USA - Kanada 2015 - Teil 1 + Teil 2

Reisezeit: Mai - Juli 2015  |  von Uschi Agboka

Teil 2 - Streckenverlauf - Historic Route 66: 29.05.2015 - Lees Ferry - Marble Canyon, Arizona

29.05.2015 - Lees Ferry - Paria Beach - Marble Canyon, Arizona

29.05.2015 Marble Canyon/Vermilion Cliffs – Lees Ferry – Paria Beach – Marble Canyon/Vermilion Cliffs (Arizona)
2 Std. – 18 Meilen (29 km)

Um 6.30 Uhr stehen wir auf. Frühstück im Restaurant. Das ist so reichlich, dass ein Frühstück für uns beide reicht. Gegen 8.30 Uhr macht Rolf sich auf, hinunter zum Colorado River zu wandern. Ich habe Order, Alarm zu schlagen, wenn er bis 12.30 Uhr nicht zurück ist. Der Weg soll ca. 2 Meilen = 3,5 km lang sein. Rolf rechnet daher mit einer Stunde und einer Stunde zurück. Wir werden sehen.

In der Zwischenzeit mache ich es mir auf der schattigen Terrasse gemütlich, schreibe ein paar Postkarten und genieße einfach die Ruhe und die Aussicht. Eine kleine bunte Eidechse leistet mir Gesellschaft. Sie scheint überhaupt keine Angst zu haben, kommt ganz nah an mich heran und schaut neugierig. Es ist 9.15 Uhr und schon sehr warm.

Mäggie hat wie immer die Terrasse mit bunten frischen Blumen geschmückt, u. a. Petunien in verschiedenen Farben. Nun schaut eine zweite Eidechse vorbei. Und dann die Ruhe … das ist einfach herrlich.

Gegen 10 Uhr kommt Mäggi vorbei um Hallo zu sagen. Sie erzählt mir, dass einer ihrer Hunde verstorben ist und der andere, 12 Jahre alt, meist bei ihrer Mutter ist. Ihre Mutter ist schon 97, hatte im April die Hüfte gebrochen, doch inzwischen ist sie wieder fit auf den Beinen. Mäggie selbst ist 60 Jahre. Ich mag sie sehr. Sie hat mit dieser Lodge sich vor vielen Jahren einen Jugendtraum verwirklicht. Ursprünglich stammt sie aus dem Osten der USA.

Die Dame, die die Zimmer macht, eine sehr nette und freundliche Indianerin, spricht mich an. Wir kennen uns seit Jahren, arbeitet sie hier doch seit den 1990er Jahren. Sie freut sich, mich zu sehen und stellt mir ihre Nichte vor, die ihr zur Zeit bei den Zimmern hilft. Ich darf ein Foto von ihnen machen, doch leider kann ich es ihnen nicht per Email zusenden. Dort wo sie leben, „über die Straße“, ca. 27 Meilen = 43 km von hier, gibt es kein Internet. Man kann sich das kaum vorstellen. Ihre Arbeitszeit ist von Montags bis Freitags, am Wochenende hat sie frei. Dann fährt sie häufig nach Page zu anderen Familienmitgliedern.

Inzwischen ist es 10.35 Uhr, ich hoffe, dass Rolf heil zurück kommt. 11.30 Uhr ich sichte Rolf in der Ferne. Ich bin froh. Sicher bringt er schöne Bilder mit. Rolf ist ziemlich geschafft von der anstrengenden Wanderung. Er muss erst einmal verschnaufen.

Der Colorado ist der größte und wichtigste Fluss im Südwesten der USA. Er ist 2.333 km lang und besitzt ein Wassereinzugsgebiet von 635.000 km². Landwirtschaft, Trinkwasser- und Elektrizitätsversorgung im Südwesten der USA und in Teilen Kaliforniens hängen stark vom Wasserregime des Colorado River ab. Dazu wurden zwischen dem Ende des 19. Jh. und den 1980er Jahren eine Vielzahl Bewässerungsprojekte unterschiedlicher Größe erbaut. Der Colorado River gehört zu den am meisten durch den Menschen genutzten Flüssen weltweit. Obwohl sein gesamtes Einzugsgebiet im Durchschnitt nur von sieben Menschen pro Quadratkilometer besiedelt ist, wird jeder Tropfen Niederschlag entlang des Flusslaufes statistisch etwa 17mal zur Bewässerung, Stromerzeugung oder als Trinkwasser verwendet.

Entlang des Flusses gibt es mehrere gewaltige Stauanlagen wie beispielsweise den Hoover-Staudamm, der den Lake Mead in der Nähe von Las Vegas aufstaut, und den Glen Canyon Staudamm am Lake Powell. Die Stauseen sind Trinkwasserspeicher und dienen der Stromerzeugung. Über Kanäle gelangt das Wasser des Colorado bis in die großen Städte Los Angeles, San Diego, Phoenix und Tucson. Durch die intensive Wasserentnahme ist das Flussbett an der Mündung meist trocken.

2013 wurde der Colorado River auf Platz 1 der zehn am stärksten gefährdeten Flüsse in den Vereinigten Staaten gesetzt.

Um 12 Uhr fahren wir dann zu Lee’s Ferry am Colorado und laufen durch den Sand zur Paria Beach. Ein Hinweisschild erklärt die Paria Riffles, die nicht so gewaltig wie Stromschnellen sind. Ein herrlicher Sandstrand, weißer Pulversand und der Colorado River, der in diesem Jahr viel Wasser führt. Wir sind hier ganz allein. Nur ein einsamer Angler geht seinem Hobby nach.

Später sehen wir uns noch die Stelle an, wo Lee seine Fähre hatte. Als 1964 der Glen Canyon Staudamm fertig gestellt wurde, konnten die Bootsfahrten auf dem Colorado nicht mehr in Page starten. Daher wurden sie zum besten Flusszugang weiter abwärts verlegt und starten bis heute in Lees Ferry. Neben der Bootsrampe gibt es einen Campingplatz. Außerdem wird der Flusszugang von Anglern genutzt. Von Bedeutung ist hier auch der amtliche Pegel des Colorado River, dessen Wasserstand über die Verteilung des Flusswassers unter die sieben Anrainerstaaten entscheidet.

Heute sehen wir viele Boote, die zu Wasser gelassen und beladen werden, ehe sie auf Fahrt gehen. Das ist ganz schön aufwendig. Einige der Menschen, die wir sehen, sind total verbrannt. Von Hautkrebs haben sie wohl noch nichts gehört.

Ein bisschen Historie zu Lees Ferry:

Vor dem Bau der Navajo Bridge verkehrten Fähren über den Colorado bei Lees Ferry, dem einzige Ort im Umkreis von Hunderten von Meilen, an dem der Colorado von beiden Seiten aus leicht zugänglich ist. Der Flussübergang bei Lees Ferry wurde traditionell von den Indianervölkern der Region genutzt. Es ist eine der wenigen Stellen in diesem Abschnitt des Colorados, wo beide Ufer des weitgehend in einem Canyon verlaufenden Flusses vom Hochplateau aus erreichbar sind. Daher hatte er eine besondere Bedeutung für die Verbindung des Arizona Strip und des südlichen Utah nördlich des Flusses mit dem Rest des heutigen Arizona südlich des Colorado.

John Doyle Lee wurde hierher geschickt, um beim Aufbau einer Fährverbindung für mormonische Missionare auf dem Weg nach Arizona zu helfen.

Lee befand sich nach dem Mountain Meadows Massaker (1857) auf der Flucht: Das Hochgebirgstal Mountain Meadows war Schauplatz eines der schrecklichsten Ereignisse in der Geschichte des amerikanischen Westens. Im Sommer 1857 erreichten die Spannungen zwischen dem mormonischen Königreich Gottes und den übrigen United States ihren Höhepunkt. Nachdem US-Soldaten auf Utah zumarschierten, schien der erwartete Mormonenkrieg unausweichlich. Als ein Planwagen mit Siedlern (die Fanchergruppe) aus Arkansas und Missouri auf dem Weg nach Kalifornien Anfang August 1857 Salt Lake City erreichte, weigerten sich die Einwohner, den Siedlern von ihren Wintervorräten zu verkaufen. Daraufhin plünderten die Siedler mormonische Farmen und drohten, sie würden mit Verstärkung zurückkommen. Anschließend zog die Fancher-Siedler-Gruppe nach Süden Richtung Mountain Meadows, eine fruchtbare wasserreiche Stelle am Old Spanish Trail, wo Reisende oft Halt machten, um sich für die letzte Etappe durch die Wüste zu stärken. Nach ein paar Tagen wurde die Siedlergruppe von Kriegern angegriffen, die wie Indianer verkleidet waren. Viele Gruppenmitglieder wurden getötet, nur wenige konnten sich hinter einem Erdwall in Sicherheit bringen. Vieles über diesen Zwischenfall ist unklar.

Fest steht aber, dass das mormonische Militär des südlichen Utah in dem aggressiven Wagentrupp der Siedler eine Gefahr sah, die es zu eliminieren galt. Ihr Kommandeur, John D. Lee, ritt am 11. September 1857 zu den belagerten Christen hoch und verkündete, er habe mit „den Indianern“ einen Handel geschlossen, dass die Gruppe unbehelligt nach Westen weiterziehen könne, sofern sie ihre Waffen niederlegten. Die Siedler, die kaum noch Munition hatten, willigten ein. Jeder bekam einen Mormonen als Begleitperson zugeteilt und so machten sie sich auf den Weg nach Westen. Nachdem sie eine Meile zurückgelegt hatten, gab Lee den Befehl: „Halt! Tut Eure Pflicht!“, worauf die mormonischen Soldaten fast die ganze Gruppe Siedler töteten, insgesamt 120 unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder. Die einzigen Überlebenden, 17 Kinder, wurden zunächst von Mormonen adoptiert, später aber ihren Verwandten zurückgegeben.

Als sich die Nachricht von dem Massaker im Land verbreitete, glaubte man, es sei auf Anordnung von Brigham Young geschehen. Doch es fand nie eine gerichtliche Untersuchung statt, denn die Machthaber im südlichen Utah waren mit Sicherheit an dem Komplott beteiligt und die US-Regierung war zu sehr mit dem Bürgerkrieg beschäftigt, um der Sache nachzugehen. Die meisten Täter zogen sich in abgelegene Außenposten in der Wüste zurück. John D. Lee richtete den Fährbetrieb über den Colorado ein. Doch 1870 beugte sich Brigham Young dem landesweiten Druck und übergab 1874 Lee dem Gericht. Dieser wurde 1877 standesrechtlich erschossen.

Für manche Mormonen ist er jedoch bis heute ein Held. 1990 wurde am höchsten Punkt des Highway 18 ein Mahnmal zur Erinnerung an das Massaker errichtet. Jedes der Opfer ist namentlich erwähnt, doch auf der Inschrift steht nur, die Gruppe sei „angegriffen“ worden. Von einer Beteiligung der Mormonen ist nicht die Rede.

Auf der Rückfahrt durch die roten Felsen in der Wüste kaufen wir noch an einer Tankstelle für unser Picknick ein: Fisch, Zitronenbier und Wein. So ist unser Dinner heute Abend gerettet. Nach 14 Uhr sind wir zurück im Hotel, duschen, relaxen. Es ist einfach schön, wenn wir so allein unterwegs sind.

Der Himmel sieht dunkel aus. Hinter den Cliffs ist ein Gewitter im Anmarsch. Uns stört das wenig. Wir machen 2 Stunden Siesta im kühlen Zimmer. Unsere gewaschenen Sachen wie Hosen, Shirts etc. trocknen in der Sonne im Nu. Gegen 17 Uhr picknicken wir vor dem Zimmer im hoteleigenen Garten: Salami, Fisch, Tomaten, Brot, Äpfel, Bud Light Limone, Weißwein und später Tee.

Neben uns checkt ein New Yorker Ehepaar mit einem kleinen Hund ein. Ein Wahnsinn, was die an Gepäck dabei haben. Sie sind sehr freundlich und gesprächig, lassen aber ihren Hund überall da pinkeln, wo die Picknicktische stehen. Das ist mal wieder unmöglich.

Unsere anderen Nachbarn sind zwei junge Leute aus Chicago. Der Vater der jungen Frau ist ein Schweizer Chirurg, der nach vor Jahren in die USA auswanderte. Die Beiden sind sehr nett und erzählen uns Einiges von ihrem Leben, alles in bestem Deutsch.

Später kommt noch eine Navajo-Familie aus St. George an – Vater, Mutter, 2 Kinder, Tante mit 1 Kind. Sie picknicken auch draußen und sprechen uns an. In den USA ist es relativ einfach, mit Menschen in Kontakt zu kommen und interessante Dinge zu erfahren. Die Familie wird morgen schon sehr früh zu einer Wanderung aufbrechen. Plötzlich sehen wir, dass die New Yorker mit Hund und Auto zum Restaurant fahren! – Entfernung vielleicht 50 m. Wir können nur staunen. Heute Abend kommt uns noch Mäggies Hund besuchen. Er schaut aus wie ein großer tapsiger Bär. Er erkennt uns von früheren Besuchen wieder und lässt sich bei uns nieder. Mich als Hundenarr freut das besonders. Rolf macht einige Fotos, denn wer weiß, wie lange Mäggies Hund noch lebt.

Gegen 20 Uhr verziehen wir uns ins Zimmer. Rolf packt und liest dann in seinem E-Book Reader, während ich im Tagebuch schreibe. Es war heute ein besonders schöner Tag, mit viel Ruhe. Morgen geht es nach Holbrook.

Bilder auf der Homepage meines Mannes, www.harley-rolf.de oder auf meiner Facebook Seite - www.facebook.com/Uschi.Rolf.USA.Canada

© Uschi Agboka, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reise durch folgende Staaten (USA und Kanada): Colorado / New Mexico / Arizona / Nevada / Arizona / New Mexico / Texas / Oklahoma / Kansas / Missouri / Illinois / Wisconsin / Michigan / CANADA – Ontario / Minnesota / North Dakota / Montana / Idaho / Utah / Wyoming / Utah / Colorado Motorrad-Tour-Verlauf – 10.250 Meilen = 16.503 km
Details:
Aufbruch: 13.05.2015
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 08.07.2015
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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