Rückenwind

Reisezeit: Januar 2010 - März 2011  |  von Marco Burkhart

Argentinien: Griechischer Salat

Die aktuelle Waehrungskrise in Europa beschaeftigt uns auch in Argentinien. Im Park in Mendoza hatte dazu ich ein langes Gespraech mit einem hollaendischen Reisefreund, woraus eine kleine Geschichte entstanden ist: Griechischer Salat.

Es war an einem sonnigen Sonntag im Restaurant "Zum blanken Germanen". Die 27 EU-genormten runden Tische sind voller Waehrungshueter besetzt. Fast, denn Gordon trudelt mit Verspaetung von seiner persoenlichen Abwahlparty ein. Restaurantpraesident Koehler stellt voller Stolz das Kochteam um Jogi Loew vor: Guido the Wave, Schaeuble mit seinem Bruederle sowie den viel zu guten Berg.
"Heute", setzt Jogi an, "gibts griechischen Salat fuer 120 Milliarden Euro, schwerverdauliches Euro-Hackschnitzel fuer 750 Milliarden Euro und als Dessert eine bittere Pille. Bedient werden Sie von Service-Chef Baroso und Sommelier Olli Rehn kredenzt exklusive Essigweine der mediterranen Pleite-Kandidaten."

Als Silvio mit seinen zwei minderjaehrigen Cousinen von der Toilette zurueckkommt, traellert Carla Bruni schon den franzoesischen Beitrag zum Rettungsschirm "Rien de Rien". In der Kueche wird wild gearbeitet. Guido the Wave bereitet den Salat vor, mit erlesenen, boersengecrashten, griechischen Oliven, Billig-Tomaten aus Holland, modrigem Kopfsalat aus dem Konjunkturtal Portugals sowie faulen Zwiebeln vom Schuldenberg Spaniens. Der Feta wird frisch von Pleitegeiern eingeflogen. Schaeuble und sein Bruederle haeckseln das Hackschnitzel aus handverlesenen, halbgaren Anleihen-Filets, angereichert mit niedrigen Leitzins-Schoten und hochgewachsenen Inflations-Beeren. Als Beilage wird garantiertes Staatsdefizit-Pueree serviert. Jogi kuemmert sich mit dem viel zu guten Berg um das Dessert, dessen Rezeptur erst die kommende Koch-Generation lueften wird.

Die Gaeste schlemmen, lachen und feiern mit vielen Flaschen unbekoemmlichem Wein. Als Baroso die Rechnung praesentiert, zeigen alle Finger auf Angela und Carlas Mann, der gleich voellig entruestet aus dem Kinderstuhl springt. Angela besaenftigend: "Ach Nico, lass es." Die oestlichen Tische poltern fuer ihren Beitrag das doppelte an Agrarsubventionen zurueck. Specialguest Strauss-Kahn vom IWF (interkultureller Wurst- und Fleischverband) knurrt unhoerbar in seinen Bart, was als "220 Milliarden" verstanden wird. Waehrend sich im Speisesaal tumultartige Szenen abspielen, ist das griechisch-portugiesisch-spanische Katastrophen-Trio bereits durchs Klofenster getuermt. Sommelier Rehn faehrt mit dem Euro nochmal kurz in den Keller um Suesswein zu holen, da Silvio und seinen Cousinen die bittere Pille sauer aufgestossen ist.

Die Moral von der Geschicht: Hauptsache getafelt und Geld verprasst, die kommende Generation wirds schon richten.

© Marco Burkhart, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Am Donnerstag, 28. Januar früh fuhr ich mit dem geliehenen Citroen "Jolly" Jumper, über die Elbbrücken Richtung Freiburg. Auf Delta Radio lief "Rückenwind" von Thomas D. Ich dachte nur, was gibt es passenderes als Titel für dieses Kapitel?
Details:
Aufbruch: 31.01.2010
Dauer: 14 Monate
Heimkehr: 31.03.2011
Reiseziele: Argentinien
Chile
Antarktis
Brasilien
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Panama
Costa Rica
Botsuana
Sambia
Mosambik
Südafrika
Namibia
Ruanda
Tansania
Der Autor
 
Marco Burkhart berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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