historisches Weserbergland - Spuren der Zeit

Reisezeit: Mai 2022  |  von Herbert S.

Hessisch-Oldendorf

Oldendorf (früher: Oldendorf bei der Schaumburg,) ist wie Rinteln und Stadthagen eine planmäßige Stadtgründung der Grafen von Schaumburg-Holstein (13. Jhd). Der Ortsname Ofdendorf = altes Dorf weist auf eine schon damals vorhandene Siedlung hin. Zur Sicherung ihres Machtbereichs siedelten die Schaumburger mehrere Burgmannshöfe an, von denen noch einige Zeugnisse erhalten sind. Durch Erbteilung gelangt Oldendorf 1647 in den Besitz der Landgrafschaft Hessen-Kassel.
Bis ins 17. Jhd, hatte die Weser einen nördlichen und einen südlichen Arm. Der schiffbare Hauptarm führte direkt an Ofdendorf am Münchhausen-Hof vorbei. Oldendorf musste zwei Brücken und eine Anlegesteile unterhalten. Der Landprost Jobst von Mengersen (1582-1625) zwang die Weser bei Gut Stau in nur ein Flussbett. Oldendorf verlor infolgedessen seine direkte Anbindung an den Fluss - für die Wirtschaft mit fatalen Folgen.

Inzwischen haben wir für eine Woche eine Ferienwohnung bei Hessisch-Oldendorf bezogen, die uns als Standquartier für die weiteren Besichtigungen dient.
Daher machen wir uns zunächst mit dem eigentlichen Ort durch einen kurzen Rundgang etwas vertraut.

Pfarrkirche - erbaut um 1250

Pfarrkirche - erbaut um 1250

Stiftung „30 Arme unter dem Turm" - seit 1562

Stiftung „30 Arme unter dem Turm" - seit 1562

Zur Baxmann-Sage
Cord Baxmann lebte von 1599 - 1690 in Oldendorf. Er war jahrzehntelang Wirt des Ratskellers am Marktplatz, erfolgreicher Kaufmann und Stadtmusicus. Im Amt des Tornemanns wachte er über die Sicherheit der Stadt. Sein schnell erworbener Reichtum bescherte ihm viele Neider. Schlimme Gerüchte wurden über ihn verbreitet. Der Sage nach soll er nach seinem Tode wieder in der Stadt erschienen sein. Die Oldendorfer waren entsetzt und ließen Baxmann in den Süntel verbannen. Dort sollte er mit einem Siebe eine Quelle leerschöpfen,
was ihm nicht gelang. Ein strenger Winter jedoch ließ die Quelle zu Eis erstarren.
Nun konnte Baxmann das Eis in Stücke schlagen und mit dem Sieb die Quelle leeren. Der Bann war gebrochen, Baxmann wurde von den Oldendorfern erneut verbannt. Jetzt sollte er die Quelle mit einem Fingerhut ausschöpfen. Dies ist ihm bis heute nicht gelungen.
Dank zahlreicher Spender konnte der "Förderkreis Baxmann e.V." im Hilfe 2003 den Baxnumn - Brunnen errichten.

Baxmann-Brunnen

Baxmann-Brunnen

alte Wallanlage auf der weserabseitig gelegenen Seite

alte Wallanlage auf der weserabseitig gelegenen Seite

Die hier sichtbare Mauer steht auf den Fundamenten des ehemaligen Südtores der Stadt (wesertor), die bei Bauarbeiten gefunden wurden. Der gesamte Grundriss des Stadttores ist in der Pflasterung der Straße nachvollziehbar. Im Osten und Westen des Stadtwalles gab es zwei weitere Tore.

Der Münchhausenhof ist ein früherer Burgmannshof in Hessisch Oldendorf, dessen Herrenhaus 1583 von den Freiherren von Münchhausen im Stil der Weserrenaissance erbaut wurde. Er gilt als größter und bedeutendster Adelshof der Grafschaft Schaumburg.

Das schlossähnliche Herrenhaus ist eine ab 1583 entstandene Zweiflügelanlage an einem Flussarm der Weser. Die Schauseite des zweigeschossigen Gebäudes ist zur Weser ausgerichtet.

Aus der 2. Bauperiode stammt der Stirngiebel des Weserflügels und der zur Weserseite gewandte Giebel des Saalbaus. Die Giebel an den Schmalseiten werden durch zwei Gesimse geteilt und haben S-förmige geschweifte Staffelvoluten und werden von einem welschen Giebel bekrönt. Auf den Staffelecken sitzen Kugeln. Das Motiv kehrt an den Giebeln der drei Zwerchhäuser an der Weserseite wieder.

Der achteckige, mit Dreiecksgiebeln bekrönte Treppenturm ist älter und entstand wahrscheinlich im Jahr 1536.

Die Fenstereinfassungen des Treppenturms weisen noch Stabgitterwerk im Stile Jörg Unkairs auf - möglicherweise entspricht das der Bauinschrift mit der Jahreszahl 1536 an der Hofeinfahrt.

Der Burgmannshof entstand im 13. Jahrhundert und stand seit dem 14. Jahrhundert im Besitz des Ministerialengeschlechts von dem Bussche. Durch Erbteilung auf seine Schwiegersöhne kam der Münchhausenhof in den Besitz von Börries von Münchhausen (1515–1583). 1583 begann Börries von Münchhausen mit dem Ausbau der bestehenden Anlage, die von seiner Witwe vollendet wurde.
Wiederum durch Erbteilung fiel 1594 das schloß dem Sohn Ludolf von Münchhausen zu, der das Schloss bis 1640 bewohnte und als Humanist und Literat eine bedeutende Bibliothek zusammen trug.
Ab 1783 verpachteten die Münchhausen, deren Hauptsitze Lauenau und Groß Vahlberg sind, den Münchhausenhof, 1947 verkauften sie das Herrenhaus und den knapp 200 ha großen Ackerbaubetrieb, der bis heute bewirtschaftet wird.

intakter Hofbetrieb

intakter Hofbetrieb

© Herbert S., 2022
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mein 100. Reisebericht auf umdiewelt! 16 historische Städte und acht historische Stätten sind unser Zielgebiet. Ausschlaggebend für unsere Reise war eine umfangreiche Recherche zum Thema Weser-Renaissance, ein Begriff der der Erkenntnis entstammt, dass die Bauten des 16. und 17. Jahrhunderts dieser Region zwar der Renaissance zuzuordnen sind, jedoch einen außerordentlichen Reichtum an ähnlichen Dekorationen aufweisen, die den anderen Regionen abgeht.
Details:
Aufbruch: 04.05.2022
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 17.05.2022
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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