln mit Fleisch und Gemüse), das ganze untermalt von einer tollen Show. Um den Walfleisch-Stand mache ich einen großen Bogen. So ist es schliesslich 23 Uhr vorbei, als ich die Party verlasse. Auf meine Frage, ob es hier irgendwo eine U-Bahn-Station gibt, verneint die nette Dame vom Orga-Team. Also mit dem Bus erstmal wieder zum Headquater, dem Righa-Hotel und von dort per U-Bahn zurück zum Weekly Mansion Otemae, also meinem Hotel, in der Summe noch mal knapp eine Stunde Fahrzeit. Als ich mir am nächsten Tag einen Stadtplan organisiert hatte, sollte ich feststellen, dass es sehr wohl eine U-Bahn-Station gegeben hätte, nur zwei Stationen bzw. 2 km von meinem Hotel entfernt... Aber egal, nach 34 Stunden geht es endlich ins Bett, kann mich eh kaum noch auf den Beinen halten.

"Shikata ga arimasen" heißt übrigens "Kann man nichts machen".

© Peter Belina, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Japan ist anders. Japan ist eine Herausforderung. Japan ist ein Erlebnis. Japan nervt. Japan begeistert. Japan ist unglaublich vielseitig. Eine tolle Reise liegt hinter mir. Von Osaka aus ging es immer Richtung Süden mit Kurokawa-onsen, einem versteckten Bad, Nagasaki, einer Traumstadt, dem Mt. Aso, einem tollen Berg, den Klostern auf Koya-san und Kyoto mit seinen schönen Tempeln als Highlights.
Details:
Aufbruch: 05.11.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.11.2010
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Peter Belina berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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