Nach nur einem Jahr zurück in Peru!!!

Reisezeit: März / April 2008  |  von Stefan Frei

Und weg war das Geld...

Und dann war es soweit: Der Inhalt meiner Geldbörse wechselte zum ersten Mal unfreiwillig den Besitzer...
Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich mich trotz aller Warnungen unglaublich dumm verhalten habe. Allerdings ging alles unglaublich schnell und die Herren verstanden ihr Handwerk wirklich gut, das muss man ihnen lassen!

Ich verbrachte den Sonntag alleine in Chiclayo, um noch etwas von der Stadt selbst kennenzulernen und anschließend zu Las Pirámides de Túcume zu fahren.

Nachdem ich mich durch den riesigen Markt geschlängelt hatte, sämtliche schreiende Verkäufer von rechts und links lächelnd ignoriert hatte und richtig gut gelaunt war, bot ein ca. 30jähriger Peruaner mir und noch einem Mann, der sich später als sein Komplize herausstellte, an mit an den Straßenrand zu kommen. Er wolle uns was zeigen.

Unweit hiervon ereignete sich das Übel

Unweit hiervon ereignete sich das Übel

Neugierig tat ich es dem anderen gleich und folgte ihm. Dort klappte er seinen Klapptisch und Utensilien aus und schenkte jedem von uns 2 Lose. Ich öffnete das erste, hatte natürlich sofort einen Gewinn und bekam 2 Soles.

Auch das 2.Los zeigte einen Gewinn. 10 Soles wurden mir versprochen. Allerdings habe er nur 20 und ich solle ihm 10 geben. Ich war natürlich schon sehr misstrauisch über das ganze Spielchen, aber nachdem bei dem anderen Spieler alles glatt gelaufen war und mir die 20 Soles schon entgegengestreckt wurden, zog ich dann doch zögerlich meine Geldbörse und zog 10 Soles heraus. Im Nachhinein sehr verwirrend finde ich, dass hinter mir noch andere Leute mir noch eine Frau versicherte ich solle ihm doch die 10 Soles geben. Noch eine Komplizin?

Von diesem Moment an ging alles unglaublich schnell. Der Spielleiter griff in meine Geldbörse mit dem Kommentar mit den anderen Scheinen könne er noch besser wechseln und ehe ich kapiert hatte, was vor sich ging, hatte er die kompletten 170 Soles (4 Sol = 1 Euro) herausgezogen. Danach verwies er mich an einen weiteren in der Nähe stehenden Mann, der mir nun meinen Preis zeigen würde.

Ich hatte noch nicht wirklich realisiert, was passiert war und drehte mich zu diesem um. Als ich einige Sekunden später zurückblickte, war von dem Spielleiter mit meinem Geld nichts mehr zu sehen.

Zu meinem Glück gab es in der Menschenmenge um uns aber auch Leute, die handelten. Ein ziemlich großer und kräftiger Mann packte denjenigen, der mich zu meinem "Preis" führen sollte, nahm ihn in den Schwitzkasten und führte ihn mit mir zum nächsten Polizisten. Wie der Mann mit meinem Geld gefasst wurde, weiß ich nicht. Auf jeden Fall wurde auch er später ins Polizeiauto eingeliefert.

So gings dann also in einem Polizeiauto mit den beiden in Handschellen neben mir aufs Polizeirevier.

Dort durften sich die 2 erstmal komplett ausziehen und jeder erdenkliche Winkel wurde durchsucht. Es folgte jede Menge Papierkram. Die Daten der beiden wurden aufgenommen. Allerdings stellten sie sich bei der Suche nach den Eltern als falsch heraus und die wahre Identität wurde soweit ich mitgekriegt habe nicht geklärt.

Nach 2 Stunden auf dem Polizeirevier dachte ich dann es wäre endlich vorüber. War aber nur die Aufnahme der Daten. Was folgte, war meine Zeugenaussage. Ein im ersten Moment wenig vertrauenswürdig aussehender Mann in Jogginghose nahm anschließend mit einer alten Schreibmaschine in einer dunklen Kammer meine Zeugenaussage auf. Ich kam mir vor wie in einem alten Schwarz-Weiß-Film. Zwischendurch wurde ich zu den Zellen der beiden geführt, um zu erklären, wer was gemacht hatte. Ich muss sagen: Schlimmer hätte ich mir eine Gefängniszelle nicht vorstellen können. Kaum Licht, nur Steinboden, die beiden saßen zusammengekauert und niedergeschlagen am Gitter,...

Nach weiteren eineinhalb Stunden war das Ganze dann endgültig vorüber. Der Befragende hatte zwar entweder nicht alles richtig verstanden, was ich ihm über den Tathergang auf Spanisch zu vermitteln versuchte oder er wollte es nicht. Auf jeden Fall war ich dann doch froh endlich meine Unterschrift unter die im Groben wahrheitsgemäße Zeugenaussage zu setzen und meine 170 Soles zurückzuerhalten.

Nachtrag

Dem nicht genug, flatterte mir Mitte November eine Mitteilung des Obersten Gerichtshofes Chiclayo ins Haus. Ich möge doch bitte am Di, 21.11. zu einer Aussage erscheinen. Wenn nicht, zwinge mich die Polizei "con fuerza" dazu.

So machte ich also auf dem Rückweg von Chachapoyas Dienstag morgens Zwischenstopp in Chiclayo, gespannt darauf eine peruanische Gerichtsverhandlung miterleben zu dürfen.

Zunächst wurde ich -weil mit meiner letzten sauberen Hose der Reise, einer kurzen- bekleidet, fast nicht hereingelassen und durfte mir anschließend einen Vortrag über diese Respektlosigkeit gegenüber eines peruanischen Gerichts anhören. Es folgte ca. eine Stunde des Wartens, da wieder einmal der Strom ausgefallen war.

Zu guter Letzt kam ich dann zu meiner Aussage, allerdings nicht wie ich mir vorgestellt hatte, im Rahmen eines Prozesses, sondern alleine mit einem Beamten. Nachdem ich meine Geschichte abermals erzählt hatte, machte er sich daran meine Aussage von der Polizeistation wortwörtlich in den Computer zu übertragen, mitsamt sämtlicher verfälschter Details von damals. Da der Diebstahl von 170 Soles aber soweit mir gesagt wurde, sowieso keine Auswirkungen hat, setzte ich dann froh endlich gehen zu können meine Unterschrift unter die Aussage. Der tiefere Sinn abermals nach Chiclayo reisen zu müssen, blieb mir irgendwie verborgen...

El corte superior

El corte superior

© Stefan Frei, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach meinem Auslandssemester 2006/07 in Trujillo bot sich kurzfristig wieder die Möglichkeit dorthin zu reisen. Meine Reise führte mich nach einiger Zeit im Hause meiner Freundin in den Norden des Landes und nach Ecuador. Ein Monat Südamerika - im Nachhinein zu kurz, um sich wirklich wieder an das Leben dort zu gewöhnen. Schön wars trotzdem!
Details:
Aufbruch: 04.03.2008
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 04.04.2008
Reiseziele: Peru
Lambayeque
Bolivien
Der Autor
 
Stefan Frei berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.