Faszination Indien

Reisezeit: Oktober / November 2006  |  von Julia S

Indien: Noch 3x schlafen ...

... dann habt Ihr mich wieder!

Delhi, 15.11.06

Die letzten beiden Tage in Nainital waren leider dominiert von Wolken (keine Fernsicht auf himalayasche Gipfel) und meinem heftigen Bruellhusten.

Inder sind ja sooo suess. Ich war in einem Restaurant auf der Mall - das ist DIE Strasse in Nainital - und habe ein koestliches Curry verspeist (am Vortag hatte ich tatsaechlich das Huehnchen ausprobiert. War auch ausgesprochen lecker ... leider fuehrte der Rueckweg zum Hotel direkt an einem "National Chicken, Fish and Mutton Shop" vorbei, wo man gerade einem Huhn den Kopf abschlug und das Blut ganz froehlich durch die Gegend spritzte ... das ueberforderte meinen Magen leider um ein Vielfaches! Der Ladenbesitzer war auch nicht ueberaus angetan von der zusaetzlichen Sauerei vor seinem Laden. Aber egal ... alle -bis auf das Huhn - haben es ja ueberlebt.) ... da setzten sich an den Nebentisch 2 Inder und STARRTEN mich an (manchmal denkt man echt, dass die noch nie eine weisse Frau beim Essen gesehen haben ). Nach dem Essen trauten sie sich dann auch endlich mich anzusprechen, die ueblichen Fragen zu stellen und dann ganz besorgt ueber meinen Bruellhusten zu fachsimpeln. Die und die Medizin solle ich nehmen...da nuetzen auch alle meine Erklaerungen nichts, dass keine Medizin hilft und ich diesen Reizhusten nach JEDER Erkaeltung bekomme.
Der eine dackelt los und kommt mit einer Tuete wieder in der sich eine beige, wurmaehnliche Masse befindet. Getrockneter Ingwer mit Salz und Kalk ummantelt. DAS Geheimrezept gegen Husten. Ich probiere eins von den Teilchen und habe Muehe, nicht sofort zu wuergen. Im Laufe des Gespraeches lasse ich es unauffaellig unter dem Tisch verschwinden.

Die beiden Inder erzaehlen froehlich weiter, es stellt sich heraus, dass wir auch noch im gleichen Hotel wohnen (ich gebe vor, meine Zimmernummer nicht zu wissen) und das ganze endet damit, dass sie Markus und mich naechstes Jahr zu unserer Hochzeitsreise () nach Gujarat einladen, weil es da soooo schoen ist! (Markus, freust Du Dich schon ... Honeymoon 20 km entfernt von der Grossstadt Ahmadabad ... romantisch bos zum Abwinken). Schnell noch eine Visitenkarte in die Hand gedrueckt bekommen und noch eine Nummer von Freund Ramesh, der eine Spedition hat und uns dann in Mumbai abholen kann.

Warum ich das erzaehle? Ach ja, Inder sind ja so niedlich:
Abends sitze ich in meinem Hotelzimmer und gucke Fernsehen. Da klopft es an der Tuer. Wer kann das sein? Zimmerservice - habe ich nicht bestellt! Ueberraschungsbesuch aus Deutschland - eher unwahrscheinlich.
NEIN: es ist besagter Ramesh, der doch auch mal schnell die nette german Lady kennenlernen moechte. Ob ich was dagegen haette, wenn er reinkommt und sich ein wenig mit mir unterhaelt. "Aehh, ja sicher ... no problem!". Meine Zimmernummen war nicht schwer rauszukriegen, war ja die einzige blonde im Hotel!
Naja, wir haben uns eine Stunde gut unterhalten, dann durfte ich den Film zu Ende gucken und schlafen. Natuerlich nicht, bevor ich versichert habe, dass Markus und ich nach Gujarat kommen .
Schoen geschlafen. Schnarch schnarch ... KLOPF KLOPF ... ein geschockter Blick auf die Uhr. 7:15 Uhr? Wer klopft an meine Tuer? Und warum so frueh?
Bekleidet mit einer tuerkis-schwarz-geringelten langen Unterhose, darueber einer blau und weiss karierte Boxershorts, dicken Socken (blau) und einem grasgruenen T-Shirt wuehle ich mich unter Wolldecken hervor (das Klopfen haelt an und wird draengender) und schleppe mich zur Tuer. Es ist Ramesh, der kurz vor seiner Abfahrt schnell noch ein Foto mit mir machen will (also manchmal sind die Inder ja schon etwas hemmungslos ... obwohl ich den Gedanken witzig fand, das mal bei uns in einem Hotel zu machen . Jule (geschockt und mit einer Reibeisenstimme, die zwei Wochen Ballermannurlaub alle Ehre gemacht haette):"Not in this dress". Ramesh (gelassen): "I come back in 15 minutes, no problem." SUPER. Schaffe es, mich ansatzweise zu stylen. Beim Zaehneputzen klopft es. Ich reisse leicht genervt die Tuer auf, da erst ca. 7 min. vergangen sind.

Ein weiterer Freund aus der Reisegruppe, der mir noch schnell einen Hustensaft irgendwo besorgt hat. Wie nett ... ich denke an die Madagaskar-Pinguine und ihr Motto: "Laecheln und winken, Maenner. Stur laechlen und winken." ... ein artiges Dankeschoen und weiter geht es mit dem morgendlichen Styling.
Dann der Fototermin! Mehrere Hintergrundkulissen und natuerlich Einzelfotos mit jedem der 4 Maenner; noch ein Gruppenfoto und ich darf wieder ins Bett kriechen. Es klopft (ich verfluche den Tag): es ist Ramesh, der irgendwo noch ein Flaeschchen Hustensaft besorgt hat. Ja, vielen Dank. Ich bin so hoeflich, nicht zu erwaehnen, dass ich schon als Kind bei jedem Hustensaft brechen musste. (Stur laecheln und winken).

Man verzeihe mir die leichte Ironie im obigen Absatz. Aber ob dieses Erlebnisses war ich wirklich hin- und hergerissen zwischen leicht amuesierter Freude ueber alles Liebgemeinte der Inder und leichter Veraergerung ueber nicht gerade dezentes Verhalten gegenueber Touristinnen.
Wenn ich es recht ueberlege ueberwiegt allerdings die Freude darueber, dass ich nett und herzlich behandelt werde!

Nach diesem Kraftakt, beschliesse ich, nicht auszuchecken, sondern mir meinen Raum ueber den Tag zu sichern und erst abends, wenn der Bus abfaehrt, auszuchecken.
Leider war an meinem letzten Tag in Nainital Mistwetter (die Wolken hingen so richtig schoen bis in den Ort). Trotzdem noch eine kleine Nebelwanderung unternommen. Ein letztes Abendessen im warmen Bett. Sachen packen (zum vorletzten Mal) und ab zum Bus.
Statt um 21 Uhr faehrt dieser erst um 23 Uhr ab, was allen mitreisenden Indern die Chance gibt, sich an meinen lauten Husten zu gewoehnen (Nein, diesmal gab es keinen Hustensaft, nur ein paar Ratschlaege und Honigbonbons ... mmmh!).
Einige Leser dieses Berichts waren ja schon das ein oder andere Mal mit mir auf einer Kirmes und koennen bestaetigen, dass ich nicht gerade zimperlich bin, was schnelle und sehr schnelle Fahrgeschaefte angeht ... ich hatte das erste Mal in meinem Leben eine Ahnung davon, wie es ist, wenn einem auf einem Karussell schlecht wird. Der Bus brach auf der Serpentinenstrasse ins Tal alle Geschwindigkeitsrekorde.
Hey, habt Ihr schon mal mit einem Reisebus mehrere Motorraeder und Roller auf stockdunklen Serpentinen abwaerts ueberholt? Kein gutes Gefuehl!!!
Rest der Busfahrt verlief ruhig. Ich hatte einige Kaempfe mit meinem Sitznachbarn auszustehen, der die Haelfte meines Sitzes mit in Anspruch nehmen wollte (vermutlich, weil er so angetan von einer europaeischen Sitznachbarin war). Aber ich kann ja jetzt laut und deutlich NEIN sagen. Ein anderer Fahrgast, dem mein Missfallen auffiel hat ihm dann auch noch ein paar passende Sachen gesagt und schon war die Sache geregelt!

Morgens in Delhi angekommen. Muede in ein TukTuk gehuepft, noch nicht mal mehr die Kraft gehabt, den Preis runterzuhandeln und ab ging es nach Hauz Khas zu Sonia und Kabir, die mich erst am 17. erwartet hatten. Darf aber trotzdem bleiben .
Morgen mache ich einen Tagesausflug nach Agra. Ich kann Indien ja schlecht verlassen, ohne mir das Wahrzeichen angeschaut zu haben!
Und dann ... dann bin ich wieder bei Euch!

Liebe Gruesse von Eurer Julia!

© Julia S, 2006
Du bist hier : Startseite Asien Indien Noch 3x schlafen ...
Die Reise
 
Worum geht's?:
Faszinierende Farben - Gewürze - heilige Kühe -Exotik - Musik, Musik, Musik - Chaos - Improvisation - Himalaya - Wüste - Moloch (?) Delhi ...
Details:
Aufbruch: 01.10.2006
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 18.11.2006
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Julia S berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors