Indienreise von Mon und Olaf

Reisezeit: Oktober - Dezember 2011  |  von Olaf und Mon -

Jaisalmer / Kamelsafari

Mon, 21.12.

Die letzten 8 Tage in Indien sind angebrochen, und ich sollte sie deswegen besonders geniessen. Stattdessen uebe ich mich im Warten und Aushalten. Ich bin SOWAS von froh, dass wir in einer Woche nach Hause fliegen. Warum?
ICH HASSE INDIEN! In diesem Moment bin ich stinksauer - mehr noch - ich bin dermassen wuetend, dass ich heulen koennte. Genauer : Ich HABE geheult vor Wut, letzte Nacht. Warum werden wir immer nur verarscht, beschissen und abgezockt in diesem hoechst unfairen, korrupten Land? Ich habe mir die Antwort soeben selber gegeben. Wir haben eine zweitaegige Kamelsafari in der Wueste Thar hinter uns. Trotz aller Warnungen in den Reisebuechern und trotz Empfehlung eines englischen Paerchens wurden wir beschissen. Wer immer dies liest: bucht KEINE Non-touristic-Camelsafari beim Hotel "DEEP MAHAL", Jaisalmer Fort! Und wahrscheinlich auch besser an keinem der zahlreichen anderen Anbieter. Oder waehlt ganz einfach die touristische, billige Variante. Kommt ziemlich sicher aufs Gleiche raus.
Hat nett und interessant getoent: 2 Tage Kamelsafari tief in der Wueste Thar, Besichtigung der Sandduenen und diverser Doerfchen, mit Uebernachten unter dem Sternenhimmel, Essen und Trinken, Transport hin und zurueck inkl. "You WON'T see any other tourists, there WON'T be any sellers, in contrast to the cheap tour" war das Versprechen von Johnny, dem Manager unseres Hotels Deep Mahal. Aufgrund der erhaltenen Empfehlung und der vielen positiven Rueckmeldungen im Gaestebuch des Hotels liessen wir uns schnell fuer die nicht-touristische Tour begeistern. ...wobei "begeistern" etwas uebertrieben ist, da wir in diesen Tagen so muede vom Reisen sind, langsam eine Ueberdosis Indien haben und eigentlich keine Lust mehr, noch irgendetwas anzuschauen oder gross zu unternehmen. Aber Jaisalmer ohne Kamelsafari waere wie Bern im Sommer ohne Aare-Schwimmen. Undenkbar. Und eine einmalige Chance - dachten wir.

Trotz aller Warnungen liessen wir wohl zuwenig Vorsicht walten , indem wir dem englischen Paerchen und dem Gaestebuch blind vertrauten und, ohne weitere Angebote anzuschauen (die Zeit war knapp..), noch am selben Abend buchten (natuerlich mussten sie es ja aus organisatorischen Gruenden zum Voraus wissen...)
Wir wurden so etwas von beschissen und abgezockt!!! Die ganze Kameltour stellte sich als eine einzige Lügengeschichte heraus, deren Puzzleteile wir nach und nach zusammenzusetzen versuchten. Folgendes passierte:
Nach ca einer Stunde Kamelreiten machten wir Mittagspause. Oli war todkapputt und legte sich hin- die Lebensmittelvergiftung zeigte immer noch Nachwirkungen (siehe "Momentanaufnahme"). Danach gings weiter, nach unseren Wuenschen nur noch ein kurzer Ritt bis zu unserem Uebernachtunscamp, den Sandduenen. Ein Inder war schon da, ich dachte zuerst, das sei nun Matar, ein Kameltreiber, von dem alle im Gaestebuch geschwaermt hatten und der nun, wie versprochen, hergekommen war. Aber: er fragte, ob wir Getraenke oder Bier wollen. Haee?? Wir verneinten und unser Hassan machte ihm ein Zeichen, zu gehen. Aha, doch ein Verkaeufer?... Von weitem konnten wir Leute erkennen, die auf den anliegenden Sandduenen oben sassen und den Sonnenuntergang erwarteten. Leute? "You won't see other people, other tourists! You won't meet any sellers, PROMISE!" Ich erinnerte mich an das Versprechen unseres Managers . Zusammen mit Oli machten wir uns auf, in Richtung dieser Leute zu laufen. Aber da rief uns Hassan zurueck. Wir sollten ihm das eine Kamel halten, um die Fussfessel anzubinden, es wuerde ihn sonst treten... Irgendwas war da komisch. Bisher hatte er das ohne Probleme selber gekonnt...Ok, wir gingen zurueck und "halfen". Das Kamel machte absolute keine Anstalten , irgendjemand zu treten. Danach steuerte ich erneut auf die Duenen mit den Leuten zu, ich wollte es einfach wissen. Nun kam Hassan mit Ausreden: Da drueben seien "local people", und er bekaeme Aerger, wenn wir nach drueben gingen. Hm, sehr speziell. Langsam traute ich dieser Sache weniger und weniger. Ich ignorierte ihn und lief schnurstracks auf die Duene mit den Leuten zu. Nun rannte er mir hinterher und versuchte mich mit allen Mitteln aufzuhalten. Aber ich lief einfach weiter. Er flehte mich an, ich solle umkehren, aber das machte mich erst recht wuetend. Er versteckte da etwas, da war ich mir jetzt ganz sicher. Schlussendlich meinte er: " Ok, I come with you, but you will see, only local people. And don't speak to anybody!" Nein, warum auch. Sehen genuegte mir. Und was ich dann sah, bestaetigte meine Vermutung: Andere westliche Touris, indische Touris inbegriffen. Aha.

Natuerlich spielte er jetzt alles runter. Die seien nur fuer den Sonnenuntergang hier, nachher wuerden alle verschwinden. Hahaha. Und Verkaeufer hatte auch .
Ich wurde sowas von wuetend! Wenn schon die Versprechungen nicht eingehalten wurden, musste er ja nicht auch noch luegen. Das Ganze war ja ZU offensichtlich. Und hielt er uns eigentlich fuer bloed??
Leider war gerade in diesen Minuten Sonnenuntergang . Ein wunderschoener Sonnenuntergang, mit leuchtend rot-oranger Kugel am Horizont. Ich konnte es nicht geniessen.
Zurueck bei unserem Uebernachtungsplatz wurde nun Abendessen gekocht. Matar war nun gekommen, ob es der "echte" war oder nicht, wissen wir bis heute nicht. Auch da wurde uns ein Geschichtlein erzaehlt (es gaebe 2 namens Matar, und der eine sei im Spital...(spaeter war es dann seine Frau, die er im Spital besuchen musste. Ah ja.). Nun versuchte dieser Matar, uns zu ueberzeugen, dass alles harmlos und voellig ok sei. Aber wir merkten, dass es auch sie sehr beschaeftigte. Waehrend dem ganzen Kochen und Abendessen redeten die beiden auf Hindi zusammen. Und wir mussten stark davon ausgehen, dass es sich immer noch um diese Situation drehte. Natuerlich unterhielten auch Oli und ich uns darueber und versuchten, die ganze Geschichte logisch auseinander zu nehmen bzw. zusammenzusetzen. Aufgrund des Verhaltens der beiden Kameltreiber, das auch am drauffolgenden Tag merkwuerdig war (sie machten uns immer wieder darauf aufmerksam, dass ja gar keine Leute da seien und fragten uns dauernd, ob es uns gefiele und ob wir happy seien), schlossen wir, dass wir mit unserer Vermutung nicht falsch lagen.

Ganz offensichtlich wurde am naechsten Morgen auch, dass die Sandduenen mit unserem Uebernachtungsplatz mit Abfall uebersaet und nur ein paar hundert Meter von der Hauptstrasse entfernt waren und wir ganz bestimmt nicht tief in der Wueste drin gewesen waren . Die weissen Zelte, an denen wir kurz vor der Hauptstrasse vorbeiritten, verkauften uns Hassan und Matar als Wohnräume von Einheimischen. Dass aber in der Mitte dieser Zeltcamps Korbstuehle in einem Halbkreis aufgestellt waren (z.B. fuer eine Vorfuehrung...) und in einiger Entfernung am Strassenrand "Desert Camp Resort" stand, bewies ja etwas voellig anderes. Wahrscheinlich dachten (oder hofften) sie, wir seien blind und blöd.
Die Stimmung war seit dem Vorfall am Abend zuvor gedaempft. Wir fuehlten uns die ganze Zeit belogen und Oli und ich wollten nur noch nach Hause ins Hotel zurueck. Die ganze Geschichte beschaeftige uns immer noch - so wie sie wohl unsere beiden, Hassan und Matar, beschaeftigten. Wir gingen stark davon aus, dass das Gespraechsthema sowohl bei ihnen wie auch bei uns zwei dasselbe war, mit dem Unterschied, dass Oli und ich versuchten, das ganze "Puzzle" zusammenzusetzen und herauszufinden, wer denn nun die Schuld am ganzen Schwindel trug, und sie ueberlegten wohl, was sie unternehmen koennten, um uns vom Gegenteil zu ueberzeugen. Immerhin war ihnen klar, dass wir nicht "superfine" und "superhappy" waren, wie sie tags zuvor alle 10 Minuten von uns hoeren wollten. Kurz vor dem Abschied flehten sie uns mehrere Male an, wir sollten dann im Hotel dem Boss bitte sagen, dass wir mit der Safari zufrieden gewesen seien, "pleeeaase!". Nach und nach dämmerte uns, dass nicht unsere Kameltreiber uns zu verarschen versuchten, sondern, dass sie in ihrer Not zum Lügen gezwungen wurden bzw. wohl immer werden: Von ihrem Chef werden sie darauf getrimmt, so vorzugehen, dass sich die Touris tief in der Wüste wähnen und ja nichts merken. Passiert das trotzdem, ist es IHR Problem und falls sich die Kunden anschliessend im Hotel beschweren, kommen dann ganz einfach die Schwächsten dran, die sowieso schon viel zuwenig vom ganzen Kuchen abkriegen und trotzdem die ganze harte Arbeit leisten müssen: Die Kameltreiber. Sie bekommen dann einfach keinen Lohn! SO EINE UNGLAUBLICHE VERARSCHUNG!

Nach letztem Warten am staubigen Strassenrand holte uns der Fahrer (Johnnys Bruder) mit dem Jeep ab. Die drei wechselten ein paar Worte. Worum es ging, war offensichtlich. Ob es uns gefallen habe, ob wir happy seien???!! Fragte uns der Fahrer nachher im Auto." Jaja, happy. Nur muede" . "You know, when YOU are happy, I am happy" meinte unserer Fahrer sicher noch 5x, bis er dann endlich still war. Wir konnten diesen Satz, den wir tags zuvor zwei Dutzend mal gehoert hatten, NICHT, ABSOLUT NICHT mehr hoeren!
Und das groesste Problem am ganzen war: Wir konnten uns nicht mal beschweren, wenn wir nicht wollten, dass dann die Aermsten dran kamen!!!
So entschlossen wir uns trotz groesster Wut im Bauch, nichts zu sagen und gute Miene zum boesen Spiel zu machen. Johnny und die ganze Hotelcrew erwartete uns natuerlich und wollte wissen, wie es uns gefallen habe...
Nach nochmaligen Gespraechen mit einem vertrauenswuerdigen Restaurantbesitzer am Abend sowie nach dem Studium unseres Reisefuehrers war uns nun Schwarz auf Weiss klar: Wir waren aufs Groebste verarscht und abgezockt worden. Wir hatten zwar die nicht-touristische Route gebucht und dafuer sage und schreibe 4000 Rupies (!) pro Person bezahlt, waren aber an den touristischen Ort "Sam" gefahren worden. Nach unserer Rekonstruktion haben wir fuer unser teures Geld dasselbe erhalten, wie andere fuer 600 Rupies bekommen.
Als ich in der Nacht darauf erwachte, heulte ich vor Wut.
Nach einer weiteren Nacht in Jaisalmer entschieden wir uns, uns beim Auschecken zu wehren. Ich konnte nicht laenger schweigen und das alles hinnehmen. Geschweige denn, noch das Zimmer zusaetzlich zu bezahlen. Wir nahmen uns vor, Johnny beim Wort zu nehmen: Er hatte uns bei unserer Ankunft ueberaus freundlich versichert, wir duerften soviel fuer das Zimmer bezahlen, wie wir moechten. So gingen wir hin, mit flauem Gefuehl im Bauch und in Kampfstellung - um eine leere Reception vorzufinden. Uaaaaaahhhh! Nur der Koch war anwesend.
Die ganze Geschichte endete damit, dass wir 100 Rupies auf den Tisch knallten und gingen. (ok, nicht ganz so filmreif, aber fast).

So. Und jetzt bin ich erleichtert, endlich alles aufgeschrieben zu haben!

© Olaf und Mon -, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Indiens Sueden: Von Mumbai bis nach Trivandrum & Rajasthan
Details:
Aufbruch: 10.10.2011
Dauer: 11 Wochen
Heimkehr: 26.12.2011
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Olaf und Mon - berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.