Eine Münchnerin in Kairo

Reisezeit: August 2007 - Februar 2008  |  von Isabel Rabe

Neue Aufgabe

Also jetzt wurde mein Aufgabenbereich verschoben. Ne, für Sport bin ich immer noch zuständig... aber könnt ihr euch noch daran erinnern, dass ich euch von meinen kleinen Monstern in der 2c erzählt habe? Da ihre Klassenlehrerin es alleine dort sehr schwer hat, wurde ich nun als ihre Hilfskraft abgestellt. Das heißt, ich verbringe verdammt viel Zeit mit diesen Bälgern. Ich kann euch sagen, das ist seehr anstrengend. Meine Stimme ist doch manchmal ziemlich strapaziert und nach der Schule bin ich froh, wenn ich einfach mal den Mund halten kann, weil ich mir den ganzen Tag denselbigen fusselig geredet oder geschrien habe. Ein kleiner Erfolg ist dennoch bereits zu verzeichnen, denn die Kleinen haben schon verlauten lassen, dass sie mit mir lieber Mathe machen als mit Frau Stefanie. Hehe.
Meine Sportklassen sind soweit auch ganz ok abgelaufen. Sport ist eben nicht gerade mein Lieblingsfach, da es sich aber auch nur um 1. und 2. Klasse handelt, ist das Programm nicht ganz so wild. Selbst wenn ich es knallhart sportlich intensiv am Rande des Extremsports durchziehen wollte....hätte ich keine Chance. Die Kleinen haben schon bei den einfachsten Spielen Probleme dabei, sie umzusetzen. Klar, es hapert wohl am Wortschatz. Wenn während der Stunde ca. 20 Mal die Kids zu mir gerannt kommen, um irgendwelche Ungerechtigkeiten Publik zu machen, habe ich sowieso meistens Verständnisprobleme. Das kommt zum einen wohl von dem Lautstärkepegel, der sogar den Kids selbst Kopfweh und mir bald einen Tinitus bis Hörsturz verschafft (nein, das ist nicht übertrieben), zum anderen aber auch von den Sätzen und deren Konstruktionen, die sie mir vor den Latz knallen. "Sie gehen....Boden...mit Hand...an Arm!" Daraus soll ich mir dann zusammenreimen, dass ein Junge irgendwem irgendwo irgendwie weh getan hat. Da fällt mir ein, vielleicht handelt es sich schlichtweg nur um einen Geheimcode. Wenn der aber nicht formuliert wird wie "Die blaue Eule fliegt um Mitternacht!", dann versteh ich's einfach net. Seit ein paar Tagen kommt auch das Problem hinzu, dass irgendwelche Kids immer wieder in die Sporthalle oder die Umkleide pinkeln. Was ich auch nicht verstehe, weil wirklich alle 2 Minuten irgendjemand angerannt kommt, der auf Toilette will...und den ich selbstverständlich ziehen lasse.

Nächste Woche Mittwoch findet bei uns in der Schule ein Iftar statt. Das bedeutet, dass die Lehrer dort für alle Helfer und Arbeiter, unsere Securieties, die Busmadames und Putzfrauen das abendliche Fastenbrechen mit allerhand Selbstgekochtem ausrichten. Das ist eine nette Geste, wie ich finde. Gehören unsere Angestellten wohl auch nicht gerade zu einer zufriedenen Mittelschicht.
Außerdem berät die 5. Klasse zur Zeit, wo die Klassenfahrt im November hingehen soll. Nachdem wir ihnen mehrere Male erklärt hatten, dass wir sicher nicht für 3 Tage nach Canada, Deutschland oder Paris fahren werden, konnten sie sich doch recht schnell mit einem innerägyptischen Ziel zufrieden geben. In die engere Auswahl kamen Ain Sukhna, Sharm el Sheikh und Moon Beach. Letzteres kannte ich bis vor Kurzem auch nicht...es handelt sich aber wohl um ein Surferparadies auf der Sinai-Halbinsel. Das endgütlige Ziel wurde noch nicht bestimmt. Denn bis Vorgestern mussten noch Mädchenzickereien ausdiskutiert werden, die beinahe die ganze Klassenfahrt gekostet hätten. Nur so viel: es ging um einen Stift! Aber hey, Katja wusste den Gruppendruck gut für sich zu nutzen
Natürlich konnte ich mich am Tag nach unserem Reitausflug so gut wie gar nicht mehr bewegen. Ich schleppte mich von Stunde zu Stunde, sehr langsam vor mich hinstapfend. Nur leider bin ich als Praktikantin immer der Depp vom Dienst, der ins EG zurückgehen muss, um dann vergessene Dinge in den 2. Stock zu bringen. Diese Woche eindeutig noch schmerzvoller. Du wirst sehen Toni, wenn ich wieder da bin springe ich dir wie ein junges Häschen in den 3. Stock!
Die Lehrer - also ein kleiner erlesener Teil - hat nun auch einen ganz eigenen Rückzugsort - das Schuldach. Es gibt anscheinend 2 Schlüssel zu diesem verschwiegenen Örtchen, an den wir uns in den Pausen zurückziehen können. Dort kann man sich von den Schülern (und manchen Lehrern) erholen, rauchen (diejenigen, die es brauchen), und sich im Schatten ein wenig den Wind um die Nase wehen lassen. Ich erzähl euch das auch nur ganz im Vertrauen! Nicht verpetzen! Ansonsten ist einfach nicht zu übersehen, wie sehr Ramadan den Schulbetrieb schlaucht. Die arabischen Kollegen sitzen apathisch in ihrem Lehrerzimmer, die Busmadames legen ermattet schon während des Unterrichts ihren Kopf auf einen, neben ihrem Stuhl stehenden Tisch ab und trotz Kurzstundenplan stehen wir doch immer noch im Stau auf dem Heimweg. Um den Tag der deutschen Einheit werden wir hier 4 Tage verlängertes Wochenende bekommen. So viele Tage an einem Stück frei, wie das wohl sein wird ?

eine kleine Rasselbande

eine kleine Rasselbande

© Isabel Rabe, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
..oder der Aufbruch zu einem 5-monatigen Praktikum an einer deutschen Schule in der Hauptstadt Ägyptens. Ich werde so oft wie möglich versuchen von meinem Leben, meiner Arbeit und dem "Kulturschock" Kairo zu berichten.
Details:
Aufbruch: 31.08.2007
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.02.2008
Reiseziele: Ägypten
Der Autor
 
Isabel Rabe berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.