Frankreich - 2011

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Uschi Agboka

Lacappelle - Marival– Rocamadour – Carennac

15. September 2011 - 9. Tag - Gefahrene Meilen: 90 (145 km)

Lacappelle-Marival - Rocamadour - Carennac - Chateau Castelnau-Bretenoux

Rolf hat seit gestern Abend leichtes Kopfweh, welches jedoch nach einem guten Kaffee verschwindet. Leider ist das Baguette, was Rolf heute gekauft hat, nicht gut, zu fest und kompakt. Also muss morgen ein anderer Bäcker gefunden werden. Es ist ein schöner Tag, mit blauem Himmel und Sonnenschein. 9.30 Uhr beginnt unsere heutige Tour, zunächst nach Lacappelle-Marival (Lot - Midi-Pyrénées). Wir schauen uns das Chateau an, eine alte Kirche und Markthallen aus dem 15. Jh. Landschaftlich ist die Strecke, die wir weiter fahren, einmalig schön, große Rinderherden, Schafe, Ziegen und Pferde sind zu sehen. Leider kommen dann ca. 12 km Schotterstraße, nicht so angenehm für uns. Viele der Häuser, die wir sehen, sind mit Erker und Türmchen verziert, sehen sehr schön aus. Um 12 Uhr erreichen wir den Wallfahrtsort Rocamadour. Wir machen einen Spaziergang durch den Ort, den ich 2009 nach meiner Hüft-OP mit Krücken besuchte. Einige der schönen Geschäfte sind erhalten geblieben, aber leider finden sich hier verstärkt "Ramschläden" mit Billigartikeln aus China. Ich meide diese wie die Pest! Sie verschandeln das ganze Ortsbild, sehr schade. Auf dem Hauptplatz ergattern wir uns einen Platz unter Bäumen im Schatten und lauschen den Melodien eines Leierkastens, der von einer Frau in Tracht gespielt wird. Manchmal führt ihr kleiner Hund Kunststücke vor. So vergehen 1 1/2 Stunden. Rolf steigt noch zur Kirche hinauf, während ich in einem Cafe sitze, Kaffee trinke und die Zeitung lese, so gut es geht.

Roc Amadour - eine Hochburg der Christenheit im Mittelalter

Der Name des Ortes leitet sich vom Heiligen Amadour ab, einem Eremiten, der am Fuß eines steilen Felsens (Roc) Zuflucht fand. Die Identität dieses Heiligen konnte nie nachgewiesen werden. Vermutungen sprechen von einem ägyptischen Eremiten oder dem Hl. Sylvan. Eine Legende besagt, es handle sich um den Oberzöllner Zachäus, der ein Jünger Christi und der Gatte der Hl. Veronika war.
Bis zur Reformation war die Pilgerfahrt nach Rocamadour eine der berühmtesten der Christenheit und zog riesige Menschenmengen an. Viele bekannte Persönlichkeiten kamen in den kleinen Ort, u. a. König Heinrich Plantagenet, Hl. Domenikus und Hl. Bernhard, Königin Blanka von Kastilien, die Könige Lud-wig IX., Philipp IV., Philipp VI. und Ludwig XI. Die Verehrung der Jungfrau von Rocamadour verbreitete sich bis nach Lissabon, Sevilla und Sizilien. Die Fahne von Rocamadour schlug die Mauren in die Flucht und verhalf den katholischen Königen Spaniens zum Sieg. Im 13. Jh. erlebte der Ort seine Blütezeit. Sein Reichtum weckte Neider. Im Laufe des Mittelalters wurde die Stadt oft verwüstet und geplündert. Nur die Madonna und die Wunderglocke entgingen der Zerstörung. Rocamadour erholte sich von diesen Schicksalsschlägen nie mehr richtig. Im 19. Jh. bemühten sich die Bischöfe von Cahors, die Wallfahrt wieder aufleben zu lassen, die Heiligtümer wurden restauriert, so dass heute auch wieder Pilger den Ort besuchen.
Durch das Stadttor Porte du Figuier kommt man auf die schmale, von Geschäften gesäumte Hauptstraße des Ortes. Sie wird von den terrassenförmig angelegten Häusern, den Heiligtümern und dem Schloss überragt. Hinter der von einem 2-geschossigen Turm beherrschten Porte Salmon erhebt sich rechts das Rathaus, ein restauriertes Haus aus dem 15. Jh.

Besucher können die Große Treppe zur heiligen Stadt aus dem 12. Jahrhundert hinaufsteigen, die aus sieben Kapellen besteht, Die Basilika Saint-Sauveur und die Krypta sind seit 1998 als Teil des Weltkulturerbe der UNESCO "Jakobsweg in Frankreich" ausgezeichnet.
Eine Treppe führt zur Chapelle Notre-Dame (Wunderkapelle). Im Halbdunkel entdeckt man auf dem Altar die wundertätige Madonna, nur 69 cm hoch, die auch Vierge Noire - schwarze Madonna - genannt wird. Von der Decke hängt eine sehr alte Glocke herab, sie stammt wahrscheinlich aus dem 9. Jh. Sie soll zur Verkündigung erfolgter Wunder vor allein geläutet haben.

Die Temperatur liegt heute bei 33 Grad, das ist ganz schön warm, selbst auf dem Motorrad. Um 14 Uhr fahren wir weiter, passieren Montvalent, ein hübscher alter Ort. In Carennac, welches wegen seines malerischen und gepflegten Ortsbildes zu einem der schönsten Dörfer Frankreichs erklärt wurde, besichtigen wir das Chateau und die Priorats-Kirche Saint-Pierre, erbaut im 11./12. Jh. durch die Benediktiner. Die Kirche ist ein geschütztes Baudenkmal - Monument historique. Das an die Kirche angrenzende Schloss aus dem 16. Jh. setzt sich aus einem Haupttrakt mit kleinen Ecktürmchen und einer auf die gotischen Seitenkapellen der Kirche aufgebauten Galerie zusammen. In den drei restaurierten Stockwerken ist eine ständige Ausstellung (Eintritt frei!) über den im Department Lot gelegenen Teil der Dordogne eingerichtet, unbedingt sehenswert. Es geht weiter auf sehr engen kurvigen Straßen, entlang der Dordogne, durch Prudhomat, sehr schönes Städtchen, vorbei am Chateau Castelnau-Bretenoux. Die von einer gewaltigen roten Mauer und mächtigen Türmen eingerahmte Burg von Castelnau erhebt sich auf einer Anhöhe, von der sie am Zusammenfluss von Cére und Dordogne das Dorf Prudhomat beherrscht. Die Burg ist aufgrund ihrer ungeheuren Ausmaße des Verteidigungssystems eines der schönsten Beispiele des mittelalterlichen Wehrbaus. Um 16.20 Uhr sind wir zurück auf unserem Platz, nachdem wir noch unterwegs eingekauft haben. Nachdem alles verstaut ist, u. a. ein Geschenk für Sandra, unsere Haushüterin, ist erst mal relaxen mit einem kühlen Getränk angesagt. Dann geht es zum Duschen. Wir stellen fest, dass heute schon weniger Menschen auf dem Campingplatz sind. Heute Abend gibt es frische Sardinen, dazu Frisee-Salat, Tomaten, Radieschen, Trauben, Baguette und Weißwein. Für morgen Abend habe ich Lammsteaks erstanden, die ich in Olivenöl, Wein und Kräutern einlege. Wir sitzen lange draußen, beobachten die Reiher und genießen den schönen Abend.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Tour über 39 Tage, von Niederbayern, durch Frankreich (Zentralmassiv) und weiter nach Italien (Ligurien - Aosta-Tal) Hier der erste Teil - Frankreich.
Details:
Aufbruch: 07.09.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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