Kuehe, Kinder, Katastrophen -Alleine in Indien

Reisezeit: Oktober 2005 - April 2006  |  von Juljenka P.

Treckinggeschichten

Wow... eine Menge ist passiert, seit ich das letzte Mal hier etwas geschrieben habe.
Ich habe mich spontan entschieden nicht nur die sparsame Touristenroute zu reisen, sondern ein bisschen in den Norden von Laos zu tuckern und es war wunderbar. Ich waere definitive mit einem falschen Bild von diesem Land heimgefahren, wenn ich das nicht gemacht haette. Mit einer Art Pick-up Truck bin ich frueh morgens fuenf Stunden gefahren und dann aufs Boot nach Muang Ngoi. Wenn es einen Platz auf Erden gibt, an dem ich es auf ewig aushalten koennte, dann waere es wohl dieses kleine Kaff am Mekong. Fuer einen Dollar war ich stolze Mieterin eines Bungalows direkt am Fluss mit Blick auf die wahnsinns Berge in einer Haengematte auf meiner Veranda.
(kurze "Seufz"pause an dieser Stelle)
Aber wer mich kennt wird wohl schon ahnen, dass ich nicht besonders lange still liegen konnte und deshalb habe ich mich mit einer Irin, einem Englaender, zwei Israelis und zwei laotischen Fuehrern auf eine zweitaegige Trekkingtour aufgemacht. Ich dachte mir, dass es bestimmt ganz nett sei die Natur zu sehen und mal wieder ein wenig Sport zu treiben, ausserdem hoerte sich der Treck ganz easy an und wir sollten in einem kleinen traditionellen Dorf uebernachten. Als ich morgens dann auf meine Mitstreiter getroffen bin, musste ich leider erstmal feststellen, dass ausser mir alle Treckingboots und atmungsaktive Kleidung besassen. Da sah ich mit meinen Flip Flops (meinen Birkenstockflipflops...ich liebe sie!) eher unprofessionell aus. Und dann gings los. Anstatt eines netten Spazierganges erwarteten mich sechs Stunden Klettern. So steil bergauf gings noch nie in meinem Leben (haha). Das ist ungefaehr so entspannend, wie sechs Stunden auf einem Stepper hoechster Schwierigkeitsstufe zu Schwitzen. Puh war ich am Arsch. Aber ich habe mich so auf den "Hilltribe" gefreut, dass ich ganz tapfer mitgestiefelt bin. Zum Mittagessen gab's dann auch noch unglaublich trockene Baguettes und ein Ei. In der Zwischenzeit hatte ich mir das Dorf schon romantisch ausgemalt. Laoten in traditioneller bunter Kleidung und abends ein Lagerfeuer und Taenze und Lao Lao und gemeinsames Beisammensitzen waerend ueber dem Feuer gekocht wird. Da wurden wir allerdings deftig enttaeuscht. Obwohl die Lebensbedingungen primitiv waren und ueberall Schweine und Hunde rumstreunerten, trugen alle Einwohner Jeans und Shirts. Das Abendessen wurde fuer uns sogar extra mit Maggisuppenwuerfeln zubereitet und mit nettem Geplauder am Abend war leider auch nichts. Seit zwei Jahren gibt es im Dorf eine Satellitenschuessel und drei Fernseher, die mittels Generatoren betrieben werden. Da sitzen also ca 50 Dorfeinwohner (jung und alt) fasziniert vor jedem Fernseher und schauen Thailaendische Videoclips. Es kommt mir vor, als wuerden sie durch ein Fenster in eine Welt blicken, die weit weg liegt und dabei vergessen sie ihre eigene wunderschoene Kultur zu schaetzen. Wirklich schade, aber so ist es eben. Bei uns ist es ja auch nicht viel besser, schliesslich starrt ihr auch grad alle in eine Mattscheibe, gell?

Am naechsten Morgen sollten wir dann den Heimweg antreten, der vieeeeel leichter sein sollte. Normalerweise bezahlt man Guides, um sich nicht zu verirren, unsere haben es trotzdem fertig gebracht. Wir sind so lange gelaufen, bis wir uns irgendwann durchs Gestruepp schlagen mussten. Ich habe unendlich viele Kratzer (weil ich keine langen atmungsaktiven Hosen hatte) und wurde von einer Biene ganz fies in den Arm gestochen. Das tut immernoch saumaessig weh und mein rechter Oberarm sieht ungefaehr so aus, wie der von Arnold Schwarzenegger in seinen besten Jahren. Zum Glueck habe ich ja so viele Medikamente dabei und kann mich professionell behandeln. Ich zweifele nurnoch, ob Kokosnussoel oder Tigerbalm besser ist. Und dann war da doch noch was, womit ich in Indien schon beste Bekanntschaft machen durfte: Blutegel. Weil wir ja den Weg verloren hatten, mussten wir durchs Wasser waten und mit meinen Flip Flops war ich beste Beute. Immerhin habe ich nicht hysterisch geschrien, wie die Irin sondern ganz cool (na ja nicht absolut 100%ig ganz cool) die wiederlichen Teile von meinen Fuessen abgezupft und verbrannt.
Irgendwie haben wir dann aber doch nach acht Stunden (haetten vier sein sollen) unser Bungalow erreicht, was auf einmal noch viel toller war, als wir es in Erinnerung hatten. Und aus der Haengematte konnet man mich auch nur mit gutem Essen und gaaaanz viel Lao Lao locken. Den hatte ich mir aber auch verdient. Muskelkater, Kratzer, Blutegelwunden, Sonnenbrand und ein Bienenstich... keine schlechte Quote, oder?
Und dann gings auch wieder ab nach Luang, weil ich eben doch noch eine Menge sehen muss, bevor es in weniger als zwei Wochen (ahhhhh!!!!!) heim geht. Die Fahrt zurueck habe ich als Trittbrettfahrerin (kein Scherz! Ich hatte keinen Sitz und musste wirklich vier Stunden auf dem Trittbrett stehen) verbracht...welcome to Laos.
Anyway. Ich liebe dieses Land.
Bis bald also im aufregenden Leben des Travelhasen (ausdruck meiner Mama, gell Memsel?) Julia

© Juljenka P., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Tsunamiopfern, Aidsaufklaerung und Gurus, von Sueden nach Norden und Osten nach Westen. Zum Reisen und Arbeiten in ein Land, in dem immer alles anders kommt, als man es erwartet...
Details:
Aufbruch: 01.10.2005
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.04.2006
Reiseziele: Indien
Nepal
Thailand
Malaysia
Laos
Der Autor
 
Juljenka P. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.