Mit dem Zug nach Armenien und zurück

Reisezeit: August - Oktober 2019  |  von Caroline Gustke

Fliegen kann jeder - Zugfahren auch. Der Klimawandel macht mir Angst und mein bisheriger CO2-Fußabdruck ist erschreckend. Daher steht für mich fest: Bis Fliegen nachhaltig geht, wird nicht mehr geflogen! Nun ist die Reise - Pferdetrekking durch den armenischen Westen - schon lange geplant und so gehe ich das Wagnis ein, die etwa 5000 km pro Weg per Zug zurückzulegen, quer durch Europa und darüber hinaus - als Konsequenz von Erkenntnis, als Klimastreik und Selbstversuch.

Gedanken vor der Reise

Wenn ich auf die Karte gucke, zweifle ich teilweise an meinem Verstand und frage mich ob das nicht eher verrückt als cool ist, mir so einen Schienenmarathon anzutun. Aber der Weg ist das Ziel und gerade habe ich ein Foto von Greta Thunberg gesehen, die jetzt zwei Wochen lang über den Atlantik schippert, ohne Klo. Ich kann mich eigentlich nicht beklagen.

Trotz aller Backpacking-Erfahrung und meiner vorherigen langen Reisen "ins improvisierte Blaue" wurde ich zu meiner eigenen Überraschung über ein paar Wochen hinweg immer wieder von so einer merkwürdigen Furcht beschlichen und von Gedanken wie: Ich fahre durch mir völlig unbekanntes Gebiet; durch Länder, von denen ich viele schlimme Dinge gehört habe. Mutterseelenallein. Da sind Faschisten, Tierquäler und Diktatoren und wer weiß was sonst noch... Habe ich mir das wirklich gut überlegt?!
- Mein Gott, kommt sowas wirklich aus MEINEM Kopf?? Habe ich nicht nach jeder Reise das Gefühl gehabt, die Welt sei ein strahlender Stern der Gastfreundschaft, der Hilfsbereitschaft und der Herzlichkeit, völlig egal wo ich hinkomme?!
Aber ich war auch ein paar Jahre nicht mehr weg und ein Teil von mir scheint diese Erkenntnis vergessen zu haben. Die Begeisterung wurde verschüttet, unter den Nachrichten zu Kriegen, Flucht & Vertreibung, Kriminalität, Naturkatastrophen und all den gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und politischen Entwicklungen, mit denen ich mich im Studium ausgiebig beschäftigt habe - so lange, bis ich eher den Eindruck hatte, die Welt sei schlecht und die Menschen böse...

Okay Leute, ich muss das wieder gerade rücken; das andere Weltbild hat mir eindeutig besser gefallen und das hole ich mir jetzt zurück!!
Dennoch finde ich diese Beobachtung ziemlich interessant, weil ich bemerkt habe, wie sehr selbst ich unterbewusst beeinflusst und mir diese fürchterliche "Fake-Weltangst" aufgedrängt wurde. Bester Nährboden für Vorurteile. So gesehen mache ich also eine Bildungsreise.

Die Furcht weicht schlagartig der Vorfreude, als ich einen dicken Umschlag mit Bahntickets in den Händen halte. Die meisten Streckenabschnitte sind schon vorgebucht - das ist ja eigentlich nicht meine Art, aber ich habe einige "Termine" einzuhalten und nicht überall fahren die Züge täglich. Die Reise sei also gut durchdacht. Wer sich für Bahnreisen interessiert, kann mal bei gleisnost.de vorbeischauen und sich inspirieren lassen.
Erste Zusagen bei Couchsurfing habe ich auch schon. Wie schön es ist, irgendwo in der unbekannten weiten Welt erwartet zu werden!
Jetzt erinnere ich mich wieder...

© Caroline Gustke, 2019
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 26.08.2019
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 07.10.2019
Reiseziele: Armenien
Deutschland
Rumänien
Türkei
Schweiz
Der Autor
 
Caroline Gustke berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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