Frankreich - 2011

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Uschi Agboka

Gorges de la Sioule – Meandre de Queuille

11. September 2011 - 5. Tag - Gefahrene Meilen: 129 Meilen (208 km)

Dallet am Allier, Auvergne - Puy de Dome
Gorges de la Sioule - Meandre de Queuille - Viaduc des Fades-Gorges de Chouvigny - Clermont Ferrand

Um 8 Uhr stehen wir auf, Rolf fährt Baguette kaufen und ich halte nach unseren Enten Ausschau. Nichts zu hören oder zu sehen. Hoffentlich haben die Jäger nicht wirklich alle erwischt. Es waren viele Jungtiere dabei. Ich bin entsetzt, vorläufig kommt Ente nicht auf unseren Tisch. Ein Reiher ist da und auch ein Haubentaucher leistet uns Gesellschaft beim Frühstück. Dieser Platz hier am Allier ist einfach traumhaft. Wir werden bleiben, bis sie den Campingplatz schließen (15.09.2011). Erst um 10.15 Uhr fahren wir heute los. Die Gorges de la Sioule ist heute unser Ziel. Die Fahrt geht durch Clermont-Ferrand, nach Pontgibau. Hier gab es schon zu Römerzeiten silberhaltige Bleibergwerke. Der Abbau wurde im 19. Jh. eingestellt. Weiter durch einen verwunschenen Wald, über Montfermy, St. Georges de Mons und Sioule et Combrailles. Der Fluss Sioule entspringt am Rande der Monts Dome und bahnt sich seinen Weg mit immer schneller werdender Strömung durch das Granitplateau der Combrailles. So entstand zwischen Chateneuf-les-Bains und Ebreuil eine malerische Schlucht. In Meandre de Queuille parken wir an der Kirche und laufen zu einem Felsvorsprung, von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Sioule- Schleife von Queuille hat. An dieser Stelle wurde der Fluss, dessen Ufer mit Felsen übersät sind, durch eine Talsperre verbreitert.

Weiter zum Viaduc des Fades, die höchste Eisenbahnbrücke Frankreichs. Die Anfang des 20. Jh. von dem Ingenieur Vidard gebaute Brücke ist 470 m lang. Die Fahrbahn aus Metall wird von zwei Granitpfeilern getragen, die 144 m von einander entfernt und 92 m hoch sind. Die Talbrücke überspannt den Fluss Sioule in 133 m Höhe, ein gigantischer Anblick. Nach knapp 100 Jahren wurde der Betrieb 2007 aus Sicherheitsgründen eingestellt. Seitdem hat Frankreichs größtes Stahlviadukt keine verkehrstechnische Bedeutung mehr, ist aber seit 1984 als historisches Monument geschützt. Eine Gruppe französischer Motorrad-fahrer überholt uns, nachdem auch sie einen Stopp an der beeindruckenden Brücke gemacht haben. Auf unserer Fahrt wurden wir heute zweimal von einer Hundemeute gestellt. Seit des Unfalles unseres Freundes Hüseyin in der Türkei, verursacht durch einen Hund, sind diese Tiere nicht mehr meine Lieblinge, wenn wir ihnen mit dem Motorrad begegnen. Viele Jäger in Jeeps, schwer bewaffnet, sind unterwegs. Sie tragen Warnwesten, damit niemand aus "Versehen" erschossen wird. Mir ist in den einsamen Gegenden immer ganz mulmig zumute, wenn ich das Knallen der Schüsse höre. Rolf meint immer, wir müssen aufpassen, dass wir nicht mit Wild verwechselt werden. Aus diesem Grund habe ich mir angewöhnt, die Jäger an der Straße immer freundlich zu grüßen, was denen anscheinend gefällt, denn sie lächeln und winken zurück.

An der Sioule entlang, durch die Gorges de la Sioule, eine zum Träumen anregende Landschaft, fahren wir am Chateau Rocher (13. Jh.) vorbei, dessen wildromantische Ruinen auf einem Felsen die Landschaft überragen. Dann kommen wir nach Chateauneuf-les-Bains, ein Thermalbad, welches sich aus mehreren Ortschaften zusammensetzt, mit 22 Quellen. Rheumaerkrankungen, Nervenschmerzen und Neurosen werden hier behandelt. Immer an der Sioule entlang kommen wir durch die Gorges Chouvigny. Am Eingang der Schlucht führt die Straße durch einen Einschnitt in einem Berg, dessen linke Seite abgetrennt ist - der Roc Armand. Leider tröpfelt es ein bisschen, so dass wir nicht anhalten. Der Himmel sieht mit dunklen Wolkengebilden furchterregend aus. Bizarre Felsnadeln gegenüber dem Roc Armand, angeblich von Menschenhand geschaffen, verstärken diesen Eindruck. Riesige, violett blühende Heidekrautfelder säumen den Straßenrand. Schön ist das Chateau de Chouvigny, 1250 erbaut, anzusehen. Malerisch liegt es auf einem Felsen über der Sioule. Weiter geht die herrliche Fahrt bis nach Clermont-Ferrand, wo wir beim Harley-Dealer einen heißen Kaffee und eine Brioche bekommen. Der Shop ist nicht sehr groß und die Kleidung zweimal so teuer wie in USA.
Anschließend besichtigen wir die Kathedrale Notre-Dame - de-l'Assomtion. Ihre schwarze Farbe rührt von dem Vulkangestein, welches beim Bau verwendet wurde. Mir gefallen besonders die Glasmalereien, aus dem 12. bis 15. Jh., hauptsächlich in Blau- und Rottönen. Vor der Kathedrale liegt der Place de la Victoire mit dem Monument des Croisades (Kreuzzugsdenkmal) sowie einem Brunnen mit einer Statue des Papstes, Urban II. Die Stadtbesichtigung führt uns auch zur Basilika Notre- Dame-du-Port. Die Kirche wurde im 6. Jh. von Bischof Avit gegründet (er wurde heilig gesprochen), später jedoch von den Normanen in Brand gesetzt und im 11. und 12. Jh. in einem einheitlichen Stil wieder aufgebaut. Mir gefällt diese Kirche aufgrund ihrer Schlichtheit besser als die Kathedrale. Es regnet schon lange nicht mehr, sondern es ist ziemlich warm, 26 Grad, dabei sehr schwül. Wir machen einen gemütlichen Rundgang durch die Altstadt von Clermont-Ferrand, ehe wir zurück fahren auf unserem Campingplatz in Dallet. Dort kommen wir gegen 16.30 Uhr an. Heute haben wir unendlich viel gesehen. Sind durch wilde Wälder gefahren, die von Hexen und Teufeln berichten, durch malerische alte Dörfer mit freundlichen Menschen, die uns weiterhalfen bezüglich des Weges. Schattige Baumalleen säumen viele Straßen, angenehm im Sommer für Auto- und Motorradfahrer. Die Straßen, selbst die kleinsten, sind gut in Schuss, besser als bei uns in Deutschland. Und dann die herrlichen Blumen überall, eine Augenweide, prachtvoll anzusehen. Selbst Parkplätze und Ortsschilder sind manchmal mit Blumenampeln geschmückt. Und die Dorfstraßen und Häuser - blühende Blumen, wohin man schaut. Das ist mit ein Grund, warum es uns in diesem Teil Frankreich besonders gut gefällt. Rolf baut das Vordach auf, falls es doch regnen sollte. Unser Abendessen ist auch heute kalt, Käse, Schinken, Salami, Tomaten (ein Hochgenuss), dazu Baguette und Rotwein. Alle Fischreiher sind wieder da. Sie hatten sich wohl vor den Jägern "verkrochen", so nehme ich an, denn die Jäger haben den ganzen Tag überall wie wild geschossen. Nach einem Film (Black Moon) mit Tommy Lee Jones gehen wir schlafen.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Tour über 39 Tage, von Niederbayern, durch Frankreich (Zentralmassiv) und weiter nach Italien (Ligurien - Aosta-Tal) Hier der erste Teil - Frankreich.
Details:
Aufbruch: 07.09.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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