Zwei Bayern auf Reisen

Reisezeit: Mai - Dezember 2009  |  von Georg Holl

Thailand: Bangkok, die "Stadt der Grattler"

15.10. - 18.10.

Nach 20 ½ Stunden Zugfahrt erreichten wir 1 ½ Stunden früher als geplant Bangkok. Zwar war die Zugfahrt entspannter als gedacht, aber überhaupt nicht zu vergleichen mit einer Zugfahrt in Deutschland. Unter uns knarrte und krachte andauernd eine Zugachse, mit diesem Geräusch würde kein Zug in Deutschland überhaupt aus dem Bahnhof rollen. Die Geschwindigkeit war auf Malaysiaseite so niedrig, dass ich schon Zweifel bekam, überhaupt anzukommen. Dann passierte es ein paar Mal, das der Zug aus dem Bahnhof ca. 500m herausfuhr, dann wieder in den Bahnhof zurückrollte, aber auf ein anderes Gleis, und dort dann warteten, bis der Gegenzug uns passierte. Diese Wartezeiten nutzten dann geschäftstüchtige Frauen damit, in den Zug einzusteigen und ihre Getränke und ihr Obst zu verkaufen, indem sie ständig die Waggons auf und ab liefen, und immer das gleiche riefen: Wie eine ausgeleierte Kassette , die alle fünf Sekunden zurück springt. Mit dieser "Musik" wird man dann auch in der Früh aus den schönsten Träumen geweckt. Die Einfahrt nach Bangkok mit dem Zug ist erschreckend und interessant zugleich. Der Bahnhof liegt ziemlich im Zentrum, und man fährt durch ein großes Slumgebiet hindurch. Es hat den Anschein, als ob die Häuser schon ewig dort stehen, ein Bulldozer einfach eine Schneise mittendurch geschoben hat und dort nun die Bahnlinie verläuft. Teilweise keine 20cm rauscht der Zug laut hupend an den Häusern vorbei, man sieht durch offene Wände in die Wohnzimmer vorbei, und die Bahngleise werden von den Menschen als Art Straße und Verbindung genutzt. Es sieht teilweise so aus, dass bei einigen Leuten der Zug im wahrsten Sinne des Wortes durch deren Wohnzimmer fährt. Das muss man wirklich gesehen haben, wer einmal nach Bangkok kommt, einfach ein Zugticket für 3 Stationen kaufen (wird so um die 20 Cent kosten) und hinaus fahren.

Und dann sind wir angekommen in Bangkok, mit ca. 7 Millionen Einwohner die größte Stadt Thailands und auch gleichzeitig die Hauptstadt davon. Und was ich davor auch noch nicht wusste, ist das die Geschichte der Stadt noch keine 250 Jahre alt ist. Nachdem die alte Hauptstadt "Ayutthaya" im Jahre 1767 erobert und zerstört wurde, wurde über Umwege im Jahre 1772 Bangkok neu gegründet und aufgebaut. Der Thailändische Name lautet anders und heißt übersetzt "Stadt der Engel", aber die Zeit ist anscheinend schon lange vorbei. Wenn so das Verhalten der Engel ist, ja dann gute Nacht. In unseren Augen ist es eher die "Stadt der Grattler"!!! Man wird ständig angelogen und beschissen, unglaublich, aber dazu später.
Nachdem wir ein Hostel gefunden haben, ging es durch die "Kao San Road", bekannt für allerhand Märkte und Stände. Und was es dort alles gibt: Von diversen Essen und Klamotten bis hin zu "professionellen" Fälschern, man kann dort Führerscheine, Studentenausweise, Personalausweise, usw. nachmachen lassen, und die sehen wirklich auf den ersten Blick wie echt aus. Wir waren stark am überlegen, ob wir plötzlich nicht wieder offizielle Studenten sein sollten und somit in den Genuss einiger Eintrittsrabatte zu kommen, haben es dann aber leider die nächsten Tage verschwitzt.
Aber was sofort auffällt, die Stadt ist das reinste Chaos. Überfüllt mit Taxis und Tuk-Tuk Fahrern, die einen alle paar Meter nerven und vollquatschen, wo man hin will, und die kennen kein "Nein, Danke". Man muss wirklich so unfreundlich sein, und die Wegignorieren, was aber auch nicht immer hilft. Ein Geräuschpegel dadurch: Ein ständiges Geschreie, ein Gehupe, rote Ampeln kennt hier keiner, an einem Zischen die Mopeds um haaresbreite vorbei, die Smokglocke über die Stadt, der Dreck überall, Gestank sowieso, usw. Dagegen war Kuala Lumpur wirklich noch sauber und ruhig!

Aber zwischen diesem Dreck, Gestank, dem "Beinahe-Überfahren-werden" sind dann wieder vergoldete Tempelanlagen und Türme, daneben wieder ein Slumgebiet. ich glaube, es gibt kaum eine weitere Stadt mit so einem hohen Kontrast.
Über einige schöne Tempelanlagen ging es dann zu einer Thaibox-Halle, wo abends sogar Wettkämpfe mit einen der besten Kämpfer aus dem Land stattfanden. Und da nun einmal das Thaiboxen die Sportart Nummer eins in Thailand ist, gönnten wir uns die Eintrittskarten und besuchten das Spektakel. Und es hat sich jeder Cent gelohnt. Wir nahmen die billigsten Karten und standen dann mit dem "normalen" Volk hinter einem Gitter, aber eigentlich noch recht nahe am Boxring. Der erste Kampf war zunächst ein normaler Boxkampf, der über 10 Runden ging. Kein großes Abwarten und defensives Verhalten, nein, volles Tempo, über 10 Runden hindurch.
Nach diesem doch schon beeindruckenden Kampf standen neun Thaiboxkämpfe an. Und erlaubt ist dort fast alles, Boxen, Tritte mit dem Fuß, usw. Ähnlich wie Kickboxen. Nur über genaue Punktevergabe bei gewissen Treffern wissen wir noch immer überhaupt nicht Bescheid, aber das war auch dort eher zweitrangig. Denn was viel interessanter als der Kampf war, waren die Zuschauer.
Ein Kampf dauert 5x 3 Minuten. Die ersten 2 Runden waren bis auf einer Ausnahme stink langweilig, sah eher so aus, als ob die Kämpfer zu der Musik, die während des Kampfes läuft, etwas tanzen. Doch mit dem Gongschlag zur 3. Runde ging es dann plötzlich voll zur Sache, und auch auf den Tribünen. Jeder Treffer wird mit einem "Uhhh"-Ruf kommentiert (und es gibt viele Treffer), und alle möglichen Leute laufen schreiend und mit der Hand winkend umher, um Wettpartner für diesen Kampf zu finden. Eine Atmosphäre, phänomenal. Die Stimmung scheint für die 3 Runden förmlich zu explodieren, bei jedem größeren Treffer wird es noch lauter, weil (anscheinend) die Wetteinsätze noch interessanter werden und jeder noch einen weiteren "Wettgegner" zu noch besseren Quoten finden will. Und das absolut faszinierende: es passiert alles per Handzeichen: Wer, welche Quote (z.B. 4:1), welcher Einsatz, usw. Da kommen dann "Beziehungen" quer durch die Halle zu Stande. Einfach unglaublich, was für eine Stimmung! Für jeden, egal Mann oder Frau, der nach Bangkok kommt, Pflichtprogramm, mein großer Tipp für die Stadt, außer dem Tipp, dass man die Stadt auf alle Fälle meiden soll!

Da wären wir nun, bei der "Stadt der Grattler". Im unserem Reiseführer haben wir schon gelesen, dass die Stadt sehr korrupt ist und man speziell auf Diebstähle aufpassen soll. OK, nichts neues! Eine weitere Punkt ist, dass einen angeblich Leute vor den Hauptsehenswürdigkeiten ansprechen, die dann behaupten, die Sehenswürdigkeit habe geschlossen und einem einen "Geheimtipp" an einem anderen Ort zeigen wollen, dafür ein Taxi oder Tuk-Tuk rufen und einen dort hinfahren. Was dort dann passiert, gibt verschiedene Storys. Aber wie es eigentlich so ist, wenn über was in einem Buch gewarnt wird, dann ist da eigentlich auch schon wieder vorbei... Denkste!
Wie jeder Besucher geht es auch für uns an einem Tag zum Gebiet, mit den meisten und bekanntesten Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel dem "Grand Palace", "Wat Pho", "Wat Phra Kaew". Auf einem großen Platz davor kommen wir eher zufällig mit einem netten Herrn ins Gespräch, der, wie es sich heraus stellt, Professor an einer Universität ist. Sehr gepflegt, Professorenbrille auf, gebildeten Eindruck. Haben ihm alles abgenommen. Nach einigen Minuten Gespräch erwähnt er beiläufig, dass heute "Buddha-Tag" sei und wegen gewissen Gebeten die Sehenswürdigkeiten erst gegen 14.00 Uhr aufmachen. Hat mich etwas gestutzt, weil gelesen habe, dass einige schon gegen 15.30 Uhr schließen, aber kann ja sein. Egal, gibt ja auch außen herum viel zu sehen. Er zeigt uns dann auf unserer Landkarte gewisse andere Punkte, die man nicht versäumen sollte, und alle liegen ziemlich eng zusammen. Sehr nett der Herr! Für uns später oder morgen eine Option, weil es nicht weit weg von unserem Hostel liegt. Er lässt sich da nicht beirren, gibt uns sogar noch weitere Tipps, auf welche Nummerschilder bei den Tuk-Tuk-Fahrern wir achten sollen, und plötzlich steht auch schon eins dort. Perfekt, weißes Nummernschild, vertrauenswürdig, und er handelt für uns sogar noch so einen günstigen Preis aus. Wir erklären ihm ein paar Mal, dass wir später hin gehen werden, wir wollen ihn ja auch nicht beleidigen. Irgendwann plötzlich dreht er sich um, beschimpft uns und geht "beleidigt" weg. Wir hatten echt ein wenig ein schlechtes Gewissen, unhöflich gewesen zu sein. 100 Meter weiter und ca. 50 Meter vorm Eingang zwei nette junge Männer die uns hinweisen, dass wir uns den Weg sparen können, da "Buddha-Tag" ist und diese Sehenswürdigkeiten bis 13.00 Uhr heute geschlossen haben, wir aber Glück haben, weil ausgerechnet heute freier Eintritt an einem anderem Ort sei. Nun fällt endlich bei uns der Groschen, mittendrin in der Masche. Mit Mühe können wir uns von denen, die für uns schon das nächste Tuk-Tuk anhielten, loseisen.

Und natürlich, die Sehenswürdigkeit "Grand Palace" hat offen, kein Buddha-Tag! Aber damit noch kein Ende. Nachdem wir dort dann drinnen waren (es sei kurz erwähnt: faszinierende Bauten, aber ist ja auch das Wahrzeichen Bangkoks) geht es um die Stadtmauern herum zum zweiten Highlight, dem "Wat Pho", der riesigen, liegenden Buddhastatue. An einem geschlossenen Tor steht ein Mann hinter der Absperrung, zwei Polizisten wuseln neben ihm ein wenig umher. Der Typ sieht uns und entschuldigt sich dafür, dass die Sehenswürdigkeit geschlossen habe. Wir sind bissl enttäuscht. Auf die Frage, wann es wieder aufmacht, sagt er: Morgen, weil heute ist "Buddha-Tag", aber dafür kann er uns einen anderen Tipp geben. Wir könnens nicht fassen und gehen weiter, sehen dann noch einige weitere Personen stehen, die kleineren Gruppen auf dem Plan gewisse Sachen deuten, alle in der Region, den uns schon der "Professor" angekreuzt hat. 50 Meter weiter stehen wir wieder vor der richtigen Türe, und natürlich nichts geschlossen. Als wir später vorm McDonalds wieder von zwei weiteren angesprochen werden, platzt mir der Kragen. Ich rege mich so auf, dass sogar die Polizisten daneben stehen und nichts dagegen tun. In diesem Moment schießt mir eine weitere Geschichte in den Kopf, die wir bei unserer Ankunft hatten, und meinen letzten Funken Vertrauen in die "Grattler" aus Bangkok raubten. Als wir mit dem Taxi in die Gegend kamen, wo wir unser Hostel suchen wollten, kam uns ein Mann zur Hilfe und sagte, dass hier in der Nähe ein Polizeibüro sei, in dem auch ein Touristenbüro ist. Wir sollen dort hingehen, weil diese Gegend extrem Diebstahlgefährdet sei. Cooler Tipp, nahmen wir nach ein wenig zögern an und der Herr war dann so nett und führte uns direkt in das Polizeibüro. Dort war dann ein weiterer Herr, der uns schon freundlich empfing, eine Stadtkarte aushändigte und uns davor warnte, hier in der Gegend ein Hostel zu suchen, weil es täglich zu Diebstählen aus den Zimmern kommt. Er holte Berichte raus, und einige Polizisten schwirrten auch umher. Sehr vertrauenswürdig alles. Wir bedanken uns, und sagen, dass wir in diese Gegend, die er uns vorgeschlagen und angekreuzt hatte, hinlaufen wollen. Aber er wird ein wenig überfreundlich, kommt mit uns raus und besteht, dass er uns ein Tuk-Tuk holen will, nicht dass wir von dem mit dem Preis über das Ohr gehauen werden. Wir wollen aber lieber gehen, und nach einigen "netten" Diskussionen dreht er sich um und geht beleidigt. Mann, hatten wir über die Tage ein schlechtes Gewissen deswegen, weil wir doch gleich um die Ecke ein nettes Hostel fanden und nicht seinen Tipp befolgten.

Als ich in dem Mc Donalds meine Karte von ihm raushole könnt ihr 3x raten, in welcher Gegend sein Kreuz war. Und der Tipp war in demselben Raum wie die Polizisten, wenn es überhaupt echte waren. Mich würde echt interessieren, was in dieser Gegend passiert, wir haben es nicht recherchiert, hatten keinen Bock mehr!
Wir waren so etwas von genervt von der Stadt, ich war eh schon mit Magenproblemen wegen einer "20-Cent-Straßenverkaufs-Wurst" über die tage dort geplagt, dann diese Verbrecher und die ganze Zeit wird man übers Ohr gehauen: Die Bootstussi hält mittendrin an und will ohne Trinkgeld nicht weiterfahren, eine andere Frau drückt uns beim Anlegen einen Zettel in die Hand und will Anlegegebühren, usw.
Aber Schlimmste ist, wenn man in jede Person das Vertrauen verloren hat, man weiß bei keinem, egal wie nett er dort tut, was die Hintergedanken sind. Daher beschlossen wir, gleich am nächsten Tag die "Stadt der Grattler" zu verlassen, obwohl es dort noch einiges zu sehen gäbe. Nun geht es nach "Ayutthaya", und das Wichtigste wird für uns zunächst sein, wieder fremden Leuten Vertrauen zu können.

kleines Chaos in Bangkok |pm

kleines Chaos in Bangkok |pm

Bangkok von seiner schönen Seite...

Bangkok von seiner schönen Seite...

... und der "anderen" (Straßen-) Seite

... und der "anderen" (Straßen-) Seite

Beim Thaiboxen

Beim Thaiboxen

Das Handzeichen bedeutet: Wetteinsatz 3:2 (gelernt!!!)

Das Handzeichen bedeutet: Wetteinsatz 3:2 (gelernt!!!)

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"Grand Palace"

"Grand Palace"

eindeutige Straßenangebote!

eindeutige Straßenangebote!

vom Regen überrascht

vom Regen überrascht

"Wat Pho"

"Wat Pho"

Leben am Fluss |pm

Leben am Fluss |pm

3-Spurige Hauptstraße

3-Spurige Hauptstraße

Mit dem Zug durch ein Slum (ohne Zoom)

Mit dem Zug durch ein Slum (ohne Zoom)

© Georg Holl, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vom entspannten Liebesurlaub zur abenteuerlichen Männerreise in 2 Akten mit kurzem Zwischenspiel (Solo): 1. Akt: Schorsch und Claudi auf den Fiji-Inseln und in Neuseeland. Zwischenspiel: Schorsch von Cairns nach Melbourne 2. Akt: Schorsch und Piet über Australien und Indonesien quer durch Süd-Ost-Asien (Malaysien, Thailand, Kambodscha, Laos, Vietnam, China, Tibet, Bhutan, Nepal, Indien).
Details:
Aufbruch: 10.05.2009
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: Dezember 2009
Reiseziele: Fidschi
Neuseeland
Australien
Singapur
Malaysia
Thailand
Laos
Der Autor
 
Georg Holl berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.