Frankreich - 2011

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Uschi Agboka

Mont Aigoual-Gorges de la Dourbie -Nant

29. September 2011 - 23. Tag - Gefahrene Meilen: 117 (188 km)

Tarnschlucht - Ste-Enimie - Meyrueis -Mont Aigoual -
Gorges de la Dourbie - St. Jean du Bruel - Nant - Canyon de la Dourbie

Auch heute Morgen ist es, nachdem die Sonne aufgegangen ist, bereits warm, so dass wir im dünnen Shirt draußen frühstücken können. Die Idylle wird nur durch einen Bauern am anderen Ufer gestört, der Wasser aus dem Tarn abpumpt, was mit erheblichem Lärm verbunden ist. Der Mont Aigoual, 1.567 m, ist heute unser Ziel. Vor 2 Jahren sind dort schon einmal herumgefahren, allerdings im starken Nebel, so dass wir so gut wie nichts gesehen haben. Doch in diesem Jahr hoffen wir auf gute Sicht, denn die Straßen, die das Gebirge durchziehen, durch Wälder und über Kämme, sind sehr malerisch. Gegen 9.50 Uhr starten wir. Auf dem Campingplatz war es bereits am frühen Morgen sehr warm, doch die Fahrt nun durch die Tarnschlucht bis Ste Enimie ist lausig kalt, keine Sonne dringt in den Canyon. In Ste Enimie kaufen wir nochmals ein: Ein großes Laguiol-Messer für unsere Waffenwand im Wohnzimmer, 1 kleineres Messer als Geschenk für einen guten Freund. Weiter dann nach Meyrueis. Vom Belvedere haben wir einen herrlichen Blick auf den Cirque de-St. Chely-du-Tarn. Weiter über den Col d Coperlac, 900 m, auf der D 996, über den Col Perjuret, 1.031 m. Wir haben von dieser herrlichen Höhenstraße einen tollen Blick in die Landschaft, seltsame Felsformationen, weite Schafweiden, tiefe dunkle Wälder und große Wiesen mit rotem Klatschmohn, ein selten gewordener Anblick. Bei strahlendem Sonnenschein erreichen wir den Mont Aigoual und das Observatorium in 1.567 m Höhe. Noch hat man einen phantastischen Überblick weit über die Landschaften der Cevennen.

Die Cevennen, höchster Berg Mont Lozere, 1.699 m, sind eine Mischung aus Bergmassiven und extrem trockenen Hochplateaus, die in tiefen Schluchten von Flüssen durchschnitten werden. Schon 1913 schlug der bekannte Höhlenforscher Martel die Schaffung eines Nationalparkes in den Cevennen vor, um die Schönheiten der Region zu schützen. Doch erst 1970 wurde der Nationalpark, der größte in Frankreich, ausgewiesen. Der zentrale Bereich, unter Naturschutz gestellt, soll Landschaft, Flora und Fauna schützen. Ziel des Parkes ist auch, das Land vor weiteren Zerstörungen zu bewahren und der Abwanderung der Bevölkerung Einhalt zu gebieten.

Der Aigoual, aus Granit und Schiefer bestehend, ist der höchste Punkt der südlichen Cevennen. Es ist einer der bedeutendsten hydrographischen Knotenpunkte des Zentralmassivs. Der Gipfel hält sowohl die vom Atlantik kommenden Wolken als auch den ständig vom Mittelmeer aufsteigenden Dunst auf, daher auch sein Name - der Regenreiche (Aiqualis).
Vor 100 Jahren war der Berg trostlos, kahl. Der Forstbeamte Georges Fabre liess ihn 1875 aufforsten. Fabre liess auch Straßen und Wege um den Aigoual anlegen, Forsthäuser restaurieren und eine Wetter-warte bauen. Die auf dem Gipfel des Aigoual erbaute Wetterwarte wird heute vom französischen Wetteramt genutzt. U. a. wird dort ein Testzentrum für Geräte, die extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt sind, betrieben. Es ist die einzige Wetterstation in Frankreich, die von Meterologen bewohnt wird. Eine kostenlos permanente Ausstellung mit vielen interessanten Bildern und Gegenständen ist in unterirdischen Gewölben zu sehen. Leider ist die Beschriftung nur in Französisch, was viele der internationalen Besucher bedauern.

Nachdem wir uns alles ausführlich angeschaut haben, von der Spitze des Turmes der Wetterwarte einen beeindruckenden weiten Rundblick über die Causses und die Cevennen geniessen konnten, fahren wir bis zu dem Dorf l'Esperou, wo wir Kaffee trinken. Dieser ist zwar nur "Spülwasser", dafür gibt es herrlich gute Brioche. Es ist 13 Uhr und die Straßen sind leer gefegt, die Franzosen sitzen beim Essen. Weiter geht es über den Col de la Sereyrede, 1.301 m. Hier verläuft die Wasserscheide und an seinem Fuß liegt das Herault-Tal, dass von den Hügeln der Cevennen überragt wird. Der Pass war einst einer der Übergänge, über den einer der breiten Pfade führte, die früher alljährlich für den Auftrieb der Schafe benutzt wurden. An den Schneisen, die sich durch die Cevennen-Hügel ziehen, erkennt man, dass diese Pfade teilweise auch heute noch benutzt werden, obgleich die meisten Schafe mit Lastwagen zu den Sommerweiden gebracht werden.

Durch die Gorges de la Dourbie, ein malerisches Tal, geht es nach St. Jean-du-Bruel, auch Garten des Aveyron genannt. Riesige Apfel- und Pflaumenplantagen sind hier zu sehen. Von der Brücke Pont Neuf hat man einen schönen Blick auf das Flussufer der Dourbie. Die Markthalle aus dem 18. Jh. hat uns vor Jahren schon sehr gefallen. Wir wollen uns hier einen Campingplatz ansehen, dieser gefällt uns aber nicht so besonders.

Das Dourbie-Tal wird auf dem Weg nach Nant breiter. Hier erhebt sich auf dem Kalkplateau über dem Ort ein Felssporn, Roc Nantais. In der Nähe des prächtigen Rathauses der Stadt parken wir. An den schönen Markthallen aus dem 17. Jh. vorbei laufen wir zur Abteikirche St. Pierre (11. und 12. Jh.). In einer der schönen Straßen fotografieren wir die Quelle Pouzadou. Wir verlassen den schönen Ort und fahren weiter, durch den Canyon de la Dourbie, eng, kurvig, aber mit einer traumhaften Sicht. Vorbei an Cantobre. Das am Zusammenfluss von Trevezel und Dourbie malerisch gelegene Dorf thront auf einem Felsvorsprung. Seiner Ausgewöhnlichkeit verdankt der Ort seinen Namen: "quant obra" - "welch ein Werk". Vorbei an der alten Mühle - Moulin de Corps - bis nach La Roque-Ste-Marguerite. Das Dorf wurde in Stufen am Eingang der Schlucht des Riou Sec, am Fuß des mit Pechnasen versehenen Turms einer Burg aus dem 17. Jh. erbaut, deren romanische Kapelle als Kirche dient. Das Dorf wird von den sonderbaren Felsformationen Chaos du Rajol und Chaos de Montpellier-le-Vieux überragt. Es geht weiter durch den schönen Canyon, rechts und links des Flusses erheben sich die hohen, in leuchtenden Farben schimmern-den Felswände des Causse Noir und des Causse du Larzac, überragt von sehr stark gezackten Felsen. Eine traumhafte Landschaft, wir sind immer wieder begeistert, hier zu fahren.

Wir kommen nach Millau, von dort geht es über Paulhe, Aguessac, La Cresse, Chateau Peyrelau nach Le Rozier und zum Campingplatz, Ankunft um 16.30 Uhr. Die Fahrt auf der D 187, am anderen Tarnufer entlang, war sehr schön. Dort leben die Bewohner von der Landwirtschaft und Viehzucht, also normal und nicht vom Tourismus, der, wie wir bemerken, rückläufig ist. Das war heute mal wieder eine tolle Strecke, die Rolf ausgesucht hat. Am Campingplatz lese ich eine Nachricht von Andreas, er hat unsere Grüße an die Facebook-Freunde weitergeleitet. Und dann wird unser Waffenarsenal gut verstaut. Inzwischen haben wir 6 extreme Messer, Rolf trägt eines am Gürtel, eines in der Hosentasche, ich hab eins im Rucksack, zwei wollen wir verschenken und ein mörderisch großes kommt Zuhause an die Waffenwand. Der Tag heute war wieder herrlich, bei 29 Grad. Und so entschliessen wir uns, noch länger hier auf dem schönen Platz zu bleiben. Zum Dinner gibt es Kalbschnitzel, gemischten Salat, Baguette, Trauben und Rotwein. Wir erleben einen weiteren schönen Abend am Tarn, die Enten kommen zu Besuch, die kleine schwarze Katze lässt sich blicken, die Fledermäuse schwirren umher auf Futtersuche und die Fischreiher sind bemüht, etwas zu fangen - die reinste Idylle für uns. Gegen 20.30 Uhr, es wird langsam kühl, verziehen wir uns in den Bus, "Dracula" steht als Film auf dem Programm. Um 23 Uhr gehen wir schlafen.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Tour über 39 Tage, von Niederbayern, durch Frankreich (Zentralmassiv) und weiter nach Italien (Ligurien - Aosta-Tal) Hier der erste Teil - Frankreich.
Details:
Aufbruch: 07.09.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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