Kanada - Von der West-zur Ostkueste oder doch erstmal in den Norden?

Reisezeit: Mai 2010 - September 2011  |  von Isabel Maltan

Blachfordlakelodge: Alltag, der etwas anderen Art

Ich hoffe, es geht euch allen gut und ihr geniesst den Herbst daheim und das 200. Oktoberfest, dass ich verpass, find ich scho ziemlich schade.
Schickt mir doch ein Bild im Dirndl von euch, dann hab ich auch was von Muenchen und der Wiesn.

Ich erlebe momentan zwar nicht so viele aufregende Dinge wie in den Wochen zuvor, aber die Landschaft entschaedigt fuer alles.
Gerade liege ich auf dem Bett und beobachte den Nebel, der sich zwischen den Baeumen hindurchschlaengelt und langsam ueber den See kriecht, beleuchtet von den letzten Sonnenstrahlen.

Sonnenaufgang vom Nebel verborgen

Sonnenaufgang vom Nebel verborgen

Long Lake

Long Lake

Waehrend Yellowknife schon von Schnee bedeckt war, geniessen wir noch die letzten Tage des Herbstes, der sich schon merklich dem Ende zuneigt.
Es ist rapide kuehler geworden, wir haben so um die fuenf Grad tagsueber und letzte Nacht ist das Kerosin in den fluessigen Kerzen gefroren.

Morgenfrost

Morgenfrost

Den Garten haben wir im regnerischen Schneefall winterfest gemacht und die letzten Maleraussenarbeiten stehen an.
Sobald der erste Schnee faellt, werden wir Feuerholz machen.
Die Baeren ziehen sich bald in ihren Winterschlaf zurueck und zusammen mit den Karibus werden die Woelfe Einzug halten.
Die Dunkelheit senkt sich jetzt schon um acht auf uns herab und Ende November wird die Nacht den Tag bestimmen.

Manchmal kann ich es immer noch nicht glauben, dass ich es tatsaechlich durchgezogen habe, dass ich hier bin und es kein Tagtraum ist.

Sattdessen sitze ich wirklich hier auf den Felsen, die Abendsonne scheint mir ins Gesicht, alles leuchtet, ein paar Woelkchen ziehen ueber den Himmel und die Pusteblumen wiegen sich im Wind.
Wieder einmal frage ich mich, wieso mir die Gegend so surreal erscheint.
Es sind doch nur Waelder.
Waelder und Waelder, die sich ueber unzaehlige Meilen erstrecken.
Abschnitte, die niemand zuvor betreten hat.

Was macht diese Gegend so besonders? So anziehend?
Ist es die Ruhe, die Harmonie, die Freiheit, der offene Horizont, die intensiven Farben oder dass man sich wie in einem Bilderbuch, einem Maerchen vorkommt.
Man nestelt sich an einen Baum, der Wind erzaehlt seine Geschichte und die goldgelben Blaetter fallen wie Sternenstaub vom Himmel.
Ich hatte den Hirtenjungen vor Augen, der auf einem Halm kauend auf seine Liebste wartet.

Der See mit seinen vielen Inseln und Einbuchtungen

Der See mit seinen vielen Inseln und Einbuchtungen

Vertreibe ich mir die Zeit nicht mit traeumen und mit staunendem Blick die Umgebung betrachtend, machen wir zusammen Dinner und spielen danach Karten oder das Spiel des Lebens nach unseren Regeln.
Was heisst, dass wir unsere eigenen Karrierekarten schreiben und uns dementsprechend verkleiden

Spielstart

Spielstart

mittendrin

mittendrin

oder dass derjenige gewinnt, der am meisten Geld ausgibt und einige Aenderungen mehr, die fuer viel Gelaechter und Spass sorgen.
Es macht erfindungsreich, wenn man keine Ablenkung von aussen
hat.

unsere selbst gebastelten Spielfiguren aus Isolierband, versehen mit Stacheln vom Stachelschwein als Personen

unsere selbst gebastelten Spielfiguren aus Isolierband, versehen mit Stacheln vom Stachelschwein als Personen

Auch Shoppen fernab funktioniert anders.

Ausstatter erster Guete: Natur

Zur Auswahl stehen:

Steine verschiedenster Art, ob glitzernd oder matt, von Farbe oder schwarz. Hier gibt es, was das Herz begehrt.

Oder wie waere es mit einem Birkenzweig oder Fichtenzapfen?

Nein? Vielleicht dann doch lieber eines der vielen Moose, Pilze oder Fruechte?

Fuer jeden ist etwas dabei! Das etwas andere (Shopping)Erlebnis!

Ich war schon unterwegs und fand diesen schoenen Birkenzweig am anderen Ende des Sees

Ich war schon unterwegs und fand diesen schoenen Birkenzweig am anderen Ende des Sees

Wie ihr vielleicht schon gemerkt habe, schreibe ich an mehreren Tagen meine Gedanken auf Papier nieder und fuege sie dann im Blog zusammen.
Deswegen kommen oefter mal gesterns vor

Heiss erwartet von Amy und Frankie.
Die beiden waren mit dem Sicherheitsboot (das immer startklar und aufgetankt sein sollte, da ja Sicherheitsboot) unterwegs und eine halbe Stunde von der Lodge entfernt, leuchtete ein rotes Laempchen bei ihnen auf, das vermeldete, ich brauche Oel.
Dazu kam, dass die Funkgeraete auf die Entfernung nicht gut funktionierten und ich Probleme mit den Motoren zweier anderer Boote hatte, das dritte wollte dann endlich so wie ich und irgendwann hab ich den Namen der Insel gehoert und machte mich auf den Weg.
Im Schlepptau ging es ganz langsam, mit dem schnellsten Boot, wieder zurueck.

Das war wirklich gestern und heute hatte ich meinen freien Tag an dem ich erst mit dem Boot unterwegs war, mich danach in der Hottub aufwaermte und nach einem Saunagang einen Nachmittagsschlaf
hielt. Aus dem ich unsanft gerissen wurde.
Schlaftrunken hoerte ich mal wieder Laerm und dachte zuerst, vielleicht ein Eichhoernchen, das ueber meine Huette rennt?
Nein, hoert sich nach etwas groesserem an.
Wahrscheinlich das Stachelschwein, das um mein Haus streicht.
Nein, das ist lauter als ueblich.
Und da sah ich schon einen Schwarzbaeren, der sich am Fenster hochgezogen hatte und seine Schnauze durch das Moskitofensternetz steckte.
Gut, dass ich mit dem Signalhorn in meinen Bett schlafe!
Erst in die Haende geklatscht und dann zweimal draufgedrueckt, der Baer machte sich aus dem Staub.
Was jetzt?
Wenn man das Funkgeraet mal braucht, hat man es nicht dabei.
Ist ja klar!
Zweimal ist normalerweise das Warnsignal, dass sich Baeren in der Gegend befinden, aber ich wusste, dass mich die anderen nicht hoeren konnten, da Generator und Radio liefen.
Was blieb mir anderes uebrig: Ich habe meinen Sachen zusammengepackt, einen Blick aus dem Fenster geworfen, mein Horn in die eine Hand und mit meiner Schiedsrichterpfeife Krach gemacht.
Jetzt sind wir alle in der Lodge und niemand darf heute rausgehen. Wenn wir spaeter den Generator auffuellen, gehen wir zu dritt, mit Waffe, Baerenhupe und Baerenspray bewaffnet, raus vor Einbruch der Dunkelheit.
Mal schaun was die Nacht bringt.

Kein Baer zeigte sich in den letzten drei Tagen und Naechten.
Es scheint als haette der Laerm ihn vertrieben und ich hoffe er sucht bald sein Winterquartier auf.
Heute ziehen wir in unsere Huetten zurueck.

© Isabel Maltan, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Trudele durch die Welt. Sie ist so schoen; Gib dich ihr hin und sie wird sich dir geben. Kurt Tucholsky
Details:
Aufbruch: 16.05.2010
Dauer: 16 Monate
Heimkehr: September 2011
Reiseziele: Kanada
Der Autor
 
Isabel Maltan berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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