Indien...und dann?

Reisezeit: August 2010 - Mai 2011  |  von André Hellberg

Dharamsala

Da unser aller gemeinsames naechstes Ziel Dharamsala hiess, beschlossen Boris, Alex, Rebecca, Corinna und ich die Etappe dorthin gemeinsam zu bewaeltigen.
Da Boris zunaechst noch Freunde besuchen wollte, die eventuell mitkommen wollten, ueberliessen wir es dem Zufall, ob wir mit Boris schon die Etappe oder "nur" Dharamsala teilen. Mit Fahrradrikschas ging es also am naechsten Morgen (17.03.2011) zum Busbahnhof in Amritsar. Mit dabei waren Alex, Rebecca, Corinna und ich. Wir bekamen auch ohne Zeitverzoegerung einen Bus nach Patankhot, wo wir den Bus wechseln mussten.
In Patankhot trafen wir dann auch wieder auf Boris, der in der Busbahnhofsdhaba schon seinen ersten Chai trank. Saemtliche Informationen fuer unsere Weiterfahrt hatte er auch schon, also gab es erstmal Essen fuer alle.
In Dharamsala angekommen bezogen wir mein altes Guesthouse und hatten dort riesige Zimmer mit Fernseher, warmer Dusche und nem grandiosen Ausblick auf die Berge und das Tal. Wobei der Fernseher sogleich unter dem Tisch verbannt wurde. Da wir beabsichtigten in Dharamsala oder eher Mcloed Ganj laenger zu bleiben richteten wir uns haeuslich ein.
Da der Dalai Lama am 19.03.2011 ein Teaching geben sollte liessen wir am naechsten Tag (18.03.2011) Fotos von uns machen und kopierten unseren Passport. Ich ging davon aus, dass die Prozedur dieselbe sein wuerde, wie beim ersten Mal, was sich aber als Irrtum rausstellte. Als wir zum Buero zur Anmeldung gingen, machte man uns darauf aufmerksam, dass man dieses Mal einfach nur hingehen muesse. Auch gut. Der Rest des Tages verging mit kleinen Spaziergaengen, leckeren Momos und anderen tibetischen Leckereien.

Waehrend einer dieser Spaziergaengen trafen wir auf Sunny. Sunny sass ausserhalb von Mcleod Ganj. Offensichtlich sammelte er leere Plastikflaschen, um sie hinterher fuer 6 Rupien pro Kilo zu verkaufen. Fuer einen armen Inder sprach er erstaunlich gut Englisch. Auf die Frage nach seinem Schicksal erzaehlte er uns eine traurige Geschichte. Soweit ich verstanden habe, war er als Kind von einer Frau adoptiert worden. Ging ein paar Jahre in Amerika zur Schule und kehrte aber spaeter mit seinem nicht indischen Stiefvater nach Indien zurueck. Dieser Stiefvater musste sich aber leider totsaufen, worauf Sunny seine gesparten 50000 Rupien fuer Krankenhaus und Beerdigung opferte. Warum auch immer hat Sunny jedoch keine ID-Karte. Ohne ID-Karte keine Arbeit in Indien. Beantragen kann man eine ID-Karte jedoch nur, wenn jemand fuer einen buergt. Bedeutet, dass jemand bestaetigen koennen muss, wo er herkommt und wie er heisst etc. Da sein Stiefvater, der das zweifelsfrei koennte, nicht mehr lebt, hat Sunny keinen, der fuer ihn buergen koennte. Somit keine ID-Karte und keinen Job. Obendrein hat ihm jemand des Diebstahls bezichtigt, weshalb er ein halbes Jahr im Knast sass. Da dieser jemand eine bessere soziale Stellung bekleidete, wurde diesem Menschen geglaubt und Sunny wanderte in den Knast.
Sunnys Sack fuer die Plastikflaschen war nahezu leer und natuerlich lief es am Ende darauf hinaus, dass er sagte, dass er grossen Hunger habe und gerne ein wenig Geld haben wolle. Eine Einladung zum Essen schlug er jedoch mit der Begruendung aus, dass er sich in Mcleod nicht blicken lassen koenne, da er im Gefaengnis gesessen habe.

Nun hoert man natuerlich jede Menge solcher Geschichten in Indien und man sollte vorsichtig sein, wem man das Geld in den Rachen wirft. Im Fall von Sunny sagten uns unsere inneren Stimmen jedoch, dass die Geschichte wahr ist. Darueber hinaus bestaetigte uns ein amerikanischer Langzeittraveller den Saeufertot seines Stiefvaters. Nach unserem Treffen konnte Sunny was essen und wir zogen ein wenig betroffen von dannen.

Am 19.03.2011 ging es dann also zum Teaching des Dalai Lama. Ich war wieder sehr beeindruckt von diesem natuerlichen Menschen. Im Tempel herrschte festliche Stimmung und der Vormittag ging schnell vorbei.

Der 20.03.2011 verlief entspannt. Ich nahm eine Yogastunde, Corinna liess sich in Hindi unterrichten.
Am Abend trafen wir uns mit Boris, Alex, Rebecca, Uijkan und Loredana zum Essen. Bei Uijkan und Loredana handelte es sich um die beiden angesprochenen Freunde von Boris. Da Rebecca am naechsten Tag Gebuertstag hatte, wollten wir gebuehrend reinfeiern. Und das wurde gebuehrender als gedacht... Nachdem wir in einem Restaurant nettes Essen hatten, gingen wir in eine Bar. Dort war schon eine kleine Feierei in gang. Diverse junge Tibeter hatten schon die angedeutete Tanzflaeche in Beschlag genommen und zu schlechter 80er-Jahre-Mucke wurde das Tanzbein geschwungen. Nachdem wir dann auf Rebeccas Geburtstag angestossen und gesungen hatten, taute der ganze Saal auf und es wurde eine wilde Feier. Als die Bar die Lichter ausmachen musste, war sie noch immer total voll. Bei Kerzenschein schmetterte ein Tibeter noch ein paar Songs, danach landeten wir mit ner Gruppe Tibetern auf der Strasse. Gruppenfotos wurden gemacht, letzte Biere wurden geteilt und fachmaennisch wurde ueber das Schicksal Tibets diskutiert. Ich kann nur sagen: toller Abend, weiter so...

Am Tag darauf wurde der Kater gepflegt und Boris verabschiedet, der sich auf den Weg Richtung Nepal machte.
Rebecca, Alex, Uijkan, Corinna und ich machten uns am 22.03.2011 auf dem Weg nach Triund. Nachdem mir bei meinem ersten Besuch in Mcleod Taschi den Weg gewiesen hatte, machte ich diesmal den Fuehrer. Nach anfaenglichen Schwierigkeiten fand ich den Weg und es wurde ein herrlicher Tag. Wie sicher schon im frueheren Kapitel beschrieben handelt es sich bei dem Aufstieg nach Triund um einen herrlichen Trekkingpfad, der auf einem abgeflachten Berggipfel endet. Der Pfad fuehrt durch Rohodendronwaelder und mit leichten Turnschuhen ist das locker zu schaffen.
Auch diesmal begleitete uns ein Hund, der jedoch schon kurz hinter Mcleod von anderen Hunden attackiert wurde. Es sah aber schlimmer aus als es eigentlich war und unser Berghund kam mit dem Leben und ohne Verletzungen davon.
Wir waren um ca 7.30 Uhr gestartet und am Abend, kurz vor Dunkeltheit waren wir zurueck. Zur Belohnung gab es Abends leckere Pizza...
Am 23.03.2011 sind Corinna und ich dann mit dem Nachtbus Richtung Rishikesh abgereist...

© André Hellberg, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem ich nun drei Jahre auf den August 2010 gewartet habe um mein freies Jahr zu beginnen, bin ich jetzt langsam richtig heiß drauf. Ich werde von Hamburg über Moskau nach Delhi fliegen und dort früh morgens ankommen. Von dort soll es erstmal ´gen Norden, in den Himalaya gehen. Dann wieder ´gen Süden, dann ´gen Osten, ´gen Süden, und noch weiter und weiter... und letztlich kommt eh alles anders als gedacht... Indien, ich komme...
Details:
Aufbruch: 05.08.2010
Dauer: 9 Monate
Heimkehr: Mai 2011
Reiseziele: Indien
Malaysia
Thailand
Der Autor
 
André Hellberg berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.