Frankreich - 2011

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Uschi Agboka

Argentat-Barrage du Chastang-Tours de Merle

19. September 2011 - 13. Tag - Gefahrene Meilen: 70 (113 km)

Argentat - Barrage d'Argentat - Barrage du Chastang - Servieres-le-Chateau - Saint-Prive - Tours de Merle

In der Nacht hat es sehr viel geregnet und am Morgen haben wir nur 13 Grad. Unsere Haustiere haben alles verputzt, was Rolf ihnen gestern an den Strand gelegt hat (Brot und Fett vom Schinken). Da "unser Bäcker" heute Ruhetag hat, fährt Rolf zu einem anderen Laden, das Baguette dort ist nicht so gut, dafür gibt es dort seine geliebte Meringe. Wir frühstücken gemütlich, schauen den Enten zu, dem Reiherpaar und natürlich den springenden Fischen, die erstaunlich weit durch die Luft segeln. So etwas haben wir nie zuvor beobachtet. Rolf kümmert sich Frisch- und Abwasser, denn evtl. wollen wir morgen weiterfahren. Da es inzwischen warm geworden ist, fahren wir um 11.30 Uhr nach Argentat. Das hübsche Städtchen am Oberlauf der Dordogne, im Herzen der schönen Plateaus des Bas-Limousin, hat mir schon früher sehr gefallen. Die eleganten, renovierten Häuser in der Ortsmitte und am Ufer der Dordogne stammen aus dem 16. und 17. Jh., der Zeit, als die Bürger durch den Transport von Holz, das in Bergerac zu Weinfässern verarbeitet wurde, zu großem Wohlstand gelangten. Von der Dordognebrücke sieht man am Ufer die malerischen Häuser mit schönen Holzbalkonen, geschmückt mit blühenden Blumen, ein prachtvoller Anblick. Unser Spaziergang führt uns auch an der Schule vorbei, mit ehemals getrennten Eingängen für Jungen und Mädchen. Leider haben heute am Montag alle Geschäfte geschlossen, so dass ich nichts einkaufen kann. In einer kleinen Bar trinken wir Kaffee und machen uns mit der Zeitung ein wenig schlau, was in der Weltgeschichte passiert. Die Sonne setzt sich mehr und mehr durch gegen die dunklen Wolken. Der Wetterbericht sagt, dass das Wetter wieder schöner wird und auch viel wärmer bis Freitag. Von Argentat aus fahren wir an der Dordogne entlang, zur Barrage d'Argentat. Die Talsperre, die als Wasserkraftwerk dient, ist die fünfte einer ganzen Reihe von Talsperren am Oberlauf der Dordogne. Die Staumauer ist 35 m hoch und 190 m lang. Die Straße verläuft durch waldige Hügel, manchmal säumen hohe Felsen den Weg. Wir kommen zur Barrage du Chastang. Der Stausee dient nicht nur als Wasserkraftwerk, sondern auch zur Hochwasserregulierung. Weiter nach Servieres-le Chateau. Der Ort hat eine sehr malerische Lage in einem zerklüfteten Felskessel oberhalb der tiefen Glane-Schlucht. Der nächste Ort, Saint Privat, besitzt eine Kirche (13. Jh.) mit einem mächtigen Viereckturm. Unser Weg führt uns nun zu den Tours de Merle.

Hoch über der Flusswindung der Maronne ragen auf einem Felsrücken die Ruinen der alten Festungsanlage empor. Die Befestigungsanlage an der Grenze zwischen der Auvergne und dem Limousin wurde als Verteidigungsstellung erbaut. Der 30 m über dem Fluss befindliche Felsvorsprung (200 m x 40 m) liegt 150 m vom nächsthöheren Plateau entfernt. Die Grenzfestung war durch die optimale Nutzung der topografischen Gegebenheiten praktisch uneinnehmbar und gestattete die Überwachung eines großen Gebiets. Die feudale Festung aus dem 12. und 15. Jh. ist seit 1927 "Historisches Denkmal". Im 14. Jh. bestand Merle aus 7 Burgen, zwei Kapellen und einem Dorf, unter der Schirmherrschaft sieben adliger Familien. Zwar eroberten die Engländer während des Hundertjährigen Krieges die Festung, sie gaben sie jedoch auf Wunsch Papst Gregor XI. zurück. Mit der Erfindung der Artillerie änderte sich das Geschick der Festung. Sie wurde von den Hugenotten 1574 eingenommen, die dort eine Garnison errichteten. Nach 2 Jahren wurden sie jedoch wieder verjagt. Die Burgen wurden von den Familien nach und nach aufgegeben, man zog an angenehmere und besser zugängliche Orte.

Rolf macht eine Besichtigungstour durch Tours de Merle, während ich in einem ziemlich heruntergekommenen Cafe auf ihn warte. Ich schreibe mal wieder. Die Besichtigung hat Rolf nicht zufrieden gestellt und der Eintrittspreis scheint ihm überhöht zu sein. So fahren wir über wieder kurvige, enge Straßen, vorbei an Goulles, La Chapelle-Saint-Geraud, nach Beaulieu. Unterwegs halten wir einige Male, kaum Verkehr, um die grandiose Aussicht auf die bewaldeten Berge, die Dordogne und die Chateaus zu fotografieren. Bei mittlerweile sehr schönem Wetter sind wir um 16.30 Uhr zurück auf dem Campingplatz. Wir haben wieder im Intermarche eingekauft: Huhn, Schnitzel, Trauben, Pilze, Käse, Salat, Wein und einen kleinen bunten Besen. Wir leben wirklich "wie Gott in Frankreich". Abends am Fluss zu sitzen ist sehr unterhaltsam, alle Tiere werden aktiv. Die Reiher fischen in Sichtweite, die Ratte erscheint, um die Käsekrummen zu fressen und die anderen in Sicherheit zu bringen. Die Enten fliegen herbei, zurück von ihrem Ausflug und picken das alte Brot. Streit entsteht zwischen einer Ente und dem Eisvogel. Sie liefern sich eine regelrechte Verfolgung in der Luft, der Eisvogel ist der Angreifer und verscheucht die Ente. Das ist besser als Kino.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Tour über 39 Tage, von Niederbayern, durch Frankreich (Zentralmassiv) und weiter nach Italien (Ligurien - Aosta-Tal) Hier der erste Teil - Frankreich.
Details:
Aufbruch: 07.09.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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