Frankreich - 2011

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Uschi Agboka

Orcival–Auvergne-St.-Nectaire-le-Haut-Besse

9. September 2011 - 3. Tag - Gefahrene Meilen: 114 (184 km)

Dallet am Allier, Auvergne - Puy de Dome
Orcival - Vulkanpark Auvergne - Saint-Nectaire-le-Haut -
Besse-en-Chandesse

Um 7.30 Uhr stehen wir auf und Rolf fährt mit dem Fahrrad Baguette holen. Er muss das Rad über den Zaun heben, denn um diese Zeit ist noch alles verrammelt und verriegelt. Eine riesige Entenfamilie besucht uns und bekommt das alte Baguette von Gestern. Vor uns steigt die Sonne höher und höher, es ist ein herrlicher Tag. Um 9.30 Uhr starten wir zu unserer ersten Tour. Erster Stopp ist Orcival, ein kleiner, im grünen Tal des Sioulet gelegener Marienwallfahrtsort.
In Orcival, wo es an einer keltischen Kultstätte bereits im 6. Jh. eine Wallfahrt zur Jungfrau Maria gab, bauten im 7. Jh. Mönche aus La Chaise-Dieu ein erstes, gegen Ende des 9. Jh. von den Normannen zerstörtes Gotteshaus. Die heutige Kirche stammt aus der ersten Hälfte des 12. Jh., nachdem sich hier ein kleines Benediktiner-Priorat gegründet hatte. Die Kirche ist ein Meisterwerk der auvergnatischen Romanik: Außen unter den Arkaden sind Ketten aufgehängt, als Dank von befreiten Gefangenen und Pilgern des Jakobsweges. Das monumentale Bauwerk, mit einer Ostpartie in Form einer "Auvergnatischen Pyramide", überragt die beschaulichen Häuser des malerischen Bergdörfchens.
Über die ungewöhnliche Lage dieser Kirche gibt es eine Legende. An einer Quelle soll die Jungfrau erschienen sein, um sich zu erfrischen. Das Wasser erwies sich als wunderkräftig und zog viele Pilger an. In der Nähe soll dann die Marienfigur gefunden worden sein, die man noch heute verehrt. Das Standbild wurde in eine nahe gelegene Kirche gebracht, kehrte jedoch immer wieder an die Fundstelle zurück, ein Zeichen, dass man hier eine Kirche errichten sollte. Man begann mit dem Bau, doch immer wieder stürzten die Mauern ein. Wutentbrannt nahm der Baumeister seinen Hammer, schleuderte ihn fort, und begann dort, wo er niederfiel, mit seinem letzten Versuch. Dieses Mal hielten die Mauern und haben die Jahrhunderte bis heute überdauert.

Weiter geht es durch den Vulkanpark der Auvergne auf den Col de Guery, 1.479 m. Von hier haben wir einen wunderbaren Blick auf den bewaldeten Cirque du Chausse, aus dem links der Roche Tuillere und rechts der Roche Sanadoire aufragen. Ein Gletscher schuf das breite Tal, welches die beiden Felsen verbindet. Der Roche Sanadoire, ein Überrest eines Vulkankegels, war bis zum 15. Jh. Standort einer fast uneinnehmbaren Burg, die im 100jährigen Krieg Zuflucht von Wegelagerern war, die das Umland in Angst und Schrecken versetzten.

Der Vulkanpark Auvergne erstreckt sich über die Monts Dore, Monts Domes bis hin zu den Monts du Cantal und umfasst eine der faszinierendsten Landschaften Frankreichs. Vulkane, Ebenen und wunderbare Täler bilden in diesem ursprünglichen Gebiet ein herrliches Wanderparadies. Wir genießen die Fahrt durch die Basaltfelsen, umrahmt von satten grünen Wiesen und Wäldern. Es ist 12 Uhr und ziemlich warm. Die Vulkanlandschaft des Gebirgsmassivs der Monts Dore - höchster Berg Puy de Sancy,
1.885 m -ist eine der malerischsten Gegenden der Auvergne.

Über den Col de la Croix-Morand, 1.401 m, vorbei an großen Weiden mit prachtvollen Rindern und mächtigen Stieren, kommen wir zum Lac Chambon. Die Entstehung dieses, auf 877 m Höhe gelegenen Sees ist auf einen der jüngsten Vulkane der Auvergne zurückzuführen. Der 60 ha große, jedoch nur 12 m tiefe See besitzt viele kleine Inseln und schöne Badebuchten. In einem Cafe - die Bedienung ist sehr unfreundlich - genehmigen wir uns den ersten und letzten Cappuccino in Frankreich, dazu einen hervorragenden Heidelbeerkuchen. Der letzte Cappuccino, weil er nicht gut und dazu sauteuer ist. Chateau Murol, ein Schloss, welches auf einer Basaltkuppe über dem Vallee Verte liegt, vom 12. bis zum 16. Jh. gebaut, schauen wir uns nur von außen an. Durch das Thermalbad Saint-Nectaire-le-Bas, welches sich über 2 km in einem grünen Tal erstreckt, kommen wir in das alte Dorf Saint-Nectaire-le-Haut mit seiner wunderschönen romanischen ehemaligen Prioratskirche Notre-Dame-du-Mont-Cornadore de Saint-Nectaire, erbaut 1160. Da Mittagszeit ist, ist sie leider geschlossen und daher auch nur von außen zu bestaunen. Das Thermalbad stammt aus der Römerzeit, mit mehr als 40 Quellen (8 - 56 Grad Cels.). In dem malerischen Ort Besse-en-Chandesse machen wir einen Rundgang durch die alten Häuser und Befestigungsanlagen, besonders die Rue de la Boucherie mit ihren aus Lava gebauten schwarzen Häusern hat es uns angetan. Weiter geht es auf der "Route Fromages" und "Route de Lacs", vorbei am Lac Aydat, auf 825 m Höhe. Der Stausee, vulkanischen Ursprungs, ist 15 m tief. Über eine herrliche kurvige Straße, oft mit Blick auf den Puy de Dome, 1465 m, geht es zurück auf den Campingplatz, wo wir um 16 Uhr eintreffen. Wir sind heute den ganzen Tag ohne Benzin gefahren, die Tankanzeige an Rolfs Motorrad spinnt, sie zeigt immer "leer" an.

Der Puy de Dome ist die berühmteste Kuppe der Monts Dome. Der vulkanische Ursprung wurde erst 1751 erkannt. Bis dahin hielt man sie für riesige römische Befestigungen. Der "Heilige Berg" flösst seit Urzeiten den Menschen Ehrfurcht ein. Die Gallier machten ihn zum Heiligtum ihres Gottes Lug, in der Römerzeit wurde er zur Kultstätte für Merkur, dem ein grandioser Tempel errichtet wurde. Dieser wurde während der Völkerwanderung zerstört. An seine Stelle trat eine christliche Kultstätte. Noch heute sprechen die Einheimischen hinter vorgehaltener Hand von den furchterregenden Festen, die die Hexenmeister der Auvergne auf dem unzugänglichen Berg abhielten und noch heute sollen sich Hexen dort zum Tanz treffen.

Zum Abendessen gibt es Huhn, Pilze, gemischte Salate, Trauben, Baguette und Rotwein. Es ist sehr warm und wir genießen den Abend. Ein Angler, der sich permanent im Fluss fortbewegt, fängt nichts, wir beobachten ihn über Stunden. Im Fluss gibt es Forellen und Lachse, manchmal springen die Fische, toll anzusehen. Nach einem spannenden Film gehen wir schlafen.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Tour über 39 Tage, von Niederbayern, durch Frankreich (Zentralmassiv) und weiter nach Italien (Ligurien - Aosta-Tal) Hier der erste Teil - Frankreich.
Details:
Aufbruch: 07.09.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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