addicted to life

Reisezeit: April 2020 - Dezember 2021  |  von Markus Knüsel

juan-pablo montoya und die ewige raserei

nebelwald im cocora valley

nebelwald im cocora valley

wachspalmen

wachspalmen

cocora valley

cocora valley

filandia

filandia

jetzt wirds rasant und gefährlich: ein taxi brachte uns vom hostel in manizales zum busterminal. der ältere herr nahm es ziemlich gemütlich, dafür brachte er uns sicher zum busbahnhof. ziemlich schnell waren wir im besitz eines tickets von manizales nach pereira. was soll ich sagen, der üblich schnelle fahrer, der alles in den unmöglichsten situationen überholte, der nur bremste wenn es stopper auf der strasse hatte und der mit dem doppelten speed in die kurve ging als erlaubt. alles schon x-mal erlebt hier. jedoch torpedierten uns andere fahrzeuge beinahe, eine situation hätte für mich böse enden können. wir überholten auf der kurvenreichen strasse wie üblich ziemlich rasant die langsamer fahrenden fahrzeuge. vor uns war ein lieferwagen mit blechstangen beladen, welche hinten und auch vorne über die fahrzeugkabine lugten. dummerweise waren diese teils ziemlich schwer, aber auch ziemlich schlecht festgemacht. auf gleicher höhe begannen die blechteile vorne über die fahrzeugkabine zu fallen. wie wurfgeschosse fielen die teile auf die strasse, zum glück nach vorne und nicht nach halblinks, denn dort wäre ich im bus gesessen. die zweite brenzlige situation war ein fahrzeug, welches noch schneller als unser bus unterwegs war und uns links überholte. in der kurve kam er ins schleudern, hätte uns auch noch beinahe erwischt. er oder sie kriegte das fahrzeug dann doch noch unter kontrolle. und der dritte „beinahe unfall“ erfolgte in pereira, als uns links ein fahrzeug beinahe rammte, weil er nicht geschaut hat, ob da noch was kommt.
durchschnaufen und nächsten bus besteigen... pereira nach salento war dann wieder ziemlich gemütlich, gut der bus konnte auch nicht so schnell fahren, da keine power, also ging das schon in ordnung für mich.

salento ist ebenfalls ein nettes kolonialdorf, aber touristischer als jardin. das hostel lag praktisch am dorfplatz. somit war auch klar, dass wir gleich nach dem einchecken zum kaffeeplausch an den dorfplatz liefen und uns ein nettes cafe suchten. den rasanten tag beendeten wir mit lecker pizza und einem sirenenalarm. jeweils um 22 uhr gingen die sirenen in salento los, damit alle wussten, dass die ausgangssperre in kraft tritt.

eine auto alarmanlage weckte mich ziemlich früh morgens auf, jedoch nicht so schlimm, wir wollten sowieso früh raus. um 10 minuten vor 7 uhr standen wir auf dem dorfplatz und bestiegen den bereitgestellten willy (jeep-bus) und fuhren richtung cocora valley, der hauptgrund wieso wir in salento für einige tage blieben. das cocora valley ist bekannt für die grössten palmen der welt. die dinger nennen sich wachspalmen und wachsen in den anden, also nicht in strandnähe. wir wollten zusätzlich aber auch noch den nebelwald erkunden, weshalb wir uns schon am vortag für eine rund 5-6 stündige wanderung entschieden. die fahrt mit dem willy war ziemlich frisch zu dieser tageszeit und gegenüber mir sass ein sehr alter herr, gezeichnet von der harten arbeit auf dem feld. sein blick schweifte nicht mehr von mir ab, nachdem er mein tattoo am bein bemerkt hatte. er starrte mich ununterbrochen an und verstand wohl die welt nicht mehr. sorry alter mann, das wollte ich nicht.
zuerst führte uns der wanderweg an graslandschaft vorbei, kuh- und pferdewiesen. in der ferne konnten wir bereits die palmen ausfindig machen. nach kurzer zeit befanden wir uns schon im nebelwald. wir wanderten den berg hoch. unterwegs besuchten wir noch eine hüttenkneipe, welche im garten ganz viele kolibris beherbergten und genossen einen leckeren tee mit einem stück käse. ganz ehrlich wissen wir bis heute nicht genau, ob wir den käse hätten dunken müssen oder wieso wir dieses stück käse dazu gekriegt haben.

weitere höhenmeter mussten erklommen werden, bis wir eine hütte auf 3000 meter erreichten. der ausblick von dort oben war gigantisch, einmalig schön. nach einem sandwich und einer kurzen pause ging es weiter, 90 minuten runter zum parkeingang, wo dann auch die palmen waren. man konnte die palmen auch ohne diese wanderung besuchen, aber das wäre schade gewesen, die schöne umgebung und nebelwald nicht zu sehen. leider verpassten wir den rückfahrenden willy um minuten, weshalb wir fast 50 minuten warten mussten. auf dem rückweg setzte dann ein wenig regen ein, also gutes timing.
diese wachspalmen sind natürlich der topseller hier und locken selbstverständlich touristen vom in- und ausland an. die meisten leute sahen sich aber nur die palmen an. lediglich ein französisches pärchen lief die gleiche route wie wir. aber die gegenseitige abneigung stellten wir schnell fest. sie dachten wohl: aus welchem trekkingladen sind die beiden entwichen, wie peinlich! und wir dachten: ach ne, nicht schon wieder generation instagram. ich werde diese narzistische welt nie verstehen. wieso zieht man ein bauchfreies top, manchester hose und turnschuhe für eine solche wanderung an? bei den kolibris kriegten wir die antwort auf diese frage: damit man keck ein fotoshooting mit einem wildleder hemd machen kann, damit das hemd dann über die schulter fällt und es so modisch aussieht, als wäre das nicht gewollt gewesen. egal, jedenfalls war die junge dame auf der fahrt zurück komplett kaputt und sah ziemlich beschissen aus. für schönheit (oder für gute insta pics) muss man halt leiden...

die nächsten zwei tage gingen wir dann ein bisschen langsamer an. gemütliches frühstücken im hostel, bevor wir was unternahmen. am ersten tag nahmen wir vor dem mittag ein willy und fuhren nach filandia, ebenfalls ein kolonialdorf in der nähe von salento. nett war das dorf allemal. wie üblich ein dorfplatz und um den square farbige häuser und nett eingerichtete kaffees. jedoch war filandia für unser befinden zu touristisch. komischerweise haben uns die leute vor salento als tourihölle gewarnt, aber wir empfanden filandia als touristischer. überall wurden wir angequatscht oder die kellner beherrschten die englische sprache. jedenfalls liefen wir noch zu einem aussichtsturm - welcher ebenfalls für die touristen angelegt wurde – und konnten dort über das ganze gebiet kilometer weit sehen. das saftige grün stach heraus und wir stellten fest, dass die kaffeegegend schon wunderschön gelegen ist. am abend ging es mit dem willy wieder zurück, wie schon am morgen die einzigen touris weit und breit auf dem jeep. den abend liessen wir gemütlich mit burger ausklingen.

am letzten tag in salento besuchten wir zu fuss eine kaffeefarm mit dem namen don elias. eine stunde durch die kaffeetäler wandern brachte uns zu don elias, ein ganz herzlicher, älterer herr. die farm war nur 3 hektaren gross und er hatte zwei angestellte, einer sprach ein wenig englisch. er führte uns dann auch durch das grundstück, wo es neben kaffee auch ganz viele früchtbäume gab. mit ganz einfachen mitteln zeigte uns pedro den ablauf von der blühte bis zum gemahlenen kaffee, welchen wir natürlich auch gleich kosten konnten. ein heftiger regenschauer liess uns noch ein bisschen länger als geplant vor ort verweilen, die mosis bedankten sich mit üppigen bissen. die stunde zurück liefen wir aber dennoch, wir hätten auf einen willy warten können. am abend gingen wir nochmals in eine kneipe eine forelle essen. ich hätte ja nicht ahnen können, dass ein forellen gratin folgendes bedeutete: eine ganze forelle, in der mitte geteilt. dann ca. 100 gramm champions obendrauf und 300 gramm käse über allem. dazu gabe es etwa ein quadratmeter grosser plantanos (gestampfte und fritierte kochbananen). meine fresse, waren wir vollgefuttert an diesem abend.

7 uhr aufgestanden, wieder stand eine grössere busfahrt an. wir frühstückten aber noch gemütlich im hostel, dann nahmen wir den bus von salento nach armenia, eine stadt im lockdown und vor wenigen jahrzehnten mal durch ein erdbeben bodeneben gemacht. im busbahnhof fanden wir auf anhieb die busgesellschaft, welche direkt nach popayan fuhr. es war wieder ein mini-bus und der fuhr dann auch gleich mal los. die zweieinhalb stunden nach cali waren nicht der rede wert, über die fahrkünste des busfahrers muss ich wohl nicht mehr viel sagen, die fahren hier eh alle gleich. in cali luden wir ein paar leute ab, ein paar neue kamen hinzu. wir hatten uns gegen eine übernachtung in cali entschieden, denn a) nichts besonderes zu sehen, b) sehr gefährlich und c) salsa hauptstadt, also wenn man salsa tanzen möchte, muss man dort hin. aber da salsa absolut nicht mein ding ist, perfekt für mich diesen ort auszulassen. und ganz ehrlich; die stadt befand sich im lockdown und deswegen waren die strassen ziemlich leer gefegt. das was ich dabei zu sehen kriegte, war nicht sonderlich schön. schlechte strassen, dreckige häuser und viele obdachlose auf den strassen. ich glaube, das war kein schlechter entscheid, diese stadt zu überspringen.

der weg von cali nach popayan war aufgrund eines unfalls ein bisschen länger als geplant. nach genau 8 stunden nach dem verlassen des hostels in salento standen wir vor dem hostel in popayan. das fahren während dem lockdown hat den vorteil, dass man im strassenverkehr viel schneller voran kommt, da kaum autos auf der strasse sind. wir hatten uns so eingerichtet, dass wir meistens am sonntag eine längere busfahrt planten.

popayan wird auch die weisse stadt genannt, da alle häuser in der altstadt weiss angestrichen sind. also nix mit farbigen kolonialhäuser wie bisher. wie schon so oft zuvor, buchten wir eine free walking tour. samuel führte uns durch die gassen und erzählte uns geschichten über diese stadt. wir standen also da am dorf square und betrachteten die kathedrale, welche natürlich auch weiss war. an ostern 1983 war dies ein tragischer ort, denn da bebte die erde in popayan, 5.5 auf der richterskala. folge davon: 267 leute starben, 7500 wurden verletzt, 14000 gebäude wurden beschädigt, fast 6900 gebäude mussten abgerissen werden, 2470 gebäude waren eingestürzt. davon auch die kuppel der kathedarale, während der ostermesse. dutzende leute verloren in der kirche ihr leben. jahre später besuchte papst johannes paul II. den ort und mit grosser mithilfe des vatikans wurde die kathedrale wieder aufgebaut.
anschliessend durchkämten wir die gassen und liessen uns einiges erzählen. bisher hatten wir immer wieder von simon bolivar gehört und gelesen. bolivar gilt hier als nationalheld, weil er die zweite revolution gegen die spanier anführte und somit hauptverantwortlich war für die unabhängigkeit kolumbiens, venezuelas, ecuador und des heutigen panamas (gehörte damals zu kolumbien). erste misstöne hatten wir schon in medellin gehört, dass dieser bolivar nicht so der saubermann gewesen war, wie man uns im norden erzählte. samuel berichtete uns aber, dass bolivar hier in der gegend nicht beliebt ist, weil er hunderte von leuten umbringen liess, welche ihm nicht gefolgt waren. ebenfalls liess er seine frau umbringen, welche auch aus der umgebung popayan kam. viel dreck am stecken, auch wenn er kolumbien von den spanier befreit hatte.

black lives matter – indigene leben zählen auch! ich persönlich finde, dass es längst zeit wurde für eine solche bewegung. ich bin aber auch der meinung, dass es eine bewegung braucht die generell gegen den rassenhass aufmerksam macht, das beinhaltet aber auch indigene völker. hier in kolumbien bemerken wir immer wieder rassismus auf allen ebenen. ein beispiel hierzu: wir liefen einen hügel hoch mit einem herrlichen blick auf die stadt. jedoch war das früher mal eine grabstätte für die indigene urbevölkerung. die spanier schütteten diesen „friedhof“ einfach mit erde auf und zu allem übel errichtete man auf diesem hügel eine statue von dem ehmaligen spanischen eroberer der stadt popayan. letztes jahr zogen dann indigene leute diese schwere statue runter und nun steht nur noch der sockel da. auch diese indigene bevölkerung wehrte sich gegen rassismus, richtig so!
nach der walking tour gingen wir in ein lokales restaurant, welches samuel uns vorgeschlagen hatte. auf dem menu standen empanadas mit kartoffelfüllung, erdnüssen und einer indigenen frucht und zum trinken gab es brombeeren mit guanabana auf eis. super lecker!

indigen ging es weiter am nächsten tag. wir bestiegen morgens einen bus zu einem ort names silvia. wir verliessen popayan und fuhren ein tal entlang in die berge. nach rund 90 minuten fahrt (juan pablo montoya style, es gab tatsächlich ein f1 fahrer aus kolumbien) erreichten wir silvia. es war eine komplett andere welt. immer dienstags gibt es dort einen grossen markt und die ganze indigene bevölkerung aus den bergen versammelt sich dort und bietet gemüse, früchte oder kleider an. alle leute erschienen in tracht und mit dem traditionellen melonen hut. einfach herrlich nette welt. und auf einmal war ich auch einer der grössten personen in der markthalle, da alle so kleingewachsen waren und meine tätowierungen gaben zusätzlichen gesprächsstoff, wohl kaum zuvor so was gesehen. anyway waren wir die einzigen gringos im ganzen dorf und das war auch gut so. nach etwa zwei stunden nahmen wir wieder den bus zurück nach popayan.

popayan verliessen wir nicht ungern. es hatte zwar eine schöne altstadt und auch silvia hat uns richtig beeindruckt, aber wir wurden einfach nicht warm mit der stadt. es gab keine kneipen nur strassenfood und die leute waren komisch drauf. im hostel war niemand da, wir machten die ganze kommunikation per whats app. der einzige gast neben uns war ein lokaler weirdo, welchen wir nur abends zu gesicht bekamen.
mit dem taxi ging es jedenfalls an den busbahnhof, wo wir mit den mini bus nach san augustin fahren wollten. das ticket hatten wir auf anraten hin schon am vortag gekauft gehabt. bisher alles gut. doch um 10 uhr tauchte der bus einfach nicht auf. wir fragten diverse leute und alle meinten, dass der schon noch kommt. das tat er auch, mit ein verspätung. kein wunder, da der bus von cali her kam und schon voll mit leuten war. unsere gebuchten sitze waren besetzt, weshalb der fahrer diese leute von den plätzen verwies. eine egoistische ältere lady machte auch noch eine szene, weil ihr gebuchter platz ihr nicht behagte. der bus war aber bis zum letzten platz voll, darunter zwei kleinkinder, eins gleich neben mir. der busfahrer musste noch frühstücken, weshalb wir mit 45 minuten verspätung in popayan losfuhren.
wie üblich war auch dieser bus durch jesus und muttergottes maria beschützt, ein grosser kleber zierte die beiden hintertüren des sprinters. jedoch eine andere gottheit lachte uns im rückspiegel zu; pablo escobar himself, das berühmt berüchtigte verhaftungsfoto, auf welchem er lächelnd in die kamera guckt. vielleicht ein hinweis, wieso diese fahrt von popayan nach san augustin nicht in der nacht unternommen werden sollte, weil die strassen dann von den narcos (drogenbaronen) kontrolliert und benutzt werden. oder doch weil wir gehört haben, dass der öffentliche verkehr von den narcos unterstützt wird bzw. zum geld waschen missbraucht wird.

die strecke bis nach san augustin war lediglich ein wenig über 120 km lang, aber sie hatte es in sich. 4 offroad passagen, eine davon satte 37 kilometer lang. der aufstieg in die anden war noch geteert und wir waren sehr schnell unterwegs. nachdem wir die ersten schlaglöcher vorfanden, fuhren wir teilweise nur noch schritttempo. lastwagen zu überholen fast ein ding der unmöglichkeit. maximale belastung der strasse waren 52 tonnen und irgendwann gab es die situation, dass zwei solcher kolosse sich passieren mussten. meine fresse, war das knapp und kompliziert.
die leute im bus hatten natürlich alle keine maske auf und die erziehung der kinder, leute, leute... man stopft die kleinen kinder einfach mit wahrem müll-essen voll, damit sie ruhig gestellt sind. süssgetränk, chips und flips, unmengen! und falls dies auch nicht mehr hilft, ja dann einfach mal mobile hervornehmen und film ab.
nach 5 langen und holprigen stunden, mussten wir den bus verlassen, ein shuttle nach san augustin wartete bereits. vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass claudi am vortag extra 3x nachgefragt hat, ob der bus direkt nach san augustin fahre - was jeweils bejaht wurde. aber egal, wir erreichten todmüde den ort am frühen abend und belohnten uns mit lecker pizza am abend.

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reisen & covid

im westen nichts neues. die kolumbianer wissen & können es nicht besser und die touristen wollen es nicht besser. und so steigen die zahlen überall, bis es dann wohl zu spät ist. viele leute hier glauben halt auch nicht, was ihnen die regierung erzählt. wer kann das ihnen schon übel nehmen, nach diesen letzten 60 jahren. ich hoffe inständig, dass kolumbien das f##k virus in den griff kriegen und nicht wieder ein totaler lockdown ausgerufen wird.

popayan - kathedrale im hintergrund

popayan - kathedrale im hintergrund

gefallenes monument - indigene leben zählen auch!

gefallenes monument - indigene leben zählen auch!

silvia

silvia

silvia

silvia

© Markus Knüsel, 2020
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Die Reise
 
Worum geht's?:
dem sommer durch die welt folgen
Details:
Aufbruch: 07.04.2020
Dauer: 20 Monate
Heimkehr: Dezember 2021
Reiseziele: Costa Rica
Schweiz
Kolumbien
Italien
Frankreich
Deutschland
Dänemark
Schweden
Der Autor
 
Markus Knüsel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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